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Zeitdilatation

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(Weitergeleitet von Eigenzeit)
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Bei der Zeitdilatation (aus lat.: dilatare ‚ausbreiten‘, ‚aufschieben‘) handelt es sich um ein Phänomen der Relativitätstheorie. Befindet sich ein Beobachter im Zustand der gleichförmigen Bewegung bzw. ruht er in einem Inertialsystem, geht nach der speziellen Relativitätstheorie jede relativ zu ihm bewegte Uhr aus seiner Sicht langsamer. Diesem Phänomen unterliegen allerdings nicht nur Uhren, sondern die Zeit im bewegten System selbst und damit jeder beliebige Vorgang. Die Zeitdilatation ist umso stärker, je größer die Relativgeschwindigkeit der Uhr ist. Sie kann praktisch nicht im alltäglichen Leben beobachtet werden, sondern erst bei Geschwindigkeiten, die im Vergleich zur Lichtgeschwindigkeit nicht vernachlässigbar klein sind. Die Tatsache, dass für alle Beobachter die Zeit des jeweils anderen langsamer verstreicht, stellt dabei keinen Widerspruch dar, wie eine nähere Betrachtung der Relativität der Gleichzeitigkeit aufzeigt (siehe auch Spezielle Relativitätstheorie und Minkowski-Diagramm).

Ein solcher Effekt wurde zuerst von Joseph Larmor (1897) und Hendrik Antoon Lorentz (1899) im Rahmen einer inzwischen überholten Äthertheorie abgeleitet. Albert Einstein (1905) gelang es jedoch im Rahmen der speziellen Relativitätstheorie zu zeigen, dass der veränderte Uhrengang nicht mit einer Beeinflussung durch einen Äther, sondern mit einer radikalen Neuinterpretation der Konzepte von Raum und Zeit zusammenhängt (siehe auch Geschichte der speziellen Relativitätstheorie).

Bei der gravitativen Zeitdilatation handelt es sich um ein Phänomen der allgemeinen Relativitätstheorie. Mit der gravitativen Zeitdilatation bezeichnet man den Effekt, dass eine Uhr – wie auch jeder andere Prozess – in einem Gravitationsfeld langsamer läuft als außerhalb desselben. So vergeht die Zeit auf der Erdoberfläche um etwa den Faktor 7·10−10 langsamer als im fernen, näherungsweise gravitationsfreien Weltraum. Genauer gesagt misst jeder gegenüber dem Gravitationsfeld ruhende Beobachter eine längere bzw. kürzere Ablaufzeit von Vorgängen, die in identischer Weise im bzw. außerhalb des Gravitationsfelds ausgelöst wurden (wie z. B. eine Oszillation des elektrischen Feldstärkevektors eines Lichtstrahls, welche als Zeitbasis verwendet werden kann). Anders als bei der Zeitdilatation durch Bewegung ist die gravitative Zeitdilatation nicht gegenseitig: Während der im Gravitationsfeld weiter oben befindliche Beobachter die Zeit des weiter unten befindlichen Beobachters langsamer ablaufen sieht, sieht der untere Beobachter die Zeit des oberen Beobachters entsprechend schneller ablaufen.

Zeitdilatation durch relative Bewegung

Bei konstanter Geschwindigkeit

Erläuterung

 
Symmetrisches Minkowski-Diagramm der Eigenzeiten.
 
Im Inertialsystem S sind A und B synchron. Die „bewegte“ Uhr C tickt langsamer und geht bei Ankunft bei B nach. Im Minkowski-Diagramm: A=3=dg; B=3=ef; C=2=df.
 
Im Inertialsystem S′ sind A und B aufgrund der Relativität der Gleichzeitigkeit nicht synchron, wobei B gegenüber A vorgeht. Obwohl hier die „bewegten“ Uhren A und B langsamer ticken, reicht der Zeitvorsprung von B, damit auch hier C gegenüber B bei der Zusammenkunft nachgeht. Im Minkowski-Diagramm: A=1,3=dh; B=1,7=ej; B=3=ef; C=2=df.

