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Kyphose

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Klassifikation nach ICD-10
M40 Kyphose und Lordose
M40.0 Kyphose als Haltungsstörung
M40.1 Sonstige sekundäre Kyphose
M40.2 Sonstige und nicht näher bezeichnete Kyphose
M41.0 Skoliose Inkl.:Kyphoskoliose
M42.0 Juvenile Osteochondrose der Wirbelsäule
E64.3 Folgen der Rachitis (Bei Wirbelsäulendeformität- zusätzliche Schlüsselnummer (M40.-, M41.5))
Q76.4 Sonstige angeborene Fehlbildungen der Wirbelsäule ohne Skoliose
M84.0 Frakturheilung in Fehlstellung
M96.2 Kyphose nach Bestrahlung
M96.3 Kyphose nach Laminektomie
ICD-10 online (WHO-Version 2013)

Als eine Kyphose (griechisch κύφωσις, wörtlich „Buckelung“ von κύφος, kýphos, „Buckel“) wird in der Fachsprache beim Menschen eine nach hinten (dorsal) konvexe Krümmung der Wirbelsäule bezeichnet. Natürlicherweise kommt Kyphose im Brustbereich (Brustkyphose) vor und am Ende der Wirbelsäule noch als eine kleine Kyphose, die sogenannte Sakralkyphose. Erst bei einer krankhaften Verstärkung der Kyphose, in diesem Fall jene der Brustwirbelsäule, spricht man von einem Rundrücken, einer Hyperkyphose, einem Buckel oder lateinisch einem Gibbus.
Der Cobb-Winkel (nach John Robert Cobb) dient als Maß für die Beurteilung der Kyphose. Häufig wird dafür auch der eindeutiger definierte und somit besser reproduzierte Stagnara-Winkel verwendet zwischen Grundplatte TH12 und Deckplatte TH4.[1]. Der Normbereich beträgt 30-50°.

Ursachen

Um von einer Kyphose zu sprechen, sollte die Krümmung im Stand in der Brustwirbelsäule vorhanden sein. Die kyphotische Ausprägung der Brustwirbelsäule hängt von persönlichen anatomischen Eigenheiten ab, ist aber – zumindest in der Bevölkerung industrialisierter Staaten – allgemein zu stark entwickelt.
Der Mensch hatte (evolutionsbiologisch betrachtet) wenig Zeit (ca. 5 Mio. Jahre), seinen Bewegungsapparat an den aufrechten Gang anzupassen. Wale beispielsweise hatten ca. 50 Mio. Jahre Zeit, ihr Skelett an das Leben im Wasser anzupassen, indem unter anderem kompakte Knochen durch Spongiosaknochen ersetzt wurden. Bedingt durch fehlendes unbeschwertes Gehen, falsches Sitzen und Stehen sind die Muskeln des Bewegungsapparates nicht in der Lage, die aufrechte natürliche Körperhaltung zu halten. Daher kommt es in der Regel zu einem Zusammensinken der Wirbelschwingungen (Lordose - Kyphose). Dies führt zu einer Verbiegung des Rückens, sichtbar als eine krumme Körperhaltung. Wenn nicht durch alternative Aktivitäten diese schädliche Körperhaltung kompensiert wird, manifestiert sich die krumme Körperhaltung und führt langfristig zu erheblichen Schäden.

Bei älteren Menschen kann eine Osteoporose zu Sinterungsbrüchen von Wirbelkörpern führen, so dass sich Keilwirbel und dadurch insgesamt eine Hyperkyphose bilden. Diese wird im Volksmund bei älteren Frauen auch „Witwenbuckel“ genannt. Kyphose, auch genannt Buckel oder Rundrücken, ist eine häufig auftretende Erkrankung einer Krümmung des oberen Rückens. Es kann entweder das Ergebnis von degenerativen Erkrankungen (wie z. B. Arthritis, Morbus Bechterew), Entwicklungsstörungen (das häufigste Beispiel dafür ist Morbus Scheuermann), Osteoporose mit Kompressionsfrakturen der Wirbelkörper und / oder von Verletzungen (posttraumatische Kyphose) sein.

Im Sinne einer Missbildung ist es die pathologische Krümmung der Wirbelsäule, wobei es auch dazu kommen kann, dass Teile der Wirbelsäule ihr lordotisches Profil verlieren, und es entsteht ein Flachrücken oder gar eine Kyphose der Lendenwirbelsäule.

