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Medienphilosophie

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Der Begriff Medienphilosophie steht für eine philosophische Auseinandersetzung mit medienpraktischen und medientheoretischen Fragestellungen. Ihr genuin philosophisches Vorgehen unterscheidet die Medienphilosophie von der Medientheorie, mit der sie ansonsten aufgrund des kulturwissenschaftlichen Zugangs durchaus Gemeinsamkeiten teilt. Die Herausbildung von Medienphilosophie steht im Zusammenhang mit Entwicklungen, die sich seit Mitte des zwanzigsten Jahrhunderts in einem verstärkten Interesse für die kulturellen und politischen Aspekte von verschiedenen Informationsverarbeitungstechnologien, Kommunikationstheorien und Medienpraktiken (u.a. audiovisuellen und digitalen) erkennen lassen.

Begriff

Im deutschen Sprachraum taucht „Medienphilosophie“ Anfang der neunziger Jahre zum ersten Mal explizit als Buchtitel auf (Fietz, 1992). Im gleichen Jahr wird das Wort von Jürgen Habermas unterminologisch in seinem Buch Faktizität und Geltung verwendet.[1] Zwei Jahre später erscheint im englischen Sprachraum ein hypertextuell gestaltetes „Anti-Buch“, bei dem der Begriff media philosophy im Titel vorkommt (Taylor/Saarinen, 1994). Die historische Ausbuchstabierung und pragmatische sowie theoretische Umsetzung von Medienphilosophie als einer neuen fachwissenschaftlichen Disziplin sowohl innerhalb der Medien- und Kulturwissenschaften als auch innerhalb der akademischen Philosophie erfolgt zu Beginn des 21. Jahrhunderts. Wegweisend sind hier die Arbeiten von Frank Hartmann (Hartmann, 2000), Mike Sandbothe (Sandbothe, 2001; 2005) und Matthias Vogel (Vogel, 2001), wobei letzter sich sträubt, den Begriff Medienphilosophie explizit zu verwenden.

Als weitere Vertreter der Medienphilosophie gelten u.a. Norbert Bolz, Rafael Capurro, Lorenz Engell, Erich Hörl, Werner Konitzer, Sybille Krämer, Reinhard Margreiter, Dieter Mersch, Stefan Münker, Alexander Roesler, Oswald Schwemmer, Georg Christoph Tholen und Lambert Wiesing.

Bekannte Vorreiter des systematischen Reflektierens über Medien waren im europäischen Raum unter anderem Walter Benjamin (vgl.Das Kunstwerk im Zeitalter seiner technischen Reproduzierbarkeit“), Siegfried Kracauer (vor allem als Filmtheoretiker), Günther Anders (Die Antiquiertheit des Menschen), Vilém Flusser (Kommunikologie), Jürgen Habermas (Strukturwandel der Öffentlichkeit, Theorie des kommunikativen Handelns) und Jacques Derrida (Grammatologie); großen Einfluss hatte ab den späten 60er Jahren des 20. Jahrhunderts Bertolt Brecht mit seiner Radiotheorie, ohne die zum Beispiel Hans Magnus EnzensbergersBaukasten zu einer Theorie der Medien“ (1970) nicht denkbar gewesen wäre.

Schulen

Grundlegend lassen sich hinsichtlich des Begriffsverständnisses mehrere unterschiedliche Schulen unterscheiden. Dabei gehen die einen von theoretischen Problemstellungen wie beispielsweise der Debatte um Realismus vs. Konstruktivismus beziehungsweise von Grundlagenfragen des Typs „Was ist ein Medium?“ aus; für andere ist Medienphilosophie eine Auseinandersetzung mit wissenschaftstheoretischen Grundlagen von Medienwissenschaften. Eine weitere medienphilosophische Schule orientiert sich primär an der moralisch-praktischen Optimierung demokratischer Kommunikationsverhältnisse. Diese kulturpolitische Orientierung fungiert dabei als zentrales Kriterium, von dem her theoretische Fragestellungen auf ihre praktische Relevanz hin überprüft werden (siehe Pragmatismus).

Quer durch die medienphilosophischen Schulen hindurch zieht sich die Debatte, ob und wie die neue Disziplin akademisch bzw. transakademisch und kulturell einzuordnen ist. Einige Vertreterinnen und Vertreter sehen in der Medienphilosophie eine weitere Teildisziplin der Philosophie (wie etwa: Geschichtsphilosophie, Kulturphilosophie, Logik, Metaphysik, Naturphilosophie, Politische Philosophie, Rechtsphilosophie, Sprachphilosophie, Technikphilosophie, Wissenschaftsphilosophie, Feministische Philosophie), einige sehen in ihr eine neue "prima philosophia", eine neue philosophische Fundamentaldisziplin, wieder andere ordnen sie eher in den Medien- und Kulturwissenschaften ein und manche sehen in ihr sogar eine Brückendisziplin, welche die unterschiedlichen Fachwelten miteinander auf neue Weise verbindet. Darüber hinaus gibt es Stimmen, die praxisorientiert darauf hinweisen, Medienphilosophie sei „ein Geschehen, möglicherweise eine Praxis, und zwar eine der Medien. Sie wartet nicht auf den Philosophen, um geschrieben zu werden. Sie findet immer schon statt, und zwar in den Medien und durch die Medien.“[2]

Einzelnachweise

  1. Jürgen Habermas: Faktizität und Geltung, Frankfurt am Main 1992, S. 458, Anm. 69
  2. Lorenz Engell: „Tasten, Wählen, Denken. Genese und Funktion einer philosophischen Apparatur“, in: Stefan Münker u.a. (Hrsg.): Medienphilosophie. Beiträge zur Klärung eines Begriffes. Frankfurt am Main 2003

Literatur

Forschungsberichte

  • Christian Filk/Sven Grampp/Kay Kirchmann: "Was ist Medienphilosophie und wer braucht sie womöglich dringender: die Philosophie oder die Medienwissenschaft? Ein kritisches Forschungsreferat", in: Allgemeine Zeitschrift für Philosophie, Bd. 29/1, 2004, S. 39-65.
  • Frank Hartmann: "Philosophie und die Medien", in: Information Philosophie, 1/1991, S.17-28.
  • Dieter Mersch: "Technikapriori und Begründungsdefizit. Medienphilosophie zwischen uneingelöstem Anspruch und theoretischer Neufundierung", in: Philosophische Rundschau, 50/3, 2003, S. 193-219.
  • Ulrike Ramming: "'Medienphilosophie' - Ein Bericht", in: Dialektik. Zeitschrift für Kulturphilosophie, 2001/1, S. 153-170.
  • Lambert Wiesing: "Was ist Medienphilosophie?", in: Information Philosophie, 3/2008, S. 30-38.

Videos

Dieser Artikel basiert ursprünglich auf dem Artikel Medienphilosophie aus der freien Enzyklopädie Wikipedia und steht unter der Doppellizenz GNU-Lizenz für freie Dokumentation und Creative Commons CC-BY-SA 3.0 Unported. In der Wikipedia ist eine Liste der ursprünglichen Wikipedia-Autoren verfügbar.