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Römische Zahlschrift
Falls im Folgenden Zeichen nicht korrekt dargestellt werden, liegt das am Schriftsatz, siehe Darstellung von römischen Zahlen in Unicode und Hilfe bei Darstellungsproblemen. |
MMXXIV
|
(2024 als römische Zahl) |
Als römische Zahlen bezeichnet man die Zahlzeichen einer in der römischen Antike entstandenen und noch heute für Nummern und besondere Zwecke gebräuchlichen Zahlschrift, in der in der heutigen Normalform die lateinischen Buchstaben I (1), V (5), X (10), L (50), C (100), D (500) und M (1000) als Zahlzeichen für die Schreibung der natürlichen Zahlen verwendet werden.
Es handelt sich um eine additive Zahlschrift, mit ergänzender Regel für die subtraktive Schreibung bestimmter Zeichen, aber ohne Stellenwertsystem und ohne Zeichen für Null. Zugrunde liegt ein kombiniert quinär-dezimales oder biquinäres Zahlensystem mit den Basiszahlen 5 und 10.
Darstellung
Allgemeines
Die in einer römischen Zahl verwendeten Zeichen haben einen festen Wert. Dabei gibt es die Zehnerpotenzen als Basiswerte (die „Einer“) und die fünffachen Hilfsbasiswerte (die „Fünfer“). Abgesehen von der Subtraktionsregel ist der Wert unabhängig von der Position.
Zeichen | I | V | X | L | C | D | M | ↁ | ↂ |
---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|
Wert | 1 | 5 | 10 | 50 | 100 | 500 | 1000 | 5000 | 10.000 |
Heute ist die Darstellung mit Großbuchstaben (Majuskeln) üblich. Schreibweisen mit Kleinbuchstaben werden seit dem Mittelalter verwendet und bedeuten für den Zahlenwert keinen Unterschied, allerdings kann es zu Verwechslungen von i und l kommen. Für Seitennummerierungen (beispielsweise im Vorwort, zur Abgrenzung vom eigentlichen, mit arabischen Ziffern nummerierten Hauptteil eines Buches) und alphanumerische Gliederungen werden sie aber noch verwendet.
Bisweilen, insbesondere bei handschriftlichen Aufzeichnungen, werden römische Zahlen zur Unterscheidung von normalen Buchstaben durch einen Überstrich oder Über- und Unterstrich gekennzeichnet (so bei IX = 9, nicht [ɪks]).
Als sich im Mittelalter und der frühen Neuzeit aus den Buchstaben I und V die Abwandlungen J und U entwickelten, wurden diese oft für den jeweils gleichen Zahlenwert benutzt. Vor allem bei Minuskeln wurde schließendes i durch ein j wiedergegeben: j = 1; ij = 2; iij = 3 usw. Diese Schreibweise ist heute nicht mehr üblich.
In Ländern mit nichtlateinischer Schrift werden die römischen Zahlen zum Teil mit anderen, graphisch passenden, einheimischen Zeichen geschrieben. So benutzt man beispielsweise in Russland teilweise bis heute die Ziffer 1, die auf Schreibmaschinen immer die Form eines I hatte, für die römische Eins, den Buchstaben П für II, Ш für III und У für V:
Zeichen | 1 | П | Ш | 1У | У | У1 | УП | УШ | 1Х | Х |
---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|
Wert | 1 | 2 | 3 | 4 | 5 | 6 | 7 | 8 | 9 | 10 |
Vor der Zeitenwende wurden auch andere als die heute üblichen Buchstaben zur Darstellung von Zahlen verwendet[1]:
Zeichen | A | B | E | F | G | H | K | N | O | P | Q | R | S | T | Y | Z |
---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|
Wert | 500 | 300 | 250 | 40 | 400 | 200 | 151 | 90 | 11 | 400 | 500 | 80 | 70 | 160 | 150 | 2000 |
Umrechnung
Einfache Umrechnung
Zur Umrechnung in eine römische Zahl ohne die weiter unten beschriebene Subtraktionsregel genügt es, mit den großen Ziffern beginnend, jede so häufig wie möglich von der umzurechnenden Zahl abzuziehen und die zugehörigen römischen Ziffern der Reihe nach zu notieren, dabei werden der Übersichtlichkeit wegen die Ziffern automatisch der Größe nach sortiert:
1 × 1000 | + | 1 × 500 | + | 4 × 100 | + | 1 × 50 | + | 3 × 10 | + | 4 × 1 | = | 1984 |
M | + | D | + | CCCC | + | L | + | XXX | + | IIII | = | MDCCCCLXXXIIII |
Um eine solche römische Zahl wieder zurückzurechnen, braucht man einfach nur die Werte der einzelnen Zahlenzeichen zu addieren.
