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Hechscher

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Koscher Salz, das u. a. zum kaschern von Fleisch verwendet wird

Ein Hechscher (hebräisch: הכשר), Plural Hechscharim, vom hebräischen Wort kascher (כשר), (jiddisch: koscher, deutsch: geeignet, rein) abgeleitet, umgangssprachlich auch Koscher-Stempel, ist ein Koscher-Zertifikat, das auf Lebensmitteln und weiteren Produkten in Form eines Siegels, bei Fleisch als Plombe, angebracht und in Geschäften und Restaurants ausgehängt wird. Ein Hechscher bescheinigt, dass die entsprechenden Erzeugnisse unter Beachtung der jüdischen Gesetze, der Halacha, hergestellt und gemäß den Speisegesetzen, der Kaschrut, zum Gebrauch und Verzehr zugelassen sind. Mit einem Hechscher zertifizierte Produkte müssen unter Aufsicht eines ausgebildeten Aufsehers (hebräisch: Maschgiach) hergestellt worden sein, für die Kaschrut bürgt die auf dem Hechscher aufgeführte oder aus dem verwendeten Symbol erkenntliche mit der Haschgacha[1] betraute, unter rabbinischer Aufsicht stehende Organisation. Neben dem Hechscher wird bei Lebensmitteln meist auch angegeben, ob sie milch- oder fleischhaltig oder parve (neutral) sind.

Weltweit gibt es mehrere hundert Organisationen und Rabbinate, die über 1000 verschiedene Hechscharim vergeben. Daneben gibt es seit einigen Jahren auch Hechscharim, die ethische und ökologische Kriterien berücksichtigen.[2]

Verbindlichkeit und Akzeptanz

Grundsätzlich müssen alle verarbeiteten Lebensmittel auf ihre Kaschrut überprüft sein, damit sie für religiöse, die jüdischen Speise- und Reinheitsgesetze beachtende Juden zum Genuss tauglich sind. Die Bedürfnisse nach strikterer und weniger strikter Auslegung der Religionsgesetze sind unter religiösen Juden jedoch sehr unterschiedlich, so dass sich, bedingt durch die moderne Nahrungsmittelproduktion und die Veränderungen bei den Ernährungs- und Lebensgewohnheiten religiöser Juden, unterschiedliche Standards von Kaschrut entwickelt haben. Entsprechend gelten nicht alle Hechscharim als gleichermaßen verbindlich oder werden in gleichem Umfang akzeptiert.[3]

Die Verbindlichkeit eines Hechschers hängt von der Vertrauenswürdigkeit der mit der Haschgacha betrauten Rabbiner oder Organisationen, von der Striktheit, mit der die Religionsgesetze angewendet werden, und der Intensität der Aufsicht ab. Die Vertrauenswürdigkeit hängt ihrerseits von der religiösen Ausrichtung der Verbraucher, allenfalls auch von lokalen Gegebenheiten ab, weshalb oft mehrere Organisationen oder Rabbiner mit der Haschgacha betraut und die Produkte entsprechend mit mehreren Hechscharim versehen auf den Markt gebracht werden.[4]

Besonderheiten

Hauptartikel: Jüdische Speisegesetze

Die unter aschkenasischen Juden bekannteste striktere Form von Kaschrut wird mit dem jiddischen Ausdruck glatt koscher (jiddisch: גלאט כשר hebräisch: chalak (חלק)) bezeichnet. „Glatt“ bezieht sich dabei auf die Lunge des toten Tieres, die, nach sephardischer und strikter aschkenasischer Auslegung, nach der Schächtung untersucht werden muss und keine Unebenheiten aufweisen darf, die auf eine allfällige Krankheit hinweisen, unter der das getötete Tier gelitten haben könnte. Die Bezeichnung glatt koscher gilt nur für Fleisch von größeren Tieren, wird jedoch oft generell als Bezeichnung für „streng/strikt koscher“ verwendet.[5] Die den strikten Anforderungen der sephardischen Juden genügende Bezeichnung lautet chalak Bet Josef (hebräisch: חלק בית יוספּ), oder kurz Bet Josef, nach dem gleichnamigen Werk von Josef Karo, dem aus Spanien stammenden Verfasser des Schulchan Aruch.[6]

Hechscher mit dem Zusatz israel (hebräisch: ישראל), besonders bei Gebäck (hebräisch: פת ישראל) und Milchprodukten (hebräisch: חלב ישראל), weisen darauf hin, dass bei der Herstellung Juden mitbeteiligt waren, was nach Auffassung ultra-religiöser Juden die Reinheit der Produkte erhöht.[7] Für Wein gelten diese strikteren Bestimmungen jedoch generell und werden nicht vermerkt.

