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Schlammvulkan

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Schlammvulkan in den rumänischen Karpaten (bei Berca)

Schlammvulkane, auch Schlammdiapire genannt, sind morphologische Erhebungen, die oft die Form eines Vulkans aufweisen und aus denen in mehr oder minder regelmäßigen Abständen wassergesättigter Schlamm austritt, oft zusammen mit Methan.

Entstehung

Die Entstehung von Schlammvulkanen geht in vielen Fällen auf so genannten „kalten Vulkanismus“ zurück (der eigentlich kein Vulkanismus im engeren Sinne ist, sondern geologisch Diapirismus genannt wird), indem aufgeschlämmtes tonreiches Sedimentgestein aufgrund seiner relativ geringen Dichte und der Quellfähigkeit der Tonminerale in der Erdkruste aufsteigt. Voraussetzung für diesen Vorgang ist meist eine schnelle Sedimentation von tonigen Ablagerungen in Verbindung mit unter Druck stehendem Wasser. Das Aufsteigen von mit Wasser übersättigtem Sediment ist oft an Schwächezonen in der Erdkruste gebunden, die in Gebieten tektonischer Kompression entstehen. Die gleichen Ablagerungsbedingungen, die die Entstehung von Schlammvulkanen begünstigen, führen auch zur Entstehung von Kohlenwasserstoffvorkommen, so dass diese häufig zusammen vorkommen. Anlass für den Ausbruch eines Schlammvulkans kann eine plötzliche Druckentlastung des wasserübersättigten Sediments durch ein Erdbeben sein,[1] in manchen Fällen entstanden Schlammvulkane auch durch Bohrungen im Rahmen der Erkundung oder Förderung von Erdölvorkommen.

Im Gegensatz zum kalten Vulkanismus steigt bei heißem Vulkanismus Gesteinsschmelze aus dem Erdmantel auf. Oft verwechselt werden Schlammvulkane mit den Schlammtöpfen, die durch erhitztes Wasser in geothermal aktiven Gebieten angetrieben werden.

Vorkommen von Schlammvulkanen

Es sind bisher 1100 aktive Schlammvulkane bekannt.[2] Ihr Durchmesser reicht von einigen Dezimetern wie auf der karibischen Insel Trinidad bis zu acht Kilometern.

Schlammvulkane finden sich untermeerisch wie auch an Land. Untermeerische Schlammvulkane existieren etwa vor der norwegischen Küste (z. B. Håkon Mosby, s. unten), in der Barentssee, im Golf von Cádiz (z. B. Al Idrisi), im Schwarzen Meer oder im Kaspischen Meer, ebenso vor der Küste von British Columbia und in der Karibik.

An Land treten Schlammvulkane beispielsweise in Aserbaidschan auf, wo im Verein mit denen des Kaspischen Meeres fast die Hälfte der auf der Erde bekannten Schlammvulkane vorkommen.[3] Einige Schlammvulkane in Aserbaidschan brennen, da sich das aufsteigende Methan entzündet hat. Weiter finden sich Schlammvulkane in Norditalien und auf Sizilien (s. unten), in Rumänien bei Berca oder auf der Insel Trinidad, vor der darüber hinaus in den letzten 100 Jahren vier Mal die Insel Chatham als Folge schlammvulkanischer Tätigkeit auftauchte. Sie wurde jeweils wieder vom Meer abgetragen.

Weitere Schlammvulkane sind in Russland, der Ukraine, in der Volksrepublik China, Myanmar und Taiwan oder auf Sumatra bekannt. In Amerika gibt es aktive Schlammvulkane in Alaska, Kalifornien, Venezuela und Kolumbien. Für Touristen interessant sind die Schlammvulkane an der kolumbianischen Karibikküste aufgrund der Möglichkeit, in ihnen Schlammbäder zu nehmen, namentlich der hoch aufragende Vulkan „Totumo“ zwischen Cartagena de Indias und Barranquilla und der wesentlich flachere, weniger von Badetouristen frequentierte bei Arboletes.

