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Olaf Latzel

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Olaf Latzel (* 1967) ist ein evangelischer Geistlicher. Er ist Pastor der Bremer St.-Martini-Gemeinde, einer Gemeinde der Bremischen Evangelischen Kirche (BEK), die in der Evangelischen Allianz Bremen mitarbeitet.[1]

Leben

Latzel besuchte von 1974 bis 1987 die Schule in Bad Laasphe und erlebte nach eigener Aussage 1982 seine „geistliche Wiedergeburt“. Von 1987 bis 1994 studierte er Evangelische Theologie in Marburg. Nach zwei Jahren beim Jugendamt in Frankfurt wurde er 1996 Vikar in Rauischholzhausen. Seine erste Pfarrstelle trat er 1998 in den Siegener Stadtteilen Trupbach und Seelbach in der Westfälischen Landeskirche an. Von 2000 bis 2007 war er Fachberater für Seelsorge bei der Feuerwehr Siegen. Am 2. Dezember 2007 wurde er zum Pastor der St.-Martini-Gemeinde Bremen berufen und trat die Nachfolge von Jens Motschmann an.

Latzel ist verheiratet, hat eine Tochter und betreibt als Hobbys Jagd und Kraftsport.

Theologische Positionen

Latzel wurde schon bald nach seinem Amtsantritt in St. Martini durch sein konsequentes Eintreten für deren streng konservative Gemeindeordnung [2] öffentlich bekannt. Unter anderem werden die Segnung gleichgeschlechtlicher Paare und die Frauenordination abgelehnt. Im Mai 2008 bot Latzel die Gemeinderäume für das heftig umstrittene Seminar „Homosexualität verstehen – Chance zur Veränderung“ an, nachdem es auf öffentlichen Druck vom damaligen Christival wieder ausgeladen wurde.[3] Im Juni 2008 verweigerte Latzels Gemeinde einer Pastorin, die ihn bei einer Trauerfeier vertreten sollte, im Talar und auf der Kanzel zu predigen.[4]

Am 18. Januar 2015 hielt Latzel eine stark umstrittene Predigt über einen Abschnitt des biblischen Buches der Richter, in dem Gideon die heidnischen Heiligtümer seiner Heimatstadt zerstört. Nach Latzel haben heutige Christen die Pflicht, diesem drastischen Beispiel zu folgen und beispielsweise Talismane, Amulette und Buddha-Statuen aus ihren Wohnungen zu entfernen. Weiterhin bezog Latzel Gideons Beispiel auf die deutliche Abgrenzung des Christentums vom Islam. Wörtlich sagte er:[5]

„Wir brauchen klare Verkündigung von Jesus Christus. Und immer wieder klar zu sagen: Es gibt nur einen wahren Gott. Wir können keine Gemeinsamkeit mit dem Islam haben. Das heißt nicht – das sag ich auch in aller Klarheit –, dass wir nicht den Muslimen in Liebe und Nähe begegnen zu haben. Das ist ganz wichtig. Gott unterscheidet zwischen der Sünde und dem Sünder. Sünde und Sünder sind unterschieden. Das absolute Nein zur Sünde, aber das Ja zum Sünder. Wir haben den Menschen muslimischen Glaubens in Liebe und Barmherzigkeit zu begegnen! Und wenn die verfolgt werden, dann haben wir uns vor sie zu stellen. Das ist unsere Aufgabe als Christen. Um da nicht missverstanden zu werden. Das ist unsere Aufgabe, denen wirklich in Nächstenliebe zu begegnen."
„Die Angst vor der Welt, die darf uns nicht dazu bringen, dass wir die Furcht des Herrn lassen. Das ist wichtiger. Und da muss man eben auch Schnitte machen, wie hier Gideon. Schnitte – und ich sag das ganz bewusst. Der Name Gideon heißt ‚Hacker‘! ‚Hacker‘, ja? Der ist nicht so bisschen, so nach dem Motto: ‚Ich häng mal ’n Betttuch drüber über die Aschera, damit’s mal nicht gesehen wird, dann hab ich ja meinen Protest ausgedrückt halt, nicht?‘ oder: ‚Ich mach mal heimlich nachts ’n Graffiti drauf.‘ Gott sagt: ‚Umhauen! Verbrennen! Hacken! Schnitte ziehen!‘ Ja, das ist viel verlangt. Ja, da hat man Angst. Und da denken Sie jetzt vielleicht an die Situationen, wo Sie gefordert sind. Aber das fordere nicht ich. Das fordert unser Herr und Gott. Wir sollen dort die Schnitte ziehen. Auch in einem Vaterland, wo die Bundeskanzlerin erklärt, so mit einem Strich, nicht?, diese falschen Dinge zu wiederholen, die Bundespräsident Wulff gesagt hatte, nicht?: ‚Der Islam gehört zu Deutschland.‘ Der Islam gehört nicht zu Deutschland. Die Muslime, die hier leben – ja, absolut. Aber der Islam hat nichts zu tun mit dem Gott, von dem es in der Präambel unseres Grundgesetzes heißt: ‚Im Bewusstsein seiner Verantwortung vor Gott und den Menschen […]‘.“