Subtraktionsregel
Die Subtraktionsregel ist eine heute übliche, verkürzende Schreibweise, mit der es vermieden werden soll, vier gleiche Zahlzeichen in direkter Aufeinanderfolge zu schreiben. Sie wurde bereits in römischer Zeit gelegentlich angewandt, ihre konsequente Anwendung erscheint jedoch erst seit dem späteren Mittelalter, auch dort häufig noch in vermischter Anwendung mit Schreibung einzelner Zahlen ohne Subtraktionsprinzip, und ist auch seither lediglich eine weithin vorherrschende Konvention geblieben, von der besonders in der Epigraphie vielfach kein Gebrauch gemacht wird.
Die Subtraktionsregel in ihrer Normalform besagt, dass die Zahlzeichen I, X und C einem ihrer beiden jeweils nächstgrößeren Zahlzeichen vorangestellt werden dürfen und dann in ihrem Zahlwert von dessen Wert abzuziehen sind:
- I vor V oder X: IV (4), IX (9)
- X vor L oder C: XL (40), XC (90)
- C vor D oder M: CD (400), CM (900)
Zahlzeichen der Fünferbündelung (V, L, D) werden generell nicht in subtraktiver Stellung einem größeren Zeichen vorangestellt.
Beispiel:
1 × 1000 | + | (−1 × 100 + 1 × 1000) | + | 1 × 50 | + | 3 × 10 | + | (−1 × 1 + 1 × 5) | = | 1984 |
M | + | CM | + | L | + | XXX | + | IV | = | MCMLXXXIV |
Es gibt zwei Abweichungen von dieser Normalform, die schon seit der Antike vereinzelt zu belegen sind und auch in jüngerer Zeit auftreten:
- Das Zeichen in subtraktiver Stellung wird verdoppelt und dann der Wert zweimal abgezogen, z. B. IIX statt VIII für 8, XXC statt LXXX für 80
- I oder X werden in subtraktiver Stellung nicht nur vor den beiden jeweils nächstgrößeren Zeichen, sondern auch vor noch höheren Zeichen verwendet, z. B. IL statt XLIX für 49, IC statt XCIX für 99 oder XM statt CMXC für 990
Beide Abweichungen treten auch kombiniert auf, z. B. IIL statt XLVIII für 48, IIC statt XCVIII für 98.
Subtraktive Schreibung und Zahlwörter
Die subtraktive Schreibung wird zuweilen mit den subtraktiven lateinischen Zahlwörtern in Verbindung gebracht,[2] stimmt aber mit diesen nicht überein. Bei den lateinischen Zahlwörtern werden die Wörter für 1 und 2, aber nicht auch die für 10 und 100 subtraktiv verwendet und hierbei dann in der Regel auch nur den Vielfachen der 10 ab 20 (duodeviginti = 18, undeviginti = 19) sowie vereinzelt auch einmal der 100 (undecentum = 99) vorangestellt.
Die Null
Eine additive oder kombiniert additiv-subtraktive Zahlschrift wie die römische benötigt kein Zeichen für die Null, wie es dagegen in einem Stellenwertsystem wie dem Dezimalsystem und dessen heute üblicher indo-arabischer Schreibung als Platzhalter eine grundlegende Rolle spielt. Die Römer kannten zwar sprachliche Ausdrücke für „nicht etwas“ (nullum) und „nichts“ (nihil), aber kein Zahlzeichen und keinen eigenen mathematischen Begriff für einen Zahlwert „Null“. Bei der Darstellung von Zahlen auf dem Rechenbrett wird das Nichtvorhandensein eines Stellenwertes durch Freilassen der entsprechenden Spalte angezeigt; in Tabellenwerken ist das Fehlen einer Zahl zuweilen durch einen waagerechten Strich, manchmal kombiniert mit einem kleinen Kreis, markiert. Zur Bezeichnung der Null hat Beda Venerabilis um 725 n. Chr. das Zeichen N verwendet.
