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Schwache Wechselwirkung

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Die schwache Wechselwirkung (auch schwache Kernkraft genannt, vereinzelt auch β-Wechselwirkung) ist eine der vier Grundkräfte der Physik. Im Gegensatz zu den aus dem Alltag bekannten Wechselwirkungen der Gravitation und des Elektromagnetismus wirkt sie jedoch nur auf sehr kleinen Abständen. Dabei kann sie wie andere Kräfte für Energie- und Impuls-Austausch sorgen, wirkt aber vor allem bei Zerfällen oder Umwandlungen der beteiligten Teilchen, etwa dem Betazerfall bestimmter radioaktiver Atomkerne. Durch die schwache Wechselwirkung lassen sich keine gebundenen Zustände bilden, was sie von den anderen drei Wechselwirkungen unterscheidet.

Entscheidende Bedeutung hat die schwache Wechselwirkung durch ihre Rolle bei der Fusion von Wasserstoff zu Helium in der Sonne (Proton-Proton-Reaktion), da nur durch sie die Umwandlung von Protonen in Neutronen möglich ist. So entsteht aus vier Protonen (den Wasserstoffkernen) über mehrere Zwischenschritte der stabile Heliumkern mit zwei Protonen und zwei Neutronen. Durch diesen Prozess setzt die Sonne Energie frei. Aufgrund der geringen Stärke der schwachen Wechselwirkung läuft dieser Prozess so langsam ab, dass die Sonne schon seit 4,5 Milliarden Jahren stabil leuchtet und dies voraussichtlich noch fünf bis sechs Milliarden Jahre tun wird.

Überblick

Die schwache Wechselwirkung lässt sich in geladene Ströme und ungeladene Ströme unterscheiden. Geladene Ströme wirken zwischen allen (linkshändigen) Quarks und (linkshändigen) Leptonen sowie den (rechtshändigen) Antiquarks und (rechtshändigen) Anti-Leptonen. Ungeladene Ströme wirken zwischen denselben Teilchen, die durch geladene Ströme wechselwirken, aber zusätzlich auch zwischen allen geladenen (Anti-)Quarks und (Anti-)Leptonen unabhängig von ihrer Chiralität.

Die elektromagnetische ist ca. 1011 Mal, die starke Wechselwirkung ca. 1013 Mal stärker als die schwache Wechselwirkung. Wie die starke und die elektromagnetische Wechselwirkung wird sie durch den Austausch von Eichbosonen beschrieben. Diese Austauschteilchen der schwachen Wechselwirkung sind das neutrale Z-Boson sowie die beiden positiv bzw. negativ geladenen W-Bosonen. Da diese massiv sind, ist die schwache Kraft nur von geringer Reichweite (kleiner als ein Atomkernradius).

Die schwache Wechselwirkung lässt sich am einfachsten bei Zerfällen von Quarks oder Leptonen beobachten. In Streuexperimenten hingegen ist diese eher schwer zugänglich, da sie bei geladenen Leptonen oder Hadronen von der starken bzw. elektromagnetischen Wechselwirkung überlagert wird. Teilchen, die weder der starken noch der elektromagnetischen Wechselwirkung unterliegen (keine Farbladung und keine elektrische Ladung tragen), sind die ungeladenen Leptonen, also die Neutrinos, die aber in Streuexperimenten äußerst kleine Wirkungsquerschnitte besitzen.

Die schwache Wechselwirkung verletzt die Paritätserhaltung, wie im Wu-Experiment nachgewiesen wurde. Außerdem verletzt sie die CP-Erhaltung etwa beim Zerfall des ungeladenen K0-Mesons (Kaonen).

Eine Quantenfeldtheorie, die die schwache Wechselwirkung zusammen mit der elektromagnetischen Wechselwirkung beschreibt, ist das Glashow-Weinberg-Salam-Modell. Man spricht in dieser Formulierung auch von zwei Aspekten der elektroschwachen Wechselwirkung, die durch den Higgs-Mechanismus vereinheitlicht werden.