Schlammvulkan Håkon Mosby vor der norwegischen Küste

Der untermeerische Schlammvulkan Håkon Mosby liegt bei 72° Nord am Kontinentalhang der westlichen Barentssee in 1270 Meter Wassertiefe. Er erhebt sich etwa 12 Meter über den Meeresboden und hat einen Durchmesser von etwa 950 Metern. Der Schlamm tritt mit einer Temperatur von 26 °C aus, die normale Meerestemperatur liegt bei −1,8 °C. Der Schlammvulkan setzt jährlich mehrere hundert Tonnen des Treibhausgases Methan frei. Ein Großteil des im Wasser gelösten Gases erreicht die Atmosphäre nicht. Es wird beim Aufstieg im Meerwasser verteilt und von methanverarbeitenden Bakterien[4] aufgezehrt. Eruptionen schädigen jedoch die Bakterienfilme am Meeresboden, die das meiste Methan zurückhalten.

Osttimor

Schlammvulkan in Oesilo (Osttimor)

In Oesilo (Sonderverwaltungsregion Oe-Cusse Ambeno) liegen südlich des Ortes Saben im Suco Bobometo die Schlammvulkane von Poto.

In der Gemeinde Viqueque befindet sich nah dem Meer der Schlammvulkan Raitahu,[5][6] bei dem es 2021 eine große Explosion gab.

Die Schlammvulkane von Culit liegen im Westen des Sucos von Holpilat (Gemeinde Cova Lima), nahe dem Ort Kulit und dem Fluss Tafara. Die zwei kleinen Schlammvulkane von Ranuc liegen in Matai.[7]

Italien

Die nördlichsten Schlammvulkane Italiens befinden sich am Nordrand des Apennin. Relativ bekannt sind die Schlammvulkane von Nirano südlich Modena und, weiter westlich gelegen, die von Regnano.[8] Bei Regnano soll 1835 ein ganzer Kubikkilometer Schlamm ausgetreten sein und lokal schwere Verwüstungen angerichtet haben. Des Weiteren berühmt sind die Feuer von Pietramala, brennende Ausbisse, die schon von Alessandro Volta beschrieben und von Michel Montaigne in seiner „Badereise“ erwähnt wurden. Die Flammen sind jedoch mittlerweile wegen der Abnahme des Druckes in den Lagerstätten infolge der Förderung des Erdgases erloschen. Dasselbe gilt für die brennenden Ausbisse bei Barigazzo. Aktuell (Stand 2008) gibt es nur eine noch dauerhaft brennende natürliche Erdgasquelle im Apennin.

Seit Herbst 2013 gibt es einen neuen (teilweise auch als Geyser bezeichnet) in der Provincia di Roma bei Fiumicino nahe dem Flughafen „Leonardo da Vinci“. Dieser hat sich auf der Insel eines Kreisverkehrs gebildet.[9]

In der Provinz Ancona sollen weitere Schlammvulkane aktiv sein (u. a. Il Cenerone) sowie bei Monteleone di Fermo. Größere Bekanntheit genießt die Bolle di Malvizza (Castelfranco in Miscano in Kampanien). Dagegen sind die Exemplare bei San Sisto (Montalto Uffugo) in Kalabrien, die der Atlante Fisico-Economico in den 1930er Jahren noch ausweist, heute nicht mehr aktiv.

In Sizilien kommen kleine Schlammvulkane (Macalube) bei Aragona nördlich von Agrigent vor (Macalube di Aragona) und bei Caltanissetta (Macalube di Terrapelata), wo es 2008 einen größeren Ausbruch gab. Zeitweise brennende natürliche Erdgasquellen sind das Fuoco di Censo (ohne Schlamm), die Ausbisse bei Paternò südwestlich des Ätna[10] und eine kleine nordöstlich des Ätna bei Fondachello. Das Gebiet der Macalube di Aragona ist durch Gerichtsbeschluss seit September 2014 gesperrt, weil nach einem unerwarteten gewaltigen Ausbruch mit 20 m hohem Schlammauswurf zwei Kinder ums Leben kamen.[11]

Schlammvulkan auf Java

Am 29. Mai 2006 begann im Osten der indonesischen Insel Java auf dem Gebiet des Regierungsbezirks Sidoarjo ein Schlammvulkan mit seinem Ausbruch. Siehe dazu den Hauptartikel Schlammvulkan auf Java.

