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Föhn

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Der Titel dieses Artikels ist mehrdeutig. Weitere Bedeutungen sind unter Föhn (Begriffsklärung) aufgeführt.
Ein Gebirgsaufwind führt auf der Leeseite (rechts) zur Erwärmung der absinkenden Luftmassen (Föhn)
Föhnwolken über den Kärntner Karawanken
Föhnwolken bei Wil bei starkem Föhnwind

Der Föhn oder Föhnwind ist ein warmer, trockener Fallwind, der häufig auf der Windrichtung abgewendeten Leeseite von größeren Gebirgen auftritt. Er entsteht meist großräumig als Wetterlage und kann stetig wehen, aber auch böig sein.

Die Bezeichnung wird vor allem für Winde im Alpenraum verwendet, worauf der Artikel Alpenföhn näher eingeht. Es gibt jedoch zahlreiche regional unterschiedliche Namen.

Zu unterscheiden ist der echte Föhn von der ähnlich warm-trockenen „föhnigen“ Höhenströmung und anderen, etwa durch Druckgradienten bei Sturmtiefs induzierten, föhnähnlichen Fallwinden.

Einführung

Lichtweg bei Föhn

Der Föhn entsteht aus einer Windströmung (oder einem horizontalen Druckgradienten) über dem Gebirge und ist auf dessen dem Wind zugewandter Luvseite mit Steigungsregen verbunden, die zu relativ warmer Höhenluft führen. Neben diesem warmen Föhn durch feuchtadiabatisch aufsteigende Luft vor dem Gebirge gibt es aber noch andere Ursachen, denn weniger warme Föhnwinde treten als physikalisches Wetterphänomen zumindest in den Ostalpen je nach Schichtung der Luftmassen auch ohne das Ausregnen auf, welches die zusätzliche Wärme generiert.

Charakteristisch ist die deutliche Erwärmung und Trocknung der herabströmenden Luft, die zu gesundheitlichen Beschwerden führen kann, sowie die ausgeprägte Fernsicht aufgrund der aerosolarmen, also schwebeteilarmen Luftmassen. Ein weiterer Punkt, der zur Fernsicht und vor allem zu einer besseren Sicht auf die Berge beiträgt, ist, dass die Atmosphäre wie ein Vergrößerungsglas wirkt: Da die Dichte der Luft mit zunehmender Höhe abnimmt, nimmt auch deren Brechungsindex ab. Das führt zu einer Ablenkung des Lichtes, sodass Objekte größer oder näher erscheinen. Dieser Effekt wird beim Föhn durch die nach oben zunehmende Temperatur, die zu einer weiteren Abnahme der Dichte führt, noch einmal verstärkt.

Typisch für die Föhnlage ist eine markante Wolkenwand – die Föhnmauer – vor fast blauem Himmel, dem Föhnfenster. Beim Auftreten sehr hoher Windgeschwindigkeiten, dem Föhnsturm, kann die Föhnmauer jedoch auch auf die Leeseite hereinbrechen und dort zu Niederschlägen führen.

Etymologie und Regionalnamen

Die Bezeichnung Föhn ging vom lateinischen favonius (ein lauer Westwind), wohl über das Rätoromanische (favuogn, dialektale Kurzform fuogn), in das Althochdeutsche (phōnno) ein und wurde aus dem Deutschen die in den Alpenländern vorherrschende Bezeichnung, die sich auch als meteorologischer Überbegriff für diese Windereignisse im Allgemeinen durchgesetzt hat.

Daneben sind Bezeichnungen für regionale Föhnlagen entstanden:

In Kärnten wird der Südföhn über die Karawanken als Jauk bezeichnet, abgeleitet von jug (Slowenisch: Süden). Daneben gibt es auf der Alpensüdseite, z.B. im Tessin, auch den Nordföhn. In Italien wird meist das deutsche Fremdwort föhn oder favonio benutzt, sowie allgemein vento di caduta („Fallwind“), in Slowenien fen.[1]

Weitere Beispiele sind:

Weitere lokale Bezeichnungen sind unter anderem: Afghan, Oroshi, Kata kaze, Papagayo, Tehuano oder Tehuantepecer, Norte oder Norther, Kachchab, Laoswind, Bohorok, Sarma und Kachchan.