Klassifikation

Mann mit Posturaler Kyphose
Scheuermann-Kyphose

Es gibt verschiedene Arten der Kyphose (nach ICD-10 Codes):

  • Posturale Kyphose (M40.0), die häufigste Form, in der Regel zu krumme Haltung, kann sowohl im Alter[2] als auch in der Jugend auftreten. In der Jugend kann es krumme Haltung genannt werden und ist reversibel durch Korrektur muskulärer Dysbalancen. Im Alter kann sie Hyperkyphose oder Witwenbuckel genannt werden. Über ein Drittel der schwersten Fälle von Hyperkyphose haben Wirbelfrakturen[3]. Ansonsten neigt der alternde Körper zu einem Verlust von Muskel-Skelett-Integrität[4] und kann allein aufgrund der Alterung eine Kyphose entwickeln.[3][5]
  • Scheuermann-Kyphose (M42.0) ist kosmetisch deutlich schlechter, kann Ursache von Schmerzen unterschiedlicher Stärke sein und kann auch Auswirkungen auf verschiedene Bereiche der Wirbelsäule haben (wobei der gängigste der mittlere thorakale Bereich ist). Morbus Scheuermann gilt als Form von juveniler Osteochondrose der Wirbelsäule. Sie wird vor allem bei Jugendlichen gefunden und präsentiert eine signifikant schlechtere Missbildung als die posturale Kyphose. Ein Patient, der an Scheuermann-Kyphose leidet, kann nicht bewusst eine korrekte Haltung einnehmen[6][7]. Der Scheitelpunkt der Kurve, in der Brustwirbelsäule gelegen, ist ziemlich starr. Patienten können an diesem Scheitelpunkt Schmerzen fühlen, die durch körperliche Aktivität und durch langes Stehen oder Sitzen verschlimmert werden können. Dies kann deutlich negative Auswirkungen auf ihr Leben haben, weil das Aktivitätsniveau dadurch abnimmt; betroffene Kinder können sich unter Gleichaltrigen isoliert oder unwohl fühlen, je nach dem Grad der Fehlstellung. Während bei Haltungsschäden Wirbelkörper und Bandscheiben normal erscheinen, sind sie bei Scheuermann-Kyphose unregelmäßig, oft vorgefallen und keilförmig geformt über mindestens drei benachbarte Ebenen. Ermüdung ist ein sehr häufiges Symptom, wahrscheinlich wegen der intensiven Muskelarbeit, die erforderlich ist, um richtig zu stehen und zu sitzen. Der Veranlagung dafür scheint in den Familien zu liegen. Die meisten Patienten, die operiert werden, um ihre Kyphose zu korrigieren, leiden an Morbus Scheuermann.
  • Angeborene Kyphose (Q76.4) kann bei Säuglingen Ergebnis einer Fehlentwicklung der Wirbelsäule im Mutterleib sein. Wirbel können missgebildet oder miteinander verschmolzen sein, was dazu führen kann, dass sich bei dem Kind eine progressive Kyphose entwickelt.[8] In einem sehr frühen Stadium kann chirurgische Behandlung notwendig sein und trägt zur Aufrechterhaltung einer normalen Kurve in Abstimmung mit konsequenter Weiterverfolgung zur Überwachung von Veränderungen bei. Allerdings kann die Entscheidung über die Durchführung des Eingriffs aufgrund der potenziellen Risiken für das Kind sich als sehr schwierig erweisen. Eine angeborene Kyphose kann auch plötzlich im Teenager-Alter auftreten, häufiger bei Kindern mit Zerebralparese und anderen neurologischen Erkrankungen.
  • Nutritionale Kyphose kann aus Mangelernährung resultieren, vor allem während der Kindheit, wie Vitamin D-Mangel (Erzeugung von Rachitis), der zur Erweichung der Knochen und im Ergebnis zur Biegung der Wirbelsäule und der Gliedmaßen unter dem Körpergewicht des Kindes führt.
  • Gibbusbildende Deformität ist eine Form von struktureller Kyphose, oft eine Folgekrankheit von Tuberkulose.
  • Posttraumatische Kyphose (M84.0) nach unbehandelten oder nicht wirksam behandelten Wirbelfrakturen.

Behandlungsmethoden

Während viele Fälle von Kyphose nur einer routinemäßigen Überwachung und konservativer Behandlung bedürfen, können andere Fälle zu starken Schmerzen und Beschwerden, Schwierigkeiten der Atmung und der Verdauung, Herz-Kreislauf-Unregelmäßigkeiten, neurologischen Beeinträchtigungen und auch zu einer erheblich verkürzten Lebenserwartung führen. Diese Fälle reagieren in der Regel nicht gut auf eine konservative Behandlung, sondern rechtfertigen fast immer eine Spondylodese, um den natürlichen Grad der Krümmung des Körpers erfolgreich wiederherstellen zu können.

