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Massaker von Mỹ Lai

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Beim Massaker von My Lai ermordete vietnamesische Zivilisten

Das Massaker von Mỹ Lai (Son My) war ein Kriegsverbrechen US-amerikanischer Soldaten in Südvietnam, das 1968 während des Vietnamkrieges in dem Gemeindeteil Mỹ Lai des Dorfs Sơn Mỹ, genannt My Lai 4, begangen wurde. Das Massaker an 504 Zivilisten wurde von der US-Armee zunächst vertuscht. Erst durch Recherchen des investigativen Journalisten Seymour Hersh gelangte das Geschehen an die Öffentlichkeit, wobei die Veröffentlichung der Reportage zunächst für etwa ein Jahr von sämtlichen Medien abgelehnt worden war. Hersh erhielt 1970 den Pulitzer-Preis, die Veröffentlichung hatte großen Einfluss auf die öffentliche Meinung zum Vietnamkrieg in den USA.

Verlauf

Am 16. März 1968 hatte eine Gruppe US-amerikanischer Soldaten der 11. Infanterie-Brigade von Task Force Barker unter Leitung des Lieutenant Colonel Frank A. Barker den Auftrag, Mỹ Lai, Dorf Sơn Mỹ, Kreis Sơn Tịnh, Provinz Quảng Ngãi einzunehmen und nach Guerilleros des Vietcong zu durchsuchen, da die Bewohner, aus Sicht des US-Militärs, als potenzielle Unterstützer des Vietcong galten.

Die Soldaten vergewaltigten Frauen und ermordeten fast alle Bewohner des Dorfes: 504 Zivilisten, darunter zahlreiche Kinder, Frauen und Greise.[1][2] Es wurden sogar sämtliche Tiere getötet. Nur wenige Soldaten verweigerten den Befehl zum Mord. Lediglich der US-amerikanische Hubschrauberpilot Hugh Thompson, der sich auf einem Aufklärungsflug befand, zwang die Soldaten durch die Drohung, seine Bordschützen Glenn Andreotta und Lawrence Colburn mit dem MG auf sie feuern zu lassen, wenn diese weiter töten, elf Frauen und Kinder zu verschonen, die er in Sicherheit brachte. Für ihr Eingreifen wurde die Hubschrauberbesatzung ausgezeichnet; die Ehrungen wurden dreißig Jahre später mit der Soldier’s Medal aufgewertet.

Umgang in der US-Armee

Unmittelbar nach dem Verbrechen versuchten führende Offiziere, das Massaker zu vertuschen. Als Captain Ernest Medina am 15. März 1968 die Einheiten der Task Force Barker auf die am nächsten Tag anstehende Operation in der Provinz Quang Ngai einstimmte, sprach er verharmlosend vom „Ausflug nach Pinkville“, so der Army-Spitzname für My Lai, bei dem es darauf ankomme, seinen „gesunden Menschenverstand“ zu gebrauchen und ein Gebiet zu säubern, „in dem Charley nichts verloren hat“. Nach offizieller Darstellung waren in My Lai im Rahmen von Kampfhandlungen gegen den Vietcong (zunächst) „rund 20 Zivilisten unbeabsichtigt ums Leben gekommen“.

Im April 1969 sandte der Kriegsveteran Ronald Ridenhour, der von dem Massaker während seiner Dienstzeit gehört hatte, Briefe an verschiedene Kongressabgeordnete und den General für Vietnam William Westmoreland. Davon aufmerksam geworden wurde eine interne Untersuchung eingeleitet, die im September zur Anklage des während des Einsatzes befehlshabenden Offiziers William Calley führte. In einer Pressemitteilung des Verteidigungsministerium hieß es, Calley sei wegen Vergehen gegen eine nicht näher bestimmbare Zahl von südvietnamesischen Zivilisten angeklagt worden.[3]

Öffentliches Bekanntwerden

Die erste Berichterstattung fand 14 Monate nach dem Massaker statt, bildete aber noch nicht das ganze Ausmaß des Vorfalls ab. Als das Verteidigungsministerium mit seiner Pressemitteilung über die Anklage Calleys informierte, veröffentlichten die großen amerikanischen Zeitungen die Nachricht zwar, bemaßen ihr jedoch keinen besonderen Stellenwert zu.[4]

Erst am 5. Dezember 1969 erschien im Life-Magazin ein ausführlicher Artikel über das Massaker. Anschließend berichteten auch Newsweek und das Time-Magazin über den Vorfall. Die Weltöffentlichkeit reagierte schockiert.