Ein ähnlicher, jedoch katabatischer Fallwind ist die Bora an der kroatischen und montenegrinischen Adriaküste.

Definitionen

Föhn und Bora sind die typbestimmenden warmen bzw. kalten Fallwinde, die so oder ähnlich auch weltweit beobachtet werden können. Durch divergente bioklimatische Wirkung und gegensätzliche landschaftsprägende Folgen ist eine Separierung von föhn- und boragenen Typen zwangsläufig sinnvoll. Phänomenologisch lassen sie sich einfach unterscheiden:

„Der Föhn ist ein warmer Fallwind auf der Lee-Seite eines Gebirgszuges. Wenn er weht, steigt die Temperatur am leeseitigen Berghang an. Demgegenüber ist die Bora zwar ebenfalls ein Fallwind im Gebirgslee, jedoch sinkt die Temperatur am Leehang nach ihrem Einsetzen.“ (aus: Yoshino 1976)

Bezüglich der Bora ist Yoshino missverständlich. Der Wind der Bora ist kalt, weil die Ausgangsluft kalte Polarluft ist, die trotz der trockenadiabatischen Erwärmung beim Herunterwehen sich nur so wenig erwärmt, dass sie immer noch als kalt empfunden wird.

Die Definition der Weltorganisation für Meteorologie (WMO) lautet:

„Ein Föhn ist in der Regel ein Wind auf der Leeseite eines Gebirges, der beim Abstieg eine Erwärmung und Trocknung erfährt. Die treibende Kraft sind entweder synoptische Strömungen oder ein Druckgradient über dem Gebirge, aber keine katabatischen Effekte.“

Darum ist jeder Wind, der diese Umstände erfüllt, ein Föhnwind, ohne Bezug auf den lokalen Namen.

Geschichte der Föhntheorie

Die in Lehrbüchern – auch heute noch – am weitesten verbreitete Erklärung des Föhns ist mit der Darstellung von Ficker & De Rudder aus dem Jahr 1943 verbunden, wird gern thermodynamisch genannt und irrtümlich Julius Hann zugeschrieben. Diese Theorie ist nach heutigem Verständnis nur noch von historischer Bedeutung, obwohl sie wichtige Erscheinungen richtig erklärt. Ihre Charakteristika sind ein Niederschlag im Luv, der als alleinige Erklärung der relativ hohen Temperaturen auf der Lee- im Vergleich zur Luvseite herangezogen wird, sowie eine dem Hangprofil folgende Störung auf beiden Seiten. Dies trifft jedoch in vielen Fällen nicht zu.

Thermodynamische Föhntheorie

Schema der Föhn-Entstehung auf der Nordseite der Alpen

Ein Föhn entsteht nach der thermodynamischen Föhntheorie wie alle Winde durch die Wirkung einer Druckgradientkraft mit tieferem Druck auf der Lee-Seite eines Gebirges. Beim Aufsteigen der relativ feuchten Luft an der Luv-Seite des Gebirges kühlt sich diese zunächst so lange trockenadiabatisch mit 1,0 °C pro 100 m Höhenanstieg ab, bis die relative Luftfeuchte 100 % beträgt. Dies liegt daran, dass die Wasserdampfkapazität der Luft mit der sinkenden Temperatur sinkt, sodass sie beim Erreichen des Taupunktes mit Dampf gesättigt ist und Wassertröpfchen bildet. Steigt die Luft weiter, so kühlt sie sich nur noch feuchtadiabatisch mit etwa 0,6 °C/100 m ab. Dabei bleibt die relative Luftfeuchte mit 100 % konstant: Die Luft kann ihren (unsichtbar) enthaltenen Wasserdampf nicht mehr behalten, und es kommt zu laufender Kondensation und Wolkenbildung. Diese dauert an, bis die Luft am Bergkamm angekommen ist, und führt fast immer zum sogenannten Steigungsregen, der in großen Höhen auch in Schneefall übergehen kann.

