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Harmen Israhel

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Harmen Israhel (oder Hermann Israel) (* um 1488 in Münster[1]; † 1558 in Lübeck) war ein Lübecker Kaufmann mit Kontakten besonders nach Schweden, der eine wichtige Rolle in der Reformations- und Wullenwever-Zeit spielte.

Leben

Harmen Israhel stammte wie zahlreiche andere in Lübeck ansässige Kaufleute seiner Zeit aus Münster. Er erscheint erstmals 1507 als Kaufmannsgeselle am Holm mit eigenen Geschäften zwischen Lübeck und Reval. Um 1515 ließ er sich in Lübeck nieder und wurde 1517 Mitglied der Leonhardsbruderschaft und im folgenden Jahr der Heiliggeistbruderschaft. Ebenfalls 1518 heiratete er Elsabe Tegeler († 1550), Tochter des um 1513 verstorbenen Schiffers Hans Tegeler, wie er ein Schwedenkaufmann. Die Kinder dieser Ehe starben jung.

Schwedenhandel und Gustav Vasas Freiheitskampf

Schon seit in seiner Anfangszeit als selbständiger Kaufmann gehörte Israhel zu einem Kreis antidänischer Schwedenkaufleute. Von 1518 bis 1525 war er hovetman einer Handelsgesellschaft, die einen Dreieckshandel zwischen Lübeck, Schweden und Reval führte. Dank der Kontakte in der Leonhardsbruderschaft, deren Mitglieder vor allem mit Oberdeutschland verbunden waren, konnte er seine Geschäfte weit ausdehnen.

Als Gustav Erikson 1519 aus dänischer Gefangenschaft fliehen konnte, nahmen Israhel und seine Frau ihn in ihrem Haus auf und vermittelte ihn an den Bürgermeister Nikolaus Brömse weiter. Für Lübeck und besonders für die Holmevarer war der Schwedenhandel ein wichtiger Wirtschaftsfaktor. Das von dem den dänischen König Christian II. erzwungene Handelsverbot mit Schweden führte zu schweren Belastung. Die Lübecker Kaufleute versuchten diese Blockade zu durchbrechen, aber Israhel verlor dabei ein Schiff, das der dänische Flottenführer Sören Norby aufbrachte. Die Holmevarer statteten nun ihrerseits Kaperschiffe aus.

Rekonstruktion der Karacke Lybska Svan, seit 1522 Flaggschiff der von Gustav Vasa gegründeten Schwedischen Marine. Kaufpreis in Lübeck: 7600 Lübische Mark

Im Mai 1520 kehrte Gustav Vasa auf einem Lübecker Schiff nach Schweden zurück. 1522 schloss er, wiederum vermittelt durch die Holmevarer Harmen Israhel und Kort König (Cort Coning),[2] einen Vertrag mit Lübeck, wonach die Stadt seinen Kampf finanziell und mit Schiffen und Söldnern unterstützte. Harmen Israhel gab persönlich große Darlehen, warb Söldner und stattete innerhalb weniger Wochen zehn Kaperschiffe aus. Dafür verschuldete er sich selbst mit einer hohen Summe. Neben ihm gehörten die Bürgermeister Hermann Falke und Thomas von Wickede aber auch Dithmarschen zu den wichtigsten Finanziers des schwedischen Befreiungskrieges. Mit der Lübecker Flotte unter Hermann Plönnies und Berend Bomhover gelang Gustav Vasa im Sommer 1523 die Eroberung von Stockholm.

Als Gustav Vasa König geworden war, verpflichtete er sich im Privileg von Strängnäs 1523, Lübeck als Gegenleistung für die Finanzierung des Befreiungskampfs Zollfreiheit zu garantieren und den Niederländern den Zugang zum schwedischen Markt zu verwehren.[3] Israhel und dessen Frau verlieh er darüber hinaus das Privileg, lebenslang gänzlich abgabenfrei und ohne die üblichen Beschränkungen in Schweden Handel treiben zu können. Zudem erhielt er Geschenke, u.a. Anteile an einem Kupferbergwerk. Israhel hätte sich damit einen Monopolstellung im schwedischen Außenhandel aufbauen können, doch fehlte ihm dazu das nötige Kapital, weil ausgerechnet sein Freund Gustav Vasa mit der Rückzahlung seiner Schulden sehr zögerlich war.

Zwischen 1523 und 1526 reiste Israhel mehrmals im Auftrag des Lübecker Rats an Gustav Vasas Hof, um die Begleichung der Lübecker Schulden – insgesamt 120.000 Lübsche Mark – einzufordern. Es existieren zwei Rechenschaften, in denen die Lübecker und vor allem seine eigenen Aufwendungen detailliert aufgelistet sind. Dabei warb er auch um Unterstützung für den Kampf gegen Sören Norby, der sich nach der Absetzung von Christian II. auf Gotland festgesetzt hatte. Gotland war im Vertrag von Malmö (1524),[4] mit dem Schweden aus der Kalmarer Union ausgetreten war, eigentlich Schweden zugesprochen worden, doch nach dem Sieg über Norby 1526 erhielt Lübeck als Ausgleich für seine Kriegsausgaben für fünf Jahre die Pfandherrschaft über die Insel, die danach bei Dänemark verblieb.