Zum Verständnis der Zeitdilatation ist es erforderlich, sich die grundlegenden Messvorschriften und Methoden zur Zeitmessung mit ruhenden und bewegten Uhren zu vergegenwärtigen.[1][2]

Wenn zwei Ereignisse nacheinander am selben Ort in einem Inertialsystem auftreten, dann kann durch direktes Ablesen der Zeigerstellungen einer bei diesen Ereignissen ruhenden Uhr C die Eigenzeit (Zeitspanne zwischen erstem und zweitem Ereignis) ermittelt werden. Die von C angezeigte Eigenzeit ist invariant, also in allen Inertialsystemen wird zugestimmt, dass C diese Zeitspanne während des Vorgangs anzeigte.[3] Wird die Eigenzeit von C mit den Uhren relativ bewegter Inertialsysteme verglichen, kann folgendermaßen vorgegangen werden: Ein Beobachter im Inertialsystem S stellt zwei Uhren A und B auf, welche mit Lichtsignalen synchronisiert sind (Bilder rechts). Uhr C ruht in S′ und bewegt sich mit der Geschwindigkeit v von A nach B, wobei sie zum Startzeitpunkt mit A und B synchron sein soll. Die „bewegte“ Uhr C (für welche die Eigenzeit vergangen ist) geht bei ihrer Ankunft gegenüber der „ruhenden“ Uhr B (für welche vergangen ist) nach, und zwar gemäß folgender Formel für die Zeitdilatation (siehe Herleitung):

(1)

somit gehen Uhren A und B schneller um

(2)

wobei

der Lorentzfaktor mit der Lichtgeschwindigkeit ist.

Nun besagt das Relativitätsprinzip, dass in S′ die Uhr C als ruhend betrachtet werden kann und folglich die Uhren A und B langsamer gehen müssen als C. Auf den ersten Blick widerspricht dies jedoch dem Umstand, dass in beiden Inertialsystemen Uhr C beim Zusammentreffen mit B nachgeht, was auch aus der Invarianz der Eigenzeiten der Uhren C und B folgt.

Dies wird allerdings erklärbar, wenn die Relativität der Gleichzeitigkeit berücksichtigt wird. Denn obige Messung beruhte auf der Voraussetzung, dass die Uhren A und B (und somit zum Startzeitpunkt auch C) synchron sind, was jedoch aufgrund der Konstanz der Lichtgeschwindigkeit in allen Inertialsystemen nur in S der Fall ist. In S′ schlägt die Synchronisierung von A und B fehl – weil die Uhren sich hier in negativer x-Richtung bewegen und B dem Zeitsignal entgegenkommt, während A diesem davonläuft. B wird also zuerst vom Signal erfasst und beginnt gemäß einem durch die Lorentz-Transformation zu ermittelnden Wert früher als A zu laufen. Berücksichtigt man dieses Vorgehen von Uhr B aufgrund des verfrühten Starts (zieht man also diesen Zeitbetrag von der Gesamtzeit von B ab), ergibt sich auch hier, dass die „bewegte“ Uhr B (für welche die Eigenzeit vergangen ist) während des Weges zur „ruhenden“ Uhr C (für welche vergangen ist) langsamer läuft gemäß folgender Formel:

(3)

somit geht Uhr C schneller um

(4)

Die Zeitdilatation fällt also – wie vom Relativitätsprinzip gefordert – in allen Inertialsystemen symmetrisch aus: Jeder misst, dass die Uhr des jeweils anderen langsamer läuft als seine eigene. Diese Forderung ist erfüllt, obwohl in beiden Inertialsystemen C gegenüber B beim Zusammentreffen nachgeht und die Eigenzeiten von C als auch B invariant sind.

Minkowski-Diagramm

Die jeweiligen Eigenzeiten werden nebenstehend in einem Minkowski-Diagramm und weiteren Bildern dargestellt. Uhr C (ruhend in S′) trifft bei d auf Uhr A und bei f auf Uhr B (beide ruhend in S). Die invariante Eigenzeit von C zwischen diesen Ereignissen ist df. Die Weltlinie von Uhr A ist die ct-Achse, die Weltlinie von Uhr B gezogen durch d ist parallel zur ct-Achse, und die Weltlinie von Uhr C ist die ct′-Achse. Alle zu d gleichzeitigen Ereignisse sind in S auf der x-Achse, und in S′ auf der x′-Achse. Die jeweiligen Zeitspannen können direkt durch Abzählen der Markierungen bestimmt werden.