Vom Kamm aus beginnt die Luft auf der anderen Seite des Berges hangabwärts zu sinken. Der Föhn ist also – trotz einer stabilen Atmosphärenschichtung – nach der thermodynamischen Föhntheorie ein katabatischer Wind. Die Ursache für das Sinken liegt am Gelände und wird verstärkt, wenn der Wind auf der Föhnseite durch ein Tiefdruckgebiet "angesaugt" wird. Die sinkende Luft erwärmt sich wieder trockenadiabatisch mit durchgehend 1 °C/100 m – also viel schneller, als sie während des „Aufstiegs“ (in der feuchtadiabatischen Phase) abkühlte: Es fehlt ihr die beim Aufsteigen abgeregnete Wassermenge, die gleichzeitig ihre Kondensationswärme abgab. Die abgeregnete Wassermenge in Verbindung mit dem raschen Wärmerwerden der Luft auf der Leeseite ist die Ursache für die relative Trockenheit und hohe Temperatur des Föhnwindes.

Probleme der thermodynamischen Theorie des Föhns

Die thermodynamische Theorie als Erklärung des Föhns basiert auf dem unterschiedlichen Temperaturverhalten der Luft bei vertikalen Bewegungen und ist wegen der didaktischen Klarheit insbesondere in Lehrbüchern weit verbreitet: In vielen Lehrbüchern wurde der Kondensationseffekt als „der thermodynamische Föhneffekt“ hervorgekehrt, als ob sonst keine Gründe für die Temperaturerhöhung bei Föhn vorlägen. Dieser Effekt ist lange Zeit zu sehr betont worden, wohl auch wegen seiner didaktischen Vorzüge. Zwei Beobachtungen zeigen, dass er nicht essentiell zum Föhn gehört:[3]

  1. Es gibt auch Föhn ohne Bewölkung im Luv oder am Alpenhauptkamm.
  2. Die im Luv gestaute Luft ist nicht immer an der Überströmung beteiligt, sie kann stagnieren oder sich sogar in entgegengesetzter Richtung bewegen. Dazu haben Lammerts Messungen schon 1920 Beispiele gebracht.

Dass eine absteigende Warmluft dem archimedischen Prinzip zuwiderläuft, ist aber problematisch, dynamische Kriterien fehlen dieser Theorie und weder die Beobachtungen des hydraulic jump noch die mountain waves oder die Rotoren – auf welche im Folgenden eingegangen wird – können mit der Theorie erklärt werden.[4]

Dynamische Föhntheorie

Obwohl die Atmosphäre aus Gasen aufgebaut ist, benimmt sie sich in vielen Fällen wie eine Flüssigkeit. Daher treten viele atmosphärische Turbulenzen als Wellen auf. Atmosphärische Wellenstörungen resultieren aus der Interaktion verschiedener Kräfte, darunter Druckgradientkraft, Corioliskraft, Gravitation und Reibung. Lange war die obige thermodynamische Annahme bestimmende Theorie eines Föhnprinzips. Heute stehen allgemeine strömungsdynamische Gesetze bei Prinzipien der Entstehung von Fallwinden im Vordergrund, die zum mountain-wave-Konzept führen.

Hydrologisch-hydraulische Analogie der Föhnströmung

Am geeignetsten, um Fallwinde in einem dreidimensionalen System zu erklären, sind hydrologische Modelle, da sie auch für Bewegungsmuster in einem stark reliefierten Gelände mit Tälern und Pässen geeignet sind. Heute wird den topografischen Gegebenheiten noch mit der auf Englisch gap flow dynamic genannten Hypothese Rechnung getragen. Hiernach ist die vertikale Einengung (am Pass) und eine laterale Kontraktion (in einer Lücke – gap) der Luftströmung für Fallwinde wie Föhn und Bora unabdingbar.