Große Zahlen
Für große Zahlen (ab 1000) gab es mehrere Möglichkeiten der Darstellung:
Vergleich der Schreibweisen römischer Ziffern | Wert | ||||
---|---|---|---|---|---|
mit Apostrophus | mit Rahmen | mit Vinculum | Multiplikationsschreibweise | mit Cifrão oder Calderón | |
I | 1 | ||||
V | 5 | ||||
X | 10 | ||||
L | 50 | ||||
C | 100 | ||||
IↃ | D | 500 | |||
ↀ, CIↃ | M | I $ | 1000 | ||
ↁ, IↃↃ | V | V•M | V $ | 5000 | |
ↂ, CCIↃↃ | X | X•M | X $ | 10.000 | |
IↃↃↃ | L | L•M | L $ | 50.000 | |
CCCIↃↃↃ | I | C | C•M | C $ | 100.000 |
IↃↃↃↃ | V | D | D•M | D $ | 500.000 |
CCCCIↃↃↃↃ | X | I | M•M | I $ $ | 1.000.000 |
CCCCIↃↃↃↃ CCCIↃↃↃ CCCIↃↃↃↂↂↂↀↁIↃLXVII | XII ↂↂↂMↁDLXVII | ICCXXXIVDLXVII | MCCXXXIV•M DLXVII | I $ CCXXXIV $ DLXVII | 1.234.567 |
Die Schreibweisen wurden auch gemischt, wie zum Beispiel die Schreibweise mit Apostrophus und die Multiplikationsschreibweise.
Schreibweise mit Apostrophus
Römische Ziffer | Wert |
---|---|
ↀ, , | 1000 |
ↁ, | 5000 |
ↂ, | 10.000 |
50.000 | |
100.000 |
Der römische Apostrophus, ein Zeichen, das aussieht wie eine schließende Klammer oder ein an der Vertikalen gespiegeltes C (Ↄ), leitet sich, wie auch andere römische Ziffern, aus chalkidisch-griechischen Zahlzeichen ab.
Das ursprüngliche Zeichen für 1000, das Phi (Φ, auch geschrieben ↀ oder CIↃ) kann man sich bereits als eine Zusammensetzung von einem C, einem I und einem Apostrophus vorstellen: CIↃ. Durch das Hinzufügen weiterer Bögen, oder C und Apostrophi wurde der Wert jeweils verzehnfacht: ↂ oder CCIↃↃ für 10.000, CCCIↃↃↃ für 100.000.
Die römische 500, die Hälfte von 1000, entsteht auch durch die Halbierung des Zeichens: ↀ → D. Die Bildung von 5000, 50.000 und den folgenden verläuft analog: ↁ oder IↃↃ, IↃↃↃ.
Schreibweise mit Rahmen
Da die Apostrophus-Schreibweise für sehr große Zahlen unhandlich war, wurde ein Rahmen um eine Ziffer oder auch Zifferngruppe gezeichnet, um deren Wert mit 100.000 zu multiplizieren. Der Rahmen war üblicherweise unten offen: X, es kommen aber auch vollkommen geschlossene: X, sowie Schreibweisen, die die Zahlzeichen nur links und rechts mit vertikalen Linien einrahmen: X vor.
Die Verwendung der 100.000 als Multiplikationszahl entspricht den römischen Zahlwörtern für große Zahlen, wie decies centena milia (buchstäblich „zehnmal je hundert Tausender“ = eine Million), quadringenties milies centena milia („vierhundertmal tausendmal je hundert Tausender“ = 40 Milliarden, die Staatsschulden Vespasians). Dabei wurde centena milia oft weggelassen, wobei durch die Verwendung der Multiplikativzahl statt der Kardinalzahl (decies statt decem) klar war, dass sie mit 100.000 multipliziert werden musste.