In S ist die Eigenzeit df von C dilatiert im Vergleich zur längeren Zeit ef=dg von Uhren B und A. Umgekehrt wird auch in S′ die invariante Eigenzeit von B dilatiert gemessen. Denn Zeit ef ist kürzer in Bezug zur Zeit if, weil das Startereignis e von Uhr B schon zur Zeit i gemessen wurde, bevor Uhr C überhaupt zu ticken begonnen hatte. Zum Zeitpunkt d hat B die Zeit ej hinter sich, und auch hier ergibt sich die Zeitdilatation, wenn df in S′ mit der restlichen Zeit jf in S verglichen wird.

Aus diesen geometrischen Verhältnissen wird abermals klar, dass die invariante Eigenzeit zwischen zwei bestimmten Ereignissen (in diesem Fall d und f) auf der Weltlinie einer unbeschleunigten Uhr, kürzer ist als die mit synchronisierten Uhren gemessene Zeit zwischen denselben Ereignissen in allen anderen Inertialsystemen.[4][3] Wie gezeigt, steht dies nicht im Widerspruch zur wechselseitigen Zeitdilatation, denn aufgrund der Relativität der Gleichzeitigkeit werden die Startzeitpunkte der Uhren in anderen Inertialsystemen unterschiedlich gemessen.

Zeitdilatation und Längenkontraktion

Dabei ist ersichtlich, dass die Zeitdilatation von gegenüber (gemessen mit ruhenden, synchronisierten Uhren)

reziprok ist zur kontrahierten Länge bewegter Objekte (gemessen durch gleichzeitige Bestimmung der Endpunkte mittels ruhender Maßstäbe) bezüglich ihrer Ruhelänge :

Das bedeutet, dass die von mitbewegten Uhren angezeigte Eigenzeit immer kleiner ist als die von ruhenden Uhren angezeigte Zeitspanne für dasselbe Phänomen, wohingegen die von mitbewegten Maßstäben gemessene Eigenlänge immer größer ist als die von ruhenden Maßstäben gemessene Länge desselben Objekts.[1]

Der umgekehrte Fall tritt ein, wenn Uhr und Maßstab nicht im selben Inertialsystem ruhen. Bewegt sich nämlich die Uhr innerhalb der Zeitspanne entlang eines Maßstabs in S (gemessen von dort ruhenden Uhren), dann ist dessen Ruhelänge einfach mit gegeben, wohingegen die dilatierte Uhr eine geringere Eigenzeit gemäß anzeigt. Da ihre Eigenzeit invariant ist, wird sie diese Zeitspanne auch im eigenen Ruhesystem anzeigen, woraus folgt dass der in S′ bewegte Stab die Länge hat. Der Stab ist hier also um kürzer, was der Längenkontraktion des bewegten Stabes entspricht.[5][6]

Lichtuhr

Lichtuhr, links ruhend, rechts mit 25 % der Lichtgeschwindigkeit bewegt

Für eine einfache Erklärung dieses Faktors kann das Konzept der Lichtuhr herangezogen werden. Eine Lichtuhr besteht aus zwei Spiegeln im Abstand , die einen kurzen Lichtblitz hin und her reflektieren. Eine solche Lichtuhr wurde bereits im 19. Jahrhundert in der Theorie der Lichtlaufzeiten beim Michelson-Morley-Experiment besprochen, und als Gedankenexperiment zur Herleitung der Zeitdilatation erstmals 1909 von Gilbert Newton Lewis und Richard C. Tolman benutzt.[7]

Wenn eine Lichtuhr A gegeben ist, wird aus Sicht eines mit ihr mitbewegten Beobachters ein Blitz für den einfachen Weg zwischen den Spiegeln die Zeit benötigen. An einem der beiden Spiegel wird jedes Auftreffen des Lichtblitzes registriert und dabei jedes Mal die Lichtuhr um eine Zeiteinheit weitergestellt, die der Gesamtlaufzeit des Lichtblitzes entspricht.

