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Verwandtschaftsbeziehung
Verwandtschaftsbeziehung bezeichnet ein Verhältnis zwischen zwei Personen, dem eine biologische Abstammung voneinander oder von derselben dritten Person zugrunde liegt; neben dieser Blutsverwandtschaft gibt es die rechtliche Verwandtschaft durch Feststellung der Elternschaft für ein nicht blutsverwandtes Kind (Geburt nach Eizellspende, Vaterschaftsanerkennung, Adoption). Mit den Verwandten von Ehepartnern oder eingetragenen Lebenspartnern besteht in Deutschland, Österreich und der Schweiz keine rechtliche Verwandtschaft, sondern eine Schwägerschaft, umgangssprachlich auch indirekte Verwandtschaft genannt.
In den verschiedenen Kulturen haben sich für alle diese Verhältnisse einfache oder umfangreiche Systeme entwickelt, mit jeweils eigenen Verwandtschaftsbezeichnungen für die Angehörigen einer Person. Diese Bezeichnungen beziehen sich immer auf diejenige Person, die sie benutzt oder deren Beziehungen benannt werden, und sie sind wechselseitig ergänzend, beispielsweise ist für die Großmutter einer Person sie selbst die Enkelin. In Verwandtschaftsdarstellungen, beispielsweise als Stammbaum oder Ahnentafel, wird die Bezugsperson oft als Ego „Ich“ oder als Proband „Testperson“ bezeichnet (siehe dazu Darstellungen in der Familiengeschichtsforschung).
Dieser Artikel erläutert die deutschen Bezeichnungen; sie sind kulturell geprägt von dem Verständnis, dass eine Person gleichermaßen von beiden Elternteilen abstammt (kognatisch-bilaterale Verwandtschaft). Im Wesentlichen entsprechen sie dem heutzutage in der westlichen Welt üblichen Verwandtschaftssystem.
Die folgenden Bezeichnungen und Grade der Verwandtschaft (eng oder entfernt) gehen von der Voraussetzung aus, dass keine Zeugung oder Heirat zwischen engen Verwandten stattfindet (Cousinenheirat, Verwandtenheirat). Bei solchen weltweit durchaus üblichen Verbindungen überlagern sich für die Nachkommen mehrere Verwandtschaftsbeziehungen gleichzeitig (siehe dazu Ahnenverlust). Es wird unterschieden zwischen dem rechtlichen Verwandtschaftsgrad (im ersten Grad) und dem bezifferten Generationen-Abstand der Seitenlinie (1. Grades).
Verwandtschaftsterminologie
Die deutschen Bezeichnungen werden ethnosoziologisch dem „Eskimo-System“ zugeordnet, das in den 1940ern von dem US-amerikanischen Anthropologen George P. Murdock klassifiziert wurde. Die Eskimo-Völker im nördlichen Polargebiet unterscheiden nicht zwischen Verwandten der väterlichen und der mütterlichen Seite (patri- und matrilateral), so kann ein Onkel der Bruder des Vaters oder der Mutter sein, eine Tante die Schwester der Mutter oder des Vaters.[1] Dies entspricht den deutschen Bezeichnungen, allerdings gab es früher mutterseitig den Oheim (Bruder der Mutter) und die Muhme (Mutterschwester). Als Cousins und Cousinen werden sowohl die Kinder von Onkeln und Tanten, als auch die Enkel von Großonkeln und -tanten sowie die Urenkel von Urgroßonkeln und -tanten bezeichnet, ohne weitere Unterscheidung. Ihnen wird nur ein Zusatz zur Angabe des Generationen-Abstands zugefügt: „1. Grades“ für die Kinder von Onkel oder Tante.
Demgegenüber gibt es bei anderen Völkern beispielsweise zwei unterschiedliche Bezeichnungen für Onkel, die sich mit Vaterbruder und Mutterbruder übersetzen lassen. Damit wird ein Unterschied zwischen beiden kenntlich gemacht, ebenso bei ihren Kindern. Das Eskimo- und das deutsche System treffen weniger Unterscheidungen, im Gegensatz zu deskriptiven, beschreibenden Systemen. Ein solches ist das „Sudan-System“, das in der Türkei und in China üblich ist und im Römischen Reich verbreitet war (siehe Lateinisch-deutsche Verwandtschaftsbezeichnungen). Dabei gibt es für Onkel und Tanten sowie für Cousins und Cousinen jeweils ganz eigene Bezeichnungen, die ihr Geschlecht, ihre Abstammung und ihr Verhältnis zu einem Elternteil angeben.[1]
Manche Kulturen unterscheiden auch zwischen älteren und jüngeren Geschwistern: Auf Türkisch beispielsweise heißt die „ältere Schwester“ abla, die „jüngere Schwester“ kız kardeş, der „ältere Bruder“ abi, der „jüngere Bruder“ kardeş (siehe Türkische Verwandtschaftsbezeichnungen). Die koreanische Sprache unterscheidet außerdem zwischen dem Bruder eines Mannes und dem Bruder einer Frau.
Eltern
Die Eltern sind die unmittelbaren Vorfahren einer Person, von denen sie in gerader Linie abstammt, oder deren Elternschaft rechtlich bestimmt wurde:
Mutter | Vater | ||||||||||||||||||||||||||
Ego (Person, Proband) | |||||||||||||||||||||||||||
Das Wort Eltern (von „Älteren“) ist ein Pluralwort und nur als Mehrzahl gebräuchlich – Einzahl ist der Elternteil (fachsprachlich auch: das oder der Elter).[2][3]
Biologische Eltern
- Mutter = die ursprüngliche Trägerin der Eizelle, aus der die Person gewachsen ist
- Vater = der Erzeuger des Spermiums, das die Eizelle der Mutter befruchtete
Die biologische Elternschaft ist eine der drei Rollen von Eltern. Grundlage der biologischen Verwandtschaft ist die Übereinstimmung der Erbanlagen zwischen einem Kind und seinen beiden Erzeugern (Genitoren). In der modernen Fortpflanzungsmedizin kann die Eizelle einer Frau in eine andere Frau verpflanzt werden, die das entstehende Kind austrägt und ihm mit der Geburt „das Leben schenkt“; mit dieser Frau hat das Kind aber keine genetischen Übereinstimmungen (siehe dazu Leihmutter, Eizellspende, Biologische Abstammungslinie, Embryonenschutzgesetz). Der biologische Vater wird umgangssprachlich Erzeuger genannt, worunter traditionell oft fälschlich seine Alleinerzeugung des Kindes verstanden wird (Urheberschaft), während die fachsprachliche Bezeichnung Genitor auch die Mutter der Eizelle als Erzeugerin des Kindes einschließt. Der genetische Verwandtschaftskoeffizient von Elternteilen und ihren leiblichen Kindern beträgt 0,5: rund 50 Prozent ihrer Erbinformationen stimmen überein (ebenso zwischen vollbürtigen Geschwistern, siehe dazu auch die Erbkrankheitsrisiken).
Rechtliche Eltern
- Mutter = hat die Person geboren
- Vater = hat die Person als sein Kind anerkannt, oder wurde als Vater festgestellt
- Adoptiveltern: Adoptivmutter, Adoptivvater = haben die Person „an Kindes statt“ angenommen (siehe unten: Adoptiv-)
Bereits im römischen Reich galt das Rechtssprichwort: Mater semper certa est: „Die Mutter ist immer sicher“ – demgegenüber: „Der Vater ist immer ungewiss“: Pater semper incertus est. Bis vor wenigen Jahrzehnten musste unklar bleiben, ob der vermutete Vater wirklich an der Zeugung beteiligt war, oder es sich um das Kuckuckskind eines anderen Mannes handelte (siehe Scheinvater). Eine Rolle spielte dabei auch bis ins späte 20. Jahrhundert die Weitergabe des Familiennamens nur über die Väterlinie (Stammlinie); dabei war die Ehelichkeit eines Kindes von entscheidender Bedeutung. Bis 1970 galten in der Bundesrepublik Deutschland der Vater und sein uneheliches Kind als nicht verwandt, diese Fiktion wurde durch das Nichtehelichengesetz beseitigt (siehe auch Vaterschaft im deutschen Recht). Heute sind Vaterschaftstests, Samenspenden und auch die Frage des Klonens von Bedeutung.
Die rechtliche Elternschaft bezeichnet die gesetzliche Festlegung, wer als Mutter und Vater eines Kindes gilt. Damit verbunden sind Elternrechte und -pflichten (siehe dazu Erziehungsberechtigte, ). Im deutschen Bürgerlichen Gesetzbuch steht seit 1992: „Mutter eines Kindes ist die Frau, die es geboren hat“ (BGB § 1591).[4] Als Vater eines Kindes gilt grundsätzlich der mit der Mutter verheiratete Mann, oder der Mann, der seine Vaterschaft anerkannt hat, solange dies nicht erfolgreich angefochten wurde (§§ 1592 ff.).[5] Gibt eine unverheiratete Mutter bei der Geburt keinen Vater an, kann das Kind ohne rechtlichen Vater aufwachsen (siehe auch Zahlvater). Ein Kind kann zwei Elternteile desselben Geschlechts haben, wenn einer seine Geschlechtsidentität ändert (siehe Transsexuellengesetz). Eltern sind die gesetzlichen Vertreter und Sorgeberechtigten ihrer minderjährigen Kinder (§§ 1626 ff.).[6] In Ausnahmefällen kann ein Gericht das Sorgerecht entziehen oder einen Vormund bestellen, beispielsweise bei Erziehungsunfähigkeit oder Tod der Eltern.
