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Nerd

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Der Titel dieses Artikels ist mehrdeutig. Zu anderen Bedeutungen siehe Nerd (Begriffsklärung)

Nerd [nɜːd] (engl. modern für „Computerfreak“; ursprünglich für „Sonderling“)[1] ist eine Bezeichnung für an Spezialinteressen hängende Menschen mit sozialen Defiziten.[2]

Das Wort weist vom Kontext abhängig anerkennende oder abwertende Anklänge auf. In Computerkreisen gilt es als echtes Kompliment.[3]

Positiv betrachtet ist ein Nerd ein Individualist, der durch Besitz hinreichender Fachkenntnisse einen entsprechenden Grad an gesellschaftlicher Anerkennung innerhalb der jeweiligen Szene aufweist. Negativ gesehen ist Nerd eine stereotype Bezeichnung eines in sozialen Belangen unbeholfenen verschrobenen Einzelgängers, der ständig vor dem Computer sitzt und dadurch jenseits des Computers in soziale Isolation gerät.

Nerds verbinden vor allem drei Eigenschaften mit anderen Nerds: soziale Vernetzung per Mausklick, Ironie und Intelligenz.[3] Als besonders ausgeprägte Form des Computerfreaks gehört zum Nerd das Klischee eines Eigenbrötlers, der das Haus nur mit Bekenner-T-Shirt verlässt,[4] vorwiegend allein oder innerhalb abgeschotteter Gruppen agiert und keinen Wert auf die Meinung von Noobs legt. Das Wort findet über das Computerumfeld hinaus Anwendung als Bezeichnung für meist männliche Technikenthusiasten, die sich besonders für Science-Fiction oder andere Bereiche aus Wissenschaft und Technik interessieren.

Es ist ein in die deutsche Umgangssprache importiertes Wort, das ursprünglich aus dem US-amerikanischen Slang der Schulen, Colleges und Universitäten stammt. Dort wird es als Synonym für „Sonderling“ gebraucht, unter anderem im Sinne von „Fachidiot“[5], „Schwachkopf“[6] oder „Streber“[7] und nicht gerade geliebten „Eigenbrötler“[8] einer Klasse; als Gegenbegriff zum sogenannten Jock.[9] Während der Begriff ursprünglich negativ besetzt war, hat er sich unter Technikenthusiasten zu einer selbstironischen Eigenbezeichnung entwickelt,[9] vor allem wenn sie eine Affinität zur Hackerkultur zeigen.[10] Die Entwicklung geht bis hin zu einem positiveren Bedeutungswandel, der insbesondere durch Medien wie Fernsehserien die Umgangssprache beeinflusst;[9] von der reinen Außenseiterrolle hin zu einem Menschen, der die Gesellschaft voranbringt (etwa durch Vergleiche mit Archimedes[5] und Bill Gates[11]).

Begriffsherkunft und -entwicklung

Nach einem Beitrag von Spiegel Online ist das Phänomen dieses Stereotyps wahrscheinlich so alt wie die Menschheit selbst.[5] Als Beispiel wird dort Archimedes aufgeführt, ein griechischer Ingenieur und Physiker aus dem 3. Jahrhundert vor Christus, der in der heutigen Zeit wohl als Nerd bezeichnet werden könnte. Er entwickelte Waffen, berechnete die Zahl Pi und entdeckte die Hebelgesetze, soll aber deutlich weniger für Körperpflege übrig gehabt haben. Der Legende nach soll Archimedes sogar wegen seines Nerdtums gestorben sein: Vollkommen in ein mathematisches Problem versunken und geometrische Figuren in den Sand malend raunte er einen ihn näher kommenden Soldaten an mit den Worten „Störe meine Kreise nicht“. Dafür wurde er erschlagen.

