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Expressionismus (Architektur)

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Einsteinturm in Potsdam-Babelsberg (von Erich Mendelsohn, 1921)

Expressionistische Architektur ist ein fast ausschließlich in Deutschland in der Zeit vom Ende des Ersten Weltkrieges bis Ende der 1920er Jahre praktizierter Architekturstil.

Zum ersten Mal hatte 1913 Adolf Behne die Architektur Bruno Tauts in der Zeitschrift Pan mit der aktuellen Entwicklung der Malerei verglichen und sie dem innersten Sinn nach „expressionistisch genannt.[1] Viele der Architekten waren seit 1907 im Deutschen Werkbund aktiv und vom Jugendstil geprägt, die meisten wandten sich später dem Neuen Bauen zu.

Eine vor allem in Norddeutschland verbreitete Sonderform ist der Backsteinexpressionismus.

Kennzeichen

Details der Fassade vom Anzeiger-Hochhaus in Hannover (Fritz Höger, 1928)

Im Gegensatz zur Neuen Sachlichkeit nutzte die expressionistische Architektur runde und gezackte Formen. Die besondere Plastizität der Bauten beruht auf dem Einfluss der Kunst, insbesondere der Bildhauerei, wie vom Arbeitsrat für Kunst propagiert und betont handwerklichen Bauverfahren.

Backsteinbauten sind besonders typisch für die expressionistische Architektur. Darüber hinaus wurde auch mit Beton gearbeitet. Mit dem um 1920 noch recht neuen Baumaterial wurde in allen Stilrichtungen der Zeit experimentiert. Dem Expressionismus kamen besonders die Möglichkeiten geschwungener Formen entgegen. Auch der Einsteinturm in Potsdam vermittelt den Eindruck, aus Beton geformt zu sein und war so auch geplant. Tatsächlich wurde er aber gemauert und dann verputzt – wahrscheinlich machte die Verschaltechnik noch zu große Probleme.

Auffällig ist der Hang zum Gesamtkunstwerk in fast allen Bauten und Inneneinrichtungen. Häufig wurden auch Skulpturen, insbesondere als Relief, in die Architektur einbezogen. Auch der junge Film bot Raum für Architekturphantasien, so baute Hans Poelzig 1920 die Filmarchitektur für „Der Golem, wie er in die Welt kam“. Viele expressionistische Entwürfe blieben aber ungebaute Utopie.

Architekten und Bauwerke

Deutschland

Filiale der Cöpenicker Bank von Friedrich Brinkmann in der Baumschulenstraße, Berlin

Für die meisten Architekten war der Expressionismus eine recht kurze aber intensive Phase in ihrem Schaffen. Das gilt z. B. für Hans Poelzig, der sich später der Neuen Sachlichkeit zuwandte. Von ihm stammt u. a. der Umbau des Großen Schauspielhauses in Berlin (1918–1919). Besonders die tropfsteinartige Innenarchitektur wurde berühmt.

1920–1921 errichtete Erich Mendelsohn einen der berühmtesten expressionistischen Bauten: den Einsteinturm in Potsdam-Babelsberg.

Einige Projekte des Bauhauses, wie das „Haus Sommerfeld“ in Berlin von Walter Gropius und Adolf Meyer waren 1920 noch expressionistisch geprägt. Das Haus war als expressionistisches Gesamtkunstwerk geplant. Dementsprechend arbeiteten Gropius und Meyer eng mit dem Holzkünstler Jost Schmidt und mit Josef Albers, der die farbigen Glasfenster schuf, zusammen.

Von Fritz Höger stammen das 1922–1924 gebaute Chilehaus in Hamburg und das Anzeiger-Hochhaus in Hannover von 1927 bis 1928.

Bernhard Hoetger arbeitete als Bildhauer in Worpswede und schuf bis 1931 die berühmte Böttcherstraße in Bremen.

Auch Hans Scharoun hatte sich nach dem Ersten Weltkrieg dem expressionistischen Architektenkreis Gläserne Kette von Bruno Taut angeschlossen und 1926 trat er der Architektenvereinigung Der Ring bei. Seine späteren Bauten, wie die berühmte Philharmonie in Berlin (1956–1963), die dem organischen Bauen zugerechnet werden, lassen Scharouns expressionistische Vergangenheit noch erkennen.

Der Architekt Gottfried Böhm schuf in den 1960er Jahren viele Kirchenbauten, welche durch ihre Plastizität und den vorwiegend benutzten Baustoff Beton expressiven Ausdruck haben. Ebenso entstanden in dieser Zeit durch verschiedene Künstler neue Ansätze beim Bau von Waldorfschulen, die starke expressive Elemente aufweisen.

Weitere expressionistische Architektur oder Bauwerke mit expressionistischen Anklängen:

Galerie

Außerhalb Deutschlands

Das frühere Postscheckamt Breslau und heutige polnische Post- und Telekommunikationsmuseum, 2005

in Wrocław/Breslau, heute Polen, das Backsteinexpressionistische Postscheckamt Breslau, entworfen vom Regierungsbaumeister und späteren Postbaurat Lothar Neumann (1891–1963), mit keramischen Reliefs von Felix Kupsch, gebaut von Huta Hoch- und Tiefbau, 1926–1929[2]

Außerhalb Deutschlands war die Amsterdamer Schule mit Michel de Klerk (Het Schip) von Bedeutung.

Auch der anthroposophische Bau des Goetheanum in Dornach (Schweiz), das 1924–1928 nach einem Entwurf von Rudolf Steiner errichtet wurde, weist sehr starke Bezüge zum Expressionismus auf.

Die Grundtvigskirche in Kopenhagen und die Hallgrímskirkja in Reykjavík sind Beispiele für vom Expressionismus beeinflusste Sakralgebäude.

In Tallinn befinden sich beispielsweise das neue Rathaus (Tallinna Linnavalitsus) sowie das Sakala-Haus.

Literatur

  • Christoph Rauhut, Niels Lehmann (Hg.): Fragments of Metropolis: Berlins expressionistisches Erbe, Hirmer-Verlag 2015, ISBN 978-3-7774-2290-9.
  • Christoph Rauhut, Niels Lehmann (Hg.): Fragments of Metropolis Rhein & Ruhr: Das expressionistische Erbe an Rhein und Ruhr, Hirmer-Verlag, ISBN 978-3-7774-2772-0.
  • Christoph Rauhut, Niels Lehmann (Hg.): Fragments of Metropolis - East | Osten: Das expressionistische Erbe in Polen, Tschechien und der Slowakei, Hirmer-Verlag, ISBN 978-3-7774-3092-8.
  • Wolfgang Pehnt: Die Architektur des Expressionismus. Hatje Cantz Verlag, Ostfildern-Ruit 1998, ISBN 3-7757-0668-2

Weblinks

 Commons: Expressionistische Architektur – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Wolfgang Pehnt: Die Architektur des Expressionismus. Verlag Gerd Hatje, Ostfildern-Ruit 1998, ISBN 3-7757-0668-2, S. 13.
  2. Deutsche Bauzeitung, DBZ, Das Postscheckamt in Breslau, Architekt Postbauart Lothar Neumann, Breslau, 65. Jahr., 1931, Seite 61: http://delibra.bg.polsl.pl/Content/13795/no9_10.pdf
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