Rechtlich besteht zu den eigenen Elternteilen eine Verwandtschaft im ersten Grad, weil nur eine „vermittelnde Geburt“ zwischen ihnen und ihren Kindern liegt; zu ihnen besteht ein Verbot der Heirat oder Lebenspartnerschaft und des Beischlafs (siehe Deutsche Inzestverbote, in Österreich nur für Blutsverwandte).
Wird ein Kind zur Adoption gegeben, wechselt die rechtliche Elternschaft von den Herkunftseltern zu den Adoptiveltern. Ist die oder der Annehmende alleinstehend oder Teil einer gleichgeschlechtlichen Lebenspartnerschaft, hat das Adoptivkind nur einen Elternteil. Bei der Adoption eines Stiefkindes beteiligt sich ein Ehe- oder Lebenspartner an der rechtlichen Elternschaft für das Kind des anderen Partners – in Deutschland darf ein Lebenspartner allerdings nicht ein Adoptivkind seines Partners als sein Stiefkind adoptieren, auch darf er sich nicht an einer Adoption beteiligen (weil er gleichgeschlechtlich ist, siehe Adoption durch Lebenspartner).
Soziale Eltern
- Stiefeltern: Stiefmutter, Stiefvater = Ehe- oder Lebenspartner eines Elternteils, mit dem die Person nicht verwandt ist
- Pflegeeltern: Pflegemutter, Pflegevater = volljährige Personen, die vorübergehend oder dauerhaft Kinder anderer Eltern als Pflegekinder aufnehmen
- Milchmutter = eine andere Mutter oder eine Amme, welche die Person gestillt hat (im Judentum, Islam und orientalischen Christentum von Bedeutung)
Die soziale Elternschaft ist weder an biologische Abstammung noch an rechtliche Bestimmungen gebunden. Bei ihr wird freiwillig die Verantwortung für ein Kind übernommen und für es gesorgt, beispielsweise in gleichgeschlechtlichen Regenbogenfamilien. Oft übernehmen Elternteile auch für Stiefkinder die soziale Verantwortung, ohne sie zu adoptieren. In früheren Zeiten übernahm vielerorts der Onkel mütterlicherseits (Oheim = Mutterbruder) eine väterliche Rolle für Kinder seiner Schwester; diese Form der sozialen Vaterschaft (Avunkulat) findet sich weltweit noch bei vielen der 160[7] Ethnien und indigenen Völker, die sich nach ihrer Mütterlinie organisieren. Eine verbreitete Form der freiwilligen Übernahme einer sozialen Fürsorgepflicht ist die christliche Taufpatenschaft; zu den Aufgaben eines Patenonkels oder einer Patentante kann auch gehören, im Falle des frühen Todes der Eltern für ihr Patenkind zu sorgen.
Gebräuchliche (Kose)Namen für die Elternteile sind:
- Mutter: Mutti, Mueti, Mutsch, Mama, Mami, Ma, mum (englisch), mom (amerikanisch)
- Vater: Vati, Papa, Papi, Paps, Pa, Date (Tirol), Tata (Südtirol), Däta (Vorarlberg), dad, daddy (englisch)
Bis ins späte 20. Jahrhundert war es in den gehobenen Schichten Europas durchaus üblich, dass Kinder ihre Elternteile siezten, also mit „Sie“ oder „Ihr“ anzureden hatten (dieser Brauch findet sich noch heute in manchen traditionellen Familien weltweit). Ganz im Gegensatz dazu wurde im Rahmen der antiautoritären Erziehung und der 1968er-Bewegung dazu aufgerufen, die eigenen Elternteile direkt mit ihren Vornamen anzusprechen.[8]
Die Vorfahren der Elternteile sind Großeltern (Oma, Opa), Urgroßeltern, Ururgroßeltern, und so fort (siehe Generationsbezeichnungen).
Die Nachkommen der Eltern sind ihre Kinder, Enkelkinder, Urenkel, Ururenkel, Urururenkel,[9] und so weiter.
Kinder
Die Kinder sind die unmittelbaren Nachkommen einer Person, die biologisch von ihr in gerader Linie abstammen, oder die rechtlich als ihre Kinder festgestellt oder von ihr „an Kindes statt“ adoptiert wurden:
- Tochter = weibliches Kind
- Sohn = männliches Kind
- Adoptivsohn, Adoptivtochter = leiblichen Kindern gleichgestellt
Ego (Person, Proband) | |||||||||||||||||||||||
Tochter | Sohn | ||||||||||||||||||||||
Rechtlich besteht zu eigenen Kindern eine Verwandtschaft im ersten Grad, weil sie unmittelbar von der Person abstammen (eine vermittelnde Geburt). Auch durch Adoption angenommene Kinder einer Person gelten mit ihr und ihrer gesamten Verwandtschaft als verwandt, sie sind leiblichen Kindern gleichgestellt. Durch eine Adoption wird die rechtliche Elternschaft der Herkunftseltern von Adoptivkindern aufgehoben, zwischen ihnen besteht aber in Deutschland weiterhin das Verbot der Heirat oder Lebenspartnerschaft und des Beischlafs (siehe Deutsche Inzestverbote); diese Verbote bestehen auch zwischen dem Adoptivkind und seinen neuen Geschwistern (sowie seinen biologischen).[10]
Die rechtliche Mutter eines Kindes ist die Frau, die es geboren hat, der rechtliche Vater hat es als sein Kind anerkannt oder wurde als Vater festgestellt (siehe oben: Eltern). Ein Kind kann ohne rechtlichen Vater aufwachsen, wenn seine Mutter bei der Geburt unverheiratet war und keinen Vater angegeben hat (siehe auch Vaterlosigkeit). Wurde die Mutter durch eine Samenspende künstlich befruchtet, darf das Kind den Namen des biologischen Vaters in Erfahrung bringen. Der genetische Verwandtschaftskoeffizient zwischen Kindern und ihren biologischen Elternteilen beträgt 0,5: rund 50 Prozent ihrer Erbinformationen stimmen überein (ebenso zwischen vollbürtigen Geschwistern, siehe dazu die möglichen Erbkrankheitsrisiken).
Der Beischlaf oder die Eheschließung eines biologischen Elternteils mit seinem Kind ist weltweit in fast allen Staaten verboten, in den meisten auch mit einem nur rechtlichen Kind.
Soziale Formen der Kindschaft sind:
- Stiefkind: Stiefsohn, Stieftochter = vom eigenen Ehe- oder Lebenspartner mit einem früheren/anderen Partner gezeugt (nur verschwägert)
- Patenkind: Patensohn, Patentochter = von einem Patenonkel sowie einer Patentante freiwillig umsorgt (christliche Taufpatenschaft)
- Pflegekind: Pflegesohn, Pflegetochter = von volljährigen Personen dauerhaft zur Betreuung aufgenommen (Pflegefamilie)
- Milchkinder = von einer anderen Mutter oder einer Amme mitgestillt (im Judentum, Islam und orientalischen Christentum von Bedeutung)
Die Vorfahren von Kindern sind Eltern, Großeltern, Urgroßeltern, Ururgroßeltern, und so fort (siehe Generationsbezeichnungen).
Die Kinder von Kindern sind Enkel(kinder), deren Kinder sind Urenkel, gefolgt von Ururenkeln. Angeblich sollen 7 Generationen einer geraden Linie in einer Familie zusammengelebt haben, bisher wurden 6 nachgewiesen: 2013 erlebte eine 86-jährige kanadische Frau die Geburt ihres leiblichen Urururenkels, für den sie ihrerseits die Urururgroßmutter ist.[9]
Die Kinder von Geschwistern sind Neffen und Nichten (ebenso die Kinder von Schwägern); die Kinder von Onkeln und Tanten sind Cousins und Cousinen; die Kinder von Großonkeln und -tanten sind Onkel und Tanten 2. Grades.
