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Almoraviden
Die Almoraviden (arabisch المرابطون al-Murabitun, DMG al-Murābiṭūn ‚Krieger an der Grenze‘) waren eine Berberdynastie in Mauretanien, Westsahara, Marokko, Algerien und Al-Andalus in der Zeit von 1046 bis 1147.
Geschichte
Entstehung
Im 11. Jahrhundert hatte der Islam die Gesamtheit der Westsahara unter dem Einfluss berberischer Stämme und arabischer Händler erreicht und sich fest verwurzelt. Trotzdem überlebten die traditionellen religiösen Praktiken und gediehen. Erst die Eroberung der ganzen Region der Westsahara durch die Almoraviden im 11. Jahrhundert brachte eine geradlinige Islamisierung aller mauretanischen Völker.
Anfang des 11. Jahrhunderts nomadisierten Viehzüchter der Sanhadscha-Berber in der westlichen Sahara (heute Mauretanien), wo sie den Karawanenhandel zwischen dem Sudan und dem Maghreb kontrollierten (siehe: Transsaharahandel). Allerdings wurde dieser Handel durch das Vordringen der Magrawa (Zanata) im westlichen Algerien und die Unterwerfung von Sidschilmasa zunehmend gestört.
Die Auflösung des Sanhadscha-Bundes zu Beginn des 11. Jahrhunderts hatte zu einer Periode der Unruhe und des Krieges zwischen den Berbern Sanhadjas in Mauretanien geführt. Um 1039 hatte ein Dschudala-Stammesführer, Yahya ibn Ibrahim, von der Pilgerfahrt nach Mekka zurückkehrend, einen Theologen der Sanhadscha, Abdallah ibn Yasin, mitgebracht, um einen orthodoxen Islam zu lehren. Ibn Yasin und einige Sanhadscha aus seinem Gefolge zogen sich zu einem abgelegenen Ort zurück, abgelehnt durch die Dschudala zwei Jahre später und nach dem Tod von Ibn Ibrahim. Dort gründeten sie ein religiöses Zentrum, ein Ribat, das viele Sanhadscha anzog. Vom arabischen Geschichtsschreiber Ibn Abi Zarʿ († um 1315) stammt die jahrhundertelang als historische Tatsache überlieferte Legende, dass der abgelegene Ort eine Insel namens Rābiṭa gewesen sein soll, wovon sich der Name Murābiṭūn abgeleitet habe.
Im Jahre 1042 riefen die Almurabitun, die Männer des Ribat, zum kriegerischen Dschihad gegen die Ungläubigen und Ketzer unter den Sanhadscha auf. So wurde die Bewegung der Almoraviden geboren, deren Anfangsziel darin bestand, eine politische Gemeinschaft zu gründen, in der die moralischen und rechtlichen Grundsätze des malikiten Islams strikt angewendet wurden. Mitte des Jahrhunderts wurden sie zum Kampfbund der Almoraviden unter Yahya ibn Umar (1046–1056) zusammengeschlossen.
Als Erstes visierten die Almoraviden die Dschudala an und schafften es, sie zu bekehren, die Berbergruppen der Westsahara um sich zu scharen, und die politische Einheit der Sanhadscha unter einem religiösen Ziel wiederherzustellen. Im Jahre 1054 hatten Almoraviden Sidschilmasa im Maghreb unter ihre Kontrolle bekommen und eroberten Audaghast von Ghana zurück.
Teilung des Reiches
Mit dem Tod von Ibn Yasin 1059 verlor die Bewegung der Almoraviden ihren geistigen Führer, womit das weltliche Emirat in den Vordergrund trat. Die Leitung der Bewegung ging im Süden an Abu Bakr ibn Younes, Emir von Adrar, und im Norden an Yusuf ibn Taschfin über.
1070 gründete Abu Bakr ibn Umar (1056–1087) Marrakesch in Südmarokko als Hauptstadt des Reiches. In Mauretanien führte Abu Bakr die Almoraviden zum Krieg gegen das Ghana-Imperium (1062–1076) an, was zur Eroberung Koumbi Salehs im Jahre 1076 führte. Dieses Ereignis markierte das Ende der Dominanz des ghanaischen Imperiums. Die almoravidische Herrschaft umfasste Gebiete zwischen dem spanischen Saragossa und dem Senegalfluss. Aber die Wirklichkeit war anders: Es gab in der Tat zwei Reiche. Das von Yusuf ibn Taschfin in Marokko gegründete Reich hatte über das Reich in der Sahara keine direkte Kontrolle, und genauso hatte Abu Bakr keinen Einfluss auf das, was sich nördlich der Wüste ereignete. Abu Bakr wurde aber 1072 von seinem Stellvertreter und Vetter Yusuf ibn Taschfin entmachtet, weshalb er sich in die Sahara zurückzog.