Hydraulische Begriffe wie fließendes Wasser, schießendes Wasser, mit kritischer Geschwindigkeit strömendes Wasser und die Froude-Zahl (ähnlich der Mach-Zahl) werden heute in der Föhntheorie benutzt. Analog der Einteilung der Gasdynamik in Strömungen mit Unter- und Überschallgeschwindigkeit ist die Hydraulik der Strömungen mit freier Oberfläche in Wasserströmung mit Unter- und solche mit Übergrundwellengeschwindigkeit eingeteilt. Wasser, das mit einer Geschwindigkeit strömt, die kleiner ist als die Grundwellengeschwindigkeit, heißt in der Hydraulik fließendes Wasser, Wasser mit einer Strömungsgeschwindigkeit größer als die Grundwellengeschwindigkeit heißt schießendes Wasser. Strömt Wasser genau mit Grundwellengeschwindigkeit, so nennt man es „mit kritischer Geschwindigkeit strömendes Wasser". Die Froudsche Zahl drückt letztlich das Verhältnis zwischen kinetischer Energie (abhängig von der Windgeschwindigkeit) und potenzieller Energie (Stabilität, Gebirgshöhe) aus.

  • entspricht kritisch strömendem Wasser. Wenn die Zahl gleich oder etwas größer als eins ist, dann ist die Wahrscheinlichkeit von mountain waves groß.
  • entspricht fließendem Wasser. Ist die Zahl kleiner als eins, ist die Strömung ungenügend, um über das Hindernis zu kommen, die Zirkulation ist blockiert.
  • entspricht schießendem Wasser. Ist die Zahl viel größer als eins, dann strömt die Luft ohne größere Oszillationen über das Hindernis.

Das Problem bei der Erklärung ist, das verschiedenartige Verhalten bei Modellversuchen von fließendem und schießendem Wasser beim Überströmen eines Bodenhindernisses analog beim Föhn anzuwenden. Wenn Wasser über ein Hindernis strömt, so wirken im Wesentlichen zwei Kräfte: die Schwerkraft und die Trägheitskraft. Man kann nun zwischen zwei Regimen unterscheiden:

  1. Beim superkritischen Fließen ist die Trägheitskraft dominierend. Kinetische Energie wird am Hindernis in potenzielle Energie umgewandelt (das heißt, Wasser strömt langsamer, hat aber am Gipfel potenzielle Energie, die es befähigt, hinunterzustürzen und schneller zu fließen, also nach dem Hindernis mehr kinetische Energie zu haben).
  2. Beim subkritischen Fließen dominiert die Schwerkraft. Über dem Hindernis fließt das Wasser schneller, potenzielle Energie wird in kinetische Energie umgewandelt, die Wasserschicht wird dünner. Nach dem Hindernis wird die kinetische Energie zurück in potenzielle Energie verwandelt.

Wenn über dem Hindernis eine genügend starke Beschleunigung erreicht wird und eine genügend große Abnahme der Dicke der Wasserschicht erfolgt (bei großen Hindernissen möglich), kann ein Übergang von subkritischem zu superkritischem Fließen geschehen. Da nun das Wasser am Lee-Hang superkritisch ist, beschleunigt es sich und stürzt den Hang hinunter. Weil auf der ganzen Strecke über dem Hindernis potenzielle Energie in kinetische verwandelt wird, werden starke Fallwinde im Lee produziert. Die Flüssigkeit passt sich auf der Leeseite durch einen hydraulischen Sprung (engl. hydraulic jump) wieder der Umgebung an und wechselt dadurch wieder zu subkritischem Fließen. Hier besteht eine Analogie zur Gasdynamik: Wie dort der Übergang einer Strömung mit Unterschallgeschwindigkeit zu einer mit Überschallgeschwindigkeit stetig erfolgt, der umgekehrte dagegen meist unstetig auf dem Wege über eine riemannsche Stoßwelle, geht eine fließende Wasserströmung stetig in eine schießende über, eine schießende in eine fließende dagegen meist unstetig auf dem Wege über einen Wassersprung. Damit ist die durch Turbulenzen beim Wassersprung erzeugte Wärme für den hydraulischen Prozess verloren, beim gasdynamischen Prozess bleibt diese aber als innere Energie erhalten, der Luftsprung entspricht damit nicht gänzlich dem Wassersprung. Dass beim Föhn eine Luftströmung mit überkritischer Geschwindigkeit existiert (schießend strömende Luft), wird durch die außergewöhnliche Turbulenz der Rotoren beim Emporschießen bodennaher Luft im Lee unterstrichen.

