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Anti-Atomkraft-Bewegung

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Die Lachende Sonne wird von Anti-Atomkraft-Bewegungen in einigen Ländern verwendet[1]

Anti-Atomkraft-Bewegungen sind Soziale Bewegungen in einigen Ländern, die sich gegen eine zivile Nutzung der Kernenergie wenden.

Europa

Deutschland

Die in den 1950er Jahren herrschende Euphorie des Atomzeitalters spielte sich nach Joachim Radkau vor allem in der Publizistik ab, während sie in der breiten Bevölkerung nicht geteilt wurde. Bis in die 1970er Jahre mussten sich deshalb die Protestbewegungen gegen die Medien behaupten, erst ab 1974 erhielt sie u.a. mit der Besetzung des Bauplatzes in Wyhl, und damit auch die Risiken der Kernenergie einen Nachrichtenwert. Daraufhin schlug die allgemeine Stimmung in der Öffentlichkeit um, die Öffentlichkeit wurde zu einer kritischen Kraft, die mit der Gründung der Partei Die Grünen nicht rein außerparlamentarisch blieb. Zum ersten mal überhaupt in der Geschichte wurde Technologiepolitik jahrelang parlamentarisch kontrovers diskutiert.[2]

Radkau zufolge war die Antiatombewegung in Deutschland eine rationale Reaktion auf Sorgen, die aus einer Kombination vieler Beobachtungen und Informationen entstanden.[3] Er verweist dabei auf Thesen eines Standardwerks zur Reaktortechnik aus den fünfziger Jahren, die später nur noch in der Anti-AKW-Literatur zu finden gewesen seien.[3] Die anfängliche übertriebene Atomeuphorie der Zeit zuvor sei damals offen angesprochen worden, das mit der Kernenergie verbundene hohe Risiko ebenso.[4] Radkau führt den Erfolg der Umwelt- und Anti-Atombewegung in Deutschland und den USA gegenüber deren geringen Anerkennung in Japan (vgl. Michiko Ishimure) weniger auf technische als gesellschaftliche Ursachen zurück.

Die Dynamik der deutschen und amerikanischen Umweltbewegung sei 1970 aus dem Wechselspiel zwischen administrativen Eliten, Initiativen aus der Wissenschaft und den Medien entstanden. Sie beruhte demnach auf einer breiten Basis von sich stärkenden Bürgern, Parlamenten und Institutionen und einer für Aufsteiger verhältnismäßig offenen Elite.[3]

Erfolge der Antiatombewegung auf regionaler Ebene, etwa im südbadischen Wyhl den dort vorgesehenen Reaktorblock zu verhindern,[5] seien in Deutschland viel leichter zu erringen gewesen als etwa im zentralistischen Frankreich.[6]

Besonders wirkungsstark war die Protestbewegung deshalb, weil sowohl die Wirtschaftlichkeit der Kernenergie deutlich ungünstiger als auch weil der Bedarf an Atomstrom geringer war als von vielen zuvor geglaubt.[2]

Frankreich

Demo in Colmar (2009)

In Frankreich erlebte die Anti-Atomkraft-Bewegung ihren Höhepunkt bereits in den 1970er Jahren. Die erste Demonstration gegen ein Kernkraftwerk fand am 12. April 1971 im elsässischen Fessenheim statt. Bis Mitte des Jahrzehnts verbündeten sich Atomkraftgegner aus Deutschland, Frankreich und der Schweiz, um gegen Kraftwerke bei Fessenheim, Wyhl und Kaiseraugst zu demonstrieren. Auch um den schnellen Brüter Superphénix formierte sich massiver Widerstand. Bei einer Demonstration in Malville mit 60.000 Teilnehmern kam es am 31. Juli 1977 zu erheblichen Ausschreitungen bei denen ein Demonstrant ums Leben kam.[7] Das Netzwerk Sortir du nucléaire gründete sich 1997 im Zusammenhang mit der Stilllegung des Superphénix.

Anders als in Deutschland gelang es der Anti-Atomkraft-Bewegung in Frankreich nicht, einen breiten gesellschaftlichen Konsens gegen die Atomkraft herbeizuführen. Sie konnte daher auch nicht verhindern, dass die Atomkraft in Frankreich seit den 70er Jahren systematisch zur wichtigsten Elektrizitätsquelle des Landes ausgebaut wurde und heute über drei Viertel der französischen Stromproduktion ausmacht.

