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Ibero-Amerikanisches Institut
Das Ibero-Amerikanische Institut Preußischer Kulturbesitz (IAI) in Berlin ist ein interdisziplinär orientiertes Zentrum des wissenschaftlichen und kulturellen Austauschs mit Lateinamerika, Spanien, Portugal und dem Karibikraum, und die größte außeruniversitäre Forschungseinrichtung für Latein-Amerika-Kunde außerhalb von Lateinamerika. Die spanische Namensform lautet Instituto Ibero-Americano Patrimonio Cultural Prusiano. Das IAI liegt am Kulturforum Berlin nahe dem Potsdamer Platz.
Entstehung
Der Grundstock des Bestandes des IAI geht auf drei Büchersammlungen zurück. Der argentinische Gelehrte Ernesto Quesada schenkte gegen Ende der 1920er Jahre dem Staat Preußen seine ca. 82.000 Bände umfassende Privatbibliothek. Zudem erhielt das IAI die Mexikobibliothek des Geographen Hermann Hagen, der mit Unterstützung des mexikanischen Präsidenten Plutarco Elías Calles 25.000 Bände zusammengetragen hatte. Hagen unternahm diesbezüglich von 1926 bis 1927 im Auftrage des preußischen Ministerium für Wissenschaft, Kunst und Volksbildung eine Reise nach Mexiko zum Zwecke der Zusammenstellung einer Bibliothek und für geographische Studien. Hagens Aktivitäten müssen dabei aber auch in einem größeren Zusammenhang im Rahmen der damaligen deutsch-mexikanischen Beziehungen gesehen werden, die schon zuvor seit einigen Jahrzehnten zwischen den beiden Ländern verfolgt worden waren. Mit dieser zuerst in Hagens Privatbesitz gekommenen sogenannten Mexican library kam es letztendlich zu einem symbolträchtigen Höhepunkt zwischen diesen beiden Staaten bez. kultureller Zusammenarbeit.[1] Als das 1925 gegründete Institut für Lateinamerikakunde in Hamburg bereits 1930 wieder aufgelöst wurde, ging auch dessen etwa 10.000 Bände umfassender Bestand an das IAI. Das IAI war somit zum Zeitpunkt seiner Gründung bereits im Besitz von ungefähr 120.000 Bänden. Damit war eine Spezialbibliothek geschaffen, die viele seltene und wertvolle Bände beinhaltete.
Geschichte
Wesentlicher Bestandteil des Institutes war eine Forschungsabteilung. In der Anfangszeit im Marstall untergebracht, zog das Institut im Verlauf des Zweiten Weltkrieges nach Berlin-Lankwitz um. Unter der Leitung von Wilhelm Faupel war das Institut in die Außenpolitik des Dritten Reiches eingebunden, unter anderem in die diplomatischen Beziehungen zu Argentinien und Spanien. Sämtliche während des Krieges ausgelagerten Bestände gingen verloren. Der Gesamtverlust liegt bei schätzungsweise 40.000 Bänden.
Nach Kriegsende sollte das Institut infolge seiner nationalsozialistischen Aktivitäten aufgelöst werden. Am 1. April 1946 übernahm das Land Berlin die Finanzierung des IAI und rettete es damit. Hermann Hagen wurde der erste Direktor in der Nachkriegszeit (1946–1957). Im selben Jahr wurde das Institut in „Lateinamerikanische Bibliothek“ umbenannt, ab 1954 hieß es „Iberoamerikanische Bibliothek“. Im Jahr 1957 wurde die Bibliothek in die Stiftung Preußischer Kulturbesitz aufgenommen. Ab 1962 hieß die Einrichtung wieder „Ibero-Amerikanisches Institut“. In der Folgezeit bestand eine der Hauptaufgaben in der Schließung der während des Κrieges entstandenen Bestandslücken, die darauf zurückzuführen waren, dass in dieser Zeit kaum Erwerbungen aus mittel- und südamerikanischen Ländern möglich waren. Hierbei erhielt das IAI große Unterstützung durch ausländische Institute, Bibliotheken und andere Einrichtungen. Platzmangel zwang das IAI zum Umzug in ein neues Gebäude in der Potsdamer Straße 37 in Berlin-Tiergarten. Der Umzug erfolgte von 1976 bis 1977. 1977 gab die Firma Hall eine 30 Bände umfassende Veröffentlichung des Schlagwortkatalogs des IAI heraus.