Geschwister
Vollbürtige Geschwister sind weitere gemeinsame Kinder der Eltern, Halbgeschwister sind Kinder eines Elternteils mit einem anderen Partner:
- Schwester = Tochter beider Elternteile
- Bruder = Sohn beider Elternteile
- Halbbruder, Halbschwester = Kind der Mutter oder des Vaters mit einem anderen Partner (halbbürtig)
- Adoptivgeschwister = leiblichen Brüdern und Schwestern gleichgestellt (siehe unten: Adoptiv-)
- Stiefgeschwister = Kinder des neuen Ehe- oder Lebenspartners eines Elternteils, nur verschwägert (siehe unten: Stief-)
- Milchgeschwister = durch gemeinsames Gestilltwerden von derselben Frau oder Amme (im Judentum, Islam und orientalischen Christentum berücksichtigt)
Mutter | Vater | Frau | |||||||||||||||||||||||||||||||||||||||
Schwester | Ego (Person, Proband) | Bruder | Halbbruder | ||||||||||||||||||||||||||||||||||||||
Das Wort Geschwister (eigentlich: „Gesamtheit der Schwestern“) ist ein Pluralwort und nur als Mehrzahl gebräuchlich – Einzahl ist der Geschwisterteil (fachsprachlich auch: das Geschwister).[11]
Rechtlich besteht zu eigenen Brüdern und Schwestern eine Verwandtschaft im zweiten Grad (zwei vermittelnde Geburten). Im Unterschied zur gradlinigen Abstammung voneinander, bilden alle Geschwister zusammen mit ihrer Nachkommenschaft Seitenlinien. Vollbürtige Geschwister haben dieselben Vorfahren, halbbürtige Geschwister haben entweder Vater oder Mutter gemeinsam. Die von einem Elternteil adoptierten Kinder sind rechtlich den leiblichen Halbgeschwistern gleichgestellt, die von beiden Eltern gemeinsam adoptierten den Vollgeschwistern. Zu Stiefgeschwistern besteht keine Verwandtschaft, sondern eine Schwägerschaft (der Duden nennt sie fälschlich auch Halbgeschwister);[12] zu Pflegegeschwistern besteht keinerlei Verwandtschaftsverhältnis.
Der genetische Verwandtschaftskoeffizient zwischen vollbürtigen Geschwistern beträgt 0,5: rund 50 Prozent ihrer Erbinformationen stimmen überein (wie auch zwischen leiblichen Kindern und Elternteilen) und 25 Prozent zwischen Halbgeschwistern (siehe dazu auch die Erbkrankheitsrisiken). In Deutschland besteht zwischen voll- und halbbürtigen sowie adoptierten Geschwistern ein Verbot der Heirat oder Lebenspartnerschaft[10] und des Beischlafs (siehe Deutsche Inzestverbote, in Österreich nur für Blutsverwandte).
Zwillingsschwester und Zwillingsbruder sind besondere Geschwister:
- eineiige Zwillinge sind aus einer einzelnen befruchteten Eizelle entstanden, die sich in zwei Embryos aufgeteilt hat (Zwillingsschlupf); sie haben identische Erbanlagen
- zweieiige Zwillinge sind gleichzeitig aus zwei Eizellen der Mutter entstanden, die von einem Mann befruchtet wurden, auch sie sind vollbürtige Geschwister
- Halbzwillinge sind gleichzeitig aus zwei Eizellen der Mutter entstanden, die nacheinander von zwei Männern befruchtet wurden (selten, bei Tieren öfter); sie sind halbbürtige Geschwister
Die Vorfahren von vollbürtigen Geschwistern sind dieselben wie die eigenen, halbbürtige Geschwister teilen nur die Vorfahren eines Elternteils.
Die Kinder von Geschwistern sind Neffen und Nichten, deren Kinder Großneffen und Großnichten, deren Kinder Urgroßneffen und Urgroßnichten.
Neffe und Nichte
→ Zum Familiennamen siehe Neffe (Begriffsklärung)
Die Neffen und Nichten sind Kinder von Geschwisterteilen:
- Neffe = Sohn der eigenen Schwester oder des eigenen Bruders
- Nichte = Tochter der eigenen Schwester oder des eigenen Bruders
- Neffe, Nichte 2. Grades = Sohn, Tochter von Cousine oder Cousin 1. Grades = Enkel, Enkelin von Onkel oder Tante
- Neffe, Nichte 3. Grades = Kinder von Cousine oder Cousin 2. Grades = Urenkel, Urenkelin von Großonkel oder Großtante
Vater | Onkel (Vaterbruder) | ||||||||||||||||||||||||||||||||||
Schwester | Ego (Person, Proband) | Bruder | Cousin/Cousine | ||||||||||||||||||||||||||||||||
Neffe/Nichte | Tochter/Sohn | Neffe/Nichte | Neffe/Nichte 2. Grades | ||||||||||||||||||||||||||||||||
Rechtlich besteht zu Neffen und Nichten (1. Grades) eine Verwandtschaft im dritten Grad in der Seitenlinie (drei vermittelnde Geburten). Der genetische Verwandtschaftskoeffizient zu Kindern eigener vollbürtiger Geschwister beträgt 0,25: rund 25 Prozent ihrer Erbinformationen stimmen mit den eigenen überein (ebenso zu leiblichen Großeltern und zu Halbgeschwistern, siehe entsprechende Erbkrankheitsrisiken).
Umgangssprachlich werden auch die Kinder von Schwägern als Neffen und Nichten bezeichnet.
Die Kinder eines Cousins oder einer Cousine sind Neffen und Nichten eines zusätzlichen Grades: Der Sohn einer Cousine 1. Grades ist ein Neffe 2. Grades, die Tochter eines Cousins 2. Grades ist eine Nichte 3. Grades, und so fort.
Die Kinder von Neffen oder Nichten sind Großneffen und Großnichten, deren Kinder Urgroßneffen und Urgroßnichten.
Onkel und Tante
Die Onkel und Tanten sind Geschwister der Elternteile:
- Onkel = ein Bruder des Vaters, oder ein Bruder der Mutter (früher Oheim)
- Tante = eine Schwester des Vaters, oder eine Schwester der Mutter (früher Muhme)
Mutterbruder Onkel | Mutterschwester Tante | Mutter | Vater | Vaterbruder Onkel | Vaterschwester Tante | ||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||
Ego (Person, Proband) | |||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||
Rechtlich besteht zu Onkel und Tanten (1. Grades) eine Verwandtschaft im dritten Grad (drei vermittelnde Geburten). Sie stammen von gemeinsamen Großeltern ab. Im Unterschied zur gradlinigen Abstammung voneinander, bilden Onkel und Tanten zusammen mit ihrer Nachkommenschaft Seitenlinien. Der genetische Verwandtschaftskoeffizient zu blutsverwandten Onkeln und Tanten 1. Grades beträgt 0,25: rund 25 Prozent ihrer Erbinformationen stimmen mit den eigenen überein (ebenso zu leiblichen Großeltern oder Halbgeschwistern, siehe dazu auch die Erbkrankheitsrisiken).
Umgangssprachlich werden auch die Ehepartner oder Lebenspartner von Geschwistern der Eltern Onkel und Tante genannt; diese sind aber rechtlich nur im dritten Grad verschwägert. Früher gab es für den Bruder der Mutter die eigene Bezeichnung als Oheim, Ohm oder Öhm, die auch für den Ehemann der Schwester der Mutter verwendet wurde. Die Schwester der Mutter war die Muhme oder Base, ebenso die Ehefrau des Bruders der Mutter. Bevor Onkel und Tante aus dem Französischen in den deutschen Sprachgebrauch kamen, wurden Bruder und Schwester des Vaters Vetter und Base genannt, später auch deren Kinder (heute: Cousin und Cousine).
Der Onkel mütterlicherseits (lateinisch avunculus „Muttersbruder“; deutsch Oheim) übernahm früher vielerorts die soziale Vaterschaft für die Kinder seiner Schwester; dieses sogenannte Avunkulat findet sich weltweit noch bei vielen der rund 160[7] Ethnien und indigenen Völker, die matrilinear, nach ihrer mütterseitigen Abstammung organisiert sind (siehe auch Avunkulokalität: ehelicher Wohnsitz beim Mutterbruder).
Kinder werden bisweilen dazu angeleitet, auch nicht verwandte Personen wie Freunde der Eltern oder Nachbarn oder Erzieher und Erzieherinnen Tante beziehungsweise Onkel zu nennen, meist in Verbindung mit ihrem Nachnamen, beispielsweise „Tante Schmitz“ oder „Onkel Meier“ (Nenntante, Nennonkel). Auch christliche Tauf-Paten (Patenonkel, Patentante) werden häufig als Onkel oder Tante angesprochen, unabhängig von einem möglichen tatsächlichen Verwandtschaftsgrad. Im alten katholischen Kirchenrecht bestand zwischen dem Täufling und seinen Tauf-Paten ein Eheverbot, das 1983 mit dem Codex Iuris Canonici aufgehoben wurde.
Die Kinder von Onkeln oder Tanten sind Cousins und Cousinen (1. Grades).