Mit der Unterzeichnung des Schuldvertrags durch Schweden im März 1529 besserte sich Israhels finanzielle Lage, obwohl Gustav Vasa mehr als die Hälfte der Forderungen schuldig blieb. Israhel pflegte nach wie vor ein gutes Verhältnis zu dem König. 1530 reiste er zu Magnus I. von Sachsen-Lauenburg, um mit ihm über die Mitgift für dessen Tochter Katharina, Gustav Vasas Braut, zu verhandeln. Doch sein Reichtum blieb von kurzer Dauer, denn die schwedische Bevölkerung, die unter den ständigen Forderungen der Hanse litt, hatte sich bereits mehrmals gegen neue Steuern, u.a. die Abgabe einer Glocke von jeder Kirche, erhoben. Auf dem Herrentag in Stockholm 1532 verweigerten Kirche und Stände dem König weitere Zahlungen. 1533 widerrief Gustav Vasa die Lübecker Privilegien. Damit endete auch für Harmen Israhel der Handel mit Schweden.

Reformation und Grafenfehde

Während der Reformationszeit gehörte Israhel zu den Sprechern der Evangelischen. Bereits 1522 war er wie auch Johann Sengestake unter den evangelisch gesinnten Bürger, die Johannes Steenhoff, dem wegen seines lutherischen Bekenntnisses der Prozess drohte, aus dem Gefängnis befreiten.

Er war 1528 und 1529 Mitglied zweier Bürgerausschüsse, der vom Rat neben Rechenschaft über Einnahmen und Ausgaben auch die Besteuerung des Domkapitels und evangelische Prediger forderte. Mehrmals verhandelte er deswegen als Sprecher der Bürger mit dem Rat, ab Anfang 1530 zusammen mit Jürgen Wullenwever. Als einer von 24 von der Gemeinde gewählten "Kistensitzern" war es 1528 seine Aufgabe die Steuern entgegenzunehmen. Es gelang ihm dabei durchzusetzen, dass auch die Kleriker und die Domherren persönlich erschienen, um ihrer Steuerpflicht nachzukommen. Im Dezember 1529 trug Harmen Israhel dem Rat den Beschluss der Bürger vor, bei Rückberufung der Anfang des Jahres ausgewiesenen evangelischen Prediger Andreas Wilms und Johann Walhoff die Steuerartikel zu akzeptieren. Am 7. April 1530 wurde er in den Ausschuss der 64 gewählt, zu dem auch mehrere der früheren Unterstützer Gustav Vasas gehörten. Die gewählten Bürger sollten zunächst nur als "Kistensitzer" die Steuerzahlung beaufsichtigen. Die Gemeinde bewilligte aber auf Antrag von Harmen Israhel, dass der Ausschuss befugt sein sollte, gemeinsam mit dem Rat Neuerungen zugunsten der Bürgerschaft durchzuführen.[5] Damit wurde der 64er-Ausschuss als Vertreter der Bürgerschaft zu einem regulären Gegenpart des Rats, der seine Rechtmäßigkeit am 10. Juni 1530 im Stadtbuch festschreiben musste. In der Folgezeit übernahmen mehr und mehr Wullenwever und der Schmied Borchard Wrede die Führung der Bürger. Israhel verhandelte nur noch einmal im Oktober 1530 mit dem Kapitel.

Doch obwohl Israhel von den Chronisten Hermann Bonnus und Reimar Kock großer Einfluss auf Wullenwever nachgesagt wurde,[6] wurde er weder Ratsherr, noch trat er in den folgenden Zeit stärker in Erscheinung. Im ganzen Jahr 1531 erscheint er nicht in den Quellen. Nur als 1532 der dänische König Friedrich I. Lübeck gegen die Rückeroberungsversuche des abgesetzten Christian II. um Hilfe bat, stieß Israhel im April von Stockholm aus in Kopenhagen zu der Lübecker Gesandtschaft um Wullenwever und Nikolaus Bardewik. Dabei beantragte er, das die Schiffe der Niederländer nicht mit Ballast, sondern nur mit voller Ladung durch den Sund fahren dürften.[7]

Nach der Einführung der von Johannes Bugenhagen erarbeiteten Kirchenordnung im Mai 1531 war er Vorsteher des Heilig-Geist-Hospitals.[8]