Schreibweise mit Vinculum
Ein Vinculum (auch Titulus) ist ein Querstrich über den Ziffern, um eine Multiplikation mit 1000 anzuzeigen: X. Diese Methode wurde erst sehr viel später benutzt. Auch hier konnte der Querstrich über mehrere Ziffern gleichzeitig gezogen werden. Auch mehrere Querstriche für höhere Tausenderpotenzen waren möglich.
Diese Schreibweise darf nicht mit der Kennzeichnung römischer Zahlen durch einen Überstrich (zum Beispiel VI für 6) zur Unterscheidung von normalen Buchstaben verwechselt werden. So wurde der Überstrich von den Römern verwendet. Sein Gebrauch zur Multiplikation mit 1000 kam erst im Mittelalter auf.
Multiplikationsschreibweise
Mit größeren Zehnerpotenzen ab 1000 wurde manchmal auch eine stellenwertbezogene Multiplikationsschreibweise verwendet. Dazu wurde links von dem Zeichen ein Multiplikationsfaktor geschrieben, zum Beispiel V•M für Fünftausend (5 x 1000).
Schreibweise mit Cifrão oder Calderón
Im 16. Jahrhundert kamen Schreibweisen von Zahlen auf, die spezielle Tausendertrennzeichen verwendeten, um große Zahlen zu gliedern. In Portugal wurde der Cifrão verwendet, ein Symbol ähnlich dem $, in Spanien der Calderón, ein U-ähnliches Zeichen (⊍). Diese Zeichen wurden sowohl mit indischen als auch mit römischen Zahlen benutzt. Die Zahl 18.642 wurde also 18 $ 642 beziehungsweise XVIII $ DCXLII geschrieben.
Besonderheiten
Die gelegentliche Verwendung eines größeren, längeren I anstelle von zwei aufeinanderfolgenden i in lateinischen Texten ist selten auch in der Darstellung römischer Zahlen anzutreffen. So steht bei Verwendung dieser Schreibweise MDCLXXI nicht etwa für 1671, sondern für 1672.
Im Zimmerhandwerk wird für Abbundzeichen generell die additive Schreibweise verwendet: 4 = IIII, 9 = VIIII, 14 = XIIII und so weiter. Dies ist zum einen unkomplizierter und verhindert zum anderen die Verwechslung von zum Beispiel IX und XI. Eine weitere Besonderheit ist die häufig verwendete Schreibweise X/ für XV.[3]
Auf Uhrenzifferblättern wird die Zahl 9 immer nach der Subtraktionsregel als IX geschrieben, die Zahl 4 aber oft als IIII.
Brüche
Die Römer nutzten Brüche mit der Basis 12. Die Nutzung der 12 lag nahe, weil sich die am häufigsten benötigten Brüche „eine Hälfte“, „ein Drittel“ und „ein Viertel“ durch Vielfache von darstellen lassen. Der römische Name für ein Zwölftel ist Uncia, ein Wort, das später zum Gewichtsmaß „Unze“ wurde. Für Brüche, deren Zähler um 1 kleiner als der Nenner ist, wurde auch eine subtraktive Bezeichnung verwendet wie bei Dodrans (de quadrans, ). Brüche wurden ausgeschrieben oder durch stark variierende Zeichen dargestellt. In einigen Fällen wurden sie einer römischen Zahl als eine den Zwölfteln entsprechende Anzahl von Punkten oder kleinen Querstrichen angehängt. Als Zeichen für (semis) oder für (semuncia) wurde vielfach S oder Σ, für (sicilicus) ein seitenverkehrtes C und für (duae sextulae) ein Zeichen ähnlich dem Z oder der indischen 2 gebraucht.
