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Daugavpils
Daugavpils (dt.: Dünaburg) | ||
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Basisdaten | ||
Staat: | Lettland | |
Landschaft: | Lettgallen (lettisch: Latgale) | |
Verwaltungsbezirk: | Republik-Stadt Daugavpils | |
Koordinaten: | 55° 53′ N, 26° 32′ O55.87526.535555555556105Koordinaten: 55° 52′ 30″ N, 26° 32′ 8″ O | |
Einwohner: | 103.053 (1. Jul. 2010) | |
Fläche: | 72,5 km² | |
Bevölkerungsdichte: | 1.421,42 Einwohner je km² | |
Höhe: | 105 m | |
Stadtrecht: | seit 1582 | |
Webseite: | www.daugavpils.lv | |
Postleitzahl: | LV-5401 – LV-5422 | |
ISO-Code: | LV-DGV | |
Dünaburg 1912-Foto von Prokudin-Gorski |
Daugavpils | ||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||
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Klimadiagramm | ||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||
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Daugavpils (dt: Dünaburg; russisch Даугавпилс) ist die zweitgrößte Stadt Lettlands und liegt im Südosten des Landes am Fluss Düna. Daugavpils war die Hauptstadt der historischen Region Lettgallen und ist seit der Auflösung der Landkreise 2009 Republik-Stadt.
Geschichte
Vorzeit und Livländische Konföderation
Eine lettgallische Siedlung bestand im Hochmittelalter auf dem heutigen Naujiene-Hügel und war Teil der Herrschaft von Jersika. 1224 geriet das Gebiet unter Kontrolle des Deutschen Ritterordens. Der Ort wurde 1275 erstmals schriftlich erwähnt, als eine Burg des Livländischen Ordens gebaut wurde, um die herum sich später die Stadt entwickelte. Bereits 1277 wurde Dünaburg einen Monat lang von litauischen Heeren belagert. Im 14. Jahrhundert wurden die Befestigungen ausgebaut. Die einfallenden Truppen von Iwan III. nahmen 1481 Dünaburg ein, räumten das Gebiet aber 1493 nach einem Friedensvertrag.
Polen-Litauen
Um Finanzmittel für den Krieg gegen Russland zu erhalten, verpfändete der Orden Dünaburg 1558 an Polen-Litauen. Nach der Aufteilung des Ordenstaates war Dünaburg ab 1566 Hauptstadt des Herzogtum Livland (polnisch: Księstwo Inflanckie). Zar Iwan IV., der Schreckliche, machte Burg und Stadt 1577 dem Erdboden gleich. Später errichtete er 19 km Düna-abwärts eine Festung. Diese Stelle wurde Zentrum einer neuen Ansiedlung, die 1582 nach dem Abzug der Russen vom polnischen König Stefan Batory das Magdeburger Stadtrecht erhielt. Die Schweden drangen in den Kriegen des 17. Jahrhunderts nicht bis Dünaburg vor, jedoch war die Stadt zwischen 1656 und 1667 unter dem Namen Borisoglebsk (russisch Борисоглебск) russisch besetzt. 1677 wurde die Woiwodschaft Livland (auch Polnisch-Livland) mit Residenz in Dünaburg eingerichtet. Im Großen Nordischen Krieg überwinterten hier 1700 sächsische Truppen. Nach einer Pest-Epidemie 1710 war die Stadt fast entvölkert.
Russisches Imperium
Bei der ersten Teilung Polens kam Dünaburg 1772 an Russland. Es folgten friedlichere Zeiten, ab 1802 als Teil des Gouvernement Witebsk. Die Bedrohung durch Napoleon war 1810 Anlass für die Errichtung der Zitadelle. 1812 wurde die erste Brücke über die Düna gebaut. Ab 1826 wurde das heutige Altstadtzentrum planmäßig angelegt und bebaut.
Die 1836 angelegte Chaussee St. Petersburg–Warschau brachte der Stadt einen Aufschwung; so entstand 1853 mit der neuen Dünabrücke die erste Stahlbrückenkonstruktion im Baltikum. Mit dem Aufbau der Eisenbahnlinien wurde Dünaburg ein Zentrum der Industrialisierung und ein bedeutender Verkehrsknotenpunkt. Eisenbahnverbindungen wurden nach St. Petersburg (1860), Riga (1861), Warschau (1862), Orel (1866) und Schaulen (1873) eingerichtet.
Nach der Abschaffung der Leibeigenschaft 1861 zogen immer mehr Menschen in die Stadt. 1893 wurde die Stadt im Zuge der Russifizierungspolitik offiziell in Dwinsk (Двинск) umbenannt. Zu dieser Zeit stellten Juden mit 46 % die größte ethnische Gruppe in der Stadt, gefolgt von Russen mit 27,5 % und Polen mit 16,3 %. Bei der Volkszählung von 1897 lebten 72.231 Menschen in der Stadt. 1905 wurde die russische Kathedrale geweiht.