Wird nun eine zweite Lichtuhr B senkrecht zur Verbindungslinie der Spiegel mit der Geschwindigkeit bewegt, so muss das Licht aus Sicht des A-Beobachters zwischen den Spiegeln eine größere Strecke zurücklegen als bei Uhr A. Unter der Annahme der Konstanz der Lichtgeschwindigkeit geht für den A-Beobachter Uhr B daher langsamer als Uhr A. Die Zeit , die der Lichtblitz für den einfachen Weg zwischen den Spiegeln benötigt, ergibt sich über den Satz des Pythagoras

.

Durch Einsetzen der Ausdrücke für und und Auflösen nach erhält man schließlich

Oder mit dem Lorentzfaktor:

(4)

und somit

(3)

Hingegen kann ein mit Uhr B mitbewegter Beobachter gemäß Relativitätsprinzip ebenfalls von sich behaupten, sich in Ruhe zu befinden. Das heißt, seine bei ihm befindliche Uhr B wird eine einfache Laufzeit von für den Lichtblitz anzeigen. Hingegen wird der Lichtblitz der aus seiner Sicht bewegten Uhr A für ihn einen größeren Weg zurücklegen und benötigt folgende Zeit:

(2)

und somit

(1)

Eigenzeit

Die relativistische Metrik ds ist gegeben durch

Als Eigenzeitelement gilt der Quotient dieses relativistischen Linienelements oder Abstands und der Lichtgeschwindigkeit

Durch Einsetzen und Herausheben von folgt dann

Einerseits ergibt sich mit dem relativistischen Linienelement und dem Eigenzeitelement

anderseits ist eine Geschwindigkeit allgemein als Ableitung des Ortsvektors nach der Zeit definiert

 
 
Symmetrische Minkowski-Diagramme, wo zwei Uhren mit gleicher Geschwindigkeit in entgegengesetzte Richtung fliegen, wodurch beide Weltlinien die gleiche Skalierung erhalten.
Oben: Eigenzeit und Zeitdilatation
Unten: Zwillingsparadoxon

Mit dem Quadrat der Geschwindigkeit

folgt schließlich für das Element der Eigenzeit

Die Eigenzeit wird erhalten, wenn über das Eigenzeitelement integriert wird:

.

Bei konstanter Geschwindigkeit ist der Wurzelfaktor , und es ergibt sich .

Messtechnisch entspricht die Eigenzeit obigem Ausdruck . Zeichnet eine Uhr C die Dauer zwischen den Ereignissen U und W am jeweiligen Ereignispunkt selbst, also entlang der Weltlinie von C, auf, wird das von C angezeigte Zeitintervall die Eigenzeit zwischen diesen Ereignissen genannt (siehe erstes Minkowski-Diagramm rechts).[2][4][8] Genauso wie das zugrunde liegende Linienelement ds², ist auch die Eigenzeit eine Invariante, denn in allen Inertialsystemen wird übereinstimmend festgestellt, dass Uhr C genau diese Zeitspanne zwischen U und W anzeigt.[3] Die invariante Eigenzeit ist die Referenzgröße, wenn die Zeitdilatation auftritt. Wie oben bereits erläutert wird die Gangrate der Uhr C aus der Sicht aller anderen bewegten Systeme verlangsamt in Bezug zu den eigenen Uhren gemessen. Demzufolge wird Uhr C zwischen den beiden Beobachtungsereignissen U und W eine kürzere Zeitspanne anzeigen, wohingegen die synchronisierten S-Uhren eine größere Zeitspanne anzeigen gemäß:

Ruht hingegen eine Uhr B in S, und finden auf ihrer Weltlinie zwei Ereignisse U und V statt, dann ist die Zeitspanne identisch mit der invariante Eigenzeit zwischen diesen Ereignissen, folglich wird im System S′ eine größere Zeitspanne gemessen:

Die Eigenzeit einer bei zwei Ereignissen vor Ort befindlichen unbeschleunigten Uhr ist also minimal im Vergleich zur synchronisierten Koordinatenzeit zwischen denselben Ereignissen in allen anderen Inertialsystemen.[3] Denn sofern keine der Uhren beschleunigt wird, gibt es immer nur eine Uhr und somit nur eine gerade Weltlinie, welche die Eigenzeit zwischen zwei bestimmten Ereignissen anzeigt. Es ist zwar möglich, dass ein einzelnes Ereignis U gleichzeitig auf zwei geraden Weltlinien ist (und zwar dort wo sich die Weltlinien von C und B schneiden), jedoch ist es geometrisch unmöglich, dass das zweite Ereignis W auf der Weltlinie von C auch auf der Weltlinie von B ist, sowie es auch unmöglich ist, dass das zweite Ereignis V auf der Weltlinie von B auch auf der Weltlinie von C ist.