Seymour Hersh, der Journalist, der die Umstände des Falles aufgedeckt hatte, bekam 1970 den Pulitzer-Preis für internationale Berichterstattung. Sein Bericht wurde durch schockierende Bilder des Fotografen Ron Haeberle illustriert. Dieser nahm an der Operation als offizieller Armeereporter teil, um Belege für die als „Body Counting“ bezeichnete Militärstatistik zu liefern. Die fotografierten Leichen wurden von den Offizieren als gefallene Vietcong-Kämpfer identifiziert. Im Dorf wurden jedoch keine Vietcong angetroffen und es gab auch keinen Widerstand. Dennoch war die Armee mit dem Einsatz äußerst zufrieden, denn es gab keinen toten und lediglich einen verletzten GI. Dabei handelte es sich um den Soldaten PFC Herbert Carter, der sich selbst in den Fuß geschossen haben soll, um per MedEvac vom Ort des Geschehens evakuiert zu werden. Nach offizieller Verlautbarung gab es angeblich 128 tote Vietcong auf der Gegenseite. Der Hubschrauberpilot Hugh Thompson, der den Fortgang des Massakers mit Waffengewalt verhinderte, sprach in Interviews von 400 bis 500 Leichen, die er gesehen habe. Es dauerte ein Jahr, bis Hersh einen Verlag gefunden hatte, der bereit war, seine Geschichte und seine Bilder zu veröffentlichen. So lehnten auch die Magazine Life und Look Hershs Story zunächst ab; sie wurde erst am 13. November 1969 veröffentlicht, nachdem die unabhängige Nachrichtenagentur Dispatch News Service 50 Herausgeber und Zeitungen persönlich kontaktiert hatte.

Nur vier Soldaten wurden vor ein Militärgericht gestellt. Lediglich Calley wurde von einem Gericht am 31. März 1971 zu lebenslanger Haft verurteilt, die aber durch US-Präsident Richard Nixon bereits am darauffolgenden Tag in Hausarrest umgewandelt wurde, ehe er ihn 1974 vollends begnadigte.

Wirkung

Die beim Massaker von My Lai getötete Nguyen Thi Tau

Die Veröffentlichung markierte eine deutliche Wende in der öffentlichen Meinung zum Vietnamkrieg, sowohl in den USA wie auch in der ganzen westlichen Welt, und trug entscheidend zur Mobilisierung der Antikriegsbewegung bei.

Heute befindet sich an der Stelle ein kleines Dokumentationszentrum, in dem die damaligen Vorgänge sachlich dargestellt werden. Neben dem ehemaligen Dorf befinden sich zwei gepflegte Gebäude, eine Schule und ein Kulturzentrum. Errichtet und unterhalten werden sie von amerikanischen Vietnamkriegsveteranen.

Tim O´Brien hat Geschehnisse des Massakers von My Lai in seinem Roman "Geheimnisse und Lügen" (im amerikanischen Original: "In the Lake of the Woods") literarisch verarbeitet.

Siehe auch

Film- und Radiodokumentationen

  • Barak Goodman: American experience - My Lai. PBS-Dokumentation, Juni 2010 (Video, 82 Min.)
    deutsche Fassung bei Spiegel TV: Das Blutbad von My Lai
  • Four Hours in My Lai. Yorkshire Television, ausgestrahlt auf ITV
  • The My Lai Tapes. BBC 4, März 2008 (Audio, 47 Min., als Podcast: Teil 1, Teil 2)
  • Joseph Strick: Interviews with My Lai Veterans, 1971, 21 min (Doku) (Oscar für den besten kurzen Dokumentarfilm)
  • Walter Heynowski, Gerhard Scheumann: Am Wassergraben, 1978, 16 min (Doku)

Verfilmungen

Literatur

Weblinks

 Commons: Massaker von My Lai – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien
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Einzelnachweise

  1. "Murder in the name of war — My Lai". BBC, 20. Juli 1998.
  2. Michael Marek: Als die Dämme des Menschlichen brachen NZZ Online, 14. April 2008
  3. Hammond, William: Reporting Vietnam. Media and Military at war (Lawrence 1998), 188.
  4. Hammond, William: Reporting Vietnam. Media and Military at war (Lawrence 1998), 189.
Dieser Artikel basiert ursprünglich auf dem Artikel Massaker von Mỹ Lai aus der freien Enzyklopädie Wikipedia und steht unter der Doppellizenz GNU-Lizenz für freie Dokumentation und Creative Commons CC-BY-SA 3.0 Unported. In der Wikipedia ist eine Liste der ursprünglichen Wikipedia-Autoren verfügbar.