Austauschteilchen

Die Austauschteilchen der schwachen Wechselwirkung sind massive Vektorbosonen. Sie haben den Spin 1. Ihr Verhalten kann durch die Proca-Gleichung beschrieben werden.

Folgende Tabelle gibt eine Übersicht der Eigenschaften der Austauschteilchen (Masse und Resonanzbreite nach Particle Data Group, Lebensdauer über die Energie-Zeit-Unschärferelation berechnet).

Boson Masse·c2 in GeV Resonanzbreite in GeV Lebensdauer in s

Die Reichweite lässt sich grob abschätzen, indem man annimmt dass sich die Teilchen während ihrer Lebensdauer (im Ruhesystems des Teilchens) mit 71 % der Lichtgeschwindigkeit im Laborsystem bewegen (Lorentzfaktor ): . Dies ergibt bei einer Lebensdauer von 3·10−25 s eine Reichweite von etwa 0,09 Femtometer – der kleinste Atomkern, das Proton, hat einen Durchmesser von etwa einem Femtometer.

Das Massenverhältnis von W- und Z-Bosonen wird durch die elektroschwache Theorie mit dem Weinbergwinkel vorhergesagt:

Das experimentell bestimmte Massenverhältnis beträgt etwa 0,882.

Als Konsequenz der Weinbergmischung ergibt sich, dass die Kopplungsstärke der Z-Bosonen nicht mit der der W-Bosonen identisch ist. Die Kopplungsstärke des W-Bosons an ein linkshändiges Fermion ist gegeben durch

,

die Kopplungsstärke des an ein Fermion ist dagegen

wobei die Ladung des Fermions in Einheiten der Elementarladung ist. bezeichnet die dritte Komponente des schwachen Isospins. Für linkshändige Neutrinos gilt beispielsweise .

Die Kopplungsstärken von schwacher und elektromagnetischer Wechselwirkung, also die schwache Ladung und die elektrische Ladung hängen zusammen über:

Reaktionen, Crossing-Symmetrie, Reaktionswahrscheinlichkeit

Zur Beschreibung eines schwachen Prozesses verwendet man üblicherweise die Schreibweise einer Reaktionsgleichung, wie

Die Teilchen a und b werden also in einem Prozess zu den Teilchen c und d umgewandelt. Ist dieser Vorgang möglich, so sind auch alle anderen möglich, die nach der Vertauschungsregel des Kreuzens (engl. crossing) entstehen. Ein Teilchen kann also auf die andere Seite der Reaktionsgleichung geschrieben werden, indem dort sein entsprechendes Antiteilchen notiert wird:

Außerdem sind die Umkehrprozesse möglich.

Ob diese Prozesse tatsächlich in der Natur beobachtet werden (also ihre Wahrscheinlichkeit, die sich um viele Größenordnungen unterscheiden kann), hängt nicht nur von der Stärke der schwachen Wechselwirkung ab, sondern unter anderem auch von Energie, Ruhemasse und Impuls der beteiligten Teilchen.

Für jede Reaktion gelten die bekannten Sätze der Energieerhaltung, Impulserhaltung und Drehimpulserhaltung, die nach dem Theorem von Noether mit den Invarianzen gegenüber zeitlicher und räumlicher Translation sowie Drehungen im Raum verbunden sind.

Sind die Summen der Ruhemassen der beteiligten Teilchen auf der rechten Seite größer als auf der linken, so handelt es sich um eine endotherme Reaktion, die nur möglich ist, wenn die Teilchen auf der linken Seite ausreichend kinetische Energie tragen. Sollte auf der linken Seite nur ein Teilchen stehen, dann ist die Reaktion in diesem Fall verboten, denn es gibt immer ein Bezugssystem, in dem dieses Teilchen in Ruhe ist (d. h., dass Masse aus dem Nichts erzeugt werden müsste, was nicht möglich ist).

Sind die Ruhemassen der eingehenden Teilchen größer als die Ruhemassen der erzeugten Teilchen, so ist die Reaktion exotherm, und die Differenz der Ruhemassen findet sich als kinetische Energie der erzeugten Teilchen wieder.