1912 erhielt die Siedlung Grīva auf der gegenüberliegenden südlichen Dünaseite Stadtrechte.
Erster Weltkrieg und Republik Lettland
Beim Herannahen der Front wurden die Industriebetriebe größtenteils ins Innere Russlands zwangsevakuiert. Der Stab der 5. russischen Armee befand sich in Dünaburg. Ab Dezember 1918 war Daugavpils im Gefolge des Einmarschs sowjetischer Truppen Teil der lettischen Räte-Republik. Die Bevölkerung betrug 1920 noch ein Viertel der Vorkriegszahl.
1920 wurde Daugavpils von polnischen und lettischen Truppen eingenommen und aufgrund des Friedens von Riga Teil der Republik Lettland. Die Stadtökonomie erholte sich, erreichte jedoch nicht das Vorkriegsniveau. Im Jahr 1935 stellten Letten mit 34 % die größte Bevölkerungsgruppe. Es folgten Juden mit 25 %, Polen mit 18 %, Russen mit 18 % und Weissrussen mit 3 %.
Zweiter Weltkrieg
Im Juni 1940 marschierte die Rote Armee in Lettland ein. Nach dem Angriff des Deutschen Reiches am 22. Juni 1941 war die Düna eine wichtige natürliche Verteidigungslinie. Durch einen Handstreich gelangten jedoch die wichtigen Düna-Brücken unzerstört in die Hand der Wehrmacht, weshalb auch der Dünaburger Zitadelle keine militärische Bedeutung mehr zukam. Im Stadtteil Mežciema wurde das Kriegsgefangenenlager Stalag-340 eingerichtet. Durch den Vormarsch der Roten Armee wurde die Stadt im Juli 1944 erneut Frontgebiet. Um die zur Festung erklärte Stadt verteidigungsfähig zu machen, wurde unter anderem das jüdische Ghetto dem Erdboden gleichgemacht. In den drei Jahren deutscher Besatzung wurde praktisch die gesamte jüdische Bevölkerung der Stadt ermordet. Nach der Rückkehr der Roten Armee bestand nun das Kriegsgefangenenlager 292 für deutsche Kriegsgefangene.[1]
Lettische SSR und wiederhergestellte Unabhängigkeit
In der Zeit der Inkorporation Lettlands in die Sowjetunion zwischen 1945 und 1991 erreichte Daugavpils wieder die alte Bevölkerungszahl. Bereits 1946 entstand eine Straßenbahn. Die Arbeiter der angesiedelten Industriebetriebe stammten hauptsächlich aus Russland und Weißrussland. Wichtige Arbeitgeber waren Chemie-Kombinate, Elektrowerkzeug-Fabriken und Lokomotivwerkstätten. 1956 wurde das südlich gelegene Grīva eingemeindet. Eine neue Düna-Brücke besteht seit 1989.
Bevölkerung
Die Bevölkerung von Daugavpils setzte sich 2005 aus folgenden Nationalitäten zusammen:
Russen 55 %, Letten 16 %, Polen 15 %, Weißrussen 9 %, Ukrainer u.a. 2 %.[2]
Daugavpils ist heute kulturelles Zentrum Lettgallens. Hier befindet sich die Universität Daugavpils, ein Stadttheater sowie der Sitz vieler nationaler Institute und Gesellschaften.
Die Zitadelle Dünaburg
Die Zitadelle aus dem 19. Jahrhundert ist kulturhistorisch bedeutend, da sie als einzige Anlage dieser Art in Osteuropa vollständig erhalten ist. Der Plan für die Verteidigungsanlagen stammt von Georg Heinrich Hekel (1764–1832); der Innenausbau im imperialen Stil wurde vom Architekten Alexander Staubert (1781–1843) geleitet, der auch viele Verwaltungsgebäude des Stadtzentrums plante.
Zu Beginn der Bauarbeiten 1810 herrschte große Eile, weil ein Krieg mit dem napoleonischen Frankreich drohte. Zeitweise waren über 10.000 Soldaten und Handwerker im Schichtbetrieb eingesetzt. Die Anlagen waren im Wesentlichen 1833 fertiggestellt. Dünaburg wurde durch die Zitadelle eine bedeutende Garnisonsstadt.