Eine weitere Generation zurück sind die Geschwister der Großeltern:
- Großonkel, Großtante = Bruder, Schwester der Großmutter oder des Großvaters = Onkel, Tante eines Elternteils
- Onkel, Tante 2. Grades = Sohn, Tochter einer Großtante oder eines Großonkels
Die Kinder von Onkeln oder Tanten 2. Grades sind Cousins und Cousinen 2. Grades, deren Kinder Neffen und Nichten 3. Grades – wobei „Grad“ hierbei den Generationen-Abstand zum ursprünglichen Geschwisterpaar der Seitenlinien angibt, nicht ihren rechtlichen Verwandtschaftsgrad.
Eine Generation zuvor sind die Geschwister der Urgroßeltern:
- Urgroßonkel, Urgroßtante = Bruder, Schwester der Urgroßmutter oder des Urgroßvaters = Onkel, Tante eines Großelternteils
- Großonkel, Großtante 2. Grades = Kinder von Urgroßtante oder Urgroßonkel
- Onkel, Tante 3. Grades = Kinder von Großtante oder Großonkel 2. Grades
Die Kinder von Onkeln oder Tanten 3. Grades sind Cousins und Cousinen 3. Grades, deren Kinder Neffen und Nichten 4. Grades. Im Allgemeinen wird aber eine solch entfernte Verwandtschaft nicht näher unterschieden, sondern von einer „Ahnengemeinschaft“ gesprochen. In Großfamilien werden weiter entfernte Verwandte auch allgemein als Cousins oder Cousinen bezeichnet, ohne Angabe eines Grades.
Cousin und Cousine
Die Cousins und Cousinen sind die Kinder von Onkeln oder Tanten:
- Cousin (Vetter)[13] = Sohn einer Tante oder eines Onkels = Sohn des Bruders oder der Schwester eines Elternteils
- Cousine = Tochter einer Tante oder eines Onkels = Tochter des Bruders oder der Schwester eines Elternteils (laut Duden auch Kusine; süddeutsch, sonst veraltet: Base)[14]
- Cousins 2. Grades = Kinder von Tante oder Onkel 2. Grades = Enkel von Geschwistern der Großeltern (2 Generationen zurück)
- Cousins 3. Grades = Kinder von Tante oder Onkel 3. Grades = Urenkel von Geschwistern der Urgroßeltern
Onkel | Tante | Mutter | Vater | Onkel | Tante | ||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||
Cousins & Cousinen | Cousins & Cousinen | Ego (Person, Proband) | Cousins & Cousinen | Cousins & Cousinen | |||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||
Cousins und Cousinen sind mit einer Person (Ego) nicht geradlinig verwandt, sondern in der Seitenlinie über ein Geschwisterteil eines Elternteils. Sie stammen von einer gemeinsamen Großmutter und/oder einem Großvater ab, oder wurden entsprechend adoptiert. Da dieser Punkt der gemeinsamen Abstammung eine Generation vor den Eltern liegt, werden sie genauer als Cousins 1. Grades bezeichnet. Nach dieser Grad-Berechnung könnten eigene Geschwister als Cousins „0. Grades“ bezeichnet werden. Dieser Seitenlinien-Grad unterscheidet sich vom rechtlichen Verwandtschaftsgrad, der nach der Zahl der „vermittelnden Geburten“ berechnet wird: Zu Cousins und Cousinen (1. Grades) besteht eine rechtliche Verwandtschaft im vierten Grad. Es wird dabei nicht unterschieden, ob sie über eine mutter- oder vaterseitige Seitenlinie verwandt sind, sie können Kinder von Geschwistern der Mutter oder des Vaters sein.
Der genetische Verwandtschaftskoeffizient zu blutsverwandten Cousins und Cousinen 1. Grades beträgt 0,125: rund 12,5 Prozent ihrer Erbinformationen stimmen mit den eigenen überein, und zu Cousins 2. Grades 6,25 Prozent, was etwa dem Durchschnitt von geschätzten 6 Prozent Übereinstimmung bei zwei zufälligen Personen entspricht (siehe dazu auch Erbkrankheitsrisiken).
Sexuelle Beziehungen und Heiraten zwischen Cousin und Cousine sind im Zivilrecht der meisten Länder erlaubt (Ausnahmen: einige US-Bundesstaaten, mehrere Balkanstaaten, Korea, Philippinen). Bei vielen Ethnien und indigenen Völkern wird die Ehe eines Mannes mit einer Cousine sogar bevorzugt (Beispiel Kreuzcousinenheirat), in der arabischen Welt und darüber hinaus im islamischen Kulturraum ist die Tochter des Vatersbruders (bint ʿamm) begehrt. In der katholischen Kirche stellt die Verwandtschaft zwischen Cousins und Cousinen 1. Grades ein Ehehindernis dar, von dem aber befreit werden kann (Dispens).
Die Bezeichnungen Vetter, Kusine und Base sind veraltet; sie werden regional auch für entferntere Verwandte verwendet. Der Vetter aus Dingsda meint im übertragenen Sinne irgendeinen entfernten Verwandten, der irgendwo wohnt; dieses Sprachbild wurde in den 1920ern durch die gleichnamige Operette von Eduard Künneke bekannt. Von einer Vetternwirtschaft wird gesprochen, wenn sich Familienmitglieder oder Verwandte gegenseitig übermäßige Vorteile beschaffen, beispielsweise durch das Zuschieben von Aufträgen oder „Pöstchen“. Cousinage bezeichnet allgemein eine Scherzverwandtschaft oder Spottbeziehung (siehe Joking relationship).
Mit zunehmendem Generationen-Abstand wird die Gradangabe bei Cousins nicht verwendet, sondern verallgemeinernd von einer „Ahnengemeinschaft“ gesprochen. So sind Cousins 10. Grades durch zwei Ahnen-Geschwister verbunden, die von beiden aus gesehen 10 Generationen früher lebten und von Eltern abstammten, die vor 11 Generationen lebten (Urururururururururgroßeltern). Die Angabe des Grades bei Cousins ist zwar relativ üblich, aber selten ist die richtige Berechnungsweise bekannt. Oft wird fälschlich die Bezeichnung Großcousin(e) auf alle weiter entfernte Verwandtschaftsgrade angewendet, beispielsweise für Nichten und Neffen verschiedener Grade. Die folgenden Grad-Angaben, die Seitenlinie betreffend, unterscheiden sich von den rechtlichen Verwandtschaftsgraden:
Personen (Probanden) |
Elternteile | Letzte gemeinsame Vorfahren |
Generation | Rechtlicher Verwandtschaftsgrad |
---|---|---|---|---|
eigene Geschwister | Eltern | Eltern | 0 | im zweiten Grad |
Cousins (1. Grades) | Onkel oder Tante (1. Grades) | Großeltern | 1 | im vierten Grad |
Cousins 2. Grades | Onkel oder Tante 2. Grades | Urgroßeltern | 2 | im sechsten Grad |
Cousins 3. Grades | Onkel oder Tante 3. Grades | Ururgroßeltern | 3 | im achten Grad |
Cousins n. Grades | Onkel oder Tante n. Grades | Ur(n−1)großeltern | n | im 2 × (n+1). Grad |
- Beispiel Cousin 3. Grades: Mit diesem hat man eine gemeinsame Ururgroßmutter. Diese hatte zwei Kinder, deren Kinder zueinander Cousins 1. Grades sind; die Kinder dieser Cousins sind zueinander Cousins 2. Grades, und deren Kinder zueinander Cousins 3. Grades. Gezählt werden immer die Vorfahrengenerationen.
- Eine Cousine 2. Grades ist die Tochter der Cousine oder des Cousins eines Elternteils, also die Enkelin einer Großtante oder eines Großonkels. Für diese Verwandtschaftsbeziehung sind regional auch die Bezeichnungen Großcousin(e) und Kleincousin(e) sowie Andergeschwisterkind gebräuchlich. Die gemeinsamen Vorfahren sind dabei die Urgroßeltern.
Die Kinder von Cousins sind Neffen und Nichten eines zusätzlichen Grades: Der Sohn einer Cousine 1. Grades ist ein Neffe 2. Grades, die Tochter eines Cousins 2. Grades ist eine Nichte 3. Grades, und so fort. Neffen und Nichten 1. Grades sind die Kinder von eigenen Geschwistern.
Ehe- und Lebenspartner
Ehepartner oder Ehepartnerin bezeichnet die geheiratete Person. Die Eheschließung begründet keinerlei Verwandtschaft oder Schwägerschaft zwischen den Ehepartnern, aber eine Schwägerschaft zwischen ihren beiden Familien (siehe unten: Schwieger-). Eine gleichgeschlechtliche Ehe gibt es in Deutschland, Österreich und der Schweiz nicht.
Lebenspartner oder Lebenspartnerin (Schweiz: eingetragener Partner) bezeichnet in der Rechtssprache diejenige gleichgeschlechtliche Person, mit der eine „eingetragene Partnerschaft“ geschlossen wurde (Verpartnerung), die ein anderes Rechtsinstitut neben der Ehe darstellt. Auch sie begründet keinerlei Verwandtschaft oder Schwägerschaft zwischen den Lebenspartnern, aber eine Schwägerschaft zwischen ihren beiden Familien (siehe unten: Schwieger-). Nicht eingetragene Lebenspartner, die in eheähnlicher Gemeinschaft (wilder Ehe) leben, werden rechtlich als Lebensgefährten bezeichnet; zwischen ihren Familien besteht keine Schwägerschaft.