Wenn jedoch eine der Uhren beschleunigt wird, können sich die Weltlinien abermals schneiden. Hier ergibt es sich, dass die gerade Weltlinie der unbeschleunigten Uhr eine größere Eigenzeit anzeigt als die zusammengesetzt-gekrümmte Weltlinie der beschleunigten Uhr, was die Erklärung des Zwillingsparadoxons darstellt. Während also, wie oben gezeigt, die Eigenzeit zwischen zwei Ereignissen auf der Weltlinie einer unbeschleunigten Uhr minimal ist im Vergleich zu den synchronisierten Koordinatenzeiten in allen anderen Inertialsystemen, ist sie maximal im Vergleich zu den Eigenzeiten von beschleunigten Uhren die bei beiden Ereignissen ebenfalls vor Ort waren.[3]

Zeitdilatation durch reine Beschleunigung

Die momentane Zeitdilatation der geradlinigen Beschleunigung, ggf. auch Zeitraffereffekt, beträgt nur aus der Sicht des beschleunigenden Beobachters und zusätzlich zum Effekt aus der Bewegung:

mit s=Distanz zum Beobachter, a=Beschleunigung und c=Lichtgeschwindigkeit. Theoretisch kann der Wert von as kurzfristig beliebig hoch sein, bis die Relativgeschwindigkeit c beträgt. Sinkt die Relativgeschwindigkeit infolge a<0 auf bzw unter -c, verschwindet das andere Objekt vom Horizont.

Dies ergibt sich aus . Dabei ist zu beachten, dass das Vorzeichen der Beschleunigung eine wichtige Rolle spielt, also insbesondere ob a und s in die gleiche Richtung weisen oder in entgegengesetzte Richtungen. Für den unbeschleunigten Beobachter ändert sich der Zeitablauf des beschleunigten Objektes jedoch nicht: . Die Beschleunigung a ist dabei nur in der vektoriellen Komponente in Richtung zum beobachteten Inertialsystem und rein geometrisch zu verstehen und somit auch im freien Fall zu berücksichtigen. Im freien Fall gleichen sich meist die relativistischen Effekte aus, sodass der freie Fall z. B. bei der stabilen Rotation in Summe als relativistisch irrelevant angesehen werden kann. Dies ist aber bei der geradlinigen Beschleunigung insbesondere beim Swing-By nicht der Fall. Der relativistische Unterschied des Swing-By zur Vollrotation besteht darin, dass nur eine Teilrotation ausgeführt wird, z. B. idealisiert nur ein Halbkreis. Hier erfolgt die geometrische Beschleunigung gegenüber dem beobachteten Inertialsystem über den gesamten Halbkreis hinweg, während sie sich bei einer Vollrotation von einem Punkt von außen betrachtet periodisch immer wieder ausgleichend aufhebt und im stabilen Orbit mit den zentripedalen Kräften ausgleicht. Die Unterscheidung der beiden Inertialsysteme ergibt sich auch beim unbemerkten Swing-By aus der für alle Beteiligten offensichtlichen Richtungsänderung des beschleunigten Objektes.

Bewegung mit konstanter Beschleunigung

Wird ein Testkörper der Masse mit einer konstanten Kraft auf relativistische Geschwindigkeiten (größer als ein Prozent der Lichtgeschwindigkeit) beschleunigt, muss wegen der Zeitdilatation zwischen der Uhr eines ruhenden Beobachters und einer Uhr an Bord des Testkörpers unterschieden werden. Besitzt der Testkörper bei die Geschwindigkeit , so ist es zweckmäßig, die Abkürzung:

einzuführen, um die folgenden Rechenergebnisse übersichtlich aufschreiben zu können. Wird der Testkörper ab mit einer konstanten Kraft beschleunigt, so gilt

wobei sich die konstante Beschleunigung gemäß berechnet.[9] Mit Hilfe dieser Formel kann zusätzlich auch die Eigenzeit berechnet werden, die eine Uhr im beschleunigten System des Testkörpers anzeigen würde. Dazu muss nur die Momentangeschwindigkeit in das weiter oben angegebene Integral

eingesetzt werden. Das Ergebnis dieser Integration lautet

Den zurückgelegten Weg im System des ruhenden Beobachters erhält man durch Integration der Geschwindigkeit über die Zeit

