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Fatimiden

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Die Fatimiden (arabisch الفاطميون, DMG al-Fāṭimiyūn) waren eine ismailitische Dynastie, die von 909 bis 1171 in Nordafrika, das heißt im Maghreb und Ägypten, sowie in Syrien herrschte.

Herkunft

Nach der Spaltung der Muslime in Sunniten und Schiiten wurden Letztere von Imamen geführt, die Nachkommen des Ali ibn Abi Talib und der Fatima bint Muhammad waren. Allerdings kam es auch unter den Schiiten zu Spaltungen, da der Übergang der Führungsrolle nicht immer unumstritten war. So entstanden bis ins 9. Jahrhundert die schiitischen Hauptzweige der Imamiten, Ismailiten und Zaiditen. Die Ismailiten erkannten als rechtmäßigen Nachfolger Dschafar as-Sadiqs nicht Musa al-Kazim sondern Ismail an – daher ihr Name. Ismails Sohn Muhammad spielt die zentrale Rolle im ismailitischen Lehrsystem: Er wurde von seinen Anhängern als siebenter Imam betrachtet und soll nicht gestorben, sondern in eine Verborgenheit gegangen sein, aus der er in Bälde als Qaim und Mahdi (d. h. als Messias) wiederkehren würde.

In der Mitte des 9. Jahrhunderts begann Abdallah al-Akbar, als Stellvertreter für den Mahdi Muhammad ibn Ismail aufzutreten. Er verkündete das baldige Erscheinen des verborgenen siebenten Imams, durch den die Abbasiden gestürzt, alle Gesetzesreligionen (neben dem Christentum und Judentum auch der Islam) abgeschafft und die kultlose Urreligion hergestellt werden solle. Der Sektengründer trat mit seiner Verkündigung erstmals in Askar Mukram hervor, floh dann aber über Basra nach Salamya in Syrien. Er scharte eine wachsende Gemeinde um sich und entsandte in alle Teile der islamischen Welt Missionare (Dais), die die Lehre ihres Großmeisters verbreiteten und ein Netzwerk geheimer Ismailiten-Zellen aufbauten.

Nach Abdallahs Tod übernahm erst sein Sohn Ahmad und dann sein Enkel Abu sch-Schalaghlagh Muhammad die Leitung der Sekte. Unter Letzterem erzielte die Mission große Erfolge, unter anderem im Maghreb, wo Abu Abd Allah asch-Schiʿi wirkte. Da Abu sch-Schalaghlagh keinen Sohn hatte, designierte er als Nachfolger seinen Neffen Said ibn al-Husain, der sich schließlich als der wahre Mahdi zu erkennen gab und so eine Spaltung der Ismailiten auslöste, da die Qarmaten und andere Gruppen unbeirrt an der Erwartung des verborgenen Mahdis Muhammad ibn Ismail festhielten.

Herrschaft in Nordafrika

Nachdem der Missionar Abu Abd Allah asch-Schiʿi die Lehre der Ismailiten unter den Berbern des Maghrebs verbreitet hatte, stürzte er die Dynastie der Aghlabiden in Ifriqiya (Ost-Algerien, Tunesien, Libyen). Damit ebnete er den Weg für seinen aus Salamya geflohenen Herrn Abdallah al-Mahdi, d. h. Said ibn al-Husain, der in Ifriqiya das Reich der Fatimiden begründete. Dieser führte nun als angeblicher Nachkomme des Imams Dschafar as-Sadiq seine Abstammung auf die Prophetentochter Fatima zurück, weshalb seine Dynastie als Fatimiden bezeichnet wird.

Abdallah al-Mahdi (910–934) nahm den Titel eines Kalifen an und gründete die Hauptstadt al-Mahdiya südlich von Sousse. Von Anfang an wurde der Sturz der Abbasiden angestrebt, die aus Sicht der Fatimiden Usurpatoren waren. Zwar gelang die Unterwerfung von Algerien und Sizilien, doch scheiterte die Eroberung Ägyptens zunächst ebenso wie die Feldzüge nach Marokko.

Unter Abu l-Qasim al-Qaim (934–946) wurde Sizilien erneut unterworfen und die Küsten Italiens und Frankreichs durch Flottenexpeditionen geplündert. Um Sizilien zu befrieden, wurden die Kalbiten als Emire eingesetzt (siehe auch Islam in Italien). Allerdings kam es durch den Aufstand der charidschitischen Berber unter Abu Yazid (944–947) zu einer schweren Krise, als die Aufständischen zeitweise die Hauptstadt al-Mahdiya belagerten.