„ungenügende Repositionen bzw. zunehmende oder Rekyphosierungen sind gerade im TLÜ schlecht bis gar nicht muskulär kompensierbar und führen selbst bei geringen Cobb-Winkeln (<15–20°) zu statischen Belastungen der ober- bzw. unterhalb der Fehlstellung gelegenen Wirbelsäulenabschnitte. Diese posttraumatischen Fehlstellungen stellen somit eine Indikation zu Revisionseingriffen dar“

Klaus Röhl BG-Kliniken Bergmannstrost Halle: Operative Komplikationsbehandlung nach Wirbelsäulenoperation[9]

Orthese (Korsett)

Modernes Korsett für die Behandlung einer Brustkyphose. Die Bandage wurde mit Hilfe eines CAD/CAM-Gerätes hergestellt. Zum gegenwärtigen Zeitpunkt ist dies das einzige CAD/CAM-entworfene Korsett zur Behandlung einer Brustkyphose.[10]

Korsetts zeigten Nutzen in einer randomisiertem Kontrollstudie.[11]

Das Milwaukee-Korsett[12] ist ein spezielles Korsett, das in den USA oft verwendet wird, um Kyphose zu behandeln. Moderne CAD/CAM-Korsetts werden in Europa verwendet, um verschiedene Arten von Kyphose zu behandeln[13]. Diese sind viel leichter zu tragen und haben bessere Korrekturmöglichkeiten als das Milwaukee-Korsett. Seit verschiedene Kurvenverläufe (Brust-, Brust- und Lendenwirbelsäule) bekannt sind, sind verschiedene Arten von Korsetts in Verwendung. Die Vor- und Nachteile der verschiedenen Korsetts werden in einer Übersicht erörtert.[10]

Modernes Korsett für die Behandlung einer lumbalen/thorakolumbalen Kyphose. Das Korsett wurde mit Hilfe eines CAD/CAM-Gerätes hergestellt. Zum gegenwärtigen Zeitpunkt ist dies das einzige CAD/CAM entworfene Korsett zur Behandlung der Lendenkyphose und heißt physiologisches Korsett. Das wichtigste Ziel ist die Wiederherstellung der Lendenlordose .[10]

Spezialisierte Physiotherapie

Regelmäßige physiotherapeutische Übungen (Auftrainieren der autochthonen Rückenmuskulatur und der Brustmuskulatur) tragen wesentlich dazu bei, eine permanente Aufrichtung der Wirbelsäule zu erzielen. In Deutschland ist eine Standard-Behandlung für beide (Morbus Scheuermann und Lendenkyphose) die Schroth-Methode, ein System der physikalischen Therapie für Skoliose und verwandte Wirbelsäulendeformitäten nach Katharina Schroth.[14] Diese enthält dreidimensionale Übungstechniken zur Aufrichtung der Wirbelsäule, Atemtherapie zur Vergrößerung des Atemvolumens und Bewegungsstrategien für den Alltag.

Chirurgie

Bei Patienten mit progressiver kyphotische Deformität aufgrund Wirbelkollaps, kann ein Verfahren, genannt Kyphoplastie zur Wiederaufrichtung, Stabilisierung und Schmerzlinderung führen[15].
Schwerwiegender ist das Verfahren der Spondylodese.

Komplikationen

Folgen der Kyphose

Mögliche Folgen der Kyphose und der daraus resultierenden statischen Dysbalance der Wirbelsäule sind (in Abhängigkeit von der Ursache)[16]:

  • chronische Schmerzen, Schlafstörungen
  • strukturelle Veränderungen der Wirbelkörper
  • Störungen der inneren Organe (besonders Lunge- Verringerung des Atemvolumens, Herz)
  • Gefahr von Folgefrakturen (bei Kyphose nach durch Osteoporose bedingter WK-Fraktur)
  • Eingeschränkte Mobilität
  • Sensibilitätsstörungen
  • Zunahme der Krümmung
  • Schädigung des Rückenmarks
  • kosmetische Entstellung mit psychischer Belastung
  • Depressionen

Operationsrisiko

Mögliche Komplikationen bei Spondylodese bei Kyphose können eine Entzündung der Weichteile oder tiefe entzündliche Prozesse sein, Beeinträchtigungen der Atmung, Blutungen und Nervenverletzungen. Nach den neuesten Erkenntnissen kann die tatsächliche Rate von Komplikationen wesentlich höher liegen. Selbst unter denjenigen, die nicht unter erheblichen Komplikationen leiden, benötigen 5 % der Patienten eine Reoperation innerhalb von fünf Jahren.[17].
Im Fall einer Entscheidung zur Operation sollte ein spezialisiertes Zentrum bevorzugt werden.

