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Kriebelmücken

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Kriebelmücken
Kriebelmücke

Kriebelmücke

Systematik
Überordnung: Neuflügler (Neoptera)
Ordnung: Zweiflügler (Diptera)
Unterordnung: Mücken (Nematocera)
Teilordnung: Stechmückenartige (Culicomorpha)
Überfamilie: Chironomoidea
Familie: Kriebelmücken
Wissenschaftlicher Name
Simuliidae
Newman, 1834
Unterfamilien
  • Parasimuliinae
  • Simuliinae

Die Kriebelmücken (Simuliidae) sind eine Familie der Zweiflügler (Diptera) und gehören zu den Mücken (Nematocera). Weltweit leben etwa 1.550 Arten dieser Tiergruppe, mehr als 50 Arten sind aus Deutschland bekannt. Es handelt sich dabei um meist kleine Mücken mit Körperlängen zwischen zwei und sechs Millimetern. Ihre stammesgeschichtliche Schwestergruppe wird von den Gnitzen (Ceratopogonidae) und Zuckmücken (Chironomidae) gebildet.

Merkmale

Kriebelmücken sind kleine Mücken, die im Aussehen eher den Fliegen ähneln. Sie sind gedrungen und in der Seitenansicht buckelig. Ihre Färbung reicht von rötlich-gelb bis schwarz, wobei die helleren Farben vorwiegend bei den Weibchen vorkommen. Die Komplexaugen der Männchen sind deutlich größer als die der Weibchen, wobei die oberen Facetten wiederum größer sind als die unteren und durchscheinend wirken. Dies kommt durch unterschiedliche Schirmpigmente in diesem Augenbereich zustande, welche nur kurzwelliges Licht absorbieren. Die Mundwerkzeuge sind bei einer Reihe von Arten zurückgebildet, bei den meisten Arten aber stechend-saugend. Im Unterschied zu „Stichsaugern“ (etwa Stechmücken) sind Kriebelmücken „Poolsauger“. Dabei erzeugen die Mandibeln zunächst eine größere Wunde, in der sich Blut sammelt; dieses wird dann von den Kriebelmücken aufgesaugt.

Lebensweise

Beide Geschlechter der Kriebelmücken sind Nektarsauger und fliegen entsprechend Pflanzen an, die große und offene Nektarien besitzen (etwa Weiden, Efeu oder Pastinak). Ausschließlich die Weibchen sind bei vielen Arten zusätzlich Blutsauger an Vögeln und Säugetieren. Bei vielen Arten ist eine solche Blutmahlzeit notwendig zur Ei-Entwicklung. Die Wirtsfindung geschieht sowohl durch eine Kohlendioxidspur (olfaktorisch) als auch optisch. Ist ein potentieller Wirt gefunden, wird zunächst ein Probestich angesetzt; enthält die gefundene Flüssigkeit Adenosindiphosphat (ADP) oder Adenosintriphosphat (ATP), so setzt der Vollsaugvorgang ein. Dabei sind sowohl die Wirte als auch die Positionen des Saugvorgangs artspezifisch. So saugt Simulium equinum bevorzugt an den Ohrmuscheln von Pferden und anderen Großsäugern, Simulium erythrocephalum demgegenüber an der Bauchhaut der Tiere.

Fortpflanzung

Die Kriebelmücken bilden zur Partnerfindung Schwärme in der Nähe größerer dunkler Gegenstände (z. B. bei Bäumen). Dabei darf der Wind nicht zu stark sein (maximal 10 m/s) und die Lichtstärke muss über 5000 Lux betragen. Es werden keine Mischschwärme aus verschiedenen Arten gebildet. Der Mechanismus zur Erkennung der Artgenossen ist jedoch bislang unbekannt. Die Weibchen werden beim Überfliegen dieser Schwärme von unten von einem Männchen angeflogen, die Begattung beginnt direkt anschließend in der Luft und wird am Boden fortgeführt. In der Geschlechtsöffnung des Weibchens hinterlässt das Männchen eine Spermatophore. Bei einigen Arten kommt Parthenogenese, eingeschlechtliche Fortpflanzung ohne männliche Befruchtung, vor.

