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Alice Salomon Hochschule Berlin
Alice Salomon Hochschule Berlin | |
---|---|
Gründung | 1908 |
Trägerschaft | staatlich |
Ort | Berlin |
Staat | Deutschland |
Rektorin | Theda Borde |
Studenten | ca. 1.900 |
Mitarbeiter | 74 |
davon Professoren | 40, sechs Honorarprofessoren, 140 weitere Dozenten bzw. Lehrbeauftragte |
Website | www.ash-berlin.eu |
Die Alice Salomon Hochschule Berlin (ASH, ehemals Alice-Salomon-Fachhochschule für Sozialarbeit und Sozialpädagogik Berlin) ist eine Fachhochschule in Berlin-Hellersdorf mit den Schwerpunkten Soziale Arbeit sowie Gesundheits- und Pflegemanagement. In diesen Bereichen werden vier Bachelor- und 12 Masterstudiengänge angeboten.
Geschichte und Gegenwart
Die ASH wurde von der Wissenschaftlerin und Frauenrechtlerin Alice Salomon als Soziale Frauenschule in Berlin-Schöneberg gegründet – „den Prototyp für alle Wohlfahrtsschulen, bis in die Gegenwart“ (Hering 2005, S. 22).
Am 15. Oktober 1908 begann mit 82 Schülerinnen (im Alter von 18 bis Ende 30 Jahren) der Unterricht[1]. Hinzu kamen 213 sogenannte ‚Hospitantinnen‘, die nur an Einzelveranstaltungen teilnahmen. Als Motto der Bildungsinstitution hatte die Begründerin den Satz des englischen Essayisten Thomas Carlyle ausgewählt: Gesegnet, wer seine Arbeit gefunden. Über Zweck und Ziel der Ausbildungsstätte sagte sie in ihrer programmatischen Eröffnungsansprache:
„Zweck und Ziel der Schule: Denn diese ist entstanden und soll der Aufgabe dienen, den Mädchen und Frauen unserer Stadt, unseres Landes Arbeit zu geben. Arbeit, das heißt nicht Beschäftigung, nicht Zeitvertreib, sondern eine Tätigkeit, die nicht nur ihre Zeit – sondern auch ihre Gedanken, ihr Interesse in Anspruch nimmt; die zunächst für einige Jahre den Inhalt ihres Lebens ausmachen soll, um den herum allein andere, was das Leben ihnen an Freuden, Genüssen, Anregungen bietet, sich nur – gleichsam wie eine schmückende Arabeske – als Beiwerk gruppiert. Arbeit, die sie nicht nur erfüllt, solange sie als Schülerinnen in diesem Hause ein- und ausgehen; sondern Arbeit, die sie mit hinausnehmen, wenn sie die Schule verlassen, als ein Teil ihres Lebens, der nicht zugrunde gehen kann, der zu ihnen gehört, der ihre Lebensauffassung und ihr Tun bestimmt, wo das Schicksal sie auch hinführen, welcher Platz ihnen auch einmal später zugedacht sein mag“
Die neugegründete Einrichtung war die erste interkonfessionelle Schule mit einer zweijährigen Ausbildung von Wohlfahrtspflegerinnen, wobei „Armenpflege, Jugendfürsorge und Arbeiterinnenfürsorge auf dem Oberkurs speziell als Berufsausbildungen gelehrt wurden, während der Unterkurs eine mehr praktische Arbeit im Hort und Kindergarten verlangte“ (Burgheim 2002, S. 12 ff.). Die neu errichtete Bildungsinstitution konnte auf ein Ausbildungskonzept zurückgreifen, das sich bereits in einer 15-jährigen Experimentier- und Pilotphase seit 1893 in den „Mädchen- und Frauengruppen für soziale Hilfsarbeit“, geleitet von Jeanette Schwerin, ab 1899 von Alice Salomon, entwickelt hatte. Für die Begründerin war die soziale Ausbildungsstätte vordergründig ein Ort ‚moderner Bildung‘, an dem die weibliche Jugend für die „Nutzbarmachung der Pflichten und Rechte erzogen wird, die die Frauenbewegung für sie erkämpft hatte“ (Salomon 1908, S. 42). Der Erfolg der Sozialen Frauenschule war enorm:
„Während die Soziale Frauenschule in den ersten Jahren ihre innerliche Form fand, entwickelte sie sich auch äußerlich sehr. Die Zahl der Schülerinnen stieg dauernd. Im Jahre 1913/14 besuchten 33 Schülerinnen die Unterstufe, 60 die Oberstufe (30 weitere Bewerberinnen waren wegen Überfüllung abgewiesen worden), und 30 Schülerinnen nahmen an Fortbildungskursen (einer sog. dritten Klasse, die noch im ersten Jahr des Bestehens der Sozialen Frauenschule eingerichtet wurde) teil. Ferner gab es einen Hospitantenkursus mit durchschnittlich 58 Hörerinnen und einen von 43 Schülerinnen besuchten Abendkurs. Es leuchtete ein, daß die vom Pestalozzi-Fröbel-Haus zur Verfügung gestellten Räume nicht mehr ausreichten“
Bekannte Personen aus Politik, Wirtschaft, Philosophie, sozialer Arbeit etc. unterrichteten an der privaten sozialen Ausbildungsstätte. Dazu gehörten neben Alice Saloman Clara Richter, Lili Droescher, Frieda Duensing, Gertrud Bäumer, Margarete Treuge, Emil Münsterberg, Friedrich Naumann, Ruth von der Leyen, Idamarie Solltmann, und Albert Levy.