Prozesse

Man unterscheidet schwache Prozesse sowohl danach, ob Leptonen und/oder Quarks an ihnen beteiligt sind, als auch danach, ob der Prozess durch ein elektrisch geladenes - oder -Boson (geladene Ströme bzw. charged currents: CC) oder das neutrale -Boson (neutrale Ströme bzw. neutral currents: NC) vermittelt wurde. Die Bezeichnungen schwacher Prozesse lauten wie folgt:

Beteiligt Vermittelt durch
,
nur Quarks hadronisch geladen“ „hadronisch neutral“
Quarks und Leptonen „semileptonisch geladen“ „semileptonisch neutral“
nur Leptonen „leptonisch geladen“ „leptonisch neutral“

Alle Reaktionen, an denen Neutrinos beteiligt sind, verlaufen ausschließlich über die schwache Wechselwirkung (die Gravitation vernachlässigt). Umgekehrt gibt es aber auch schwache Reaktionen ohne Beteiligung von Neutrinos.

Ähnlich wie das Photon und im Gegensatz zu den W-Bosonen vermittelt das Z-Boson eine Wechselwirkung zwischen Teilchen, ohne die Teilchenart (genauer: Flavour) dabei zu verändern. Während das Photon aber nur Kräfte zwischen elektrisch geladenen Teilchen vermittelt, wechselwirkt das Z-Boson auch mit den ungeladenen Neutrinos. Bei neutralen Prozessen bleiben die beteiligten Fermionen unverändert (keine Änderung von Masse oder Ladung). Das Z0-Boson wirkt auf alle linkshändigen Fermionen und durch die Weinberg-Mischung auch auf die rechtshändigen Anteile von geladenen Fermionen. Es ist nicht wie die W-Bosonen maximal paritätsverletzend, da es einen Anteil des B0-Bosons enthält (siehe: Elektroschwache Wechselwirkung).

Beispiele für neutrale Prozesse sind: Die Streuung zweier Elektronen aneinander (wird für geringe Energien aber durch die stärkere elektromagnetische Wechselwirkung überlagert und erst bei hohen Energien werden die Wechselwirkungen in der Stärke vergleichbar). Die Streuung von Myon-Neutrinos an Elektronen (keine konkurrierenden Prozesse, erster experimenteller Nachweis der neutralen Ströme 1973 am CERN).

Leptonischer Prozess

Ein elementarer geladener leptonischer Prozess ist ein Zerfallsprozess eines Leptons L in ein Lepton L' unter Beteiligung ihrer entsprechenden Neutrinos bzw. Antineutrinos ():

Ein Beispiel dazu ist der Zerfall von Myonen:

wie auch die damit verbundenen Streuprozesse

Semileptonischer Prozess

Betazerfall des Neutrons

Bei einem elementaren geladenen semileptonischen Prozess sind neben Leptonen auch Quarks bzw. Antiquarks () beteiligt:

Ein Beispiel für einen semileptonischen Prozess ist der bereits genannte β-Zerfall des Neutrons, bei welchem sich ein Down-Quark des Neutrons in ein Up-Quark umwandelt:

(Quarkdarstellung)

Dadurch wird ein Neutron n = udd zu einem Proton p = uud:

(Hadronendarstellung)

Ein Down- und ein Up-Quark sind unbeteiligt. Sie werden „Zuschauerquarks“ (engl. spectator quarks) genannt.

Dieser Prozess wird durch ein -Boson vermittelt, wobei das negativ geladene Down-Quark in ein positiv geladenes Up-Quark umgewandelt wird — die negative Ladung wird durch ein -Boson „weggetragen“. und müssen also Quarks sein, deren Ladungsdifferenz gerade ist.

Weitere Beispiele von semileptonischen Prozessen sind:

Hadronischer Prozess

Kaon-Zerfall

Bei einem elementaren geladenen hadronischen (bzw. nichtleptonischen) Prozess sind nur Quarks bzw. Antiquarks beteiligt:

Der Kaon-Zerfall ist ein gutes Beispiel für einen hadronischen Prozess

Quarkdarstellung:

Hadronendarstellung:

Wobei die beteiligten Teilchen folgendermaßen aufgebaut sind: und sowie . Bei diesem Prozess ist das Up-Quark des Kaons wieder ein unbeteiligter Zuschauer. Die positive Ladung des Strange-Antiquarks wird durch ein -Boson weggetragen. Durch diesen Austausch ändert das Quark seinen Flavor zu einem Anti-Up-Quark.