Die Herkunft des Wortes ist unklar. Der erste schriftliche Beleg findet sich in dem Gedicht If I ran the zoo von Dr. Seuss aus dem Jahr 1950:

„And then, just to show them, I’ll sail to Ka-Troo
And Bring Back an It-Kutch, a Preep and a Proo,
A Nerkle, a Nerd, and a Seersucker, too!“

Im Online Etymology Dictionary[12] wird nerd wie folgt definiert: „1951, U.S. student slang, probably an alteration of 1940s slang nert "stupid or crazy person," itself an alteration of nut. The word turns up in a Dr. Seuss book from 1950 ("If I Ran the Zoo"), which may have contributed to its rise.“[13]

Laut einem Artikel der IEEE Spectrum[14] des IEEE 1995 stammt die Bezeichnung Nerd ursprünglich vom Rückwärtslesen von „drunk“ (engl. betrunken), also: „knurd“. Demnach beziehe sich die Bezeichnung auf College-Absolventen, die Partys vermeiden. Aus „knurd“ wurde im Laufe der Zeit „nerd“ („kn“ am Wortanfang wird im Englischen „n“ ausgesprochen).

Das Merriam-Webster’s Collegiate Dictionary definiert nerd als:

„- a person who behaves awkwardly around other people and usually has unstylish clothes, hair, etc.
- person who is very interested in technical subjects, computers, etc.
- Full Definition: an unstylish, unattractive, or socially inept person; especially; one slavishly devoted to intellectual or academic pursuits <computer nerds>“

Merriam-Webster’s Collegiate Dictionary[15]

Der Duden nahm den Begriff 2004 auf und definierte ihn im Jargon als abwertend für „sehr intelligenter, aber sozial isolierter Computerfan“.[6] Zu einer weiteren Etablierung im Deutschen sowie auch positiver Umdeutungen kam es laut dem Germanisten Andreas Osterroth durch Synchronisationen US-amerikanischer Serien wie etwa The Big Bang Theory 2009. Laut Osterroth kam es insbesondere im Deutschen zu einer Melioration, nachdem der Begriff ursprünglich im Englischen als Antonym zum sogenannten Jock, einem athletisch und erotisch erfolgreichen Highschoolschüler, stand.[9] "Nerd" ist somit ein typisches Geusenwort.

Rezeption

Wil Wheaton, US-amerikanischer Schauspieler, bekennt sich regelmäßig in seinen Autobiographien und in seinem Weblog zu seinem privaten Leben als Nerd und verkörperte auch in seiner Rolle als Wesley Crusher in der Science-Fiction-Serie Raumschiff Enterprise: Das nächste Jahrhundert einen jungen Nerd. Linus Torvalds, finnischer Programmierer und Initiator des Kernels Linux, dessen Entwicklung er bis heute koordiniert, bezeichnet sich selbst als Nerd in seinem Buch Just for Fun.

In vielen Medienberichten wird Bill Gates als ehemaliger Nerd dargestellt, so hatte etwa Peter Glaser bereits 1996 im Magazin Stern geschrieben: „Die Nerds übernehmen gerade die Weltherrschaft“ und seien „eine Schar unattraktiver, neurotischer Bürschchen, die aussehen, als könne man sie mit einem Löschblatt bewusstlos schlagen“. Kulturelle Rezeption fand der Begriff in der Populärkultur wie Revenge of the Nerds („Die Rache der Eierköpfe“), einer vierteiligen amerikanischen Filmreihe Mitte der 1980er Jahre. Neuere angloamerikanische Sitcoms wie The Big Bang Theory oder The IT Crowd überzeichnen ironisch Verhalten von sogenannten Nerds. Laut dem Journalisten Christian Fahrenbach wird die Figur des Nerds auch in Kinofilmen wie Matrix durch die Rolle des Neo, Scott Pilgrim gegen den Rest der Welt oder The Social Network verkörpert. Ebenso würden Zeitschriften wie De:Bug oder Wired zu einer positiven Konnotation beitragen. Der Niederländer Max de Bruijn schrieb bereits 2000 ein Buch unter dem Titel Wie werde ich Bill Gates: Aufzucht und Lebensweise des gemeinen Nerd.[5]