Im November 1534 verlangte der Frieden von Stockelsdorf den Rücktritt der Ausschüsse. Israhel gehörte jedoch nach wie vor zu den angesehenen Bürgern, die zu Beratungen mit dem Rat eingeladen wurden, und sprach sich anders als Wullenwever für eine Rückkehr von Nikolaus Brömse aus. Im August 1535 traten die Ausschüsse zurück. Im Oktober 1535 wurde Wullenwever gefangen genommen und im März 1536 peinlich befragt. Dabei gab er Harmen Israhel und sieben andere als Mitwisser seines Plans, in Lübeck ein Regiment nach Vorbild des Münsteraner Täuferreichs aufrichten zu wollen, an. Israhel wurde verhaftet und in den Marstall gebracht. Da allerdings bald Zweifel an der Glaubwürdigkeit von Wullenwevers "Geständnis" laut wurden, wurden er und die übrigen Verhafteten Anfang April in den Hausarrest entlassen. Nachdem Wullenwever vor seiner Hinrichtung bekannte, dass die Verleumdung der acht Bürger jeglicher Grundlage entbehrte, wurde er im November 1536 freigesprochen.

Gewerbe und Hausbesitzer

Um sein Monopol in Schweden nutzen zu können, ließ Israhel auch selbst für den Export produzieren. 1525 eröffnete er sein erstes Brauhaus, in dem er nach dem Vorbild der berühmten Hamburger Weißbiers brauen ließ. Im Lübeck braute man im Mittelalter meist Rotbier. Ab etwa 1500 wurden hellere Biere beliebter. Um 1530 gab es bereits so viele Weißbierbrauer in Lübeck, dass sie ein eigenes Amt bildeten.[9] Sein Bier wurde als "Ysrahelber" auch nach Schweden exportiert. In den folgenden Jahren kamen zwei weitere Brauhäuser dazu. 1531 konnte er die Tremser Mühle pachten und dort einen Eisenhammer betreiben. Doch das Ende des Handels mit Schweden 1533 führte für Israhel zu einem wirtschaftlichen Niedergang. Er musste bereits im selben Jahr das erste Brauhaus schließen. 1541 und 1556 schlossen seine anderen Brauhäuser. Noch 1546 wurde er auf Rückzahlung von Schulden von 1522 verklagt, die Klage wurde aber wegen Verjährung abgewiesen.[10]

Neben seinem Wohnhaus Mengstraße 54 und einem Haus in der Königstraße, das er von Tönnies Schacht, dem Stiefvater seiner Frau, geerbt hatte,[11] besaß er das Hausgrundstück Fleischhauerstraße 33[12] und zwei Brauhäuser in der Wahmstraße.

Seine letzten zwanzig Lebensjahre verbrachte er in Lübeck.

Literarische Rezeption

In August Strindbergs Drama Gustavus Vasa von 1899 tritt Herman Israel zusammen mit seinem fiktiven Sohn Jakob als Lübecker Ratsherr auf.

Literatur

  • Helga Rossi: Die Natie der Holmevare zu Lübeck zwischen 1520 und 1540; Diss. Kiel 1959
  • Hans-Jürgen Vogtherr: Die Geldgeber Gustav Vasas 1522 und die Lübecker Außenpolitik. In: Zeitschrift des Vereins für Lübecker Geschichte und Altertumskunde 82 (2002), S. 59–110

Einzelnachweise

  1. Vogtherr: Die Geldgeber Gustav Vasas 1522 und die Lübecker Außenpolitik; S. 91
  2. Vogtherr: Die Geldgeber Gustav Vasas 1522 und die Lübecker Außenpolitik; S. 84
  3. Vogtherr: Die Geldgeber Gustav Vasas 1522 und die Lübecker Außenpolitik; S. 59
  4. en:Treaty of Malmö
  5. Günter Korell: Jürgen Wullenwever. Sein sozial-politisches Wirken in Lübeck und der Kampf mit den erstarkenden Mächten Nordeuropas. Abhandlungen zur Handels- und Sozialgeschichte 19. Hrsg. v. der Hansischen Arbeitsgemeinschaft der Historiker-Gesellschaft der Deutschen Demokatischen Republik. Weimar 1980; S. 46
  6. Georg Waitz: Lübeck unter Jürgen Wullenwever und die europäische Politik. Band 1. 1855; S. 197
  7. Georg Waitz: Lübeck unter Jürgen Wullenwever und die europäische Politik. Band 1. 1855; S. 139
  8. Archiv der Hansestadt Lübeck 07.1-2/06 - Heiligen-Geist-Hospital (Sacra B 3) 151
  9. Lübecker Brauereigeschichte/
  10. Wilhelm Ebel: Lübecker Ratsurteile. Band 3 1526–1550; Nr. 689
  11. Möglicherweise handelt es sich um Königstraße 73, das im 16. Jahrhundert ein Brauhaus war, denn Georg Waitz (Lübeck unter Jürgen Wullenwever und die europäische Politik. Band 1. 1855; S. 424) gibt an, dass Israhel das Nachbarhaus von Wullenwevers Wohnung Königstraße 75 gehört habe.
  12. Fleischhauerstraße 30–39 (pdf, abgerufen am 10. Dezember 2014)
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