Wortbildungen
Alle oben aufgeführten Verwandtschaftsbezeichnungen werden mit den folgenden Vorsilben oder Wortteilen kombiniert, um ein genaueres oder zusätzliches Verwandtschaftverhältnis zu benennen, so könnte es beispielsweise einen Adoptiv-halb-ur-groß-onkel geben.
Groß-
Die Vorsilbe Groß- bezeichnet in der Regel eine Verwandtschaft im Abstand von zwei Generationen:
- Großeltern: Großmutter, Großvater = Eltern eines Elternteils
- Großonkel, Großtante = Geschwister eines Großelternteils = Onkel, Tante eines Elternteils
- Großneffe, Großnichte = Sohn, Tochter eines Neffen oder einer Nichte = Enkelkind von Bruder oder Schwester
- Großneffe, Großnichte 2. Grades = Kinder von Neffen oder Nichten 2. Grades = Enkelkinder von Cousine oder Cousin 1. Grades
- Großkind = regional: ein Enkelkind, Schweizerisch auch Grosskind
Großneffen und -nichten haben denselben Verwandtschaftsgrad wie ihre Eltern: Eine Großnichte 3. Grades ist die Tochter von Neffe oder Nichte 3. Grades.
Großcousin und Großcousine sind keine offiziellen Verwandtschaftsbezeichnungen, sie werden nicht einheitlich benutzt; vom normalen Muster abweichend, werden damit umgangssprachlich ganz allgemein Verwandte aus der nächst älteren Generation, aus derselben, oder aus der nächst jüngeren Generation bezeichnet:
- Großcousin, Großcousine ≈
Ur-
Die Vorsilbe Ur- („am Anfang, ursprünglich“)[16] wird vor die Bezeichnungen Großeltern und Großonkel, Großtante gesetzt, auch mehrfach, um jeweils eine weitere Generation zurück zu rechnen (aufsteigend):
- Urgroßeltern: Urgroßmutter, Urgroßvater = Eltern einer Großmutter oder eines Großvaters
- Urgroßonkel, Urgroßtante = Bruder, Schwester der Urgroßmutter oder des Urgroßvaters = Onkel, Tante eines Großelternteils
- Ururgroßeltern: Ururgroßmutter, Ururgroßvater = Eltern eines Urgroßelternteils
- Ururgroßonkel, Ururgroßtante = Geschwister der Ururgroßeltern
- Ururur…großeltern, und so weiter in aufsteigender Linie (siehe dazu Generationsbezeichnungen)
- Urahn(e), Urahnin = beliebiger Vorfahre der Großeltern – auch ein Stammvater (Ahnherr, Gründer) oder eine Stammmutter (Ahnherrin, Ahnfrau)
Normalerweise können Personen im europäischen Kulturraum bis zu vier Vorfahren-Generationen mütter- und väterlicherseits erinnern, aber selten alle Geschwister dieser Vorfahren mit ihrer Nachkommenschaft in den Seitenlinien. Im Unterschied dazu können Angehörige einer Kultur mit einliniger Abstammungsregel von Vater oder Mutter meist zehn und mehr Generationen ihrer Linie (Lineage) lückenlos aufzählen.
Ur- wird auch vor Nachfolge-Generationen gesetzt, um nach vorne zu rechnen und die Nachkommen von Enkelkindern sowie von Großneffen und -nichten zu bezeichnen (absteigend):
- Urenkel = Kind(er) eines Enkelkindes
- Ururenkel = Kind(er) von Urenkeln = Enkel von Enkeln
- Urururenkel = Kind(er) von Ururenkeln (5. Nachkommen-Generation)
- Urgroßneffe, Urgroßnichte = Sohn, Tochter eines Enkelkindes von Bruder oder Schwester = Urenkel der eigenen Geschwister
- Urgroßneffe, Urgroßnichte 2. Grades = Kinder eines Enkels von Cousins = Urenkel von Cousine oder Cousin 1. Grades
- Ururgroßneffen = Kinder eines Urenkels von Bruder oder Schwester = Ururenkel der eigenen Geschwister
- Ururgroßneffe, Ururgroßnichte 2. Grades = Kinder eines Urenkels von Cousins = Ururenkel von Cousine oder Cousin 1. Grades
Die absteigenden Bezeichnungen werden fortgesetzt, um rückwirkende Verwandtschaftsbeziehungen anzugeben, so kann eine Person die Ururururgroßnichte eines Vorfahren sein. Sechs gleichzeitig in einer Familie lebende Generationen wurden nachgewiesen: Mitte 2013 erlebte eine 86-jährige Frau in Kanada die Geburt ihres leiblichen Urururenkels (sie ist seine Urururgroßmutter).[9]
Enkel-
Der Wortteil Enkel- bezeichnete ursprünglich eine Verwandtschaftsbeziehung, die von den eigenen Kindern einer Person ausgeht:
- Enkelkind = Kindeskind, Kind eines Kindes, regional auch Großkind, Schweizerisch auch Grosskind
- Enkelsohn = Sohn eines Kindes
- Enkeltochter = Tochter eines Kindes
Heute zumeist kurz:
- Enkel = Kind(er) eines eigenen Kindes, oder der Sohn (Enkelsohn)
- Enkelin = Tochter eines eigenen Kindes (Enkeltochter)
- Urenkel = Kind(er) eines Enkelkindes, oder der Sohn (Urenkelsohn), regional auch Großenkel – mitunter beliebige Nachkommen der Enkel, also auch Ururenkel
- Urenkelin = Tochter eines Enkels (Urenkeltochter), regional auch Großenkelin
- Ururenkel = Kind eines Urenkels = Enkelkind eines Enkels
- Urururenkel = Kind eines Ururenkels = Enkelkind eines Urenkels (wurde 2013 von einer 86-jährigen Frau in Kanada erlebt)[9]
- Ururururenkel, und so weiter in absteigender Folge
Das Wort Enkel entstammt dem althochdeutschen eninchili „der kleine Ahn“. In dieser Bedeutung klingt ein früher Glaube an die mögliche Wiedergeburt von verstorbenen Vorfahren innerhalb der eigenen Familie oder Sippe nach; eine Vorstellung, die sich heute noch bei vielen Ethnien und indigenen Völkern findet.
Halb-
Die Vorsilbe Halb- bezeichnet eine Verwandtschaftsbeziehung, die nur über einen Vorfahren der ältesten enthaltenen Generation läuft anstatt über beide. Gebräuchlich ist diese Vorsilbe allerdings nur bei direkten Geschwistern (halbbürtig) und wird benutzt, wenn diese Besonderheit der Beziehung hervorgehoben werden soll:
- Halbgeschwister: Halbschwester, Halbbruder = Kind der Mutter oder des Vaters mit einem anderen Partner
- Halbonkel, Halbtante = Halbbruder, Halbschwester eines Elternteils
- Halbcousin, Halbcousine = Sohn, Tochter eines Halbonkels oder einer Halbtante
Um ihre biologische Verwandtschaft von vollbürtigen Geschwistern zu unterscheiden, werden Halbgeschwister als halbbürtige Geschwister bezeichnet (rechtlich falsch nennt der Duden sie Stiefgeschwister, obwohl sie verwandt und nicht verschwägert sind)[12]. Rechtlich besteht zu Halbgeschwistern eine Verwandtschaft im zweiten Grad in der Seitenlinie (zwei vermittelnde Geburten), gleich zu vollbürtigen Geschwistern.
In Deutschland besteht auch zwischen halbbürtigen Geschwistern ein Verbot der Heirat oder Lebenspartnerschaft und des Beischlafs (siehe Deutsche Inzestverbote) – im Unterschied zu Stiefgeschwistern, da diese kein gemeinsames biologisches Elternteil haben.
Adoptiv-, Wahl-
Der Wortteil Adoptiv- (aus dem alten römischen Recht adoptio) oder österreichisch Wahl- bezeichnet eine durch „Annahme an Kindes statt“ begründete rechtliche Verwandtschaft:
- Adoptivkind: Adoptivsohn, Adoptivtochter = an Kindes statt angenommene Person, auch: Ziehsohn, Ziehtochter
- Adoptiveltern: Adoptivvater, Adoptivmutter = die rechtlichen Eltern oder ein rechtliches Elternteil der adoptierten Person
- Wahlkind, Wahleltern = Amtssprache in Österreich
In der Regel nimmt eine Person als Adoptivkind eine biologisch nicht mit ihr verwandte andere Person an (minder- oder volljährig). Häufiges Beispiel ist die Adoption eines Stiefkindes, bei der ein Ehe- oder Lebenspartner die rechtliche Elternschaft für das Kind des anderen Partners mit übernimmt. In Deutschland darf ein Lebenspartner allerdings nicht ein Adoptivkind seines Partners als sein Stiefkind adoptieren, auch darf er sich nicht an einer Adoption beteiligen (weil er gleichgeschlechtlich ist, siehe Adoption durch Lebenspartner).