Am 1. Oktober 1914 wurde ein neues Schulgebäude bezogen, das zum großen Teil von Alice Salomon aus privaten Mitteln finanziert wurde. 1932, zum 60. Geburtstag der Schulgründerin, durfte sich die Ausbildungsstätte Alice Salomon Schule für Sozialarbeit nennen.
Während der Zeit des Nationalsozialismus blieb die Ausbildungsinstitution erhalten, doch alle jüdischen Dozenten wurden entlassen und ab 1934 durften keine jüdischen Schülerinnen mehr aufgenommen werden. Bewerberinnen mussten folgend sowohl Nachweis ihrer „arischen Abstammung“ als auch der Mitgliedschaft im BDM oder einer anderen NS-Organisation vorlegen. Alice Salomon erhielt Hausverbot und wurde zur Emigration gezwungen. Ihre Nachfolgerin Charlotte Dietrich war bereits 1933 in die NSDAP (Mitgliedsnummer: 5916653[3]) eingetreten, um die Ausbildungsstätte zu retten. Sie hatte die „nationalsozialistische Machtergreifung als einen ‚Neubeginn‘, einer Restauration der Anfänge, unterstützt“ (Feustel/Koch 2008, S, 85). Demzufolge hatten sich Lehr- und Lerninhalte an der nationalsozialistischen Ideologie zu orientieren. Die Soziale Frauenschule wurde in Schule für Volkspflege umbenannt.
Nach dem Zusammenbruch des Dritten Reiches öffnete sich die Schule, die sich ab 1952 (jedoch nur für kurze Zeit) wieder nach ihrer Begründerin nannte, wenn auch zögernd, dem demokratischen Ansatz sozialer Arbeit, gemäß dem „Reeducation“-Programm der US-Militärregierung. Fortan wurden auch männliche Bewerber zugelassen. Bald kamen neue Fächer hinzu: Soziale Einzelfallhilfe, soziale Gruppenarbeit, soziale Gemeinwesenarbeit und Jugendpflege/Jugendhilfe (vgl. Burgheim 2002, S. 127 ff.). Im Jahre 1971 wurde die inzwischen ‚Höhere Fachschule‘ zur Fachhochschule umgewidmet, die seit 1991 wieder den Namen Alice Salomon trägt. 1998 zog die Fachhochschule in einen Neubau im damaligen Berliner Bezirk Hellersdorf (heute Bezirk Marzahn-Hellersdorf) um. Der Umzug an den östlichen Berliner Stadtrand war umstritten: Der Senat von Berlin hatte ihn als Träger der Einrichtung gegen den Willen der ASH beschlossen. Am historischen Standort befindet sich noch das Archiv der Hochschule.
Im Wintersemester 2007/2008 waren an der ASH rund 1900 Studenten immatrikuliert, der Lehrkörper bestand aus 40 Professoren, sechs Honorarprofessoren und 120 weiteren Dozenten bzw. Lehrbeauftragten. Forschung wird anwendungsbezogen durchgeführt, Schwerpunkt ist die Entwicklung bzw. wissenschaftliche Begleitung neuer Angebote in der sozialen und gesundheitsorientierten Praxis.