Weitere Beispiele von hadronischen Prozessen sind zwei Zerfallskanäle des Λ-Baryons:

Teilchenumwandlungen

Bei geladenen Strömen der schwachen Wechselwirkung können sich nur Teilchen aus demselben Dublett ineinander umwandeln:

Es handelt sich nur um linkshändige Fermionen. Diese besitzen einen schwachen Isospin , wobei die dritte Komponente des schwachen Isospins für die oberen Teilchen und die unteren ist. Die schwache Hyperladung , also die doppelte Differenz aus elektrischer Ladung und dritter schwacher Isospinkomponente, ist innerhalb eines Dubletts konstant. Sie beträgt für die Leptonendubletts und für die Quarkdubletts .

Rechtshändige Fermionen koppeln nicht an W-Bosonen und tragen deshalb keinen schwachen Isospin. Weiterhin stellt man fest, dass Neutrinos in der Natur nur linkshändig vorkommen (Goldhaber-Experiment). Somit werden rechtshändige Fermionen als Singuletts beschrieben. Da die geladenen Ströme ausschließlich an die linkshändigen Dubletts koppeln, tritt bei diesen Vorgängen eine maximale Verletzung der Parität auf. Experimentell wurde dies im Wu-Experiment untersucht und durch die V-A-Theorie erklärt.

Bei den Quarks sind die Dubletts (u,d'), (c,s'), (t,b') Eigenzustände der schwachen Wechselwirkung und nicht (u,d), (c,s), (t,b). Die Zustände der gestrichenen Teilchen sind jeweils eine Linearkombination von drei Zuständen. D.h. die gestrichenen Quarkzustände sind gegenüber den Quarkzuständen wie folgt rotiert:[1]

Masse-Ladung-Diagramm der Quarks und ihre Zerfallsmöglichkeiten unter schwacher Wechselwirkung (Je feiner gestrichelt die Pfeile sind, desto unwahrscheinlicher ist der Prozess)

Dabei ist die sog. CKM-Matrix. Diese ist unitär und hat vier unabhängige Parameter. Die Quadrate der Elemente der angegebenen Matrix sind proportional zu den Übergangswahrscheinlichkeiten zwischen den Quarks.

d s b
u 0,9492 0,0508 0,00001
c 0,0507 0,9476 0,0017
t 0,00007 0,0016 0,9983

Die Übergänge innerhalb derselben Quarkfamilie (u,d), (c,s), (t,b) finden am häufigsten statt, da die Diagonalelemente die größten Übergangswahrscheinlichkeiten anzeigen. Es besteht mit geringerer Wahrscheinlichkeit auch die Möglichkeit, dass sich die Generation des Teilchens ändert. Dieses Verhalten wird dadurch verursacht, dass die Masseneigenzustände nicht mit den so genannten Wechselwirkungseigenzuständen übereinstimmen.

Der Zerfall von Quarks oder Leptonen durch neutrale Ströme, also z. B. die Übergänge c → u oder s → d oder μ → e wurden bisher nicht beobachtet.

Neutrinooszillationen

Die Neutrino-Eigenzustände der schwachen Wechselwirkung , , (Flavour-Zustände sind Eigenzustände des schwach wechselwirkenden Teils des Hamilton-Operators) sind nicht identisch mit den Eigenzuständen des Massenoperators , , (Eigenzustände des kinematischen Teils des Hamilton-Operators). Analog zur CKM-Matrix lässt sich hier die sog. Pontecorvo-Maki-Nakagawa-Sakata (PMNS)-Matrix einführen

Aktuelle Werte liegen bei:[2]

Die Matrix hat große Werte auch außerhalb der Diagonalen. Dies unterscheidet sie von der CKM-Matrix und führt zu einer starken Mischung der Neutrinofamilien mit der Zeit.