Es können auch blutsverwandte Personen adoptiert werden. Adoptivkinder, die mit ihrer Adoptivfamilie nicht blutsverwandt sind, gelten aber rechtlich als mit dieser (ganzen) Familie verwandt; sie sind leiblichen Kindern gleichgestellt (Adoptivbruder, Adoptivschwester), auch für sie gilt das Verbot der Heirat oder Lebenspartnerschaft,[10] in Deutschland und der Schweiz auch des Beischlafs (siehe Deutsche Inzestverbote). Ebenso gilt eine erbrechtliche Verwandtschaft mit allen Verwandten der Adoptiveltern.
Durch eine Adoption wird die rechtliche Elternschaft der Herkunftseltern eines Adoptivkindes aufgehoben; allerdings bleibt das Verbot der Ehe oder Lebenspartnerschaft zwischen ihnen bestehen. Die Adoptivfamilie nimmt rechtlich den Platz der Herkunftsfamilie ein, die Adoptiveltern werden nicht als Stiefeltern und adoptierte Kinder nicht als Stiefkinder bezeichnet. Wenn ein Adoptivkind von seiner (leiblichen) „Mutter” spricht, ist dies zwar biologisch korrekt, aber rechtlich falsch. Für die Adoption von Volljährigen oder von nahen Blutsverwandten gelten teils abweichende Regeln. Familien, die in den Deutschen Adelsverbänden organisiert sind, unterscheiden traditionell streng zwischen leiblichen und adoptierten Familienangehörigen.
Wenn statt einer Adoption nur ein dauerhaftes Pflegeverhältnis besteht, wird die Bezeichnung Pflege- verwendet:
- Pflegekind: Pflegesohn, Pflegetochter = minderjähriges Kind, das vorübergehend oder dauerhaft in einer anderen Familie lebt und betreut wird
- Pflegeeltern: Pflegemutter, Pflegevater = volljährige Personen, die vorübergehend oder dauerhaft Kinder anderer Eltern aufnehmen (im Unterschied zu den Herkunftseltern)
Eine freiwillig eingegangene verwandtschaftsähnliche Beziehung ohne biologische oder rechtliche Grundlage wird umgangssprachlich Nenn- oder Wahlverwandtschaft genannt:
- Nennonkel, Nenntante = ältere Bezugspersonen, oft aus dem Freundes- oder Bekanntenkreis der Eltern
- Wahleltern, Wahlgroßeltern = Bezugspersonen aus benachbarten oder eng befreundeten Familien (andere Verwendung in Österreich)
Schwieger-
Der Wortteil Schwieger- bezeichnet Verwandte des Ehepartners oder Lebenspartners einer Person, sowie die Partner ihrer Geschwister und Kinder; diese sind nicht ihre biologischen oder rechtlichen Verwandte (Ausnahme: Verwandtenheiraten), sondern angeheiratete, affine Verwandte:
- Schwager = Bruder des eigenen Partners – auch der Ehemann der eigenen Schwester oder der Lebenspartner des eigenen Bruders
- Schwägerin = Schwester des eigenen Partners – auch die Ehefrau des eigenen Bruders oder die Lebenspartnerin der eigenen Schwester
- Schwagersbruder, Schwagersschwester = Geschwister von Schwägern und Schwägerinnen
- Schwiegereltern: Schwiegermutter, Schwiegervater = Eltern, Mutter und Vater des eigenen Ehe- oder Lebenspartners
- Gegenschwager = die beiderseitigen Schwiegerväter = die beiden Väter eines Ehepaares zueinander (früher Gegenschwäher)
- Schwiegeronkel, Schwiegertante = Onkel, Tante eines Ehe- oder Lebenspartners = Bruder, Schwester der Schwiegereltern
- Schwiegerkind = Ehe- oder Lebenspartner eines eigenen Kindes:
- Schwiegerenkel = Ehe- oder Lebenspartner eines Enkelkindes
- Schwippschwager, Schwippschwägerin, österreichisch Schwiegerschwager, Schwiegerschwägerin = Seitenlinien-Verwandte des Ehe- oder Lebenspartners (siehe Schwippschwägerschaft)
Schwägerschaftsverhältnisse enden nicht, wie häufig angenommen, durch eine Scheidung – einen „Ex-Schwager“ gibt es nicht, die Schwägerschaft besteht lebenslang, außer wenn eine Ehe für nichtig erklärt wird. In verschiedenen Kulturen ist es üblich, nach dem Tod des Ehepartners dessen Geschwisterteil zu heiraten: Bei der Schwagerehe (Levirat) heiratet der Bruder eines (kinderlos) Verstorbenen dessen Witwe, bei der Schwägerinheirat ein Witwer die Schwester seiner (kinderlos) verstorbenen Ehefrau.
Die Kinder von Schwägern werden auch als Neffen und Nichten bezeichnet; das Kind eines Schwiegerkindes mit einem anderen Partner ist ein Stiefenkel (Stiefkind des eigenen Kindes).
Stief-
Die Vorsilbe Stief- (althochdeutsch stiof- „hinterblieben, verwaist“) bezeichnet Angehörige, mit denen eine Person nicht biologisch oder rechtlich verwandt ist; zu ihnen besteht durch eine Ehe oder Lebenspartnerschaft eine Schwägerschaft, sie sind „eingeheiratet“:
- Stieffamilie, Patchworkfamilie = Kleinfamilie mit mindestens einem Kind aus einer früheren/anderen Beziehung eines der Ehe- oder Lebenspartner
- Stiefmutter, Stiefvater = neuer Ehe- oder Lebenspartner eines Elternteils
- Stiefeltern = Pluralform von Stiefelternteil – sind beide Elternteile nicht die Herkunftseltern, heißen sie Adoptiveltern oder Pflegeeltern
- Stiefgeschwister: Stiefschwester, Stiefbruder = Kind des (neuen) Ehe- oder Lebenspartners eines Elternteils mit einem anderen/früheren Partner
- Stiefkind: Stieftochter, Stiefsohn = Kind des eigenen Ehe- oder Lebenspartners mit einem früheren/anderen Partner
- Stiefenkel = Stiefkinder des Sohnes oder der Tochter: Kinder ihrer Ehe- oder Lebenspartner mit einem anderen Partner
- Stiefurenkel = Stiefkinder der Enkel
- Stiefgroßmutter, Stiefgroßvater = neuer/späterer Ehe- oder Lebenspartner eines Großelternteils
- Stiefahnen = alle (späteren) Ehepartner von Vorfahren, von denen eine Person aber nicht abstammt
Stiefelternverhältnisse können auch für nichteheliche Kinder entstehen. Ein neuer Ehe- oder Lebenspartner kann durch eine Stiefkindadoption die rechtliche Elternschaft für ein Kind des anderen Partners mitübernehmen und so zu dessen Mutter oder Vater werden; Adoptiveltern werden (rechtlich) nicht als Stiefeltern und Adoptivkinder nicht als Stiefkinder bezeichnet. In Deutschland darf ein Lebenspartner allerdings nicht ein Adoptivkind seines Partners als sein Stiefkind adoptieren, auch darf er sich nicht an einer Adoption beteiligen (weil er gleichgeschlechtlich ist, siehe Adoption durch Lebenspartner). Stiefgeschwister einer Person sind keine Halbgeschwister, da sie nicht mit ihr verwandt sind, nur verschwägert (der Duden nennt sie fälschlich so[12]); zwischen Stiefgeschwistern besteht deshalb kein Verbot der Heirat oder Lebenspartnerschaft oder des Beischlafs.
Gerade Linie – Seitenlinie
Die Linie einer Verwandtschaft zwischen zwei Personen kann gradlinig sein (vergleiche die biologische Abstammungslinie), oder indirekt vermittelt über eine Geschwisterschaft:
- gerade Linie = direkt, linear = voneinander abstammende Personen (auch adoptierte oder anerkannte): Elternteil → Kinder, Großelternteil → Enkel, Urgroßelternteil → Urenkel, und so fort
- Seitenlinie = indirekt, kollateral = sämtliche Brüder und Schwestern, eigene und die von Voreltern (auch adoptierte oder anerkannte), zusammen mit allen ihren jeweiligen Nachkommen
Das deutsche Bürgerliche Gesetzbuch legt im Paragraph 1589 Verwandtschaft fest:[19]
„Personen, deren eine von der anderen abstammt, sind in gerader Linie verwandt. Personen, die nicht in gerader Linie verwandt sind, aber von derselben dritten Person abstammen, sind in der Seitenlinie verwandt. Der Grad der Verwandtschaft bestimmt sich nach der Zahl der sie vermittelnden Geburten.“
In der Seitenlinie verwandt sind Bruder und Schwester, da sie nicht voneinander abstammen, sondern von (mindestens) einem gemeinsamen Vorfahren: in ihrem Fall von einem oder beiden Elternteilen. Das gilt auch für ihre gesamte Nachkommenschaft: Nichten und Neffen, Großnichten und Großneffen und so weiter sind alle indirekt, über Seitenlinien miteinander verwandt. Gleiches gilt in aufsteigender Reihe für sämtliche Onkel und Tanten, Großonkel und -tanten und so weiter, zusammen mit all ihren Kindern und Kindeskindern: Cousinen und Cousins beliebigen Grades sind indirekt, kollateral verwandt (siehe dazu auch Lineare und kollaterale Verwandtschaft).