Arabisches Meer

An zwei Stellen vor der Küste von Pakistan wurde dreimal von der Entstehung von Inseln berichtet, zuletzt am 24. September 2013 die Insel Zalzala Koh in sechs bis sieben Meter seichtem Meer vor Gwadar. Von dieser blasenwerfenden Inselbildung im Arabischen Meer wird erwartet, dass sie sich wieder im Meer einebnet, wie die anderen beiden zuvor.[12][13]

Siehe auch

Anmerkungen und Einzelnachweise

  1. Achim J. Kopf: Mud Volcano Dynamics: What Can Be Learned from In Situ and Laboratory Physical Property Measurements? American Association of Petroleum Geologists, Annual Meeting 2003: Shale Diapirs, Mud Volcanoes, and Hydrocarbon Systems (Memento vom 23. Mai 2004 im Internet Archive)
  2. Der Spiegel: Sintflut aus Matsch, 12. Oktober 2006
  3. Ronnie Gallagher: Mud Volcanoes – Mysterious Phenomena Fascinate Scientists and Tourists. Azerbaidjan International, Sommer 2003 (11.2), S. 44–49.
  4. siehe auch Seite des MPI für marine Mikrobiologie über Forschung am Haakon Mosby-Schlammvulkan
  5. Sammlungen des Geologischen Reichsmuseums in Leiden, Arthur Wichmann: Gesteine von Timor und einiger angrenzenden Inseln. Leiden, E. J. Brill, 1882–1887 1, Bände 10-11, S. 165.
  6. Planet.com: Raitahu Mud Volcano, Viqueque district, Timor-Leste, abgerufen am 27. Juli 2019.
  7. Michael Geoffrey Audley-Charles: The Geology of Portuguese Timor, a thesis submitted for the degree of Doctor of Philosophy at the University of London, Geology Department, Imperial College of Science & Technology, März 1965.
  8. Folgende einzelne Schlammvulkane werden in der einschlägigen Literatur erwähnt: Salsa di Rivalta, Salsa di Torre, Salsa di Casola-Querciola, Salsa di Regnano, Salsa di Canalina o di Moncerato o di Case Matteazzi, Salsa di Centora o di Martadone, Salsa di Montegibbio, Salsa di Nirano, Salsa di Puianello, Salsa di Ospitaletto, Salsa di Dragone, Salsa di Bergullo, Salsa di San Martino in Pedriolo, Salsa di Corporeno, Salsa di San Clemente, Salsa di Montebugnolo, Salsa di Campo di Fondo, Salsa di Casa Bubano, Salsa di Casa Campagnola, Salsa di Case Nuove di Rifiano. Anmerkung: Der Namensbestandteil „Salsa“ bedeutet wörtlich „Soße“, gemeint ist der Schlamm.
  9. 41° 46′ 32″ N, 12° 14′ 26″ E41.77555555555612.240555555556, dokumentiert auf Video (YouTube)
  10. Insgesamt gibt es dort drei Lokalitäten: Salinelle dei Cappuccini, Salinelle del Fiume (fiume dt. Fluss, gemeint ist der Simeto, der südlich von Catania ins Ionische Meer mündet) und Salinelle del Vallone Salato
  11. Riserva Macalube bei Aragona-Caldere nach Vulkanausbruch gesperrt, aufgerufen am 15. April 2015.
  12. Beben lässt Insel entstehen – „Ein riesiges Ding“, ORF.at vom 25. September 2013.
  13. Erdbeben sorgte für eine Überraschung: Der Tag, an dem die neue Insel auftauchte (Memento vom 10. Januar 2018 im Internet Archive), www.zauberfuchs.com.

Literatur

  • Achim Kopf: Schlote, die Schlamm statt Feuer speien. In: Spektrum der Wissenschaft. 2003-01 ISSN 0170-2971.
  • Sintflut aus Matsch. In: Der Spiegel. Nr. 41, 2006.
  • Giovanni Martinelli: Mud volcanoes, geodynamics and seismicity: (Proceedings of the NATO Advanced Research Workshop on Mud Volcanism, Geodynamics and Seismicity, Baku, Azerbaijan, 20 – 22 May 2003). Springer, Dordrecht 2005, ISBN 1-4020-3202-1.
  • Giovanni Martinelli, Alan Judd: Mud volcanoes of Italy Geol. J. 39, 2004, S. 49–61.
  • Carlo Ferrari, Gilmo Vianello: Le salse dell'emilia Romagna. Guida Escursionistica, Regione Emilia-Romagna, Bologna 1985.

Weblinks

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