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Arthur Schumann

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Arthur Schumann (geb. 30. August 1899 in Leipzig; gest. nach 1937) war ein deutscher Nachrichtendienstler und politischer Funktionär (NSDAP).

Leben und Tätigleit

Frühes Leben (1899 bis 1931)

1919 kämpfte Schumann als Angehöriger eines Freikorps im Baltikum. Jacobsen hat die Überlegung in den Raum gestellt, dass Schumanns Einsatz im Baltikum ein Grund gewesen sein könnte, weshalb der aus dem Baltikum stammenden Alfred Rosenberg ihm später die Leitung des Nachrichtendienstes des von ihm geleiteten Außenpolitischen Amtes der NSDAP übertrug.

In den frühen 1920er Jahren studierte Schumann Ingenieurwissenschaften. Im Sommer 1922 trat er erstmals der NSDAP bei (Ortsgruppe Zwickau). Im November 1923 nahm er am gescheiterten Hitler-Putsch teil. Nach der im Frühjahr 1925 erfolgten Neugründung der - nach dem gescheiterten Putsch vorübergehend verbotenen - Partei im Frühjahr 1925 trat Schumann ihr mit Aufnahmedatum vom 18. August 1925 erneut bei (Mitgliedsnummer 15.292). Stephan Dehn zufolge gehörte er in der neuen NSDAP zum Kreis um den sächsischen Gauleiter Martin Mutschmann. In der zweiten Hälfte der 1920er Jahre bekleidete er dann verschiedene Funktionen innerhalb des Parteiapparates im sächsischen Plauen. Nebenbei war er Mitglied der SS (SS-Nummer 36.222) in der zuletzt (1. Dezember 1933) zum SS-Standartenführer befördert wurde.

Einen vorläufigen Höhepunkt seiner Karriere erreichte Schumann als er im Dezember 1930 zum Gaupropagandawart der NSDAP für ganz Sachsen ernannt wurde. Seine Hauptaufgabe in dieser Stellung bestand darin, die von Joseph Goebbels als Chefpropagandisten der NSDAP vorgegebene Linie, die gesamte Gesellschaft mit nationalsozialistischer Propaganda zu durchdringen, zu verwirklichen. Hierbei verfolgte er eine Strategie hartnäckiger Kleinarbeit, die der Agitationsstruktur der KPD mit ihrer Fokussierung auf die Wohn- und Arbeitssätten der Industriearbeiterschaft nachgebildet war. Praktisch lief dies in der Form ab, dass er seine Propagandisten bzw. die sächsischen Parteimitglieder überhaupt dazu anspornte, Wohn- und Straßenzellen zu bilden und die Menschen ihrer Umgebung einer unermüdlichen Mund-zu-Mund-Propaganda zugunsten der NSDAP und ihrer Ziele auszusetzen. Zugleich wurden die Hauptzielgruppen der nationalsozialistischen Propaganda in Sachsen auf Schumanns Betrieben mit reichhaltigem Druckmaterial (Propagandabroschüren, Flugblätter usw.) "überflutet" um so einen maximalen Effekt zu erreichen. Insbesondere ging es dabei darum, die Arbeiterschaft, den etablierten Arbeiterparteien KPD und SPD abspenstig zu machen, indem man "den Gluaben an die bolschewistische Irrlehre", wie es Schumann in seinen Richtlinien ausdrückte, erschütterte, „um dadurch die Befreiung der Arbeiterschaft aus den Klauen des internationalen jüdischen Weltkapitalismus in die Wege leiten zu können“.[1]

Leiter des Politischen Nachrichtendienstes der NSDAP (1931 bis 1934)

Ende 1931 wurde Schumann auf Empfehlung von Goebbels mit dem Aufbau und der Leitung eines bei der Reichsleitung der NSDAP in München angesiedelten Nachrichtendienstes beauftragt. Formal war dieser Nachrichtendienst als Hauptabteilung III („Politischer Nachrichtendienst“) Teil der Reichspropagandaleitung der NSDAP, faktisch handelte es sich aber bei Schumanns Nachrichtendienst (in der Literatur wird er häufig als ND bezeichnet) um den Nachrichtendienst der Politischen Organisation (PO), d.h. des Parteiapparates der NSDAP, im Gegensatz zu den beiden anderen größeren Nachrichtendiensten, die die Partei zu diesem Zeitpunkt als eigene Nachrichtendienste ihrer Untergliederungen SA und SS unterhielt: Dem Nachrichtendienste der SA unter Karl-Leon DuMoulin-Eckart und dem der SS angegliederte sogenannte Politische Informationsdienst (später SD) unter Josias von Waldeck-Pyrmont bzw. Reinhard Heydrich.