Bei Backwaren kann zwischen jaschan, aschkenasische Aussprache joschon (hebräisch: ישן, deutsch: alt (in Bezug auf das verwendete Getreide)) und chadasch, aschkenasische Aussprache chodosch (hebräisch: חדש, deutsch: neu (in Bezug auf das verwendete Getreide)) unterschieden werden.[8]

Hechscher: Badatz (Bet Din Tzedek) koscher le’mehadrin, Israel

Besonders in Israel, aber teilweise auch in anderen Ländern werden Hechscharim, die auf einer Interpretation der Religionsgesetze beruhen, die über das strikt notwendige hinausgeht, mit dem Zusatz le’mehadrin (deutsch: ausgeschmückt) als koscher le’mehadrin (hebräisch: כשר למהדרין) versehen. Dazu existiert noch eine weitere Steigerung, die als le’mehadrin-min–ha’mehadrin (hebräisch: למהדרין מן המהדרין) bezeichnet wird.[9]

Die in Israel angebauten landwirtschaftlichen Erzeugnisse unterliegen eigenen, auf den biblischen Vorgaben beruhenden Gesetzen, die bei der Koscher-Zertifizierung berücksichtigt werden.

Für die Zeit des Pessach-Festes gelten besondere Bestimmungen. Lebensmittel und andere Produkte, die während Pessach verwendet werden dürfen, werden mit dem Zusatz koscher le’pessach (hebräisch: כשר לפסח) versehen, allenfalls auch nur mit dem Symbol P. Dabei können Unterschiede zwischen aschkenasischer und sephardischer Observanz zum Tragen kommen.

Regionale Unterschiede

Zwischen den einzelnen Ländern und Regionen gibt es teilweise bedeutende Unterschiede, was die Koscher-Zertifizierung anbelangt.

Europäische Länder

In den Ländern Europas sind in der Regel die lokalen orthodoxen Rabbinate oder ein rabbinisches Gericht, (hebräisch: Beth Din (בית דין)) für die Haschgacha zuständig. Da in Europa koscher-zertifizierte Lebensmittel nur für observante Juden gedacht sind, erfüllen die von lokalen rabbinischen Organisationen vergebenen Hechscharim zumeist sehr hohe Anforderungen an die strikte Auslegung der rituellen Vorschriften. Lebensmittel, die nicht für den Konsum durch religiöse Juden bestimmt sind, kommen in europäischen Ländern in der Regel ohne Koscher-Stempel auf den Markt.[10] In den meisten europäischen Ländern werden von den lokalen Rabbinaten Listen mit unzertifizierten, auf dem lokalen Markt erhältlichen, für observante Juden zugelassenen Nahrungsmitteln, Reinigungsprodukten etc. herausgegeben.[11] Die lokalen Rabbinate sind auch zuständig für die Beurteilung von importierten, mit einem Hechscher versehenen Lebensmitteln. Für die Bescheinigungen bei Exporten nach Israel ist dagegen das israelische Oberrabbinat zuständig.[12]

Glatt koscher le’pessach Truthahn, USA

Israel

In Israel sind die meisten im Handel befindlichen Lebensmittel und viele Restaurants koscher-zertifiziert. Da es das Ziel der Rabbinate ist, ein größtmögliches Angebot an koscheren Lebensmitteln und koscherer Verpflegung sicherzustellen, können die von den örtlichen Rabbinaten ausgegebenen Zertifikate nicht den striktesten Auslegungen der Religionsgesetze entsprechen. Dadurch hat sich in Israel ein doppelter Koscher-Standard etabliert: Normal koscher für die nicht und gemäßigt religiöse jüdische Bevölkerung, koscher le'mehadrin für die streng religiöse Minderheit.[13] So vergeben auch einige Rabbinate, wie beispielsweise dasjenige von Jerusalem, sowohl einen normalen wie einen le’mehadrin-Hechscher.[14]