Außerdem wandte sich Latzel gegen interreligiöse Gottesdienste:

„Es gibt nur einen wahren Gott. Wir können keine Gemeinsamkeit mit dem Islam haben. […] Und wenn EKD fordert: ‚Nein, wir müssen das zusammen machen‘ – es gibt landauf, landab bei den Landeskirchen gemeinsame Gottesdienstentwürfe für Schuleröffnungen, nicht? Da beten dann eben der Pfarrer und der Imam und der Katholik alle zusammen halt, nicht?, zu vermeintlich dem einen Gott. Das ist Sünde, und das darf nicht sein! Davon müssen wir uns reinigen halt, nicht?“

Latzel lehnt die Idee seines konservativen Vorgängers Motschmann ab, in Bremen ein interreligiösesHouse of One“ nach Berliner Muster zu errichten.[6]

Rezeption

Bei einer Podiumsdiskussion, veranstaltet vom Bremer Landesverband der Grünen Jugend unter Beteiligung des grünen Bundestagsabgeordneten Volker Beck, Annegret Siebe, Sprecherin des Landesverbands der Pro Familia, und von Olaf Latzel sollten Kontroversen im Vorfeld des Christival 2008 um Homosexualität, Abtreibung und biblisch begründete Positionen in einem „offenen Dialog“ geklärt werden. Latzel vertrat die konservative Position seiner Gemeinde und forderte, die Bibel solle verstärkt als Grundlage des Rechtswesens herangezogen werden, was Bremens ehemaligen Bürgermeister und Senatspräsidenten Henning Scherf zu der Bemerkung veranlasste: „Es sind diese Khomeinis, vor denen wir unsere Verfassung schützen müssen. Das können Sie Ihrem Pastor Latzel ausrichten!“[7]

Predigt vom 18. Januar 2015

Der Schriftführer (theologischer Repräsentant) der Bremischen Evangelischen Kirche (BEK), Renke Brahms, kritisierte die Äußerungen in Latzels Predigt und nannte sie „geistige Brandstiftung“. „Die Formulierungen sind unerträglich und dazu geeignet, Gewalt gegen Fremde, Andersgläubige oder Asylbewerbern Vorschub zu leisten“, mahnte Brahms. Die BEK distanziere sich von jeder Botschaft, die im Namen des christlichen Glaubens andere Glaubensformen beleidige oder beschimpfe.[8]