Yusuf ibn Taschfin (1061–1106) organisierte das Reich vor allem mit Unterstützung der Religions- und Rechtsgelehrten. Unter ihm eroberten die Almoraviden in Nordmarokko (1075) die Reiche der Magrawa und Salihiden sowie das westliche Algerien von den Hammadiden (1082). 1082 war der gesamte Westmaghreb (bis zum heutigen Algier) unter der Herrschaft der Almoraviden. Schon 1086 kam es auf Ersuchen der muslimischen Fürsten von Al-Andalus zu einem Feldzug nach Europa. Im Jahre 1086 luden die andalusischen Emirate, angegriffen vom christlich spanischen König Alfonso VI. und den Kreuzzügen zur Rückeroberung Spaniens (Reconquista), Ibn Tashfin und seine kriegerischen Berber ein, um die Straße von Gibraltar zu kreuzen und zu ihrer Rettung zu eilen. Die Almoraviden besiegten die spanischen Christen und verankerten bis 1090 ihre Herrschaft und die malikite islamische Schule im islamischen Al-Andalus.
Bei diesem Vorstoß wurde Kastilien unter Alfonso VI. in der Schlacht bei Zallaqa vernichtend geschlagen. In der Folgezeit (bis 1092) setzten die Almoraviden durch die Annexion der Taifa-Königreiche ihre Herrschaft in Andalusien durch. Nur Valencia unter El Cid und Saragossa unter den Hudiden konnten ihre Selbständigkeit zunächst behaupten. Die rigorose Durchsetzung des puritanischen Islams der Almoraviden in der städtischen andalusischen Kultur führte zu erheblichen Widerständen. Ihr Eifer richtete sich nicht nur gegen Andersgläubige, sondern auch gegen jene Muslime, denen sie religiöse Nachlässigkeit vorwarfen. Dennoch bestand ein starker kultureller Einfluss Andalusiens auf Marokko.
Unter Ali ibn Yusuf (1106–1143) konnten auch Valencia und Saragossa in Andalusien sowie die Balearen unterworfen werden. Allerdings ging Saragossa schon 1118 an Aragon verloren, während sich im südlichen Marokko die militante sittenstrenge Reformbewegung der Almohaden zu verbreiten begann.
Der Untergang
In der Sahara zerbrach der Zusammenhalt der almoravidischen Führungskräfte sehr schnell, und das Gebiet zerfiel in Konflikten zwischen den Sippschaften nach dem Tode Abu Bakrs (1087). Eine neue islamisch-reformistische Macht, von Zanata-Almohaden (1133–1163) angeführt, hatte das Imperium der Almoraviden in Marokko zerstört. Zwei Jahrhunderte später, während der ersten arabischen Invasionen, die aus dem anderen Ende Nordafrikas herkamen, waren die Sanhadscha-Stämme unfähig, einen wirksamen Widerstand zu leisten. Der größte Beitrag der Sanhadscha und der Almoraviden war die Islamisierung Westafrikas. Dieser Vorgang wurde zur Achse, um die sich die Geschichte dieses Gebiets in den darauf folgenden Jahrhunderte drehte.
Nach dem Tod von Ali ibn Yusuf (1143) begann der schnelle Niedergang des Reiches. Schon unter den ersten beiden Herrschern besaßen die Statthalter der einzelnen Provinzen eine erhebliche Autonomie gegenüber der Zentrale in Marrakesch. Nun konnten sich die Almoraviden in Marrakesch aber immer schwerer gegen die Statthalter durchsetzen. Nach Aufständen der Muriden unter Ibn Qasi und Ibn al-Mundir mussten sich die Almoraviden aus Andalusien zurückziehen, was den Aufstieg von Ibn Mardanisch begünstigte. In Andalusien wurden nur Sevilla, Granada und die Balearen behauptet. Auch Marokko musste gegen die erstarkten Almohaden verteidigt werden. Mit der Erstürmung Marrakeschs durch die Almohaden (1147) und dem Tod des letzten Almoraviden Ishaq ibn Ali endet die Dynastie.
Von Bedeutung ist die Bekämpfung der Charidschiten und anderer islamischer Gemeinschaften sowie die Sicherung der konfessionellen Einheit Marokkos auf Grund der Rechtsschule der Malikiten.
Herrscher
- Yahya ibn Ibrahim
- 1046–1056: Yahya ibn Umar
- 1056–1087: Abu Bakr ibn Umar
- 1070–1075: Ibrahim ibn Abi Bakr (in Sidschilmasa)
Dynastie der Taschfiniden
- 1072–1106: Yusuf ibn Taschfin
- 1106–1143: Ali ibn Yusuf
- 1143–1145: Taschfin ibn Ali
- 1145: Ibrahim ibn Taschfin
- 1146–1147: Ishaq ibn Ali
Literatur
- Ulrich Haarmann: Geschichte der Arabischen Welt. C.H. Beck, München 2001, ISBN 3-406-38113-8.
- Albert Hourani: Die Geschichte der arabischen Völker. Fischer, Frankfurt am Main 1992, als Tb 2000 (zuerst: London 1991), ISBN 3-596-12503-0.
- Stephan Ronart, Nandy Ronart: Lexikon der Arabischen Welt. Artemis, Düsseldorf 1972, ISBN 3-7608-0138-2.
- Hans-Rudolf Singer: Almoraviden. In: Lexikon des Mittelalters (LexMA). Band 1, Artemis & Winkler, München/Zürich 1980, ISBN 3-7608-8901-8, Sp. 449–450.
Weblinks
- Literatur über die Almoraviden im Katalog des Ibero-Amerikanischen Instituts in Berlin
- Encyclopaedia of Islam: al-Murabitun (VII:583b)
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