Zwischen sämtlichen gradlinigen Verwandten besteht ein Verbot der Heirat oder Lebenspartnerschaft (sowie zwischen Voll-, Halb- und Adoptivgeschwistern), ebenso ist der Geschlechtsverkehr zwischen ihnen verboten (siehe Deutsche Inzestverbote), wobei dies in Österreich nur für Blutsverwandte gilt.
Ein typisches Beispiel für gerade Linien sind in der Familiengeschichtsforschung (Genealogie) die „Stammlinien“. Sie enthalten nur Vor- und Nachfahren, die voneinander abstammen: die ältesten ehelichen Söhne als Erbnachfolger ihres Vaters (siehe auch Väterlinie, im Unterschied zu Mütterlinien). Bei Adelsfamilien wird ausdrücklich die Hauptlinie unterschieden von Nebenlinien, den vom „Mannesstamm“ abzweigenden Seitenlinien der Brüder von Vorvätern (siehe dazu auch das Wappenrecht).
Grad der Verwandtschaft
Die Bezeichnung „2. Grades“ beispielsweise einer Cousine bezieht sich auf die Anzahl der Generationen, vor denen sich die Seitenlinien aufspalteten: Diese Cousine ist nicht die Tochter von Onkel oder Tante (Geschwister der Eltern), sondern von Onkel oder Tante 2. Grades (Geschwisterteil eines Großelternteils), der gemeinsame Vorfahre war 2 Generationen vor den Eltern ein Urgroßelternteil; die Cousine 2. Grades ist die Enkelin eines Großonkels oder einer Großtante (Bruder oder Schwester des Großvaters oder der Großmutter). Die Bezeichnung „3. Grades“ geht noch weiter zurück zu Geschwistern der Urgroßeltern (weiter entfernte Grade der Verwandtschaft werden in der Genealogie als „Ahnengemeinschaft“ zusammengefasst). Die Verwandtschaft kann biologisch oder nur rechtlich begründet sein.
Jeder Grad erhöht die älteste in der Verwandtschaftsbeziehung enthaltene Generation um eine, dabei bleibt die Generationsebene der miteinander verglichenen Personen gleich: Vereinfachend gesagt, sind die verglichenen Personen gleich alt, aber die Anzahl der zurückreichenden Generationen nimmt jeweils zu, bis beide Linien auf einen gemeinsamen Vorfahren treffen (siehe Grafik oben). Von dieser Berechnungsgrundlage des Grades unterscheidet sich grundsätzlich der rechtliche Verwandtschaftsgrad, nach dem bereits Bruder und Schwester nur im zweiten Grad miteinander verwandt sind.
Rechtlicher Verwandtschaftsgrad
Der rechtliche Verwandtschaftsgrad ist die gesetzlich definierte „Nähe“ der Verwandtschaft einer Person zu einer anderen. Im deutschen Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) legt der Paragraph 1589 zur Verwandtschaft fest,[19] dass der Grad der Verwandtschaft nach der Zahl der sie „vermittelnden Geburten“ bestimmt ist (siehe auch Verwandtschaftsrecht). Dies entspricht in etwa der medizinisch so genannten „Verwandtschaftsformel“. Die gleiche Grundlage dient der Bestimmung des Grades der Schwägerschaft, da der im Bürgerlichen Gesetzbuch folgende Paragraph 1590 zur Schwägerschaft auf der Definition von § 1589 gründet.[20][19]
Im Unterschied zu konkreten Verwandtschaftsbezeichnungen (wie Cousine oder Onkel) enthält die Kennzeichnung nach Graden eine direkte Angabe der Nähe der Verwandtschaft. So sind die eigenen Kinder und die eigenen Eltern im ersten Grad verwandt: nur eine vermittelnde Geburt liegt dazwischen. Eigene Geschwister, Großeltern und Enkelkinder sind alle Verwandte im zweiten Grad: zwei vermittelnde Geburten. Onkel, Tanten, Neffen und Nichten sind im dritten Grad verwandt (drei vermittelnde Geburten), Cousin und Cousine 1. Grades im vierten Grad, und so weiter (siehe Grafik oben). Dabei wird nicht unterschieden zwischen mutter- oder vaterseitiger Verwandtschaft.
Der Grad der Verwandtschaft dient der abstrakten Bezeichnung von Verwandtschaftsbeziehungen einzelner Personen, vor allem in der Medizin (etwa bei der Erforschung von Erbkrankheiten) und der Rechtsprechung, etwa beim Zeugnisverweigerungsrecht; dagegen wird im Erbrecht die Verwandtschaftsbeziehung nach der gesetzlichen Erbfolge geordnet.
Im alten katholischen Kirchenrecht wurde bis 1983 eine etwas andere Bestimmung des Grades von Verwandtschaften in der Seitenlinie vorgenommen: Es wurden die Generationen bis zum gemeinsamen Vorfahren gezählt und die größere der beiden Zahlen gab den Grad an. Danach waren Cousins und Cousinen 1. Grades im zweiten Grad miteinander verwandt, wie auch Onkel und Tanten sowie Neffen und Nichten 1. Grades.
Siehe auch
- Generationsbezeichnungen – Verwandtschaftssysteme – Verwandtschaftsterminologien
- Patrilaterale und matrilaterale Verwandtschaft (vater-/mutterseitig)
- Lineare und kollaterale Verwandtschaft (direkte/Seitenverwandte)
- Kreuz- und Parallelverwandtschaft (Ethnosoziologie)
- Liste lateinisch-deutscher Verwandtschaftsbezeichnungen – Liste der Verwandtschaftsbezeichnungen des Türkischen
- Verwandtschaftsbezeichnungen in Moiety-Systemen mit zwei Erblinien (ethnisches Beispiel)
- Milchverwandtschaft (durch gemeinsames Gestilltwerden) – Scherzverwandtschaft (Cousinage: Joking relationship)
- Verwandtenselektion (soziobiologische Bevorzugung naher Blutsverwandter)
Literatur
- Ernst Erhard Müller: Großvater, Enkel, Schwiegersohn. Untersuchungen zur Geschichte der Verwandtschaftsbeziehungen im Deutschen. Carl Winter Universitätsverlag, Heidelberg 1979, ISBN 3-533-02727-9.
- William Jervis Jones: German Kinship Terms (750–1500). Documentation and Analysis (= Studia Linguistica Germanica. Band 27). de Gruyter, Berlin/New York 1990, ISBN 3-11-012023-2 (englisch; Leseprobe in der Google Buchsuche).
Weblinks
- Ulf Neundorfer: Verwandtschaftsbeziehungen (Ahnen- und Verwandtschaftsverhältnisse / Verwandtschaftsbegriffe). Eigene Webseite, 2008, abgerufen am 22. Januar 2014 (umfassende Übersicht, gute Schaubilder).
- Dennis O’Neil: Kinship: An Introduction to Descent Systems and Family Organization. Behavioral Sciences Department, Palomar College, San Marcos California, 2008, abgerufen am 22. Januar 2014 (englisch, umfangreiches Studientutorial zu verschiedenen Abstammungs- und Familiensystemen, gute Schaubilder).
- Konrad Licht: Geschwister im Konflikt: Eine Alltagsuntersuchung einer Familie in Dassantch, Südäthiopien. In: Documentaries Worldwide. Eigene Webseite, 2006, abgerufen am 22. Januar 2014 (ausführlicher Textteil eines multimedialen Projekts über soziale Konflikte in Äthiopien).
Einzelnachweise
- ↑ 1,0 1,1 Hans-Rudolf Wicker: Leitfaden für die Einführungsvorlesung in Sozialanthropologie. (PDF; 532 kB) Institut für Sozialanthropologie, Universität Bern, 2005, S. 8, abgerufen am 20. Januar 2014 (mit Schaubildern zum Eskimo- und Sudan-Typus).
- ↑ Duden-Redaktion: Elter. In: Duden online. , abgerufen am 20. Januar 2014: „Elter, das oder der – Wortart: Substantiv, Neutrum oder Substantiv, maskulin – Gebrauch: Fachsprache […] Bedeutung: Elternteil (bei Mensch, Tier, Pflanze) […] Herkunft: rückgebildet aus Eltern – Grammatik: das oder der Elter; Genitiv: des Elters, Plural: die Eltern“ .