Wurde ein Neutrino ursprünglich mit einem bestimmten dieser drei Flavours erzeugt, so kann eine spätere Quantenmessung einen anderen Flavour ergeben (Erhaltung der Leptonenfamilienzahlen ist verletzt). Da die Wahrscheinlichkeiten für jeden Flavour sich periodisch mit der Ausbreitung des Neutrinos ändern, spricht man von Neutrinooszillationen.

Beim Zerfall eines (linkshändigen) Leptons durch die schwache Wechselwirkung ändert sich während der Wechselwirkung nicht der Flavour (Erhaltung der Leptonenfamilienzahl in jedem Wechselwirkungsvertex), jedoch können sich entstehende Neutrinos in der weiteren Zeitevolution ineinander umwandeln, wodurch sich der Flavour ändert und somit die Leptonenfamilienzahl-Erhaltung verletzt ist. Die Leptonenzahl ist jedoch bei dieser Oszillation stets erhalten.

Hätten die Neutrinos keine Masse, dann wäre jeder Flavorzustand auch ein Eigenzustand des Massenoperators. Folglich könnte man keine Flavor-Oszillationen beobachten.

Lagrange-Dichte

Im Folgenden werden für die Lagrange-Dichte der schwachen Wechselwirkung die Wechselwirkungsanteile zwischen Fermionen und Eichbosonen analysiert.

Um die Beschreibung der schwachen Wechselwirkung besser einordnen zu können, wird zunächst die elektromagnetische Wechselwirkung beschrieben. Alle im Folgenden mit griechischen Indizes versehenen Größen stellen Vierervektoren dar.

Elektromagnetische Wechselwirkung

In der Quantenelektrodynamik ist die Wechselwirkungsenergie die Kopplung von (Vierer-)Strömen geladener Teilchen an Photonen, dargestellt durch das elektromagnetische (Vierer-)Potential , gegeben durch:

Die Kopplungskonstante ist die Elementarladung . Die Stromdichte ist gegeben durch

wobei die Ladungsquantenzahl (die elektrische Ladung der Teilchen in Einheiten der Elementarladung) ist, sind die Dirac-Matrizen. ist das Feld des einlaufenden Fermions (bzw. auslaufenden Antifermions) mit (Vierer-)Impuls und das des auslaufenden Fermions (bzw. des einlaufenden Antifermions) mit Impuls . In einem Feynman-Diagramm beschreiben die Spinoren und die äußeren durchgezogenen Linien.

Elektron-Elektron-Streuung mit , , ,

Die Streuung zweier geladener Teilchen wird in der Bornschen Näherung (niedrigste Ordnung Störungstheorie) durch das nebenstehende Feynman-Diagramm beschreiben. Die dazugehörige Streuamplitude ist

An jeden Vertex der Ladung muss ein Faktor multipliziert werden. Am Vertex gilt wegen der Energie-Impuls-Erhaltung für den Vierervektor des Photons .

Innere Linien des Feynman-Diagramms sind die sog. Propagatoren, hier der Photonenpropagator , wobei der (Vierer-)Impulsübertrag und der metrische Tensor der speziellen Relativitätstheorie ist.

Schwache Wechselwirkung

Bei der schwachen Wechselwirkung beschreiben (neutral current) und (charged current) die Summanden der Lagrange-Dichte, die die Wechselwirkung zwischen Fermionen und den Eichbosonen enthalten.

Geladene Ströme

Die schwachen geladenen Ströme werden durch folgenden Wechselwirkungsanteil beschrieben:

Die -Bosonen koppeln mit derselben Kopplungskonstante an alle linkshändigen Leptonen und Quarks.

Bei der Beschreibung der einzelnen Strömen tritt jeweils der Chiralitätsoperator auf (dieser transformiert einen polaren in einen axialen Vektor). Bei massiven Teilchen wandelt dieser Teilchenspinoren positiver Helizität in Antiteilchenspinoren negativer Helizität um und umgekehrt (). Daraus lässt sich der Linkshändigkeitsoperator konstruieren:

Dieser Operator auf einen Spinor angewandt, projiziert auf den linkshändigen Anteil:

Wegen des Auftretens dieses Operators ist die schwache Wechselwirkung eine chirale Theorie. Der linkshändige Strom

ist die (Halbe) Differenz aus Vektorstrom und Axialvektorstrom , deswegen V minus A (siehe: V-A-Theorie).