Australien und Ozeanien

Die Nuklearwaffentests, der Uranbergbau und -export sowie Zwischenfälle bei der Nutzung von Kernenergie waren Gegenstand öffentlicher Debatten in Australien. Die Wurzeln der Bewegung liegen auch in der Auseinandersetzung über die französischen Kernwaffentests im Pazifik. Australien betreibt bis heute (2011) kein Kernkraftwerk und baute bislang keine Atomwaffen. Australien hat bedeutende Uranvorkommen. Der letzte gescheiterte Versuch, ein Kernkraftwerk – das Kernkraftwerk Jervis Bay – zu bauen, fand im Jahr 1970 statt. Die aktuell (2011) regierende Australian Labor Party (ALP) von Julia Gillard ist gegen den Bau von Atomwaffen und für den Bau einer vierten Uranmine, den die Nationalkonferenz der ALP von 2009 beschloss.[8]

Amerika

Vereinigte Staaten

Demonstration in Harrisburg (USA) am 4. September 1979

Die Anti-Atomkraft-Bewegung in den Vereinigten Staaten (USA) ist Teil einer Protest-Bewegung von rund 80 Gruppen, die sich zunächst vor allem gegen die Herstellung und Verwendung nuklearer Waffen wandten. Hinsichtlich ihrer Opposition gegen die militärische Verwendung der Atomkraft haben diese Gruppe eine lange Tradition. Die Bewegung erreichte ihren Höhepunkt in den 1970er und 1980er Jahren, unter anderem ausgelöst durch den Unfall im Kernkraftwerk Three Mile Island, südlich von Harrisburg (Pennsylvania) im März 1979. Am 12. Juni 1982 demonstrierten rund eine Million Menschen im Central Park von New York gegen die Atomrüstung.[9][10]

Zu den international bekanntesten Persönlichkeiten in der Bewegung gehören John Gofman, Amory Lovins und Linus Pauling.

Literatur

  • Greg Barton, Jennifer Smith: Anti-Nuclear Movement (American Social Movements). Greenhaven Press, 2002, ISBN 9780737711516.
  • Jane I. Dawson: Eco-Nationalism: Anti-Nuclear Activism and National Identity in Russia, Lithuania, and Ukraine. Duke University Press, 1996, ISBN 0822318318.
  • Horace Herring: From Energy Dreams to Nuclear Nightmares: Lessons from the Anti-nuclear Power Movement in the 1970s. Jon Carpenter Publishing, 2006, ISBN 1897766998.
  • Michael D. Mehta: Risky Business: Nuclear Power and Public Protest in Canada. Lexington Books, Lanham 2005, ISBN 978-0739109106.
  • Willi Baer, Karl-Heinz Dellwo: Lieber heute aktiv als morgen radioaktiv I. In: Willi Baer, Karl-Heinz Dellwo (Hrsg.): Bibliothek des Widerstands. Bd. 18, Laika-Verlag, Hamburg 2011, ISBN 978-3-942281-01-0.
  • Willi Baer, Karl-Heinz Dellwo: Lieber heute aktiv als morgen radioaktiv II. In: Willi Baer, Karl-Heinz Dellwo (Hrsg.): Bibliothek des Widerstands. Bd. 19, Laika-Verlag, Hamburg 2012, ISBN 978-3-942281-17-1.
  • Willi Baer, Karl-Heinz Dellwo: Lieber heute aktiv als morgen radioaktiv III. In: Willi Baer, Karl-Heinz Dellwo (Hrsg.): Bibliothek des Widerstands. Bd. 23, Laika-Verlag, Hamburg 2012, ISBN 978-3-942281-02-7.

Weblinks

 Commons: Demonstrationen und Proteste gegen Atomkraft – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Denise Winterman: The Other Smiley. BBC News Magazine, 1. Dezember 2005.
  2. 2,0 2,1 Joachim Radkau, Technik in Deutschland, Frankfurt New York 2008, S. 372.
  3. 3,0 3,1 3,2 Aufstieg und Krise der deutschen Atomwirtschaft. 1945-1975. Verdrängte Alternativen in der Kerntechnik und der Ursprung der nuklearen Kontroverse. Rowohlt, Reinbek 1983, ISBN 3-499-17756-0
  4. FAZ Gesellschaft 22. März 2011 Umwelthistoriker Joachim Radkau: „Katastrophen geben den letzten Kick“
  5. dessen Großkomponenten dann allerdings als Kernkraftwerk Philipsburg II mit großer lokaler Zustimmung verwendet wurden
  6. Elisabeth von Thadden: Atomkrise "Manches bleibt rätselhaft" Japan geht mit Erdbeben seit langem risikobewusster um als mit der Kernenergie. Online auf DIE ZEIT, 17. März 2011 Nr. 12.
  7. 1971 Utopie oder Tod, Der Freitag, Nr. 13, 31. März 2011, S. 12.
  8. Sarah Martin: Peter Garrett says Four Mile uranium mine decision not taken lightly. The Advertiser Adelaide, 15. Juli 2009. Abgerufen am 13. Februar 2011
  9. http://www.icanw.org/1982 - a million people march in New York City
  10. http://www.thenation.com/article/spirit-june-12#
Dieser Artikel basiert ursprünglich auf dem Artikel Anti-Atomkraft-Bewegung aus der freien Enzyklopädie Wikipedia und steht unter der Doppellizenz GNU-Lizenz für freie Dokumentation und Creative Commons CC-BY-SA 3.0 Unported. In der Wikipedia ist eine Liste der ursprünglichen Wikipedia-Autoren verfügbar.