Wert | |||||||||||
---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|
Römische Benennung | Uncia (Zwölftel) | Sextans (Sechstel) | Quadrans (Viertel) | Triens (Drittel) | Quincunx (quinque unciae) | Semis (Hälfte) | Septunx (septem unciae) | Bes, Bessis (bis triens) | Dodrans (de quadrans) | Dextans (de sextans) | Deunx (de uncia) |
Darstellung in Unicode
Majuskel | Ⅰ | Ⅱ | Ⅲ | Ⅳ | Ⅴ | Ⅵ | Ⅶ | Ⅷ | Ⅸ | Ⅹ | Ⅺ | Ⅻ | Ⅼ | Ⅽ | Ⅾ | Ⅿ | ↁ | ↂ | ↇ | ↈ |
---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|
Minuskel | ⅰ | ⅱ | ⅲ | ⅳ | ⅴ | ⅵ | ⅶ | ⅷ | ⅸ | ⅹ | ⅺ | ⅻ | ⅼ | ⅽ | ⅾ | ⅿ | ||||
Wert | 1 | 2 | 3 | 4 | 5 | 6 | 7 | 8 | 9 | 10 | 11 | 12 | 50 | 100 | 500 | 1000 | 5000 | 10.000 | 50.000 | 100.000 |
Der Unicodeblock Zahlzeichen enthält an den Positionen U+2160 bis U+2188 eigene Codes für die römischen Ziffern 1–12, 50, 100, 500, 1000, 5000 und 10.000 als Groß- und überwiegend auch Kleinbuchstaben sowie einige heute ungebräuchliche altrömische Zahlzeichen. Diese Zeichen werden von den Schriftarten, die sie enthalten, in der Regel dicktengleich dargestellt, so dass sie sich als Tabellenziffern sowie für den ostasiatischen (horizontalen oder vertikalen) Satz eignen.
Weder für die Darstellung eines Rahmens noch für Zeichen mit (mehrfachem) Vinculum sieht Unicode eigene Sonderzeichen vor. Hierzu bedarf es einer sogenannten Smartfonttechnik wie OpenType, um eine an die Buchstabenbreite und -höhe angepasste Variante der Zeichen U+0305 „Combining Overline“ und U+033F „Combining Double Overline“ auswählen können, sofern auch die benutzte Schrift dieses vorsieht. Zur Darstellung des Rahmens kann eine Variante von U+007C „Vertical Line“ benutzt werden. Derzeit sind diese Lösungen nur sehr wenig verbreitet.
Bei der Verwendung von gebrochenen Schriften und Schreibschriften werden römische Ziffern in Antiqua gesetzt. Sofern vorhanden, ist dies über die erwähnten Unicode-Zeichen anstelle von Großbuchstaben möglich. Ersatzweise wird für römische Ziffern eine zur Textschrift passende Antiqua verwendet.
Geschichte
Wie die meisten Kerbschriften und einfachen Zahlensysteme wurden die römischen Ziffern additiv nach dem Prinzip der kombinierten Zehner- und Fünferbündelung gereiht, so dass nie mehr als vier gleiche Zeichen aufeinanderfolgen. Nach etruskischem Vorbild wurde ergänzend auch eine subtraktive Schreibweise praktiziert, bei der die Voranstellung eines Zeichens vor einem der beiden in der Zehnerbündelung nächsthöheren anzeigt, dass sein Wert von diesem abzuziehen ist. In diesem Fall folgen nie mehr als drei gleiche Zeichen einander.
Die ersten drei römischen Zahlzeichen I (1), V oder gerundet U (5) sowie X (10) haben ihre Schreibform im Verlauf der Geschichte im Wesentlichen unverändert beibehalten, davon abgesehen, dass V bzw. U in älteren römischen Inschriften zum Teil noch in kopfständiger Schreibung – mit nach oben weisendem Winkel bzw. Rundbogen – erscheint. Sie finden sich in gleicher oder rotierter Schreibung (V und U regelmäßig kopfständig Λ, statt X manchmal ein aufrecht stehendes Kreuz +) und mit den gleichen Zahlwerten auch bei den Etruskern. Weitgehend ähnlich – dabei V in einigen Fällen abweichend auch als einfacher Schrägstrich / oder rückwärts geneigt \ – können sie in älteren italischen Kulturen nachgewiesen werden, dort als Beschriftung von Kerbhölzern. Nach dem Ergebnis der Forschungen von Lucien Gerschel aus den 1960er-Jahren kann damit als sicher gelten, dass die Römer und Etrusker diese ersten drei Zahlzeichen aus der Kerbschrift älterer italischer Völker übernommen haben.