Stehende Welle

So gleichen die kleineren atmosphärischen Wellenstörungen, die durch orografische Hindernisse gebildet werden, einer Gravitationswelle, wie man sie von den Küsten der Erde kennt. Während sich nun eine Ozeanwelle weiterbewegt und das Wasser still steht, ist es mit mountain waves genau andersherum: Während die Welle im Wesentlichen stationär bleibt, bewegt sich die Luft durch sie hindurch. Solche Wellen heißen dann stehende Wellen. Mountain waves können überall dort auftreten, wo eine starke Strömung, in einer stabilen Atmosphäre, auf eine topografische Barriere trifft. Charakteristisch für diese stehenden Wellen ist die damit verbundene Entstehung von Altocumulus-Lenticularis-Wolken, welche die Wellenbewegung der Luft erahnen lassen.

Praktisch genutzt werden die Wellen im Segelflug. Im Aufwindbereich können große Höhen ohne Motorkraft erreicht werden. Die damit einhergehende Turbulenz stellt jedoch für Luftfahrzeuge in geringerer Höhe, z. B. Gleitschirme und Drachen, eine ernstzunehmende Gefahr dar.

Gap dynamic

Zu einem wesentlichen Element der Föhn-Hypothese gehört die gap dynamic. Der Grundgedanke besteht darin, dass eine orthogonale Strömung, die gegen eine Gebirgsbarriere fließt, zuerst ein zweidimensionales Problem darstellt, dass aber, wenn so genannte gaps (Täler, Pässe) vorhanden sind, die Dimensionalität des Problems verändert wird. Dies gilt insbesondere dann, wenn die Froude-Zahl der Luft an einer Gebirgsbarriere niedriger ist und diese einen Weg durch Schluchten, Täler und Pässe anstelle einer Passage über das Hindernis nimmt. Dadurch, dass viele Gebirge bestimmte Windgassen aufweisen, wird diese Idee bestärkt. Beispiele sind die „Stampede Gap“ in der Kaskadenkette in Washington (Cascade Windstorm), die Trockentäler des Himalaya, das Wipptal am Brenner zwischen Inn und Etsch (Föhn), der Vratnik-Pass über Senj im Velebit (Bora) oder der Einschnitt der Bucht von Kotor in Montenegro als Korridor der Risaner Bora.

Folgendes Bild für den Mechanismus des Föhns ergibt sich heute: Im Ausgangszustand lagert über einem Gebirgsrelief und seiner weiteren Umgebung eine ausgedehnte, nahezu horizontale Temperaturinversion, in den Gebirgstälern und vielleicht auch im Vorland eine stagnierende kalte Luftschicht. Ein heranziehendes Tief beginnt die Luft durch den Kanal zwischen der Oberfläche der Kaltluft und der über dem Gebirge gelegenen Inversion abzusaugen. Die Strömungsgeschwindigkeit in diesem Kanal nimmt ständig zu. Bei genügend starker Absaugwirkung des Tiefs wird irgendwann längs einer zunächst schmalen Teilstrecke des Gebirgszuges die Strömung kritisch, und zwar vorzugsweise auf einem Pass, weil dort wegen der Düsenwirkung die Strömungsgeschwindigkeit besonders gesteigert wird. Längs dieser Strecke ist damit die maximale Förderleistung des Kanals erreicht. Die Inversion wird im Lee dieser Teilstrecke herabgezogen und schreitet in Richtung der Grundströmung weiter fort, während darunter die Strömung überkritisch wird. Der Föhn hat am Pass begonnen und setzt sich in das Tal hinein fort, wobei er auch die Kaltluft am Boden des Kanals mit einbezieht. Während dieses Vorgangs kann die Luft zu beiden Seiten unserer Gebirgsteilstrecke noch ungehindert nachströmen, da dort die kritische Geschwindigkeit noch nicht erreicht ist. Das ansaugende Tief fordert aber weiteren Luftnachschub, so dass auch seitlich unserer Strecke die Strömungsgeschwindigkeiten weiterhin zunehmen müssen, bis nach und nach längs des ganzen Gebirgsrückens überall die kritischen Werte überschritten sind. Am gesamten Gebirgszug hat damit der Föhn eingesetzt.