- ↑ Beispiel: Günter Burkart (Hrsg.): Zukunft der Familie. Prognosen und Szenarien. In: Zeitschrift für Familienforschung. Sonderheft. Buderich, Opladen u. a. 2009 (19 Fundstellen von „Elter“ in der Google Buchsuche).
- ↑ Deutsches Bürgerliches Gesetzbuch (BGB): § 1591 Mutterschaft.
- ↑ Siehe BGB: § 1592 Vaterschaft: „Vater eines Kindes ist der Mann, 1. der zum Zeitpunkt der Geburt mit der Mutter des Kindes verheiratet ist, 2. der die Vaterschaft anerkannt hat oder 3. dessen Vaterschaft […] gerichtlich festgestellt ist.“ Sowie folgende Paragraphen.
- ↑ Siehe BGB: § 1626 Elterliche Sorge, Grundsätze, und folgende Paragraphen.
- ↑ 7,0 7,1 J. Patrick Gray: Ethnographic Atlas Codebook. In: World Cultures. Band 10, Nr. 1, 1998, S. 86–136, hier S. 104: Tabelle 43 Descent: Major Type (PDF-Datei; 2,4 MB; ohne Seitenzahlen; eine der wenigen Auswertungen aller damaligen 1267 Ethnien): „584 Patrilineal […] 160 Matrilineal […] 349 Bilateral“ (= 46,1% patrilinear; 12,6% matrilinear; 27,6% kognatisch-bilateral). Ende 2012 waren im Ethnographic Atlas by George P. Murdock weltweit genau 1300 Ethnien erfasst.
- ↑ Richard Schröder: Neunzehnhundertachtundsechzig. In: Bernhard Vogel, Matthias Kutsch (Hrsg.): 40 Jahre 1968. Alte und neue Mythen – Eine Streitschrift. Konrad-Adenauer-Stiftung. Herder, Freiburg 2008, ISBN 978-3-451-30200-8, S. 195–207, hier S. 206 (PDF-Datei; 67 kB; 13 Seiten): „Nun melden sich ja Kinder zu Wort, die sich darüber beschweren, dass sie nie Vater und Mutter sagen durften, sondern ihre Eltern mit Vornamen anreden mussten – mussten. »Erika, müssen wir heute wieder spielen, was wir wollen?«“
- ↑ 9,0 9,1 9,2 9,3 Gerd Braune: Ottawa: In einer kanadischen Familie leben sechs Generationen. In: Badische Zeitung. 19. Juli 2013, abgerufen am 22. Januar 2014: „Baby Ethan ist das jüngste Mitglied der Familie Steiner in Mississauga bei Toronto. Es ist vermutlich die einzige Familie Kanadas, in der sechs Generationen leben. […] Doreen Byers, seit dem Wochenende Ur-Ur-Ur-Großmutter, zählt 86 Jahre. […] Angeblich liegt der Weltrekord für Viel-Generationen-Familien bei sieben Generationen.“
- ↑ 10,0 10,1 10,2 BGB: § 1307 Verwandtschaft: „Eine Ehe darf nicht geschlossen werden zwischen Verwandten in gerader Linie sowie zwischen vollbürtigen und halbbürtigen Geschwistern. Dies gilt auch, wenn das Verwandtschaftsverhältnis durch Annahme als Kind erloschen ist.“ Erläuterung: Ein Adoptivkind darf weder seine biologischen Eltern oder Geschwister (erloschene rechtliche Verwandtschaft) heiraten, noch seine Adoptiveltern oder -geschwister (neue rechtliche Verwandtschaft).
- ↑ Duden-Redaktion: Geschwister. In: Duden online. , abgerufen am 20. Januar 2014: „Geschwister, das […] Substantiv, Neutrum […] (Fachsprache; auch schweizerisch) einzelner Geschwisterteil […] Herkunft: mittelhochdeutsch geswister, althochdeutsch giswestar, eigentlich = Gesamtheit der Schwestern“ .
- ↑ 12,0 12,1 12,2 Duden-Redaktion: Stiefbruder. In: Duden online. , abgerufen am 20. Januar 2014: „Stiefbruder, der […] Bedeutungen: a. Bruder, der mit einem Geschwisterteil nur einen Elternteil gemeinsam hat; Halbbruder; b. männliche Person, die mit einem Geschwisterteil keinen Elternteil gemeinsam hat […]; nicht leiblicher Bruder – Synonyme zu Stiefbruder: Halbbruder […] Herkunft: 1. Bestandteil (in Zusammensetzungen) mittelhochdeutsch stief-, althochdeutsch stiof-, eigentlich wohl = abgestutzt, beraubt, verwaist, wohl zu stoßen“ .
Ebenda: Halbbruder: „Bedeutung: Stiefbruder (a)“. Ebenda: Stiefgeschwister: „Bedeutungen: a. Geschwister, die nur einen Elternteil gemeinsam haben; Halbgeschwister“. Ebenda: Halbgeschwister: „Bedeutung: Stiefgeschwister (a)“. - ↑ Duden-Redaktion: Cousin. In: Duden online. , abgerufen am 20. Januar 2014: „Cousin, der […] Sohn des Bruders oder der Schwester eines Elternteils; Vetter […] Dieses Wort gehört zum Wortschatz des Zertifikats Deutsch. […] Synonyme zu Cousin: Vetter; (landschaftlich, sonst veraltet) Geschwisterkind – Herkunft: französisch cousin, über das Vulgärlateinische zu lateinisch consobrinus“ .
Ebenda: Vetter: „Bedeutungen: 1. Cousin; 2. (veraltet) entfernterer Verwandter […] Synonyme zu Vetter: Cousin; (landschaftlich, sonst veraltet) Geschwisterkind – Herkunft: mittelhochdeutsch veter(e), althochdeutsch fetiro, zu Vater und ursprünglich = Vatersbruder“. Anmerkung: Das Wort Vetter gehört nicht zum Wortschatz des Zertifikats Deutsch! - ↑ Duden-Redaktion: Cousine. In: Duden online. , abgerufen am 20. Januar 2014: „Cousine, Kusine, die […] Von Duden empfohlene Schreibung: Cousine – Alternative Schreibung: Kusine […] Bedeutung: Tochter des Bruders oder der Schwester eines Elternteils; Base […] Dieses Wort gehört zum Wortschatz des Zertifikats Deutsch. […] Synonyme zu Cousine: (süddeutsch, sonst veraltet) Base; (landschaftlich, sonst veraltet) Geschwisterkind – Herkunft: französisch cousine“ .
Ebenda: Base: „Gebrauch: süddeutsch, sonst veraltet – Synonyme zu Base: 1. Cousine; (landschaftlich, sonst veraltet) Geschwisterkind; 2. Tante; (veraltet) Muhme, Mutterschwester, Vaterschwester […] Herkunft: mittelhochdeutsch base = Vatersschwester, althochdeutsch basa, wohl Lallwort“. Anmerkung: Das Wort Base gehört nicht zum Wortschatz des Zertifikats Deutsch. - ↑ Duden-Redaktion: Großcousin. In: Duden online. , abgerufen am 20. Januar 2014: „Großcousin, der […] Cousin zweiten Grades“ . Ebenda: Großcousine: „Großcousine, Großkusine, die […] Cousine zweiten Grades“.
- ↑ Duden-Redaktion: ur-, Ur-. In: Duden online. , abgerufen am 20. Januar 2014: „ur-, Ur- […] Präfix […] Bedeutungen: eine Verstärkung […] weit zurückliegend, am Anfang liegend […] das Erste […] kennzeichnet in Bildungen mit Verwandtschaftsbezeichnungen die Zugehörigkeit zur jeweils nächsten bzw. vorherigen Generation […] Herkunft: mittelhochdeutsch, althochdeutsch ur-, ursprünglich = (her)aus“ .
- ↑ Jacob Grimm, Wilhelm Grimm: EIDAM. In: Grimm: Deutsches Wörterbuch. Band 3, Hirzel, Leipzig 1854–1960, Spalte 83; dieselben: TOCHTERMANN. Band 21, Spalte 536.
- ↑ Johann Christoph Adelung: 1. Die Schnur. In: Derselbe: Grammatisch-kritisches Wörterbuch der Hochdeutschen Mundart. 2., vermehrte und verbesserte Ausgabe. Band 3, Leipzig 1793–1801, Spalte 1610–1611; Jacob Grimm, Wilhelm Grimm: SÖHNERIN. In: Grimm: Deutsches Wörterbuch. Band 16, Hirzel, Leipzig 1854–1960, Spalte 1423.
- ↑ 19,0 19,1 19,2 BGB: § 1589 Verwandtschaft.
- ↑ BGB: § 1590 Schwägerschaft, Absatz 1, Satz 2: „Die Linie und der Grad der Schwägerschaft bestimmen sich nach der Linie und dem Grade der sie vermittelnden Verwandtschaft.“
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