Nordamerika

In Nordamerika und besonders in den Vereinigten Staaten werden koschere Lebensmittel von weiten Teilen der Bevölkerung als besser, gesünder und hygienischer erachtet. Die Anzahl der koscher-zertifizierten Produkte stieg in den USA von etwa 3.000 im Jahr 1970 auf 10.000 im Jahr 1985 und hat die 100.000-Marke inzwischen überschritten.[15] Koscher-Produkte machen in den USA im Jahr 2009 rund 40 % der verkauften Lebensmittel aus.[16] Laut einer Umfrage aus dem Jahr 2008 kaufen 13 % der Befragten gezielt Koscher-Produkte, davon lediglich 14 % weil sie die jüdischen Speisegesetze befolgen, weitere 10 % weil sie andere religiöse Speisevorschriften beachten.[17] Gemäß einer MarketTrend-Studie aus dem Jahr 2009 weisen die Verkäufe von koscher-zertifizierten Lebensmitteln in den USA mit einer Steigerung von gut 50 Milliarden US Dollar von 150 Milliarden im Jahr 2003 auf über 200 Milliarden Dollar im Jahr 2008 ein doppelt so hohes Wachstum auf wie der allgemeine Lebensmittelsektor. Ein weiteres Wachstum auf 260 Milliarden Dollar wird erwartet, der Anteil der aus religiösen Gründen gekauften Koscher-Produkte wird auf 14 bis 17 Milliarden Dollar geschätzt.[18]

Hechscher Tzedek

Auf Initiative von Morris Allen, einem Rabbiner der konservativen Richtung, wurde in den USA im Jahr 2007 der Heksher Tsedek (hebräisch: הכשר צדק, deutsch: Hechscher für Gerechtigkeit, Korrektheit) geschaffen, ein Zertifizierungssystem, das ethische Anforderungen bei der Herstellung koscherer Lebensmittel mit berücksichtigt und von den Dachorganisationen der konservativen Rabbiner und Synagogen der USA getragen wird.[19] Anlass für die Lancierung von Heksher Tsedek waren Missstände beim größten Koscherfleisch-Produzenten der USA, der inzwischen bankrotten Firma AgriProcessors, die von Mitgliedern der Lubawitscher chassidischen Bewegung geführt wurde und in den USA wiederholt für negative Schlagzeilen sorgte.[20] Seit 2010 wird der Magen Tsedek genannte Hechscher in Ergänzung zu einem traditionellen, die Kaschrut bescheinigenden Hechscher vergeben.[21]

Ebenfalls als Reaktion auf die Rechtsverletzungen der Firma AgriProcessors wurde Tav HaYosher (hebräisch: תו היושר), ein Ethik-Siegel für koschere Restaurants in den USA geschaffen. Der Hechscher wird von der 2007 gegründeten gemäßigt orthodoxen Organisation Uri L’Tzedek (hebräisch: עורי לצדק) seit dem 12. Mai 2009 vergeben.[22] Ein Jahr zuvor, am 12. Mai 2008 waren beim sogenannten „Postville Raid“ beinahe 400 mehrheitlich aus Guatemala stammende illegale Arbeiter von AgriProcessors in Postville, einem 2000 Seelen-Ort im amerikanischen Bundesstaat Iowa, verhaftet worden; die meisten von ihnen wurden in Schnellverfahren zu Gefängnisstrafen verurteilt und anschließend abgeschoben, was zu zahlreichen Protesten und Solidaritätskundgebungen mit den verhafteten Arbeitern führte, nicht zuletzt auch von liberaler jüdischer Seite.[23] Tav HaYosher lehnt sich an das seit 2005 verliehene israelische Gütesiegel Tav Chevrati für „soziale Kaschrut“ an.[24]

Literatur

  • Eliezer Eidlitz: Is it kosher? Encyclopedia of Kosher Foods. Facts & Fallacies. Feldheim Publishers, Jerusalem 2004, ISBN 1-58330-616-1. (englisch)
  • Sue Fishkoff: Kosher Nation. Schocken Books, New York 2010, ISBN 978-0-8052-4265-2. (englisch)