Nach der Reorganisation des Reiches durch Ismail al-Mansur (946–953) und Abu Tamin al-Muizz (953–975) gelang den Fatimiden unter dem Feldherrn Dschawar as-Siqilli zwar der Vorstoß bis zum Atlantik, doch konnte die Herrschaft über Marokko nicht behauptet werden, da sich der Schwerpunkt der fatimidischen Politik auf die Eroberung Ägyptens ausrichtete.

Nach der Eroberung Ägyptens

Hauptartikel: Geschichte Ägyptens
Das Fatimidenreich zur Zeit seiner größten Ausdehnung im 11. Jahrhundert

969 gelang die Eroberung Ägyptens und der Sturz der Ichschididen. Kalif al-Muizz verlegte nun 972 die Hauptstadt des Reiches nach Kairo und setzte die Ziriden als Vizekönige im Maghreb ein. Damit war dieser nur noch ein Randbereich des fatimidischen Imperiums.

Fatimidische Herrscher in Ägypten:

Die fatimidischd Al-Hakim-Moschee in Kairo

Nachdem noch Abu Tamin al-Muizz die neue Reichshauptstadt Kairo gegründet hatte, wurde unter al-Aziz die fatimidische Herrschaft in Ägypten konsolidiert. Dabei wurden, trotz des schiitisch-ismailitischen Bekenntnisses der Fatimiden, die sunnitischen Muslime toleriert. Gleichzeitig wurden Palästina und Syrien bis 978 erobert sowie die Kontrolle über Mekka und Medina gewonnen. Damit unterstanden die wichtigsten Heiligtümer des Islam den Fatimiden.

Unter der fatimidischen Herrschaft nahm die Wirtschaft Ägyptens durch den Bau von Straßen und Kanälen und durch Förderung des Handels zwischen Indien und dem Mittelmeerraum einen großen Aufschwung. Im 11. Jahrhundert besaß das Reich der Fatimiden die größte Wirtschaftskraft der islamischen Reiche. Auch Kultur und Wissenschaft wurden von den Fatimiden unterstützt, wobei die Gründung der al-Azhar-Universität, heute sunnitisches Zentrum, Bedeutung erlangte.

Unter Al-Hakim (995–1021) wurde die tolerante Religionspolitik gegenüber Nichtmuslimen zunehmend aufgegeben. So wurden öffentliche Prozessionen und Kulthandlungen der Christen und Juden ebenso wie der Genuss von Wein und Bier untersagt. Zeitweise wurden auch christliche Kirchen und Klöster geplündert, um Finanzen für das Heer und den Bau von Moscheen zu beschaffen. So kam es 1009 zur Zerstörung der Grabeskirche in Jerusalem. Um 1017 entstand in Ägypten eine Sekte, die al-Hakim als die Inkarnation Gottes ansah. Aus dieser entwickelte sich später die Religionsgemeinschaft der Drusen.

Az-Zahir (1021–1036) gelang wieder die Befriedung des Reiches und die Niederschlagung einiger Beduinenaufstände in Syrien. Den Höhepunkt der Macht erreichten die Fatimiden unter al-Mustansir (1036–1094) als ismailitische Missionare im Jemen die Macht ergriffen und die Abbassiden in Bagdad 1059 kurzzeitig gestürzt werden konnten.

Allerdings führte diese ausgedehnte Machtpolitik zum Staatsbankrott und zum Niedergang der Dynastie. Zwar konnten die Ziriden in Ifriqiya durch die Abschiebung der Banu Hilal und Banu Sulaym wieder unter die Botmäßigkeit der Fatimiden gezwungen werden, doch gingen Syrien und Palästina 1076 an die Seldschuken verloren. Auch im Inneren musste die Regierung zunehmend den Befehlshabern der Truppen und den Wesiren überlassen werden.

Auch die Eroberung von Jerusalem 1099 durch die Kreuzfahrer während des Ersten Kreuzzugs und die Gründung des Königreichs Jerusalem konnten die Fatimiden nicht mehr verhindern und nach erfolglosen Rückeroberungsversuchen (Schlacht von Ramla) gerieten sie 1130 zunehmend unter den Einfluss der Kreuzfahrer. Mit dem erfolgreichen Abschluss der Belagerung von Askalon (1153) durch König Balduin III. von Jerusalem verloren die Fatimiden den letzten Stützpunkt in Palästina. Um einer Eroberung Ägyptens durch die Kreuzfahrer zuvorzukommen, führte Nur ad-Din, der Herrscher von Damaskus, bereits 1163 einen Feldzug nach Ägypten, bis sein Offizier Saladin 1171 die Fatimiden stürzte und die Dynastie der Ayyubiden begründete.

