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Jisrael Jakow Fischer
Raw Jisrael Jakow Fischer (geb. am 9. Juli 1928 / 21. Tammuz 5688[1] in Jerusalem; gest. am 28. Februar 2003 / 25. Adar I 5763 ebenda) war ein führender Posek und gesuchter Ratgeber, Aw Bet Din ("Raawad") der Edah HaChareidis und jahrzehntelang Rabbiner des Zichron Mosche-Viertels in Jerusalem.
Biografie
Jisrael Jakow Fischer wurde in Jerusalem als Sohn von Rabbi Aharon Fischer, eines bedeutenden Mitglieds der Peruschim-Gemeinde, geboren. Seinen Namen erhielt er nach Jacob Israël de Haan, der vier Jahre zuvor ermordet worden war.
Raw Fischer fastete in seiner Jugend regelmässig. Seine Eltern hatten einfach nichts für ihn zu essen. Die Schränke waren so leer, dass Rebbetzen Fischer ihren Erstgeborenen während der Mittagszeit zu den Nachbarn schickte, um zu spielen, in der Hoffnung, dass sie mit ihrem Kind Mitleid haben und ihm etwas zu essen anbieten würden.
Trotz des Hungers wurde der Raawad zu einem "Löwen" in Klal Jisrael, ein Löwe, der nicht zuliess, dass sein Hunger auf seine Liebe zum Lernen Einfluss hatte. Er lernte in seiner Jugend und er lernte als verheirateter Mann; er lernte als Vater und als Grossvater; er lernte sein ganzes Leben. Und er interessierte sich nicht dafür, dass er nichts gegessen hatte, dass er müde oder krank war. Nichts war wichtig, ausser seinem Lernen.
Als junger Mann studierte er in der Etz Chaim-Jeschiwa und wurde ein Schüler von Isser Zalman Meltzer, zu dem er eine enge Bindung aufbaute. Er heiratete die Tochter von Rabbi Zelig Wallis und sie liessen sich im Batei Horodno-Viertel in Jerusalem nieder.
1961 wurde er zum Moreh tzedek ausgerufen und zwei Jahre später erhielt er die Einladung als Rabbiner an die Grosse Synagoge von Zikhron Mosche. 1974 wurde er Badatz-Mitglied der Edah HaChareidis. 1996 wurde er deren Aw Bet Din.
Er starb im Jahre 2003 und wurde auf dem Har HaMenuchot begraben.
Seine Söhne sind: Aharon, Yehuda und Moshe, seine Schwiegersöhne sind Moshe Braverman und Y. Rotman. Seine drei Rabbinerbrüder sind/waren: Rabbi Eliezer Moshe Fisher, Rabbi Meir Tzvi Fischer und Rabbi Shlomo Fischer.
Episoden aus seinem Leben
Die Operation ohne Betäubung
Als der Raw sich in seinen späteren Jahren dem Ende seines produktiven Lebens näherte, litt er an einer ernsthaften Herzkrankheit. Er wurde in ein Krankenhaus eingeliefert. Die Ärzte wussten nicht, was sie machen sollten. Alle Symptome sprachen dafür, dass Raw Fischer einen Schrittmacher brauchte. Doch die Ärzte dachten, dass eine Vollnarkose, die man für eine solche Operation brauchte, eine zu starke Belastung für sein schwaches Herz darstellt. Was sollten sie tun?
Es war Raw Fischer, der einen Plan vorschlug. "Ich werde die Operation ohne Betäubung durchstehen. Wenn ihr mit der Prozedur beginnt, werde ich zu lernen beginnen", sagte er. "Und wenn ihr seht, dass ich tief in der Sugja stecke, könnt ihr mit der Operation beginnen."
Die Ärzte waren absolut verblüfft. Wie konnte irgendjemand eine Operation ohne Betäubung überstehen? Sie hatten nie zuvor eine solche Sache gehört. Raw Fischer versicherte ihnen, dass das der beste Weg war, und sie wussten, sie hatten keine Wahl.
Das medizinische Team bereitete ihn für die Operation vor. Der Raw begann eine bestimmte Sugja zu lernen. Als der Chirurg sah, dass seine Gedanken irgendwo anders waren, begann er zu schneiden. Man konnte beim Patienten keinerlei Reaktion sehen. Raw Fischer war so in die Sugja vertieft, dass er den Schmerz nicht bemerkte.
Der Chirurg war in Rekordzeit fertig. Die Ärzte wollten wissen, wie sich der Patient fühlte. Sie begannen, ihm Fragen zu stellen. Er antwortete nicht. Sie warteten. Zehn Minuten später begann er zu sprechen. Er war überglücklich. Das medizinische Team bat ihn um eine Erklärung.
