Jewiki unterstützen. Jewiki, die größte Online-Enzyklopädie zum Judentum.
Helfen Sie Jewiki mit einer kleinen oder auch größeren Spende. Einmalig oder regelmäßig, damit die Zukunft von Jewiki gesichert bleibt ... Vielen Dank für Ihr Engagement! (→ Spendenkonten) |
How to read Jewiki in your desired language · Comment lire Jewiki dans votre langue préférée · Cómo leer Jewiki en su idioma preferido · בשפה הרצויה Jewiki כיצד לקרוא · Как читать Jewiki на предпочитаемом вами языке · كيف تقرأ Jewiki باللغة التي تريدها · Como ler o Jewiki na sua língua preferida |
Anaerobie
Anaerobie (altgriechisch ἀήρ aer „Luft“ mit Alpha privativum) bezeichnet Leben ohne Sauerstoff (Disauerstoff O2). Lebewesen, die für ihren Stoffwechsel keinen Sauerstoff verwenden oder sogar durch ihn gehemmt oder abgetötet werden, werden als Anaerobier bzw. anaerob bezeichnet.
Eigenschaften
Organismen, die nur in einem sauerstofffreien Lebensraum (unter anoxischen Bedingungen) wachsen können, werden als obligat anaerob bezeichnet. Organismen, die sowohl unter anoxischen Bedingungen als auch unter oxischen Bedingungen (in Gegenwart von Sauerstoff) wachsen können, werden als fakultativ anaerob bezeichnet. Anaerobe Organismen, die nur einen anaeroben Stoffwechsel besitzen, also O2 nicht nutzen können, jedoch auch in Gegenwart von Sauerstoff leben können, werden als aerotolerant bezeichnet.
Lebensräume in denen kein Sauerstoff enthalten ist, werden als anoxisch bezeichnet, in früherem Sprachgebrauch auch als anaerob (Gegensatz: oxisch, Sauerstoff enthaltend, früher aerob).
Anaerobe Atmung
Im oxidativen Energiestoffwechsel werden anstelle von O2 alternative Oxidationsmittel (Elektronenakzeptoren) verwendet. Häufig verwendete alternative Elektronenakzeptoren sind: Nitrat, dreiwertige Eisen-Ionen (Fe3+), vierwertige Mangan-Ionen (Mn4+), Sulfat, Schwefel, Fumarat und Kohlenstoffdioxid (CO2). Diese Redox-Reaktionen werden als anaerobe Atmung bezeichnet.
In der Tabelle sind Typen der anaeroben Atmung aufgeführt, die in der Umwelt weit verbreitet sind (zum Vergleich ist die aerobe Atmung mit dabei). Die Reihung der Atmungsprozesse erfolgte nach Möglichkeit nach dem Standard-Redoxpotential des Elektronenakzeptorpaars in Volt bei einem pH-Wert von 7. Die tatsächlichen pH-Werte können abweichen (z. B. bei Acetogenese).
Atemtyp | Organismen | Elektronenakzeptor | Reaktionsprodukt(e) | Eo' [V][1] | Beispielorganismus |
---|---|---|---|---|---|
aerobe Atmung | obligate und fakultative Aerobier | Sauerstoff O2 | H2O + CO2 | + 0,82 | Eukaryoten |
Nitratatmung (Denitrifikation) | fakultative Aerobier: Denitrifizierer | Nitrat NO3− | Nitrit NO2− | + 0,75 | Paracoccus denitrificans, E. coli |
Manganreduktion | fakultative oder obligate Anaerobier | Mangan Mn(IV) | Mn(II) | + 0,41 | Desulfuromonadales, Desulfovibrio |
Eisenatmung | fakultative Aerobier, obligate Anaerobier | Eisen Fe(III) | Fe(II) | + 0,15 | Geobacter, Geothermobacter, Geopsychrobacter, Pelobacter carbinolicus, P. acetylenicus, P. venetianus, Desulfuromonadales, Desulfovibrio |
Cobaltreduktion | fakultative oder obligate Anaerobier | Kobalt Co(III) | Co(II) | Geobacter sulfurreducens | |
Technetiumreduktion | fakultative oder obligate Anaerobier | Technetium Tc(VII) | Geobacter sulfurreducens, Geobacter metallireducens | ||
Uranreduktion | fakultative oder obligate Anaerobier | Uran U(VI) | U(IV) | Geobacter metallireducens, Shewanella putrefaciens, (Desulfovibrio) | |
Fumaratatmung | fakultative Aerobier | Fumarat | Succinat | + 0,03 | Escherichia coli |
Sulfatatmung (Desulfurikation) | obligate Anaerobier: Sulfatreduzierer | Sulfat SO42− | Sulfid HS− | - 0,22 | Desulfobacter latus, Desulfovibrio |
Methanogenese (Carbonatatmung) | methanogene und obligate Anaerobier: Methanbildner | Kohlenstoffdioxid CO2 | Methan CH4 | - 0,25 | Methanothrix thermophila |
Schwefelatmung (Schwefelreduktion) | fakultative Aerobier und obligate Anaerobier | Schwefel S0 | Sulfid HS− | - 0,27 | Desulfuromonadales |
Acetogenese (Carbonatatmung) | homoacetogene und obligate Anaerobier | Kohlenstoffdioxid CO2 | Acetat | - 0,30 | Acetobacterium woodii |
TCA-Reduktion | fakultative oder obligate Anaerobier | TCA Trichloressigsäure | Dichloressigsäure | Trichlorobacter (Geobacteraceae) |
Gärung
Nicht als anaerobe Atmung, sondern als Gärung werden Vorgänge bezeichnet, bei denen kein externer Stoff als terminaler Elektronenakzeptor verwendet wird. Gärungsorganismen sind vor allem:
- Milchsäurebakterien (Milchsäuregärung)
- Hefen (alkoholische Gärung)
- praktisch alle Aerobier beherrschen unter anoxischen Bedingungen die Milchsäuregärung: anaerober Stoffwechsel (beim Menschen siehe auch Anaerobe Schwelle)
Symbiosen
Manche Turbellarien, Ringelwürmer und Enteroparasiten wie Bandwürmer[2][3] beherbergen anaerobe Bakterien und können durch diese Symbiose auch unter anoxischen Bedingungen leben.