Über die Aktivitäten des Politischen Nachrichtendienst in innenpolitischer Hinsicht ist nur wenig bekannt. Festgestellt werden konnte aber, dass Schumanns Nachrichtendienst ein weitläufiges Netzwerk von V-Leuten im Ausland aufbaute, das Vertreter in mehr als 60 Staaten hatte. Bei den meisten dieser V-Leute handelte es sich dabei um Angehörige von Ortsgruppen der NSDAP (bzw. ihrer Auslandsorganisation) in den betreffenden Ländern. Eine Hauptaufgabe dieser Zulieferer von Schumanns Nachrichtendienst bestand dabei darin, Informationen über die Angehörigen der deutschen diplomatischen Auslandsvertretungen in den betreffenden Ländern zu sammeln, um auf Grundlage der so gewonnenen Erkenntnisse über große Teile des Personals des Auswärtigen Amtes nach einer Regierungsübernahme durch die Nationalsozialisten entscheiden zu können, welche Mitarbeiter des Auswärtigen Dienstes in einem nationalsozialistischen Staat im Dienst bleiben sollten, und welche als politisch unzuverlässig als für ihre gegenwärtige Stellung ungeeignet von dieser entfernt und auf einen anderen Posten versetzt oder sogar komplett aus dem Auswärtigen Dienst entfernt werden sollten.

In begrenztem Grade öffentlich bekannt wurden Schumann und der von ihm geleitete Nachrichtendienst bereits Ende 1931 nach Enthüllungen durch die sozialdemokratische Zeitung Münchener Post, die Aufgrund von Insiderinformationen einen Bericht über die Nachrichtendienste der NSDAP veröffentlichte: Zu Schumann hieß es dort, ein „Privatdetektiv namens Schumann“ leite einen der drei geheimen Nachrichtendienste der NSDAP. Dieser Mann unterste unmittelbar Hitler selbst und sei „persönlich ein absolut harmloses Männchen“, das zu einem Nachrichtendienst genauso passe „wie eine hysterische Junger zum Räuberhauptmann“.[2] Schumanns genaue Identität konnten die Autoren des Artikels der Münchener Post jedoch nicht eruieren. Auch in der wissenschaftlichen Forschung war er lange Zeit unbekannt: So schrieb der israelische Historiker Shlomo Aronson noch 1967 in seiner Studie über die Frühgeschichte des Sicherheitsdienstes der SS, dass man dank des Artikels der Münchener Post zwar seinen Nachnamen (Schumann) wisse, dass „der Chef dieses Nachrichtendienstes“ dennoch „unbekannt“ bleibe.[3]

Soweit man dem Bericht der Münchener Post glauben kann, war Schumanns Nachrichtendienst durch ein Übermaß an „bürokratischer Ordnung und Sauberkeit“ gekennzeichnet und lieferte der Parteiführung von allem Erkenntnisse und Materialien - angeblich legte Schumann zum Ende jeden Monats Hitler persönlich sowie dem Leiter der Parteiorganisation Gregor Strasser umfangreiche Berichte samt Anlagenmaterial vor - die inhaltlich bereits völlig überholt waren und nur geringen Wert besaßen. In der zeittypischen Polemik formulierten die sozialdemokratischen Pressevertreter dies so: „Schumanns Berichte sind verhältnismäßig gleichgültig, wenn auch hie und da bei dem kritiklosen Studium durch seinen hohen Chef die eine oder andere Abschrift, die ihm zugestellt wird, oder gefälschte Berichte Begeisterung oder Entrüstung erzeugen."[4]