Partnerstädte
Partnerstädte von Daugavpils sind:
- Hadersleben (Dänemark), 1993
- Radom (Polen), 1993
- Naro-Fominsk (Russland), 1997
- Ferrara (Italien), 1998
- Motala (Schweden), 1998
- Wizebsk (Weißrussland), 1998
- Zentraler Verwaltungsbezirk (Moskau), (Russland) 2003
- Ramla (Israel), 2003
- Harbin (Volksrepublik China), 2003
- Panevėžys (Litauen), 2004
- Sankt Petersburg (Russland), 2004
- Charkiw (Ukraine), 2008[3]
Söhne und Töchter der Stadt
- Friedrich von Lüdinghausen Wolff (1643–1708), Jesuitenpater und Gründer der Universität Breslau
- Abraham Isaak Kook (1865–1935, geboren in Grīva, heute ein Teil von Daugavpils), erster aschkenasischer Großrabbiner Palästinas
- Jewgeni Miller (1867–1939), russischer General
- Paul Mintz (1868–1941), Professor für Kriminologie, Strafrecht und Strafprozessrecht an der Universität Lettlands in Riga
- Grzegorz Fitelberg (1879–1953), polnischer Komponist und Dirigent
- Jakow Suriz (1882–1952), sowjetischer Botschafter in Berlin 1934–1937
- Isaak Rubin (1886–1937), marxistischer Ökonom
- Isaac Nachman Steinberg (1888–1957), russischer Jurist
- Solomon Michoels (1890–1948), russisch-jüdischer Schauspieler und Regisseur
- Mark Rothko (1903–1970), russisch-amerikanischer Maler
- Alexander Ginsburg (1915–1996), deutscher Jurist, Generalsekretär des Zentralrats der Juden in Deutschland
- Isidor Levin (* 1919), lettischer Volkskundler, Erzählforscher und Theologe
- Igors Kazanovs (* 1963), Hürdenläufer
- Vilhelms Lapelis (* 1961), OP, Bischof von Liepāja
- Vitas (* 1979; eigentlich Witali Gratschow), russischer Popsänger, Komponist, Schauspieler
- Artjoms Rudņevs (* 1988), lettisch-russischer Fußballspieler
Daugavpils in anderen Sprachen
- deutsch Dünaburg,
- jiddisch דענענבורג (Denenburg)
- lettgallisch Daugpiļs
- litauisch Daugpilis
- polnisch ursprünglich Dyneburg, auch Dźwińsk oder Dźwinów
- russisch Двинск/Dwinsk (die früheren russischen Namen lauteten Невгин/Newgin und Борисоглебск/Borisoglebsk (während des Livländischen Krieges))
- weißrussisch Дзвінск/Dswinsk
Bibliographie
- Genovefa Barkovska / Josifs Šteimans, Daugavpils vestures lappuses, Rezekne 2005.
- Evrei v Daugavpilse. Istoričeskie očerki, 3 Bde., Daugavpils 1993–2006.
- Boris Volkovič, Ravviny v Daugavpilse (1920–1940), Daugavpils 1996.
- Boris Volkovič, Evrejskie organizacii v Daugavpilse (1920–1940), Daugavpils 1998 (mit einer kurzen englischen Zusammenfassung).
- Henrichs Soms, Latvieši Daugavpili 20 gs. pirmaja puse, in: Kurzeme, Vidzeme, Latgale. Rȩgions un identitate vesture. Konferences materiali, hrsg. von Ilgvars Misans u. a., Riga 1999, S. 75–82.
- Konrad Bobiatyński, Dyneburg i Inflanty Polskie podczas wojny Rzeczypospolitej z Moskwą w latach 1654–1655, in: Zapiski Historyczne 70 (2005), Heft 2/3, S. 107–123 (mit einer kurzen deutschen und englischen Zusammenfassung).
- Irena Saleniece, Teachers as the Object and Subject of Sovietization in Latvia. Daugavpils (1944–1953), in: The Sovietization of the Baltic States, 1940–1956, hrsg. von Olaf Mertelsmann, Tartu 2003, S. 197–206.
- Michael Gentile: Spaces of Priority. The Geography of Soviet Housing Construction in Daugavpils, Latvia, in: Annals of the Association of American Geographers 100 (2010), Heft 1, S. 112–136.
Einzelnachweise
- ↑ Maschke, Erich (Hrsg.): Zur Geschichte der deutschen Kriegsgefangenen des zweiten Weltkrieges. Verlag Ernst und Werner Gieseking, Bielefeld 1962–1977.
- ↑ Siehe die Website der Stadt.
- ↑ Ukraine’s Kharkiv, Latvia’s Daugavpils sign fraternization treaty, Artikel auf der Website der ukrainischen Regierung.
Weblinks
- Commons: Daugavpils – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien
- Offizielle Homepage der Stadt (Englisch, auch Lettisch und Russisch)
- Offizielle Homepage des Tourismusamtes von Daugavpils (Englisch, auch Lettisch und Russisch)
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