Larvalentwicklung

Larven der Kriebelmücke (Großaufnahme)
Larven in der Strömung ausgerichtet
Larvenstadien: 1) Puppe, 2) Larve

Die Anzahl der Eier ist artspezifisch. Sie reicht von etwa 50 bei Prosimulium ursinum bis zu 1000 bei Simulium reptans pro Weibchen. Die Eier werden immer an oder in Fließgewässer abgegeben. Häufig geschieht dies durch Auftupfen auf die Wasseroberfläche. Simulium erythrocephalum legt die Eier an Wasserpflanzen in Höhe des Wasserspiegels, Simulium equinum taucht unter und legt die Eier auf der Unterseite von schwimmenden Blättern ab. Simulium morsitans wiederum legt die Eier an Pflanzenstängel oder in Erdspalten oberhalb der Wasserlinie ab. Die Gelege sind häufig von einer Gallertmasse umgeben, die zu Beginn der Entwicklung bis zu 68 % Wasser aufnimmt. Diese wasserhaltige Gallerte wirkt beim Trockenfallen der Eier als Austrocknungsschutz.

Die Larven der Kriebelmücken sind ausschließlich in Gewässern zu finden, wobei die artspezifischen Ansprüche an die Wasserqualität, die Fließgeschwindigkeit und an andere Faktoren sehr stark variieren. Einige Arten der Kriebelmückenlarven dienen dementsprechend als Leit- oder Monitororganismen zur Bestimmung der Wassergüte und Wasserqualität mittels des Saprobiensystems. So werden einige Arten der Gattung Simulium und Prosimulium als Zeigerarten für Gewässergüten im Bereich von I bis II betrachtet.

Kennzeichnend für die Larven der Kriebelmücken ist der unpaare und einziehbare Brustfuß (Scheinfüßchen) sowie der Hakenkranz am Hinterende der Larve. Beide sind mit mehreren Hundert Häkchen bewehrt, die radiär angeordnet sind. Mit Hilfe des hinteren Hakenkranzes sind die Larven an Pflanzenteilen, Steinen oder anderen Substraten in einem Gespinst aus sehr elastischer Seide befestigt, die durch Drüsen im Bereich der Mundwerkzeuge (Labialdrüsen) gebildet wird und mit dem Brustfüßchen abgenommen und auf dem Substrat aufgetragen wird. Der Körper wird aus dieser Position heraus frei in die Strömung gestellt. Eine Fortbewegung der Larven geschieht nach Art der Spannerraupen, durch Klettern an einem Faden oder einfach durch Verdriftung. Die Atmung erfolgt über die Haut, außerdem dienen Analpapillen zur Osmoregulation durch Ionenaufnahme.

Die meisten Kriebelmückenlarven besitzen zur Nahrungsaufnahme einen „Fangkescher“. Auf der Oberlippe stehen dabei zwei jeweils einen Haarfächer tragende ein- und ausklappbare Fortsätze. Diese sind von einem zähen Schleim überzogen in dem sich mit der Strömung treibende Nahrungspartikel (Detritus und Kleinstorganismen) verfangen. Zur Nahrungsaufnahme werden diese Fächer an den Mandibeln entlang gezogen, der Schleim bleibt in den Haarborsten oberhalb der Mandibeln hängen. Einige Kriebelmückenlarven haben keinen Fangkescher und ernähren sich durch Abweiden des Substrates.

Nach sechs bis neun Larvenstadien sind die Larven ausgewachsen und spinnen einen pantoffelförmigen Kokon, welcher auf dem Substrat befestigt wird. In diesem findet die Verpuppung statt. Das Vorderende des Kokons ist dabei offen und gegen die Strömung gerichtet. An dieser Stelle liegen die Spirakulumkiemen der Puppe. Die Form und die Anzahl der Lamellen auf dieser Atmungsstruktur ist artspezifisch verschieden, genauso wie die Form des Kokons, in dem die Puppe mit Häkchen des Hinterendes verhakt ist. Das Innere der in der Kieme enthaltenen Kiemenfäden ist über eine basale Öffnung wassergefüllt, die äußere Wand besteht aus zahlreichen senkrecht abstehenden, reich verzweigten Stützen. Das Hohlraumsystem zwischen den Stützen ist luftgefüllt und entnimmt dem umgebenden Wasser Sauerstoff durch Diffusion. Durch eine bislang noch weitgehend unbekannte Struktur steht es mit dem Tracheensystem in Verbindung und ermöglicht so der Puppe die Atmung.

Die Überwinterung erfolgt in Mitteleuropa in der Regel als Larve, in Nordeuropa als Ei. Letztere sind frostresistent und können unversehrt eingefroren werden. Die Verpuppung erfolgt erst nach Erreichen einer Schwellentemperatur, welche etwa bei den untersuchten Simulium-Arten bei circa vier Grad Celsius liegt. Dadurch kommt es zu einer zeitgleichen Puppenentwicklung sowie zu einer Synchronisation des Schlüpfens aus der Puppenhülle im Frühjahr. In Mitteleuropa werden eine bis sechs Generationen pro Jahr gebildet, in tropischen Tieflandflüssen können sich bis zu 16 Generationen pro Jahr bilden. Bei einigen Arten wie etwa Simulium erythrocephalum, gibt es deutliche Unterschiede zwischen der ersten Generation im Frühjahr und späteren Generationen (Saisondimorphismus).