Seit dem Wintersemester 2006/2007 vergibt die Fachhochschule den Alice Salomon Poetik Preis, verbunden mit einer gleichnamigen Dozentur. Die ersten Preisträger waren Michael Roes (2006) und Gerhard Rühm (2007). Ferner verleiht die ASH den Alice-Salomon-Award. Dieser Preis wird an Frauen verliehen, die im übertragenen Sinne das Lebenswerk Alice Salomons unter heutigen Bedingungen weiterführen und verstärken. Bisher wurden geehrt: Alice Shalvi (2001), Fadela Amara (2004), Barbara Lochbihler (2008) und Rugiatu Turay (2010).
Im Eingangsbereich der heutigen ASH erinnern zwei Gedenktafel mit eingraviertem Text zu Leben und Werk Alice Salomons, die am 16. April 2008 feierlich enthüllt wurden, an die Schulgründerin.
Schulleitung/Direktorat/Rektorat
- Alice Salomon (1908–1925)
- Charlotte Dietrich (1925–1945)
- Erna Runkel (1945–1963)
- Helga Danzig (1963–1971)
- Kurt Eberhard (1971–1973)
- Friedrich Hossbach (1973–1974 kommissarischer Direktor)
- Dieter Claessens (1974–1978)
- Hans-Jochen Brauns (1978–1986)
- Marlis Dürkop (1986–1990)
- Reinhart Wolff (1990–1994)
- Christine Labonté-Roset (1994–2010)
- Theda Borde (seit 2010)
Bekannte Absolventen/Absolventinnen/Dozenten (Auswahl)
- Marie Bloch (1871–1943), deutsch-jüdische Pädagogin
- Ruth von der Leyen (1888–1935), deutsche Sozialarbeiterin
- Dora Peyser (1904–1970), deutsch-jüdische Sozialarbeiterin
- Käte Rosenheim (1892–1979), deutsch-jüdische-amerikanische Sozialarbeiterin
- Gabriele Tergit (1894–1982), deutsche Schriftstellerin
- Elisabeth von Thadden (1890–1944), Widerstandskämpferin gegen den Nationalsozialismus
- Dorothee von Velsen (1883–1970), deutsche Schriftstellerin und Frauenrechtlerin
- Hedwig Wachenheim (1891–1969), deutsche Sozialpolitikerin und Historikerin
- Idamarie Solltmann (1889-1980), 1927 Dozentin an der Frauenschule, war in der Prostituiertenfürsorge in Berlin tätig, leitete die katholische Wohlfahrtsschule in Münster
Mitgliedschaften
Siehe auch
Literatur
- Alice Salomon: Moderne Bildung. In: Centralblatt, 10. Jahrgang, Nr. 6, S. 41–42
- Burgheim Anita: Von der Sozialen Frauenschule zur Fachhochschule für Sozialarbeit und Sozialpädagogik - aufgezeigt an den drei gegenwärtigen Fachhochschulen für Sozialarbeit und Sozialpädagogik in Berlin, Berlin 2002 (unveröffentlichte Diplomarbeit)
- Manfred Berger: Alice Salomon. Pionierin der sozialen Arbeit und der Frauenbewegung, Frankfurt/Main 2005
- Sabine Hering Immer an der Spitze? Alice Salomon im Spektrum ihrer Erfolge und Widersprüche. In: Beate Kortendiek/A. Senganata Münst (Hrsg.): Lebenswerke. Porträts der Frauen- und Geschlechterforschung, Opladen 2005, S.16-32
- Adriané Feustel/Gerd Koch (Hrsg.): 100 Jahre soziales Lehren und Lernen. Von der Sozialen Frauenschule zur Alice Salomon Hochschule Berlin, Berlin 2008
- Adriane Feustel: 100 Jahre soziales Lehren und Lernen. Von der Sozialen Frauenschule zur Alice Salomon Hochschule Berlin. In: aktuell Informationen aus und über Berlin, Dezember 2008/Nr. 82, S. 30-32
Weblinks
- Alice Salomon Hochschule Berlin
- 100-jähriges Jubiläum der Sozialen Frauenschule. Artikel der Stadtteilzeitung Schöneberg, Oktober 2008
- 100-jähriges Jubiläum der Sozialen Frauenschule. Artikel der taz.de, Oktober 2008
Quellen
- Alice Salomon: Zur Eröffnung der sozialen Frauenschule. In: Die Frau, 16. Jhg., 1908/Nr. 2, S. 103–107
Einzelnachweis
- ↑ Rede von Alice Salomon zur Eröffnung der Sozialen Frauenschule
- ↑ S. 103
- ↑ Manfred Berger: Wer war… Charlotte Dietrich? In: Sozialmagazin 2003/H. 1, S. 8
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