Durch das 2014 eröffnete Speichermagazin Friedrichshagen, das gemeinsam für IAI, die Staatsbibliothek zu Berlin und die Bpk - Bildagentur für Kunst, Kultur und Geschichte errichtet wurde, ist der Bedarf an Stellflächen bis zum Jahr 2035 gedeckt, wobei ein weiterer Ausbau der Platzreserve möglich ist. Nach ersten 300.000 Bänden wird jährlich rund ein Regalkilometer an älteren und weniger genutzten Beständen in das Außenmagazin umziehen.[2][3]
Das IAI ist Mitglied der Forschungsvereinigung CEISAL und des Dokumentationsnetzwerks REDIAL.
Gliederung und Bestände
Heute besteht das IAI aus der Abteilung Bibliothek, der Abteilung Nachlässe, Sondersammlungen & Projekte und der Abteilung für zentrale Dienste. Es ist innerhalb Deutschlands das wichtigste und ein europaweit führendes kulturelles Zentrum für Lateinamerika, Spanien und Portugal.
Das IAI besitzt folgende Sondersammlungen:
- Phonothek: In der Phonothek werden auditive, visuelle und audiovisuelle Medien aus Spanien, Portugal, Lateinamerika und der Karibik gesammelt. Der Bestand umfasst derzeit etwa 15.000 Langspielplatten, 2.000 Singles, 1.000 Schellackplatten, 4.500 CDs, 900 Musikkassetten und 1.200 Tonbänder.
- Landkartensammlung: Seit 1957 werden Karten über Lateinamerika und die Iberische Halbinsel sowie über ehemalige spanische und portugiesische Kolonien gesammelt. Zum gegenwärtigen Zeitpunkt umfasst der Bestand schätzungsweise 68.550 gedruckte und 80 handgezeichnete Karten sowie 1.348 Atlanten. Der Schwerpunkt liegt bei Kartenwerken und historischen Karten.
- Bildarchiv und Diathek: Beide entstanden 1973. Hier findet man Photographien und Dias über Lateinamerika, Spanien und Portugal. Der Bestand umfasst ca. 60.000 Photographien und 22.000 Dias.
- Zeitungsausschnittsarchiv: Seit der Gründung des Instituts im Jahr 1930 werden Artikel über Spanien, Portugal, Lateinamerika und die Karibik gesammelt. Die Sammlung umfasst schätzungsweise 300.000 Ausschnitte. Im Jahr 1990 wurden die Zeitungsausschnittsammlungen des Instituts für Internationale Politik und Wirtschaft der DDR und des Deutschen Instituts für Zeitgeschichte (DIZ) der DDR integriert. Dieser Zugang umfasst ungefähr 76.000 Zeitungsausschnitte der internationalen Presse. Seit 1999 werden keine neuen Ausschnitte mehr aufgenommen.
- Außerdem verfügt das IAI über eine Vor- und Nachlasssammlung. So findet man hier die Nachlässe des Altamerikanisten Eduard Seler, des Vaters von Frida Kahlo, Guillermo Kahlo, und des Archäologen Max Uhle. Außerdem gibt es hier eine Sammlung von in Mexiko aufgenommenen Photographien des bekannten Photographen Ernst Hugo Brehme. Daneben gibt es Sondersammlungen, beispielsweise eine Graphiksammlung der in Mexiko tätigen internationalen Künstlergruppe Taller de Gráfica Popular und eine umfangreiche Sammlung der brasilianischen Literatura de Cordel.
Das IAI gibt monographische und periodische Fachpublikationen heraus, zum Beispiel die Zeitschrift Ibero-Analysen, die Themen zu Politik, Wirtschaft, Gesellschaft und Kultur der südamerikanischen Länder behandelt. In der Reihe Ibero-Online.de erscheinen Vorträge, die im IAI gehalten wurden, die als PDF heruntergeladen werden können. Die Ibero-Biografien beinhalten Auswahlbibliographien aus den Beständen des Ibero-Amerikanischen Instituts zu bestimmten Themen, wobei die Signaturen mit angegeben sind. Daneben erscheinen zahlreiche Veröffentlichungen zu den ibero-amerikanischen Raum betreffenden Themen und zur Geschichte des IAI.