Auch das ursprüngliche römische Zahlzeichen für 50, bei dem das Zeichen V bzw. U für 5 durch einen senkrechten Abstrich geteilt und so im Wert auf 50 verzehnfacht wurde (ungefähr Ψ), findet sich mit gleicher Schreibform (nur kopfständig) und mit gleichem Zahlwert bei den Etruskern und ähnlich in Kerbschriften anderer Kulturen. Es gleicht außerdem – in der römischen Schreibung – dem Buchstaben Chi des chalkidischen Alphabets, eines westgriechischen Alphabets, das in den griechischen Kolonien Siziliens in Gebrauch war, bzw. dem Psi der ostgriechischen Alphabete. Im Griechischen steht Chi als Zahlzeichen allerdings für den Wert 1000 (als Anfangsbuchstabe des Zahlwortes für 1000: χιλιοι) oder in der dezimal gegliederten griechischen Zahlschrift für den Wert 600, desgleichen Psi dort für den Wert 700. Ihre zahlschriftliche Verwendung im Griechischen kam außerdem wahrscheinlich erst später in Gebrauch als das entsprechende römische und etruskische Zahlzeichen. Entgegen der Vermutung älterer Forschung ist darum nach Gerschel anzunehmen, dass die Römer und Etrusker dieses Zahlzeichen nicht aus dem chalkidischen Alphabet, sondern ebenfalls aus der Kerbschrift älterer italischer Völker übernommen haben. Bei den Römern wurde es dann durch Abflachung des Winkels oder Rundbogens zu einem waagerechten Strich ⊥ und Verkürzung seiner linksseitigen Hälfte an den lateinischen Buchstaben L angeglichen. In dieser Form ist es erstmals 44 v. Chr. belegt.
Die Zahl 100 schrieben die Etrusker nach einem ähnlichen Prinzip wie die 50, indem das Zeichen X für 10 durch einen senkrechten Strich geteilt (ungefähr Ж) und so auf 100 verzehnfacht wurde. Nach den von Gerschel nachgewiesenen Parallelen wurde dieses Zeichen von den Etruskern ebenfalls aus der älteren italischen Kerbschrift übernommen. Die Römer und andere Völker Italiens schrieben die 100 demgegenüber als ein rechts- oder linksseitig offenes C. In der Forschung wurde dieses herkömmlich als Ableitung aus dem griechischen Buchstaben Theta (Zahlwert 9) gedeutet. Gerschel und Georges Ifrah dagegen vermuten, dass hier ebenfalls eine Abwandlung des kerbschriftlichen und etruskischen Zeichens für 100 vorliegt, bei der von einer – etruskisch belegten – gerundeten Schreibvariante des Ж unter dem Einfluss des lateinischen Zahlwortes centum („hundert“) nur der eine Rundbogen dieses Zeichens beibehalten wurde.
Die Zahl 500 schrieben die Römer ursprünglich als eine Art waagerecht geteiltes D, also ungefähr D, und die Zahl 1000 als durch senkrechten Abstrich geteilten Kreis Φ oder Halbkreis (d. h. als eine Art kopfständiges Ψ) oder als eine Art liegendes S oder liegende 8 (∞). In einigen Fällen wurde diese liegende 8 (∞) auch durch einen senkrechten Abstrich geteilt. Nach herkömmlicher Auffassung ist das römische Zeichen für 1000 aus dem griechischen Phi (Zahlwert 500) und das römische Zeichen für 500 durch dessen Halbierung entstanden. Gerschel und Ifrah dagegen vermuten, dass das römische Tausenderzeichen ursprünglich ein kerbschriftlicher senkrecht geteilter Kreis oder ein eingekreistes X oder Kreuz ⊕ war und das D durch dessen Halbierung entstand.[4] Das römische Tausenderzeichen wurde seit etwa dem ersten Jahrhundert v. Chr. zunehmend durch den Buchstaben M (für mille: „tausend“) ersetzt. Die Zahlzeichen M und D sind inschriftlich erstmals 89 v. Chr. belegt.
Die römische Zahlschrift ist im Gebrauch für die epigraphische oder dekorative Schreibung von Zahlen (insbesondere Jahreszahlen), für die Zählung von Herrschern, Päpsten und anderen Trägern gleichen Namens, für die Band-, Buch-, Kapitel- und Abschnittzählung in Texten und für die Bezifferung von Messinstrumenten wie dem Zifferblatt der Uhr bis heute in Gebrauch.