Schwache geladene linkshändige Quarkströme mit , , , ist die CKM-Mischungsmatrix:

Schwache geladene linkshändige Leptonenströme mit , :

An einen Vertex muss folgender Faktor multipliziert werden:

Der Propagator für massive (Masse ) Spin-1-Teilchen, wie es die W- und Z-Bosonen sind, lautet:

Da für die meisten Fälle gilt, kann der Propagator genähert werden. Im Gegensatz zum Photonenpropagator ist der Propagator für kleine Impulsüberträge konstant.

Bei kleinen -Werten ist die schwache Wechselwirkung viel schwächer als die elektromagnetische. Dies liegt nicht an der Kopplungskonstante der schwachen Wechselwirkung, denn die schwache Ladung liegt in derselben Größenordnung wie die elektrische Ladung . Der Grund für die Schwäche der Wechselwirkung liegt in der Gestalt des Propagators der Austauschteilchen, da die riesige Bosonenmasse im Nenner steht und somit den Wechselwirkungsterm herabsetzt.

Die durch ein W-Boson vermittelte Streuung zweier Leptonen, hat eine Streuamplitude (in niedrigster Ordnung) von:

In der genäherten Form

wird die Streuamplitude durch die Kopplung zweier linkshändiger Ströme mittels einer Kopplungskonstanten beschrieben. Dies wurde von Enrico Fermi durch die Fermi-Wechselwirkung, und zwar als Wechselwirkung von vier beteiligten Teilchen an einem Raumzeitpunkt, beschrieben. Die Fermi-Konstante hat den Wert .

Neutrale Ströme

Die schwachen neutralen Ströme werden durch den folgenden Wechselwirkungsanteil beschrieben:

Die -Bosonen koppeln mit der Kopplungskonstante an den neutralen Strom . Dieser setzt sich aus einem Isospin-Strom und dem elektromagnetischen Strom zusammen.

Der Isospin-Strom berechnet sich über

f steht dabei für die Spinor-Wellenfunktion des Fermions. ist die dritte Komponente des schwachen Isospins. Sie wird wie folgt berechnet:

  • +1/2 für und
  • −1/2 für und

Wegen des Linkshändigkeits-Operators koppelt das -Boson über den Isospin-Strom also nur an die linkshändigen Anteile von Fermionen.

Der elektromagnetische Strom berechnet sich gemäß

wobei die elektrische Ladung des beteiligten Fermions bezeichnet.

Bei der Berechnung von Streuquerschnitten mit Hilfe von Feynman-Diagrammen muss für jeden Vertex der Faktor mit einem weiteren Faktor in Abhängigkeit der beteiligten Teilchenart multipliziert werden. Dieser lautet:

  • für die Neutrinos
  • für die geladene Leptonen
  • für Quarks mit Ladung 2/3 e, also
  • für Quarks mit Ladung −1/3 e, also den

Bei den letzten drei Faktoren treten Summanden ohne den Linkshändigkeits-Operator auf. Diese Z-Kopplungen wirken damit sowohl auf links- und rechtshändige Anteile der beteiligten Fermionen.

Bei den Neutrinos koppeln also nur die linkshändigen Anteile an das Z-Boson. Bei den geladenen Fermionen , und koppeln dagegen rechts- als auch linkshändige Anteile an das Z-Boson. Bei der Streuung geladener Fermionen kann somit neben der Wechselwirkung über ein elektromagnetisches Feld auch eine Wechselwirkung über das Feld des ungeladenen Z-Bosons stattfinden. Sind die beteiligten Teilchenenergien klein im Vergleich zur Ruheenergie des Z-Bosons überwiegt bei Streuprozessen allerdings die elektromagnetische Wechselwirkung.