Als häufiger Gegenstand von Satiren und Parodien ist das ursprüngliche Nerd-Klischee eng an künstlerische Darstellungen desselben verknüpft, wodurch häufig wiederkehrende äußere Erkennungsmerkmale eine besondere Festigung im Klischee erhielten und andererseits zur Entwicklung neuer Mode-Accessoires beitrugen. Einer der bekanntesten Filmkünstler, die sich mit der Figur des trockenen, tollpatschigen Intellektuellen beschäftigen, ist Woody Allen, der sich unter anderem in entsprechenden Filmrollen mit Hornbrillen[16] zeigt. In einer Retrowelle werden ähnliche Brillen zunächst spöttisch als Nerd-Brillen betitelt,[17] kurze Zeit später aber auch im Handel unter diesem Namen angeboten und erfuhren noch größere Verbreitung und Aufmerksamkeit.[18][19]

Literatur

  • David Anderegg: Nerds. Who They Are and Why We Need More of Them. Penguin 2007, ISBN 978-1-58542-590-7.
  • David Brooks: Why Geek Is Newly Chic. In: The New York Times (in: SZ, 2. Juni 2008, S. 2).
  • Max Goldt: Ein gutes und ein schlechtes neues Wort für Männer. In: Mind boggling – Evening Post, Zürich 1998, S. 84–90.
  • Andreas Osterroth: Der Einfluss der Synchronfassungen massenmedialer Produkte auf den Sprachwandel am Beispiel des Lexems »Nerd«, in: Sprachreport Heft 3, 2015, Seiten 1–8. Kursiv gedruckt: Nerd im Titel.

Fußnoten

  1. Nerd in dict.cc Englisch-Deutsch, Onlineabfrage am 4. Februar 2017.
  2. Warum Nerds plötzlich cool sind, ein Interview mit Nerdforscher Mathias Mertens, fudder.de, 22. November 2012.
  3. 3,0 3,1 3sat „Was man über Nerds wissen sollte!“ / 4. Oktober 2007.
  4. sueddeutsche.de „Nerd - das unbekannte Wesen“ / 28. November 2007.
  5. 5,0 5,1 5,2 5,3 Die neuen Nerds - Gefeierte Fachidioten, Spiegel Online, Jugendmagazin „Yaez“, 24. Februar 2011.
  6. 6,0 6,1 Nerd, der, duden.de, abgerufen am 17. Oktober 2015.
  7. Nerd - Begriffserklärung und Definition, seo-lexikon, abgerufen am 4. Februar 2017.
  8. Die Anormalität des Nerd, DGS - Deutsche Gesellschaft für Soziologie, 4. Mai 2013, Autor: Jasmin Siri.
  9. 9,0 9,1 9,2 9,3 Wie US-Serien die deutsche Sprache verändern, Matthias Heine in Welt Online vom 16. Oktober 2015.
  10. Hacker FAQ für Manager.
  11. Bill Gates - Vom Nerd zum Wohltäter der Superlative, handelsblatt.com, 28. Oktober 2015.
  12. zur Reputation, vgl. en:Online Etymology Dictionary.
  13. nerd in etymonline.com, abgerufen am 20. Oktober 2015 (englisch).
  14. IEEE Spectrum 4/1995, Seite 16.
  15. nerd im Merriam Webster, abgerufen am 19. Oktober 2015 (englisch)
  16. Christoph Gröner: Woody Allen – Trag sie noch einmal, Woody. Spiegel-Online, 2. Mai 2008, abgerufen am 1. Juli 2010.
  17. Neues Wörterbuch der Szenesprachen - Nerd-Brille. szenesprachenwiki.de, 2009, abgerufen am 1. Juli 2010.
  18. Hans-Jürgen Jakobs: Stilkritik: Marc Bator - Der Kolossal-Guckkasten. sueddeutsche.de, 23. Juni 2010, abgerufen am 1. Juli 2010.
  19. Modetrend Nerd-Brille. GQ, 25. April 2008, abgerufen am 1. Juli 2010.

Siehe auch

Weblinks

Wiktionary: Nerd – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen


Dieser Artikel basiert auf dem Artikel Nerd (3. Oktober 2018) aus der freien Enzyklopädie Wikipedia. Der Wikipedia-Artikel steht unter der Namensnennung - Nicht-kommerziell - Weitergabe unter gleichen Bedingungen 3.0 Unported (CC BY-NC-SA 3.0). In der Wikipedia ist eine Liste der Autoren verfügbar, die vor Übernahme in Jewiki am Text mitgearbeitet haben.