Innerhalb des Konkurrenzkampfes der nationalsozialistischen Nachrichtendienste untereinander begann sich der von Heydrich geleitete SD ab 1932 zwar durchzusetzen: Jedoch, während der Nachrichtendienst der SA nach dem im Frühjahr 1932 erfolgten Abgang von DuMoulin-Eckart bald der Bedeutungslosigkeit verfiel, gelang es dem SD in diesem Jahr in Hinblick auf Schumanns Organisation lediglich, diese vorübergehend lahmzulegen, nicht aber, sie komplett zu beseitigen. Nach dem Urteil Aronsons stellte sie somit auch nach 1933 weiterhin ein Hindernis dar, das „die Erfolge des SD auf dem Weg zur Exklusivität [als Nachrichtendienst der NSDAP] gefährden konnte“.[5]

Schumanns Nachrichtendienst nach 1933

Nach dem Machtantritt der Nationalsozialisten im Frühjahr 1933 wurde Schumanns Nachrichtendienst dem neugegründeten Außenpolitischen Amt der NSDAP (APA) als Hauptabteilung I („Organisation“; auch bekannt als "Amt Schumann") angegliedert. Eine Folge der sogestaltigen Wiederauferstehung des Nachrichtendienstes der Reichspropagandaleitung (bzw. der Partei) führte naturgemäß zu einer erneuten scharfen Konkurrenz durch den SD Heydrichs. Im Zuge eines bislang nicht klar herausgearbeiteten Prozesses der Kompromittierung bzw. Anrüchigmachung des Schumann-Dienstes in den Augen der Parteileitung gelang es Heydrich und dem SD schließlich Schumann und seine Organisation in der Wahrnehmung der NS-Führung mit einer "Aura der Verdächtigheit" (cloud of suspicion) zu umgeben, die diese schließlich dazu bewog, ihm, Heydrich, zu gesatten Schumanns Organisation auszuschalten und zu absorbieren: Im Sommer 1934 erließ Rudolf Heß als der von Hitler beauftragte Leiter des Parteiapparates der NSDAP einen auf den 9. Juni 1934 datierten Erlass, der den SD zum alleinigen Nachrichtendienst der Partei erklärte und alle anderen Nachrichtendienste (dies war faktisch nur noch der von Schumann geleitete ND) für aufgelöst erklärte. Schumanns Weigerung seine Organisation in den SD Heydrich zu überführen führte schließlich dazu, dass er am 19. Dezember 1934 aus der SS ausgestoßen wurde. Am 5. Juli 1937 wurde dieses Urteil auf dem Gnadenwege insoweit abgemildert, als er sich fortan als ein aus der SS Entlassener bezeichnen durfte. Jacobsen zufolge ist über Schumanns weiteres Schicksal nach 1937 nichts bekannt.

Dehn klassifiziert Schumann als Exponent eines Typus nationalsozialistischer Führungsfunktionäre für den Ulrich Herbert die Bezeichnung „Neue Rechte“ geprägt hat: Angehörige der Jahrgangskohorte der um 1900 Geborenen, die durch die Freikorpszeit nach dem Ersten Weltkrieg und die Bekämpfung der inneren und äußeren Feinde (Kommunisten einerseits und französische Besatzungsarmee im Rheinland und Ruhrgebiet bzw. polnische „Insurgenten“ in den Ostprovinzen des Reiches) politisch geprägt worden seien, über eine solide wissenschaftliche Ausbildung verfügten und schließlich in die NSDAP gelangt seien.

Schriften

  • „Die Herstellung des Kontaktes mit den Massen“, in: Unser Wille und Weg. Monatsblätter der Reichspropagandaleitung der NSDAP, 2. Jg. (1932), Heft 1, S. 11–16.

Literatur

  • Dehn: „Gaupropagandaleiter - Arthur Schumann", in: Günther Heydemann u.a. [hrsg.]: Sachsen und der Nationalsozialismus, 2014, S. 84–90.
  • Hans Adolf Jacobsen: Nationalsozialistische Aussenpolitik, 1933-1938', 1968, S. 58.

Einzelnachweise

  1. Dehn, S.86.
  2. Andreas Dornheim: Röhms Mann fürs Ausland. Politik und Ermordung des SA-Agenten Georg Bell, S. 58.
  3. Aronson: Heydrich, 1967, S. 67.
  4. Aronson: Heydrich, 1967, S. 65.
  5. Aronson: Heydrich und die Anfänge des SD und der Gestapo, 1967, S. 186.
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