Schadwirkung bei Mensch und Nutztieren

Bei einigen Arten wird auch der Mensch als Wirt angenommen. Der Stich ist häufig schmerzhaft und hat eine lokale Blutverdünnung sowie Blutergüsse zur Folge, da mit dem Speichel der Mücke Blutgerinnungshemmer in die Wunde gelangen. Außerdem wird beim Stich Histamin in die Wunde gegeben, was nicht selten zu pseudoallergischen Reaktionen führt.

Bei Massenbefall können Kriebelmücken so den Tod von Weidetieren herbeiführen. Neben Herz-Kreislauf-Versagen und massiven Hautirritationen kommen die Tiere besonders infolge der durch die Parasiten verursachten Panik und damit verbundenen unkontrollierten Flucht zu Schaden. Vorbeugend werden daher an Sammelplätzen Insektizide eingesetzt. Besonders berüchtigt ist diesbezüglich die Kolumbatscher oder Golubatzer Mücke (Simulium colombaschense) in den Donauländern auf dem Balkan. Über diese Art kann man in Brehms Tierleben (1920) lesen:

Die berüchtigtste europäische Gnitze ist die Kolumbatscher Mücke, so genannt nach den serbischen Dorfe Kolubazs, wo sie der Aberglaube der Bevölkerung aus einer Felshöhle entkommen läßt, in der vermeintlich Ritter St. Georg den Lindwurm erlegte.

Ferner heißt es dort:

In den Gegenden der ganzen unteren Donau verbreiten sie Furcht und Schrecken bei Mensch und Vieh. Zu Tausenden und Abertausenden kriechen die kaum flohgroßen Gnitzen den Weidetieren, Pferden, Rindern und Schafen in Nase, Ohren und Maul stechen und saugen Blut, so daß die gemarterten Tiere wie tollwütig davonrasen und schließlich vor Erschöpfung tot zusammenbrechen“ (Anmerkung: Gnitzen und Kriebelmücken wurden zu dieser Zeit noch zu einer Familie zusammengefasst)

Kriebelmücken als Krankheitsüberträger

Einige Kriebelmücken können durch die toxischen Stoffe, die in die Wunde injiziert werden, eitrige Entzündungen hervorrufen, die in Einzelfällen auch eine Lymphangitis zur Folge haben können, die unbehandelt wiederum zur Blutvergiftung führen kann. Symptome, die nach einem Kriebelmückenstich eintreten können, sind u. a. Kopfschmerzen, Schwindelgefühl, Übelkeit, Abgeschlagenheit, starke Schwellung der betroffenen Körperteile, in seltenen Fällen Fieber. Im Falle solcher Symptome sollte der Arzt zu Rate gezogen werden.[1]

In Afrika und Amerika sind Vertreter der Kriebelmücken außerdem Überträger des Fadenwurmes Onchocerca volvulus auf den Menschen. Dieser Wurm ist der Erreger der Onchozerkose (Flussblindheit), die bei etwa zehn Prozent der Erkrankten zur Erblindung führt. Bei den Krankheitsüberträgern handelt es sich ausschließlich um einige Vertreter der Gattung Simulium, etwa S. damnosum und S. neavei in Afrika und S. callidum und S. metallicum in Mittelamerika, ferner S. ochraceum in Mittel- und Südamerika.

Siehe auch: Parasiten des Menschen

Systematik

Die Kriebelmücken lassen sich in zwei Unterfamilien einteilen, die hier mit den zugehörigen Gattungen aufgeführt sind. Eine der beiden, Simuliinae, lässt sich noch weiter in zwei Tribus untergliedern: Die Simuliini und die Prosimuliini. Die große und artenreiche Gattung Simulium wird von zahlreichen Autoren aufgespalten (Gattungen Eusimulium, Nevermannia, Wilhelmia, Boophthora usw.). Diese werden heute meist als Untergattungen aufgefasst. Die Familie ist morphologisch sowohl im Imaginal- wie im Larvalstadium so einheitlich, dass es nach Jensen[2] vertretbar wäre, alle Arten (mit Ausnahme der amerikanischen Gattung Parasimulium) in eine einzige Gattung zu stellen.