"Es ist Mitte Schwat", erklärte ihnen Raw Fischer. "Das ist das erste Mal, dass ich meine Drascha für Schabbat Hagadol so früh beendet habe." Er sprach nicht vom Schmerz - vielleicht weil er wirklich keinen verspürt hatte, als er in seine Gemara vertieft war. Das war Stärke. Das war Macht - solch starkem Schmerz zu widerstehen, ohne einen Laut von sich zu geben. Das war ein Mann mit eisernem Willen.
Keine Verkürzung der Zeit für andere
Auch am Ende, als der Raw schwach, übermüdet und krank war, weigerte er sich, die Zeit zu verkürzen, in der er für andere Leute ansprechbar war. Seine Tür stand immer noch zweimal täglich allen offen. "Arein, arein", sagte sein Gabbai, als er die Leute hineinführte, um ihre zehn Minuten mit Raw Fischer zu verbringen. Manchmal sprach der Raw mit vierzig oder fünfzig Menschen an einem Tag.
Eines Morgens realisierten die Männer in seinem Minjan, dass er zu schwach war, um seinen Kopf nach dem Tachanun wieder zu heben. Wie konnte ein Mann in seinem Zustand weiter Menschen empfangen? Sie gingen zu seinen Kindern. "Bitte erlaubt eurem Vater nicht, heute Leute zu empfangen", baten sie. "Wir können nichts gegen den Willen unseres Vaters tun", antworteten seine Söhne. "Er erlaubt uns nicht, die Tür zu schliessen. Er fühlt sich verantwortlich. Wenn ihr ihn überzeugen könnt, sind wir einverstanden."
Die Mitglieder des Minjan standen vor der Tür, wo sich die Menge versammelt hatte, und sagten: "Rabbotaj, Raw Fischer ist extrem schwach heute Morgen. Bitte bleibt nicht hier und besteht nicht darauf, ihn zu sehen." Die meisten Leute verstanden und gingen ohne zu protestieren, doch einige blieben. Sie mussten den Raw unbedingt sehen, und schliesslich setzten sie sich durch. Raw Fischer empfing sie, ohne zu zeigen, wie schwer krank er war. Schliesslich gingen sie, beruhigt und besänftigt.
Ein weiteres anschauliches Beispiel
In den letzten Monaten bevor er starb hatte Raw Fischer bessere und schlechtere Tage. Mit der Unterstützung seiner Familie versuchte er seinen normalen Tagesablauf so weit wie möglich beizubehalten. An einigen Tagen fühlte er sich jedoch zu schwach, um weiterzumachen. An jenen Tagen war einer seiner Enkel ständig an der Seite seines Grossvaters. Raw Fischer bat ihn, ihm die Bitten der Menschen zu überliefern, da er zu schwach war, um mit allen persönlich zu sprechen. Da sein Enkel die Botschaften überlieferte, strengte es ihn nicht so an.
Eines Morgens kamen ausserordentlich viele Menschen, um den Raw zu sehen, und sie waren enttäuscht, dass der Zaddik sie nicht persönlich empfangen würde. Wenigstens waren sie jedoch in der Lage, ihre Fragen dem Enkel zu stellen, der sie ausrichten würde. Der Enkel hörte dem ersten Fragesteller zu. Er kannte die meisten Themen, da er viel Zeit mit seinem Grossvater verbrachte. Deshalb konnte er die Frage schnell und deutlich stellen und dadurch die wenige Kraft seines Grossvaters schonen.
Der Raawad sass auf seinem Stuhl zusammengesunken, sein Körper war ohne jede Kraft. Seine Augen waren geschlossen; er sah sehr alt aus. Sein Enkel wollte allen Leuten sagen, dass sie nach Hause gehen sollten, dass sein Grossvater heute niemandem helfen konnte, doch er wagte es nicht. Stattdessen stellte er die erste Frage. "Ist es ein Ja oder ein Nein?" fragte er. Der Raawad deutete schwach die korrekte Antwort an.
Bei schwierigeren Fragen, die eine längere Antwort brauchten, schaffte er es, einige Worte zu sagen, die seinen Psak erklärten. Die Fragen kamen stetig, Fragen in allen Gebieten der Halacha. Raw Fischer hatte sie alle zuvor gehört. Er kannte den ganzen Schulchan Aruch und musste nicht nach Antworten suchen. Sein Enkel tat das Seine, um das Ganze zu beschleunigen. Die Menge wurde kleiner. Endlich war nur noch ein Mann dort. Der Enkel fragte ihn nach seiner Frage. Der Mann sagte, dass die Frage sehr kompliziert sei, er musste den Raawad selber sehen. Der Enkel erklärte, dass das unmöglich sei. Der Raawad konnte niemanden persönlich empfangen. Der Mann war den Tränen nahe. Es schien, dass er ein Kind hatte, das mit schweren Missbildungen geboren worden war. Er hatte fast ständig halachische Fragen, doch normalerweise kam der Raw des Mannes zum Raawad, um die Fragen zu stellen. Heute war der Vater selbst gekommen. Es war ein Notfall, da die Ärzte das Kind sofort operieren wollten. Es war kein einfacher Fall und man brauchte medizinische Terminologie, um alles zu erklären, doch der Mann versuchte sein Bestes. Der Enkel hörte sorgfältig zu und betrat das Zimmer seines Grossvaters, um die Frage weiterzuleiten. Der Raawad sah so müde aus, als könnte er keine Antwort mehr geben. Trotzdem wiederholte der Enkel die Frage und wartete auf die Antwort.