Wird bei verschwindender Startgeschwindigkeit () die Zeit noch durch die Eigenzeit ersetzt, gilt

[4]

Reise zu entfernten Sternen

Ein anderes Beispiel wäre die Bewegung eines Raumschiffes, das von der Erde startet, einen entfernten Planeten ansteuert und wieder zurückkommt. Ein Raumschiff startet von der Erde und fliegt mit der anfänglichen Beschleunigung von zu einem 28 Lichtjahre entfernten Stern. Die Beschleunigung von wurde gewählt, da hierdurch irdische Gravitationsverhältnisse an Bord eines Raumschiffes simuliert werden können. Auf halber Strecke ändert das Raumschiff das Vorzeichen der Beschleunigung und verzögert ebenso stark. Nach Abschluss einer sechsmonatigen Aufenthaltsdauer kehrt das Raumschiff auf gleiche Weise zur Erde zurück. Die vergangenen Zeiten ergeben sich für den Reisenden zu 13 Jahren, 9 Monaten und 16 Tagen (Messung mit an Bord befindlicher Uhr). Auf der Erde sind bei der Rückkehr des Raumschiffes dagegen 60 Jahre, 3 Monate und 5 Stunden vergangen.

Wesentlich größere Unterschiede erhält man bei einem Flug zum Andromedanebel, der etwa 2 Millionen Lichtjahre entfernt ist (bei gleichen Beschleunigungs- und Verzögerungsphasen). Für die Erde vergehen etwa 4 Millionen Jahre, während für den Reisenden nur ungefähr 56 Jahre vergangen sind.

Das Raumschiff überschreitet die Lichtgeschwindigkeit nie. Je länger es beschleunigt, desto näher kommt es zwar an die Lichtgeschwindigkeit heran, es wird diese jedoch niemals erreichen. Aus Sicht der Erde nimmt die Beschleunigung also trotz gleichbleibender Triebwerksleistung ab. Im Raumschiff läuft die Zeit entsprechend der Zeitdilatation langsamer. Da im Raumschiff sowohl Beobachter als auch Messinstrumente der Zeitdilatation unterliegen, läuft aus ihrer Sicht die Eigenzeit ganz normal, jedoch verkürzt sich aufgrund der Lorentzkontraktion der Weg zwischen Erde und Reiseziel. (Aus Erdsicht bleibe er in diesem Beispiel vereinfachend konstant). Wenn man nun im Raumschiff ist und seine Geschwindigkeit relativ zur Erde unter Berücksichtigung der Lorentzkontraktion bestimmt, dann kommt man auf dasselbe Resultat, wie wenn man von der Erde aus die Geschwindigkeit des Raumschiffes bestimmt. Das große Problem an diesem Beispiel ist nur, dass derzeit kein Antrieb realisierbar ist, der über so lange Zeit eine so hohe Beschleunigung erreicht.[10]

Zeitdilatation durch Gravitation

Die gravitative Zeitdilatation beschreibt den relativen Zeitablauf von Systemen, die in verschiedenen Entfernungen eines Gravitationszentrums (beispielsweise eines Sterns oder Planeten) relativ zu diesem ruhen. Zu beachten ist, dass die gravitative Zeitdilatation nicht etwa durch eine mechanische Einwirkung auf die Uhren entsteht, sondern eine Eigenschaft der Raumzeit selbst darstellt. Jeder relativ zum Gravitationszentrum ruhende Beobachter misst für identische, jedoch in unterschiedlichen Entfernungen vom Gravitationszentrum ablaufende Vorgänge unterschiedliche Ablaufzeiten, bezogen auf seine eigene Zeitbasis. Ein Effekt, der auf der gravitativen Zeitdilatation beruht, ist die gravitative Rotverschiebung.

Beschleunigung und Gravitation: die rotierende Scheibe

Diese Problemstellung wird auch als Ehrenfestsches Paradoxon bezeichnet.