Wichtige arabische Quellen zur Geschichte der Fatimiden in Ägypten sind die beiden Werke "Spaziergang der beiden Augäpfel zu den Nachrichten der beiden Staaten" (Nuzhat al-muqlatain fī aḫbār ad-daulatain) von Ibn at-Tuwair (st. 1220) und "Ermahnung der Muslime mit den Nachrichten über die fatimidischen Imam-Kalifen" (Ittiʿāẓ al-ḥunafāʾ bi-aḫbār al-aʾimma al-Fāṭimīyīn al-ḫūlafāʾ) von al-Maqrīzī (st. 1442).

Religionspolitik

Flagge der Fatimiden

Das Fatimidenreich war ein klar ismailitisch orientierter Staat. An der Spitze der religiösen Hierarchie stand ein Ober-Dāʿī, der häufig zugleich als Ober-Kadi amtierte. Er hielt im Palast von Kairo allwöchentlich donnerstags öffentliche Lehrsitzungen ab, die sogenannten madschālis al-ḥikma („Sitzungen der Weisheit“), in denen die Adepten nach Ablegung eines Gelübdes in die ismailitische Geheimlehre eingewiesen wurden. Al-Qāḍī an-Nuʿmān, der den Fatimiden bis 974 in beiden Ämtern diente, entwickelte eine eigene ismailitische Schule der Normenlehre.

Nach außen hin arbeiteten die Fatimiden weiter auf den Sturz der abbasidischen Kalifen hin. Zu diesem Zweck sandten sie zahlreiche Missionare aus. Ihren größten Erfolg errang die fatimidische Mission im Jemen, wo 1047 der Missionar ʿAlī ibn Muḥammad mit den Sulaihiden eine neue den Fatimiden gegenüber loyale ismailitische Dynastie begründete und Sanaa sowie Aden in seine Gewalt brachte.

Im Lande selbst wurde keine Gelegenheit ausgelassen, um die Abstammung der Dynastie vom Propheten zu betonen. Zu diesem Zweck wurde im 11. Jahrhundert am Hof auch ein neues Fest eingeführt, nämlich der Geburtstag des Propheten. Man beging ihn am 12. Rabīʿ al-awwal, dem eigentlichen Todestag des Propheten. Der Kalif spielte bei den Feierlichkeiten eine zentrale Rolle; es fanden öffentliche Predigten und Koranlesungen statt.[1]

Ihren eigenen muslimischen Untertanen haben die Fatimiden das ismailitische Bekenntnis nicht aufgezwungen, doch kam es in Folge der intensiven Werbung zu zahlreichen Konversionen. Im frühen 12. Jahrhundert stiegen immer mehr Sunniten zu einflussreichen Positionen im Fatimidenreich auf und gründeten eigene Madrasas.[2] Dadurch kam es schon zu dieser Zeit zu einer Restauration des sunnitischen Islams in Ägypten.

Literatur

  • Michael Brett: The rise of the Fatimids. The world of Mediterraenean and the Middle East in the fourth century of the Hijra, tenth century CE. In: The medieval mediterranean. 30, Brill, Leiden, Boston, Köln 2001, ISBN 90-04-11741-5.
  • Heinz Halm: Das Reich des Mahdi. Beck, München 1991, ISBN 3-406-35497-1.
  • Heinz Halm: Die Fatimiden. In: Ulrich Haarmann, Heinz Halm (Hrsg.): Geschichte der Arabischen Welt. Beck, München 2001, ISBN 3-406-47486-1, III., S. 166-199.
  • Heinz Halm: Die Kalifen von Kairo. Die Fatimiden in Ägypten (973–1074). Beck, München 2003, ISBN 3-406-48654-1.
  • Jenny Rahel Oesterle: Kalifat und Königtum. Herrschaftsrepräsentation der Fatimiden, Ottonen und frühen Salier an religiösen Hochfesten. Wissenschaftliche Buchgesellschaft, Darmstadt 2009, ISBN 978-3-534-21961-2.

Weblinks

 Commons: Fatimiden – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien
Wiktionary: Fatimide – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen
  • Jonathan M. Bloom: The Origins of Fatimid Art. In: Oleg Grabar (Hrsg.): Muqarnas Volume III: An Annual on Islamic Art and Architecture. E.J. Brill, Leiden 1985, S. 20–38 (Online bei ArchNet)

Belege

  1. Vgl. dazu Vgl. N.J.G. Kaptein: Muḥammad's Birthday Festival. Early History in the Central Muslim Lands and Development in the Muslim West until the 10th/16th Century. Leiden u.a.: Brill 1993. S. 7-30.
  2. Vgl. Jonathan Berkey: The Transmission of Knowledge in Medieval Cairo. A Social History of Islamic Education. New Jersey 1989. S. 131.
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