Weblinks

Einzelnachweise

  1. "Haschgacha", vom Verb "beaufsichtigen" oder "beachten" herstammend, hat im Judentum auch noch die tiefere Bedeutung eines Konzepts von (g'ttlicher) Vorsehung bzw. Fürsorge (vgl. Haschgacha bei chabad.org).
  2. Samantha M. Shapiro: Kosher Wars. The New York Times Magazine, 9. Oktober 2008 (englisch). Abgerufen: 26. August 2010.
  3. Lutz Lorenz: Happy Weihnukka - aber woher kommts auf den Tisch? Wenn koscher in Berlin nicht mehr koscher sein darf. (Memento vom 17. Mai 2010 im Internet Archive) Jüdische Zeitung, Dezember 2008. Abgerufen: 26. August 2010.
  4. Orthodoxe Rabbinerkonferenz Deutschland, ORD: Erklärungen zur Kaschrut, Rabbiner Tuvia Hod: Koscher - Informationsblatt für die europäische Lebensmittenindustrie. Abgerufen: 26. August 2010.
  5. What’s the Truth About... Glatt Kosher. A column devoted to researching commonly-held beliefs. By: Rabbi Ari Z. Zivotofsky. Veröffentlicht in: “Jewish Action”, Winter 5760/1999 (englisch). Abgerufen: 26. August 2010.
  6. The London Board for Shechita: Shechitat Bet Yosef and Glatt Kosher (englisch). Abgerufen: 27. August 2010.
  7. Jüdische Küche. Berlins Koscher-Inspektor auf Spurensuche. Spree-Aviv.de. Abgerufen: 26. August 2010.
  8. Avrom Pollak: Yoshon and Chodosh. Something Old Something New. Star-K Kosher Certification, online (englisch). Abgerufen: 26. August 2010.
  9. Glossary www.hechshers.info (englisch). Abgerufen: 26. August 2010.
  10. Noch immer keine Selbstverständlichkeit: Besonderheiten bei der Beachtung der Kaschrut in Deutschland. Aus dem Nachwort von Dov-Levy Barsilay in: „Koscher durch das Jahr“, haGalil onLine. Abgerufen: 26. August 2010.
  11. Koscherliste der ORD, Koscherlisten Schweiz des SIG. Abgerufen: 26. August 2010.
  12. Alles koscher, oder was? Germany Trade and Invest, 1. Februar 2009. Abgerufen: 26. August 2010.
  13. Gil Student: The Concept of Mehadrin. Hirhurim Musings, 13. December 2007 (englisch). Abgerufen: 26. August 2010.
  14. Hechscher „Rabbanut Yerushalayim“ und „Rabbanut Yerushalayim Mehadrin“. Abgerufen: 26. August 2010.
  15. Bethany Halford: Favored Flavors. To ensure kosher dietary standards, rabbis need to account for every molecule. Chemical & Engineering News, 29. März 2010, Volume 88, Number 13, S. 25f. (englisch). Abgerufen: 26. August 2010.
  16. Kim Severson: For Some, ‘Kosher’ Equals Pure. The New York Times, 12. Januar 2010 (englisch). Abgerufen: 26. August 2010.
  17. 3 in 5 kosher food buyers purchase for food quality, not religion Mintel Press Release, Februar 2009.
  18. MarketTrend: Kosher- and Halal-Certified Foods in the U.S. companiesandmarkets.com, 1. April 2009 (englisch). Abgerufen: 26. August 2010.
  19. United Synagogue of Conservative Judaism and the Rabbinical Assembly: Hekhsher Tzedek (2007) (englisch). Abgerufen: 26. August 2010.
  20. Sue Fishkoff: Fair am Fließband. USA: Konservative Bewegung möchte ethische Standards für die Produktion koscherer Nahrungsmittel. Jüdische Allgemeine, 13. Dezember 2007. Abgerufen: 26. August 2010.
  21. United Synagogue of Conservative Judaism and the Rabbinical Assembly: The Hekhsher Tzedek Commission Announces the Creation of Magen Tzedek. Conservative Movement’s Ethical Certification Seal To Be Introduced to Kosher Food Industry in Coming Months 22. Dezember 2008 (englisch). Abgerufen: 26. August 2010.
  22. Corinne Ramey, The Forward: Is your kosher restaurant ethically certified? New Orthodox group gives seal of approval to seven New York restaurants who treat workers fairly and obey labor laws. Ha’aretz, 17. Mai 2009 (englisch). Abgerufen: 26. August 2010.
  23. Julia Preston: Iowa Rally Protests Raid and Conditions at Plant. The New York Times, 28. Juli 2008 (englisch). Abgerufen: 26. August 2010.
  24. The Tav Chevrati. Cuisine with a Conscience. Website von Bema’aglei Tzedek (englisch). Abgerufen: 26. August 2010.
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