Nach dem Äquivalenzprinzip der allgemeinen Relativitätstheorie kann man lokal nicht zwischen einem ruhenden System in einem Gravitationsfeld und einem beschleunigten System unterscheiden. Deshalb kann man den Effekt der Gravitationszeitdilatation anhand der Zeitdilatation durch Bewegung erläutern.

Betrachten wir eine mit konstanter Winkelgeschwindigkeit rotierende Scheibe, so bewegt sich ein Punkt im Abstand vom Zentrum mit der Geschwindigkeit

Dementsprechend wird im Abstand vom Mittelpunkt der Scheibe die Eigenzeit

auftreten. Für hinreichend kleine Abstände () ist dieser Ausdruck näherungsweise

Ein auf der Scheibe befindliches, mitrotierendes Objekt erfährt nun die Zentrifugalkraft . Aufgrund des Äquivalenzprinzips kann man diese Kraft auch als Gravitationskraft deuten, zu der ein Gravitationspotential

gehört. Dies ist aber gerade der Term, der bei der Zeitdilatation im Zähler auftritt. Somit ergibt sich für „kleine“ Abstände:

(Hinweis: Das hier angegebene Potential entspricht nicht dem üblichen Zentrifugalpotential, da hier eine Anpassung an die lokale Drehgeschwindigkeit der Scheibe vorgenommen wird, während beim üblichen Zentrifugalpotential stattdessen Drehimpulserhaltung gilt)

Zeitdilatation im Schwerefeld der Erde

In einem schwachen Gravitationsfeld wie dem der Erde kann die Gravitation und somit die Zeitdilatation näherungsweise durch das Newtonsche Gravitationspotential beschrieben werden:

Hierbei ist die Zeit bei Potential und das Newtonsche Gravitationspotential (Multiplikation mit der Masse eines Körpers ergibt dessen potentielle Energie an einem bestimmten Ort)

Auf der Erde kann (solange die Höhe klein ist gegenüber dem Erdradius von ca. 6400 Kilometern) das Gravitationspotential durch angenähert werden. In 300 Kilometern Höhe (das ist eine typische Höhe, in der Space Shuttles fliegen) vergehen somit in jeder „Erdbodensekunde“ , das ist etwa eine Millisekunde pro Jahr mehr. Das heißt, ein Astronaut, der in 300 Kilometern Höhe über der Erde ruhen würde (zum Beispiel mit Unterstützung eines Raketenantriebs), würde in jedem Jahr etwa eine Millisekunde schneller altern als jemand, der auf der Erde ruht. Zu beachten ist hierbei, dass diese Zahl nicht angibt, wie ein Shuttle-Astronaut altert, da das Shuttle sich zusätzlich bewegt (es kreist um die Erde), was zu einem zusätzlichen Effekt in der Zeitdilatation führt.

Gravitation Kreisbahngeschwindigkeit

Wenn man die durch die Höhe verursachte Verringerung der gravitativen Zeitdilatation relativ zur Erdoberfläche und die durch die für diese Höhe erforderliche Kreisbahngeschwindigkeit bedingte Zeitdilatation miteinander vergleicht, zeigt sich, dass sich bei einem Bahnradius vom 1,5-fachen des Erdradius, also in einer Flughöhe von einem halben Erdradius, die beiden Effekte genau aufheben und daher die Zeit auf einer solchen Kreisbahn genau so schnell vergeht wie auf der Erdoberfläche.

Experimentelle Nachweise

Relativistischer Dopplereffekt

Der erste direkte Nachweis der Zeitdilatation durch Messung des relativistischen Dopplereffekts gelang mit dem Ives-Stilwell-Experiment (1939); weitere Nachweise erfolgten mit den Mößbauer-Rotor-Experimenten (1960er) und modernen Ives-Stilwell-Varianten auf Basis von Sättigungsspektroskopie, wobei letztere die mögliche Abweichung der Zeitdilatation bis auf reduziert haben. Ein indirekter Nachweis sind Variationen des Kennedy-Thorndike-Experiments, bei dem die Zeitdilatation zusammen mit der Längenkontraktion berücksichtigt werden muss. Für Experimente, bei denen die Zeitdilatation für Hin- und Rückweg beobachtet wird, siehe Zwillingsparadoxon.