Mitarbeiter von sozialen Einrichtungen der BEK verfassten ein Papier mit dem Titel „Resolution für eine Vielfalt der Religionen und gegen Hassprediger“. Darin kritisierten sie Latzels Aussagen und forderten den Vorstand der St.-Martini-Gemeinde, der sich hinter Latzel gestellt hatte, zum Handeln auf. Sollte es keine Reaktion geben, sei „ein Verbleib dieser Gemeinde in der BEK unerträglich“.[9]

Auch Bürgermeister Jens Böhrnsen (SPD) kritisierte die Predigten Latzels. „Das ist nicht das, was wir für den sozialen Frieden in unserer Stadt brauchen“, sagte Böhrnsen zu Radio Bremen.[8]

Die Staatsanwaltschaft Bremen prüft, ob sie tätig werden muss. Es werde in alle Richtungen ermittelt, auch in Richtung Volksverhetzung, teilte sie mit.

Mehrere Dutzend Pastoren der Evangelischen Kirche in Bremen, darunter viele Emeriti, demonstrierten am 4. Februar 2015 öffentlich auf den Stufen des Bremer Doms mit Plakaten „Bremen ist Bunt! Wir Leben Vielfalt“ gegen die Predigt ihres Kollegen.[10]

Latzel selbst verteidigte seine Predigt mit der Aussage, dass er nicht ausländerfeindlich sei, sondern gegen „Religionsvermischung“. Für ihn gebe es nur einen Gott, und das predige er auch den Gläubigen seiner Gemeinde.[11] Gegenüber Radio Bremen erklärte Latzel, dass Christen mit Muslimen genauso wenig das Zuckerfest feiern könnten wie Muslime mit Christen das Weihnachtsfest. Es gehe nicht darum, religiöse Gefühle zu verletzen, aber gemeinsam mit einem Imam oder einem Buddhisten zu beten, erlaube die Bibel nicht. Christen gründeten ihren Glauben auf die Bibel und nicht auf den Zeitgeist. „Der allein seligmachende Weg führt nur über Jesus Christus“, bekannte der Theologe. Er lasse sich gerne als evangelikal und bibeltreu bezeichnen, aber nicht als jemand, der Hass gegenüber anderen schüre, sagte er in der Sendung buten un binnen.[12] Wenig Beachtung fand in der öffentlichen Diskussion, dass Latzel in seiner Predigt zu liebevoller und barmherziger Begegnung mit Muslimen aufgerufen hatte und dazu, sich vor sie zu stellen, falls sie verfolgt würden. „Das ist unsere Aufgabe, denen wirklich in Nächstenliebe zu begegnen."

Radio Bremen berichtete von einer Unterstützungswelle für Latzel durch eine Petition und die Facebook-Seite „Solidarität mit Olaf Latzel“: „Latzel erfährt im Internet tausendfach Rückendeckung in Portalen von evangelisch-konservativen Christen.“[13] Die Gemeinde St. Martini stellte sich hinter ihren Pastor. Radio Bremen gab Auszüge des entsprechenden Posts von der Facebook-Seite der Kirchengemeinde wieder:

„Wir stehen als Gemeinde und Pastor für eine weltoffene und freie Gesellschaft[,] in der alle Menschen gleich welcher Hautfarbe, Ethnie oder Religion in Frieden miteinander leben können. Wir stehen als Gemeinde und Pastor ein für Religionsfreiheit und absolute Gewaltlosigkeit unter den Menschen in Bremen, in Deutschland und in der Welt.“[14]

Der Vorstand der St. Martini-Gemeinde veröffentlichte am 8. Februar 2015 eine offizielle Stellungnahme zur Predigt in der es heißt: „Vorstand und Gemeinde sind dankbar für die klare, bibelorientierte Wortverkündigung ihres Pastors. Der Vorstand steht geschlossen hinter dem Pastor der Gemeinde.“[15] Der Präses des Evangelischen Gemeinschaftsverbandes Siegerland-Wittgenstein, wo Latzel vor seinem Wechsel nach Bremen Pfarrer war, erklärte, er stehe uneingeschränkt zum Inhalt der Predigt.[16] Die christlichen Medien kritisierten Latzels Wortwahl durchweg, konservative lobten seine Predigt aber auch ausdrücklich.[17]