Identifikation
Das Verhalten von Mikroorganismen gegenüber Sauerstoff, ihre Identifikation als Aerobier, Anaerobier, Aerotoleranter oder fakultativer Anaerobier, kann durch Kultur in einem Sauerstoffkonzentrationsgradienten ermittelt werden. Dabei kultiviert man sie in einem Gelnährmedium, das sich in einem einseitig geschlossenen Glasrohr (Reagenzglas, Kulturröhrchen) befindet und in das Sauerstoff nur vom oberen, offenen Ende durch Diffusion eindringen kann. Auf diese Weise bildet sich ein Sauerstoffkonzentrationsgradient aus mit hoher Sauerstoffkonzentration oben und niedriger Sauerstoffkonzentration unten. Die Mikroorganismen werden in sehr geringer Menge gleichmäßig im Gelnährmedium verteilt, in dem sie ortsgebunden sind und sich nicht fortbewegen können. Dort, wo sich die Mikroorganismen hinsichtlich der Sauerstoffkonzentration unter geeigneten Bedingungen befinden, vermehren sie sich und man kann nach einer gewissen Zeit einen Bewuchs mit bloßem Auge erkennen. Die Zone, in der sich Bewuchs zeigt, ist ein Indikator für das Verhalten der Mikroorganismen gegenüber Sauerstoff, wie aus dem Bild deutlich wird.
Kultur von anaeroben Mikroorganismen
Anaerobie ist unter anderem bei der Kultivierung von Mikroorganismen von Bedeutung. Sollen gegenüber O2 empfindliche Mikroorganismen kultiviert werden oder sollen fakultativ anaerobe Mikroorganismen unter anoxischen Bedingungen kultiviert werden, so ist es erforderlich, bei der Kultur O2 auszuschließen. Hierbei werden sogenannte Anaerobentechniken verwendet. Ein Beispiel ist die Kultur in einer Anaerobenkammer: Darin erreicht man mit einer Gasatmosphäre aus 10 Vol.-% H2 + 10 Vol.-% CO2 + 80 Vol.-% N2 anoxische Bedingungen, die es ermöglichen, anaerobe Mikroorganismen zu kultivieren.
Siehe auch
Einzelnachweise
- ↑ Johannes Ottow: Mikrobiologie von Böden. Biodiversität, Ökophysiologie und Metagenomik. Springer Verlag, Berlin 2011, ISBN 978-3-642-00823-8, S. 56.
- ↑ J. Zenka, Jan Prokopic: Contribution to the knowledge of aerobic processes in Taenia crassiceps larvae. In: Folia Parasitologica, , Jg 33 (1986), Heft 4, S 331–336, PMID 3804084.
- ↑ J. Zenka, Jan Prokopic: Malic enzyme, malate dehydrogenase, fumarate reductase and succinate dehydrogenase in the larvae of Taenia crassiceps (Zeder, 1800). In: Folia Parasitologica, Jg. 34 (1987), Heft 2, S. 131–136, PMID 3596392.
Weblinks
- NZZ: Leben – gänzlich ohne Sauerstoff (abgerufen am 14. April 2010)
Dieser Artikel basiert ursprünglich auf dem Artikel Anaerobie aus der freien Enzyklopädie Wikipedia und steht unter der Doppellizenz GNU-Lizenz für freie Dokumentation und Creative Commons CC-BY-SA 3.0 Unported. In der Wikipedia ist eine Liste der ursprünglichen Wikipedia-Autoren verfügbar. |