Siehe auch

Weblinks

 Commons: Kyphose – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. P. Stagnara, J. C. De Mauroy, G. Dran, G. P. Gonon, G. Costanzo, J. Dimnet, A. Pasquet: Reciprocal angulation of vertebral bodies in a sagittal plane: approach to references for the evaluation of kyphosis and lordosis. In: Spine. Band 7, Nummer 4, 1982 Jul-Aug, ISSN 0362-2436, S. 335–342, PMID 7135066.
  2. J. S. Milne, I. J. Lauder: Age effects in kyphosis and lordosis in adults. In: Annals of human biology. Band 1, Nummer 3, Juli 1974, ISSN 0301-4460, S. 327–337, PMID 4419577
  3. 3,0 3,1 Kado DM, Prenovost K, Crandall C: Narrative review: hyperkyphosis in older persons. In: Ann. Intern. Med.. 147, Nr. 5, 2007, S. 330–8. PMID 17785488.
  4. Keller TS, Harrison DE, Colloca CJ, Harrison DD, Janik TJ: Prediction of osteoporotic spinal deformity. In: Spine. 28, Nr. 5, 2003, S. 455–62. doi:10.1097/00007632-200303010-00009. PMID 12616157.
  5. Leon Chaitow: Osteopathy: A Complete Health Care System. In: healthy.net. Archiviert vom Original am 27. September 2004; abgerufen am 20. Januar 2015.
  6. Scoliosis and Spinal Curvatures – Adult Scoliosis. In: back.com. Abgerufen am 20. Januar 2015 (english).
  7. Jozef E. Nowak: Scheuermann Disease In: emedicine.com
  8. M. J. McMaster, H. Singh: Natural history of congenital kyphosis and kyphoscoliosis. A study of one hundred and twelve patients. In: The Journal of bone and joint surgery. American volume. Band 81, Nummer 10, Oktober 1999, ISSN 0021-9355, S. 1367–1383, PMID 10535587
  9. K. Röhl, F. Röhrich: Operative Komplikationsbehandlung nach Wirbelsäulenoperation. In: Trauma und Berufskrankheit. 7, 2005, S. S187–S193, doi:10.1007/s10039-004-0896-3.
  10. 10,0 10,1 10,2 H. R. Weiss, D. Turnbull: Kyphosis (Physical and technical rehabilitation of patients with Scheuermann's disease and kyphosis) (Physikalische und technische Rehabilitation von Patienten mit Morbus Scheuermann und Kyphose). In: J. H. Stone, M. Blouin (Hrsg.): International Encyclopedia of Rehabilitation (Internationales Handbuch der Rehabilitation). Kyphosis (Physical and technical rehabilitation of patients with Scheuermann's disease and kyphosis). In: cirrie.buffalo.edu. Abgerufen am 20. Januar 2015 (english).
  11. M. Pfeifer, B. Begerow, H. W. Minne: Effects of a new spinal orthosis on posture, trunk strength, and quality of life in women with postmenopausal osteoporosis: a randomized trial (Auswirkungen einer neuen Wirbelsäulen-Orthese auf Körperhaltung, Rumpfstärke und Lebensqualität bei Frauen mit postmenopausaler Osteoporose: eine randomisierte Studie). In: American journal of physical medicine & rehabilitation / Association of Academic Physiatrists. 83, Nr. 3, 2004, S. 177–86. doi:10.1097/01.PHM.0000113403.16617.93. PMID 15043351.
  12. Milwaukee-Korsett. In: lexikon-orthopaedie.com. Abgerufen am 20. Januar 2015.
  13. Kyphosekorsett. In: regnier-gmbh.com. Abgerufen am 20. Januar 2015.
  14. Christa Lehnert-Schroth, Petra Gröbl: Dreidimensionale Skoliosebehandlung. 2. Auflage, Elsevier, Urban&FischerVerlag, 2014, ISBN 978-3-437-16880-2 (Eingeschränkte Vorschau in der Google Buchsuche).
  15. 60. Jahrgang, September 2007 – BREMER ÄRZTE – Mitteilungsblatt der Ärztekammer Bremen und der Kassenärztlichen Vereinigung Bremen. In: bremer-aerztejournal.de. Abgerufen am 20. Januar 2015.
  16. Wirbelkörperkompressionsfrakturen Chronische Folgeerscheinungen. In: kyphon.com. Archiviert vom Original am 4. September 2012; abgerufen am 20. Januar 2015.
  17. M. Hawes: Impact of spine surgery on signs and symptoms of spinal deformity. In: Pediatric rehabilitation. Band 9, Nummer 4, 2006 Oct-Dec, ISSN 1363-8491, S. 318–339, PMID 17111548 (Review).
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