Rechnen mit römischen Zahlen
Die römischen Zahlen haben hauptsächlich bei der Schreibung von Zahlwörtern, aber kaum in schriftlichen Rechenoperationen eine Rolle gespielt. Hierfür wurden Hilfsmittel wie die Fingerzahlen, das Rechenbrett und der Abakus herangezogen. Hierbei werden den römischen Zahlen wieder in einem Stellenwertsystem Werte (Anzahl Finger, Rechenmünzen, Kugeln) zugeordnet und mit diesen die Rechenoperation durchgeführt.
493 stellte Victorius von Aquitanien ein Tafelwerk mit 98 Spalten zusammen in denen er die Produkte der Zahlen angefangen von Brüchen bis zum Wert 1000 mit den Zahlen von 2 bis 50 in römischen Zahlen angab zur Erleichterung der Multiplikation und Division, der sogenannte Calculus Victorii.[5]
Mathematiker, die die indischen Ziffern kennengelernt hatten, erkannten deren Überlegenheit. Bereits im Jahr 1202 veröffentlichte der italienische Mathematiker Leonardo Fibonacci sein Buch Liber abaci, mit dem er die indischen Zahlen, die er in Bejaja in Nordafrika kennengelernt hatte, in Europa bekannt machen wollte.[6]
Der deutsche Rechenmeister Adam Ries hat nach Untersuchung der existierenden Zahlensysteme ebenfalls den indischen Ziffern den Vorzug gegeben. Ries erkannte, dass durch die Null eine tabellarische Addition und Subtraktion gegenüber den römischen Ziffern wesentlich vereinfacht wurde. Mit der Etablierung von neuzeitlichem Rechnen auf Basis der indischen Ziffern läutete er Anfang des 16. Jahrhunderts zugleich das Ende der Nutzung von römischen Ziffern im Alltagsleben ein.
Siehe auch
Literatur
- Adriano Cappelli (Hrsg.): Lexicon Abbreviaturarum. Dizionario Di Abbreviature Latine Ed Italiane. 6. edizione, corredata con 9 tavole fuori testo. Ristampa. Ulrico Hoepli Editore, Mailand 1999, ISBN 88-203-1100-3.
Weblinks
Einzelnachweise
- ↑ Adriano Cappelli: Lexicon Abbreviaturarum. Wörterbuch lateinischer und italienischer Abkürzungen. J.J. Weber, Leipzig 1928, Römische Zahlenschrift, S. 413ff (Online-Version, abgerufen am 27. August 2010).
- ↑ Peter Gallmann: Graphische Elemente der geschriebenen Sprache: Grundlagen für eine Reform der Orthographie. Niemeyer, Tübingen 1985, ISBN 3-484-31060-X, S. 282.
- ↑ Franz Krämer: Grundwissen des Zimmerers, Bruderverlag, Karlsruhe 1982, ISBN 3-87104-052-5, Seite 276
- ↑ Georges Ifrah: Universalgeschichte der Zahlen. Mit Tabellen und Zeichnungen des Autors. Parkland-Verl., Köln 1998 (Originaltitel: Histoire universelle des chiffres, übersetzt von Alexander von Platen), ISBN 3-88059-956-4.
- ↑ David W. Maher, John F. Makowski: Literary Evidence for Roman Arithmetic with Fractions. In: The University of Chicago (Hrsg.): Classical Philology. Nr. 96, 2001, S. 376-399 (PDF-Datei, 1,18 MB, abgerufen am 8. Januar 2013).
- ↑ Priya Hemenway: Der Geheime Code: Die rätselhafte Formel, die Kunst, Natur und Wissenschaft bestimmt. Taschen Verlag, Köln 2008 (Originaltitel: Divine Proportion: Φ In Art, Nature, and Science, übersetzt von Anita Weinberger), ISBN 978-3-8365-0708-0, S. 80f.
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Dieser Artikel wurde am 5. August 2005 in dieser Version in die Liste der lesenswerten Artikel aufgenommen. |
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