Lebensdauermessung von Teilchen

Beim Auftreffen der kosmischen Strahlung auf die Moleküle der oberen Luftschichten entstehen in 9 bis 12 Kilometern Höhe Myonen. Sie sind ein Hauptbestandteil der sekundären kosmischen Strahlung, bewegen sich in Richtung Erdoberfläche mit nahezu Lichtgeschwindigkeit weiter und können dort nur wegen der relativistischen Zeitdilatation detektiert werden, denn ohne diesen relativistischen Effekt würde ihre Reichweite nur etwa 600 m betragen. Zusätzlich wurden Tests der Zerfallszeiten in Teilchenbeschleunigern mit Pionen, Myonen oder Kaonen durchgeführt, welche ebenfalls die Zeitdilatation bestätigten.

Tests der gravitativen Zeitdilatation

Die gravitative Zeitdilatation wurde 1960 im Pound-Rebka-Experiment von Robert Pound und Glen Rebka nachgewiesen. Außerdem startete die NASA 1976 eine Scout-D-Rakete mit einer Atomuhr, deren Frequenz mit einer Uhr derselben Bauart auf der Erde verglichen wurde. Dies war das bisher präziseste Experiment, das erfolgreich die gravitative Rotverschiebung messen konnte.[11]

Siehe auch

Weblinks

Wiktionary: Zeitdilatation – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen

Literatur

  • Albert Einstein: Zur Elektrodynamik bewegter Körper. In: Annalen der Physik und Chemie. 17, 1905, S. 891–921 (als Faksimile (PDF; 2,0 MB); als Volltext bei Wikilivres; und [Gravitation Kreisbahngeschwindigkeit kommentiert und erläutert] bei Wikibooks)
  • Thomas Cremer: Interpretationsprobleme der speziellen Relativitätstheorie. Harri Deutsch, 1990
  • Walter Greiner, Johann Rafelski: Spezielle Relativitätstheorie. Harri Deutsch, 1989
  • Harald Fritzsch: E=mc². Eine Formel verändert die Welt. Piper, 1990
  • Roland Pabisch: Derivation of the time dilatation effect from fundamental properties of photons. Springer, Wien 1999, ISBN 3-211-83153-3

Einzelnachweise

  1. 1,0 1,1 Max Born: Die Relativitätstheorie Einsteins. 7. Auflage. Springer Verlag, 2003, ISBN 3-540-00470-X.
  2. 2,0 2,1 Roman Sexl, Herbert K. Schmidt: Raum-Zeit-Relativität. Vieweg, Braunschweig 1979, ISBN 3-528-17236-3, S. 31–35.
  3. 3,0 3,1 3,2 3,3 3,4 Edwin F. Taylor, John Archibald Wheeler: Spacetime Physics: Introduction to Special Relativity. New York: W. H. Freeman 1992, ISBN 0-7167-2327-1
  4. 4,0 4,1 4,2 Jürgen Freund: Spezielle Relativitätstheorie für Studienanfänger, S. 12, vdf Hochschulverlag AG 2007, ISBN 3825228843
  5. David Halliday, Robert Resnick, Jearl Walker: Fundamentals of Physics, Chapters 33-37, S. 1032f, John Wiley & Son 2010, ISBN 0470547944
  6. Embacher, Franz: Lorentzkontraktion. Abgerufen am 1. Januar 2013.
  7. Gilbert N. Lewis, Richard C. Tolman: The Principle of Relativity, and Non-Newtonian Mechanics. In: Proceedings of the American Academy of Arts and Sciences. 44, 1909, S. 709–726 (in der englischsprachigen Wikisource).
  8. Rebhan, Eckhard: Theoretische Physik I, S. 782-783, Heidelberg · Berlin: Spektrum 1999, ISBN 3-8274-0246-8
  9. Torsten Fließbach: Mechanik. 4. Auflage, Elsevier – Spektrum Akademischer Verlag, 2003, S. 322 f., ISBN 3-8274-1433-4
  10. Rolf Sauermost u. a.: Lexikon der Naturwissenschaftler. Spektrum Akademischer Verlag, Heidelberg / Berlin / Oxford 1996, S. 360
  11. Clifford Will: The Confrontation between General Relativity and Experiment. 2006
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