Verschiedene Missdeutungen bei der Temperaturerhöhung gerade des Südföhns verlangen eine genaue Analyse. Grundsätzlich hängt die adiabatische Erwärmung der Luft davon ab, dass die Atmosphäre zwischen der Talstation und dem Gebirgsgrat stabil stratifiziert ist. Vor allem an Sommertagen mit einer tiefen und gut durchmischten Grenzschicht und superadiabatischen Gradienten in der Nähe des Bodens ist der Föhn kühler als die Luft, die er verdrängt. Daher wird die grundsätzliche Erwärmung und Trocknung der Föhnluft aufgrund des Abstiegs auf der Lee-Seite eines Gebirges mit der Tatsache verwechselt, dass Föhnluft wärmer und trockener als die Luftmasse ist, die dieser auswechselt. Dies belegen Statistiken, die bei Südföhn in Innsbruck einen deutlichen erhöhten Trend der Temperaturmaxima in den Sommermonaten belegen. Für die Alpensüdseite ist der Effekt von Nordföhn aber durch die Kaltluftadvektion überschattet. Dagegen ist die Südströmung bei Südföhnlagen für den Bereich der Ostalpen im Raum von Tirol mit der Wirkung des Föhns als Südwind immer durch eine entsprechende Erhöhung der Temperaturmaxima charakterisiert.

Stauniederschläge

Dass implizierte Stauniederschläge kein Muss bei Föhn sind, geht aus der Statistik von Fliri (1984) eindeutig hervor. Bei Südföhn ist nur ca. 70 % Niederschlagswahrscheinlichkeit am östlichen Alpensüdrand, 80 % im westlichen Teil mit Maxima von 90 % im Tessin, wo die Niederschlagsintensitäten auch größer sind. Dass der Fall aber nicht ganz einfach ist und ein thermodynamischer Effekt mit Aufsteigen von Bodenluft aus dem Po-Becken unter Umständen eine Rolle spielt, wenn auch lokal beschränkt, konnte in einem partiellen Widerspruch zu bisherigen Ergebnissen gezeigt werden. Für Teile der Westalpen kann daher die feuchtadiabatische Komponente eine Rolle spielen. Während des ALPEX-Programms wurde die Existenz eines Kaltluft-Pools an der Alpensüdseite bestätigt. Damit setzte sich die nicht ganz neue Theorie von Hann (1866) gegenüber der von Ficker und De Rudder (1943) durch. Hier ist die Luft der unteren Schichten im Pool gefangen und tritt nicht über den Alpenhauptkamm. Diese Luft wird daher auch Totluft[5] genannt.

Bilder von Föhnwetterlagen

Auswirkungen auf den Menschen

Bei einer Föhnwetterlage kommt es immer wieder zu einem vermehrten Auftreten von Herz- und Kreislaufproblemen, aber auch anderen Beschwerden wie Kopfschmerzen, welche man unter dem Begriff der Föhnkrankheit zusammenfasst.

Föhneffekte an Geländestufen, Mittelgebirgen

Weniger bekannt, in der Praxis aber recht verbreitet, sind schwächere Föhneffekte im Lee von niedrigeren Geländestufen und Mittelgebirgszügen. Typischerweise treten solche Effekte bei starker Warmluftadvektion in den Wintermonaten auf. Die warme Luftmasse kann sich mangels Sonneneinstrahlung und aufgrund von Nebel/Hochnebelbildung nicht bis in die tiefen Lagen durchsetzen, es kommt zur Ausbildung einer starken, aber nur wenige hundert Meter flachen Temperaturinversion. Ist die großräumige Luftströmung von einer Hochfläche oder einem Mittelgebirgszug in Richtung Tiefebene gerichtet, so wandert die bodennahe Kaltluftschicht in Richtung Tiefland ab und wird durch die wärmere und trockenere Luft aus höheren Luftschichten ersetzt. Hier kommt es zur Auflösung tiefer Wolkenschichten, bei deutlich verbesserter Sicht und höheren Temperaturen. Diese Effekte treten großräumiger auf, sind nicht auf einzelne Täler begrenzt und können sich noch relativ weit von der Geländeschwelle entfernt bemerkbar machen. Die Windgeschwindigkeit nimmt dabei nur unwesentlich zu.