Familie Kriebelmücken (Simuliidae)

Fossile Belege

Die älteste bekannte fossile Kriebelmücke stammt aus dem Mittleren Jura Zentralasiens[3]. Darüber hinaus wurden Kriebelmücken in verschiedenen Bernsteinvorkommen gefunden, sind aber rar. Aus Baltischem Bernstein sind mindestens fünf Arten der Gattung Simulium beschrieben, ferner liegen aus anderen tertiären Bernsteinlagerstätten Einzelfunde vor (Sizilianischer Bernstein und Dominikanischer Bernstein).[4][5] Besonders erwähnenswert ist der Fund einer weiblichen Kriebelmücke im Baltischen Bernstein, die sich mit einer Zuckmücke in copula befindet. Die Fühler der männlichen Zuckmücke waren offenbar von Nematoden befallen, so dass der erwählte Geschlechtspartner nicht mehr exakt erkannt werden konnte.[6]

Literatur

  • R. W. Crosskey: The natural history of blackflies. Willey, New York 1990. ISBN 0-471-92755-4.
  • K. Honomichl, H. Bellmann: Biologie und Ökologie der Insekten. CD-Rom. Gustav Fischer, Stuttgart 1994. ISBN 0-271-00417-7.
  • K. C. Kim, R. W. Merritt (Hrsg.): Black flies, ecology, population management, and annotat. world list. University Park, London 1987. ISBN 0-271-00417-7.
  • Vincenz Kollar: Beurtheilung des von Dr. Medovics an die serbische Regierung erstatten Berichtes über die Entstehung und Vertilgung der Gollubatzer Mücke (Simulia columbaschensis). In: SB. Akad. Wissensch., Wien 1848, S. 92–107.
  • M. Laird (Hrsg.): Blackflies. Academic Press, London 1981. ISBN 0-12-434060-1
  • G. Seitz: Verbreitung und Ökologie der Kriebelmücken (Diptera: Simuliidae) in Niederbayern. in: Lauterbornia. Mauch, Dinkelscherben 11.1992, 1-230.
  • T. Timm : Dormanzformen bei Kriebelmücken unter besonderer Berücksichtigung des Ei-Stadiums (Diptera: Simuliidae). in: Entomologia generalis. Schweizerbart, Stuttgart 12.1987, 133-142. ISSN 0340-2266
  • T. Timm: Unterschiede in Habitatselektion und Eibiologie bei sympatrischen Kriebelmückenarten (Diptera, Simuliidae). in: Mitteilungen der Deutschen Gesellschaft für Allgemeine und Angewandte Entomologie. Bremen 6.1988, 156-158. ISSN 0344-9084
  • T. Timm, W. Rühm (Hrsg.): Beiträge zur Taxonomie, Faunistik und Ökologie der Kriebelmücken in Mitteleuropa. Essener Ökologische Schriften. Bd.2. Westarp Wissenschaften, Magdeburg 1993. ISBN 3-89432-078-8.
  • W. Wichard , W. Arens, G. Eisenbeis: Atlas zur Biologie der Wasserinsekten. Stuttgart 1994. ISBN 3-437-30743-6.
  • H. P. Wirtz: Analyse der Histaminanteile im Speichel verschiedener Kriebelmückenarten (Diptera: Simuliidae). in: Mitteilungen der Deutschen Gesellschaft für Allgemeine und Angewandte Entomologie. Bremen 6.1988, 441-442. ISSN 0344-9084
  • W. Lechthaler, M. Car: Simuliidae − Key to Larvae and Pupae from Central− and Western Europe. Wien 2005, Eutaxa-Eigenverlag: ISBN 3-9501839-3-0.

Anmerkungen und Einzelnachweise

  1. Landesamt für Gesundheit und Soziales Mecklenburg-Vorpommern (Hrsg.): Kriebelmücken. Rostock : 2012-07 – Merkblatt
  2. Jensen, Frank: Diptera Simuliidae, Blackflies. In: Nilsson, Andes N. (ed.): Aquatic insects of North Europe. Apollo Books (Stenstrup) 1997
  3. R.W. Crosskey: The Natural History of Blackflies. Chichester 1990, zitiert in Poinar 1992
  4. George O. Poinar, Jr.: Life in Amber. 350 S., 147 Fig., 10 Tafeln, Stanford University Press, Stanford (Cal.) 1992. ISBN 0-8047-2001-0
  5. Wolfgang Weitschat und Wilfried Wichard: Atlas der Pflanzen und Tiere im Baltischen Bernstein, 256 S., zahlr. Abb., Pfeil-Verlag, München 1998. ISBN 3-931516-45-8
  6. Friedhelm Eichmann: Aus dem Leben im Bernsteinwald. In: Arbeitskreis Paläontologie Hannover, Hannover 2003.

Weblinks

 Commons: Simuliidae – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien
Wiktionary: Kriebelmücke – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen
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