Service
Neben der Nutzung des Lesesaals mit 75 Arbeitsplätzen, die über Laptop-Anschlüsse und WLAN verfügen, bietet die Bibliothek des Instituts die Ausleihe von Medien auch über die internationale Fernleihe an. Bestände der Phonothek und der Filmsammlung stehen ebenfalls sowohl zur Nutzung im Institut als auch zur Ausleihe zur Verfügung und können für persönliche oder wissenschaftliche Zwecke auch auf Datenträger erworben werden. Das Institut ist dem Dokumentenlieferdienst SUBITO angeschlossen. Unter Berücksichtigung urheberrechtlicher Bestimmungen wird auch die Digitalisierung on Demand angeboten. Die Bestände der Bibliothek sind im Online-Katalog[4] nachgewiesen. Die gebührenpflichtige Benutzung regelt die Benutzerordnung.[5]
Direktoren
- Otto Boelitz 1930–1934
- Wilhelm Faupel 1934–1936
- Albrecht Reinecke 1936–1938
- Wilhelm Faupel 1938–1945
- Hermann Hagen 1947–1957
- Hans-Joachim Bock 1957–1974
- Wilhelm Stegmann 1975–1986
- Dietrich Briesemeister 1987–1999
- Günther Maihold 1999–2004
- Barbara Göbel seit 2005.
Siehe auch
Literatur
- Peter Altekrüger: Die Erweiterung der Erwerbungsstrategien einer Spezialbibliothek: Folgerungen aus der Analyse einer fachbezogenen Leihverkehrsstatistik des Ibero-Amerikanischen Instituts. Stiftung Preußischer Kulturbesitz; Hausarbeit zur Prüfung für den höheren Bibliotheksdienst. Köln 1995.
- 75 Jahre Ibero-Amerikanisches Institut Preußischer Kulturbesitz. Berlin 2005, DNB 984383816.
- Reinhard Liehr, Günther Maihold, Günther Vollmer (Hrsg.): Ein Institut und sein General: Wilhelm Faupel und das Iberoamerikanische Institut in der Zeit des Nationalsozialismus. Verlag Vervuert, Frankfurt 2003, ISBN 3-89354-589-1.
- Gudrun Schumacher, Gregor Wolff: Nachlässe, Manuskripte und Autographen im Besitz des IAI. Berlin 2004, OCLC 162302418.
- Sandra Carreras: Die Quesada-Bibliothek kommt nach Berlin: zu den Hintergründen einer Schenkung. In: Sandra Carreras, Günther Maihold (Hrsg.): Preußen und Lateinamerika: im Spannungsfeld von Kommerz, Macht und Kultur. Lit, Münster 2004, ISBN 3-8258-6306-9, S. 305–320.
Weblinks
- Ibero-Amerikanisches Institut Preußischer Kulturbesitz
- Frühe Zeitungsartikel zu Ibero-Amerikanisches Institut in der „Pressemappe 20. Jahrhundert“ der Deutschen Zentralbibliothek für Wirtschaftswissenschaften (ZBW)
- Miradas alemanas hacia América Latina (=deutsche Blicke auf Lateinamerika), vom IAI betriebenes Fachportal
- Cibera, vom IAI federführend betreute Fachdatenbank
- Informationen zu allen Einrichtungen am Kulturforum
Einzelnachweise
- ↑ Stefan Rinke: Germany and Mexico between the First World war and the big depression, 1918-1933. auf: dimensionantropologica.inah.gob.mx
- ↑ Speichermagazin Friedrichshagen bei Unsere Gebäude – unsere Standorte. Staatsbibliothek zu Berlin.
- ↑ Schlüsselübergabe für das Speichermagazin Friedrichshagen (Memento vom 12. Januar 2015 im Internet Archive), Pressemitteilung vom 30. Juni 2014. Abgerufen am 6. September 2014.
- ↑ Online-Katalog der Bibliothek des Ibero-Amerikanischen Instituts. Preußischer Kulturbesitz.
- ↑ Ibero-Amerikanisches Institut-Preußischer Kulturbesitz: Benutzungsordnung. (PDF; 121 kB)
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