Typische Regionen mit Föhneffekten sind in Deutschland …

Siehe auch

Literatur

  • H. Tamiya: Bora in einer großräumigen Betrachtung und ihr Zusammenhang mit Oroshi. In: M. M. Yoshino (Hrsg.): Local wind Bora. University of Tokyo Press, Tokio 1976, ISBN 0-86008-157-5, S. 83–92.
  • S. Arakawa: Numerical Experiments on the Local Strong Winds: Bora and Föhn. In: M. M. Yoshino (Hrsg.): Local wind Bora. University of Tokyo Press, Tokio 1976, ISBN 0-86008-157-5, S. 155–165.
  • K. Yoabuki, S. Suzuki: Water Channel Experiment on Mountain Wave: Some Aspects of Airflow over a Mountain Range. In: M. M. Yoshino (Hrsg.): Local wind Bora. University of Tokyo Press, Tokio 1976, ISBN 0-86008-157-5, S. 181–190.
  • American Meteorological Society: Glossary of Meteorology. Boston, 1959 (Online Version: http://amsglossary.allenpress.com/glossary/)
  • Preusse Eckermann: Global Measurements of Stratospheric Mountain Waves from Space. In: Science 286/1999, S. 1534–1537
  • H. Ficker, B. De Rudder: Föhn und Föhnwirkungen – Der gegenwärtige Stand der Frage. Akad. Verlagsg. Becker & Erler, Leipzig, 1943
  • J. Hann: Zur Frage über den Ursprung des Föhn. In: Zeitschrift der Österreichischen Gesellschaft für Meteorologie 1 (1), Wien 1866, S. 257–263
  • H. Schweizer: Versuch einer Erklärung des Föhns als Luftströmung mit überkritischer Geschwindigkeit. Archiv Met. Geo. Biokl., Serie A5/1953, S. 350–371
  • P.Seibert: South Foehn Studies Since the ALPEX Experiment. In: Meteorol. Atmos. Phys. 43/1990, S. 91–103
  • R. Steinacker: Unstationary Aspects of Foehn in a large Valley. ICAM-MAP Meeting, Zadar, 2005 (Webdokument, pdf)
  • N. Tartaglione, P. P. Ruti: Mesoscale Idealized Gap Flows. In: MAP Newsletter 9/2000 (Webdokument)
  • World Meteorological Organization: International meteorological vocabulary. 2. Auflage. Secretariat of the World Meteorological Organization, Genf 1992, ISBN 92-63-02182-1.
  • Jürgen Brauerhoch: Föhn: Ein erlösendes Brevier. Langen Müller, März 2007, ISBN 978-3-7844-3093-5
  • Fritz Kerner von Marilaun: Die Föhnmauer, eine meteorologische Erscheinung der Centralalpen . In: Zeitschrift des Deutschen und Österreichischen Alpenvereins, Jahrgang 1892, (Band XXIII), S. 1–16. (Online bei ANNO)Vorlage:ANNO/Wartung/oav. (Abbildung: Föhnmauer. (Im Gschnitzthal.)).

Einzelnachweise

  1. Franco Slapater: Kleines Wörterbuch für Bergsteiger. Deutsch – Italienisch – Slowenisch. Druck: Tiskarna Tone Tomšič, Ljubljana, 1986
  2. „Norwegen-Föhn“ sorgt für Schneelücke. In: Hamburger Abendblatt vom 24. November 2008, S. 28.
  3. Der Föhn (PDF)
  4. Grundlagen zum Föhn - Eine Einführung bei inntranetz.at
  5. Frank Abel: Wie Föhn entsteht? Nicht so, wie Sie denken. Wetterblog "Frank Wettert", 2008

Weblinks

 Commons: Föhn – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien
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