Kombination der elektromagnetischen und neutralen Ströme

In der elektroschwachen Theorie lassen sich elektromagnetische und schwache neutrale Ströme kombinieren. Statt elektromagnetische Ströme an Photonen und schwache neutrale Ströme an Z-Bosonen

koppeln nun Isospin-Ströme an - und Hyperladungs-Ströme an -Bosonen:

Wobei ein Hyperladungsstrom basierend auf der Hyperladung eines Fermions eingeführt wurde:

Der Zusammenhang der Bosonen ist über und gegeben und der Zusammenhang der Kopplungskonstanten über .

Geschichte

Die schwache Wechselwirkung wurde zuerst beim Betazerfall entdeckt (für dessen Geschichte siehe den Artikel Betazerfall).[3] Die Entdeckung, dass der Betazerfall ein kontinuierliches Spektrum zeigte und scheinbar die Energieerhaltung verletzte, führte Wolfgang Pauli 1930 zur Postulierung des Neutrinos als drittem Zerfallspartner. Darauf aufbauend gab, nachdem 1932 auch noch das Neutron entdeckt worden war, Enrico Fermi 1934 eine erste Theorie des Betazerfalls.[4] Sie hatte einen ähnlichen Aufbau wie die Quantenelektrodynamik (QED), aber die Form einer Stromkopplung mit verschwindender Reichweite und mit einer dimensionsbehafteten Kopplungskonstante. Sie war im Gegensatz zur QED nicht-renormalisierbar. Weitere Fortschritte in den 1930er Jahren waren die Auswahlregeln von George Gamow und Edward Teller (Gamow-Teller-Übergänge, 1936) und die Entdeckung der Rolle der schwachen Wechselwirkung bei der Nukleosynthese in Sternen durch Gamow und Hans Bethe (1938) und bei der Bildung von Neutronensternen in Supernovae (Robert Oppenheimer, Lew Landau). Außerdem wurden bis in die 1950er Jahre neue schwache Prozesse entdeckt wie die Zerfälle von Myonen, Pionen, Kaonen und Hyperonen. In den 1950er Jahren wurde die Paritätsverletzung der schwachen Wechselwirkung entdeckt (theoretisch vorgeschlagen von Tsung-Dao Lee, Chen Ning Yang 1956, experimentell entdeckt durch Chien-Shiung Wu 1957). Das wurde in der V-A-Theorie der schwachen Wechselwirkung von Richard Feynman und Murray Gell-Mann einerseits und Robert Marshak und George Sudarshan andererseits 1958 eingebaut, ein wichtiger Schritt zur modernen Theorie der schwachen Wechselwirkung im Standardmodell. Dazu trugen Sheldon Lee Glashow, Abdus Salam und Steven Weinberg mit der Vereinigung von elektromagnetischer und schwacher Wechselwirkung Ende der 1960er Jahre bei (mit Einführung massiver Vektorbosonen, deren Austausch die punktförmige Wechselwirkung in der Fermi-Theorie ersetzte), sowie Makoto Kobayashi and Toshihide Maskawa mit dem Einbau der 1964 von James Cronin und Val Fitch entdeckten CP-Verletzung in die Theorie über ihre KM-Matrix bzw. CKM-Matrix (zusätzlich nach Nicola Cabibbo, der zur Beschreibung schwacher Zerfälle seltsamer Teilchen 1963 den Cabibbo-Winkel einführte).

Literatur

Einzelnachweise

  1. J. Beringer et al., Particle Data Group, PR D86, 010001 (2012), THE CKM QUARK-MIXING MATRIX
  2. Fogli et al (2012): Global analysis of neutrino masses, mixings and phases: entering the era of leptonic CP violation searches, arXiv:1205.5254v3
  3. Eine Übersicht gibt auch Paul Langacker in diesem Vortrag, STIAS, Januar 2011
  4. Fermi, Versuch einer Theorie der eta-Strahlen. I, Zeitschrift für Physik, Band 88, 1934, S. 161, in Italienisch erschienen als: Tentativo di una teoria dei raggi β, Il Nuovo Cimento, Band 11, 1934, S. 1–19.
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