Raw Fischer schwieg einige Sekunden. Endlich sprach er: "Dies ist die Art Frage, die du mir heute stellst? Ich kann dies nicht heute beantworten. Er muss irgendwo anders hingehen - zu einem der anderen Poskim." Der Enkel wartete geduldig, um zu sehen, was der Zaddik als nächstes sagen würde. Er war eine lange Zeit still und dachte nach, versuchte zu entscheiden, wohin er den Mann mit dem Notfall schicken sollte. Viele Minuten vergingen. Endlich kam der Raawad zu einem Entschluss. Es war, als ob ein geistiger Schalter umgelegt worden war. Er setzte sich aufrecht hin. Die eingesunkenen Schultern waren verschwunden. Der Anblick eines Mannes, dessen einer Fuss schon in der nächsten Welt stand, war nicht mehr da.
"Ich werde ihn nirgendwo anders hinschicken", beschloss er. "Sein Raw ist von Anfang an hierher gekommen, schon als dieses Kind geboren wurde. Ich habe alle Fragen bis jetzt beantwortet und ich werde sie weiter beantworten. Wiederhole die Frage noch einmal", bat er seinen Enkel.
Der Enkel gehorchte. Der Raawad schickte ihn zurück zum Mann für mehr Einzelheiten. Der Enkel kehrte zum Vater zurück, der angespannt im nächsten Zimmer wartete, und bat ihn, den einen Punkt zu erklären. Der Mann teilte mit, was er wusste, und der Enkel rannte zum nächsten Zimmer zurück. Es war eine sehr komplizierte Sche'ela, und der Enkel musste einige Male hin und her gehen. Immer wieder bat ihn der Raawad, etwas zu erklären. Zwanzig Minuten vergingen auf diese Weise. Der Enkel sah, wie der Raawad frisch und gelassen aussah; er schien sich besser zu fühlen, und sein Gesicht leuchtete mit Schönheit und ehrfürchtiger Liebe für Torah, und er dachte, weshalb soll dieser Vater nicht selber das Zimmer betreten, anstatt dass er hin und her rennen müsse? Der Vater könne alles besser erkären als er. "Zeide", sagte er zum Raw. "Vielleicht soll ich den Vater bitten, hineinzukommen und dir alles persönlich zu erklären?" Er war von der Reaktion des Raawad schockiert. Ein Zittern erfasste ihn, er war offensichtlich sehr bestürzt über diese Idee. "Bitte tu' das nicht", flüsterte der Raw, die Schwäche war zurückgekehrt, die Kraft einen Moment lang verschwunden.
"Weshalb nicht?" fragte sein Enkel. "Weil ich es nicht aushalten kann, neben einem Vater zu sitzen, der so viel Schmerz hat. Mein Herz ist zu schwach. Der Schmerz, den ich für den Vater empfinde, ist zu gross. Du musst weiterhin mein Bote sein."
Schliesslich beantwortete der Raawad die Frage, und der Mann ging. Der Raw war absolut erschöpft --- doch der Glanz der Torah blieb auf seinem Gesicht. Er war fast am Ende seines Lebens, doch er blieb ein grosser Helfer bis zu seinen letzten Momenten.
Raw Jisrael Jaakow Fischer war ein Mann, der zuliess, dass Ärzte ihn ohne Betäubung operierten. Schmerz bedeutete ihm nichts. Er war so stark, wie ein Mensch es sein konnte. Doch wenn es sich um den Schmerz anderer Juden handelte, so konnte er es nicht aushalten.
Schriften
- Even Yisroel (Responsenwerk in neun Bänden)
Fussnoten
- ↑ Andere Quellen nennen 1925 und sogar 1924 als Geburtsjahr.
Hinweis
Der Artikeltext beruht in weiten Teilen auf einem Nachruf in der Jüdischen Zeitung, Zürich, Ausgabe vom 18. Januar 2013, Seite 16-17 (Autor: N. Seltzer).
Andere Wikis
Personendaten | |
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NAME | Fischer, Jisrael Jakow |
KURZBESCHREIBUNG | israelischer charedischer Rabbiner |
GEBURTSDATUM | 9. Juli 1928 |
GEBURTSORT | Jerusalem |
STERBEDATUM | 28. Februar 2003 |
STERBEORT | Jerusalem |
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