In einem wohl einmaligen Beschluss eines deutschen Landesparlaments wandte sich die Bremische Bürgerschaft gegen Latzels Predigt. Sie stimmte am 18. Februar 2015 mehrheitlich einem Entschließungsantrag[18] der Partei „Die Linke“ zu, in dem es heißt: „Die Bremische Bürgerschaft begrüßt die Distanzierung der Bremischen Evangelischen Kirche und der Beschäftigten gegen die aufwiegelnde und herabwürdigende Predigt von Pastor Olaf Latzel. Die Äußerungen in der Predigt vom 18. Januar 2015 sind absolut indiskutabel und dürfen nicht ohne Konsequenzen bleiben.“ [19]

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Gemeindeliste der Evangelischen Allianz Bremen.
  2. Gemeindeordnung Evangelische St. Martini-Gemeinde Bremen. Abgerufen am 19. Februar 2015.
  3. Henning Bleyl: Kein Zweifel an Timotheus. die tageszeitung (taz). 22. Juni 2008. Abgerufen am 19. Februar 2015.
  4. Eckhard Stengel: Im Namen von Paulus. Der Tagesspiegel. 18. Juni 2008. Abgerufen am 19. Februar 2015.
  5. Olaf Latzel: Die Predigt: An Gideon die Reinigung von den fremden Göttern lernen vom 18. Januar 2015. In: evangelisch.de, 3. Februar 2015.
  6. Eckhard Stengel: Der Hetzprediger von der Weser. In: Frankfurter Rundschau, 29. Januar 2015.
  7. Wieviel Religion verträgt die Gesellschaft?. Bremer Bureau für Kultur- und Religionsgeschichte. 21. Mai 2008. Abgerufen am 19. Februar 2015.
  8. 8,0 8,1 Umstrittene Predigt – Wird jetzt gegen den Bremer Pastor ermittelt? Radio Bremen, 29. Januar 2015.
  9. Zitiert nach Christian Weth: Umstrittene Predigt von Olaf Latzel – Angestellte fordern disziplinarische Schritte. In: Weser-Kurier, 31. Januar 2015.
  10. „Es ist uns unerträglich“. In: evangelisch.de, 5. Februar 2015.
  11. Vorwurf: Pastor schürt Hass. In: Weser-Kurier, 28. Januar 2015.
  12. Staatsanwaltschaft will Predigt nachlesen. In: pro Medienmagazin vom 30. Januar 2015.
  13. Umstrittener Pastor – Unterstützer und Gegner formieren sich in Bremen Radio Bremen, 3. Februar 2015.
  14. St. Martini Gemeinde: Geteilte Meinungen zu Pastor Latzel. Radio Bremen, 2. Februar 2015.
  15. Stellungnahme des Vorstandes der Evangelischen St. Martini-Gemeinde in der Altstadt zu Bremen zu den Angriffen aus Presse, Politik und Kirche gegen unseren Gemeindepastor Olaf Latzel im Zusammenhang mit seiner Predigt vom 18. Januar stehe uneingeschränkt zum Inhalt der Predigt2015. 8. Februar 2015.
  16. Der Bremer Predigtstreit erhitzt weiter die Gemüter, idea, 16. Februar 2015.
  17. Ich bin Pfarrer Olaf Latzel dankbar. Hans Joachim Vieweger in: pro Medienmagazin vom 15. Februar 2015.
  18. Antrag (Entschließung) der Fraktion DIE LINKE: Bremen ist bunt – gegen Hasspredigten und Diskriminierung von der Kanzel. 17. Februar 2015. Abgerufen am 19. Februar 2015.
  19. Predigtstreit: Parlament bezieht Stellung gegen Pastor, idea, 18. Februar 2015.
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