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Berthe Weill
Esther Berthe Weill (geb. 20. November 1865 in Paris; gest. 17. April 1951 in L’Isle-Adam bei Paris) war eine französische Galeristin und Kunsthändlerin, die im Jahr 1901 als erste Frau[1] eine kleine Galerie, die Galerie B. Weill, in Paris gründete, die bis 1939 existierte und bis 1933 etwa 140 Ausstellungen betreute. Berthe Weill stellte als eine der ersten Galeristen im Jahr 1902 Werke von Pablo Picasso aus. Die von ihr geförderten jungen Künstler der Avantgarde nannten sie gelegentlich „Mère Weill“ (Mutter Weill) oder „Merveille“ (Das Wunder). 1933 veröffentlichte sie ihre Autobiografie.
Leben und Werk
Berthe Weill stammte aus einer kleinbürgerlichen jüdisch-elsässischen Familie, sie hatte sechs Geschwister. Weill wird als sehr klein beschrieben, 1,50 Meter groß, sehr schlank, blaue Augen, sehr kurzsichtig, daher trug sie später statt eines Lorgnons eine Brille mit großen Gläsern.
Die erste Galerie
Seit etwa 1888 arbeitete Weill als Angestellte des Antiquariats Mayer in der rue Laffitte in Paris. Das Geschäft in der Nähe der Grands Boulevards, gelegen in einer Straße mit vielen Kunsthandlungen, hatte bekannte Sammler als Kundschaft. Nach dem Tod ihres Chefs machte sie sich selbständig, zunächst 1897 gemeinsam mit ihrem Bruder Marcellin mit einem Antiquariat, dann eröffnete sie am 1. Dezember 1901 allein die winzige Galerie B. Weill in der 25, rue Victor Massé, deren Schwerpunkt die „jeunes peintres“, die jungen Maler, bildeten, doch auch Stiche alter Meister und Bücher wurden angeboten. Aus Platzmangel hängte sie die noch feuchten Gemälde mit Wäscheklammern an Leinen auf, die durch die Galerie gezogen waren.[2] Vom 1. bis 15. April 1902 fand eine Ausstellung mit 30 Werken des jungen, damals noch unbekannten spanischen Malers Pablo Picasso statt. Gezeigt wurden unter anderem die Gemälde La chambre bleue (Le tub) und Courtisane au collier de gemmes, beide aus dem Jahr 1901.[3]
Nach der Ausstellung im Salon d’Automne 1905, die einen Skandal hervorrief und den Begriff Fauvismus prägte, fand die nächste Ausstellung der von nun an Fauves genannten Maler vom 21. Oktober bis zum 20. November 1905 in Weills Galerie statt. Die ausstellenden Maler waren Charles Camoin, André Derain, Raoul Dufy, Othon Friesz, Henri Manguin, Albert Marquet, Henri Matisse und Maurice de Vlaminck.[4]
Weitere Standorte und ein Skandal
1917 bezog die Galerie größere Räume in der 50, rue Taitbout, und im Dezember fand dort die Vernissage der ersten Einzelausstellung Amedeo Modiglianis statt. Unter seinen etwa 30 Bildern waren einige Akte, von denen einer, im Schaufenster der Galerie gezeigt, zu einem Menschenauflauf führte. Ein Beamter aus dem gegenüberliegenden Polizeikommissariat, darauf aufmerksam geworden, forderte die Galeriebesitzerin auf, die Aktbilder abzuhängen, weil diese zu freizügig seien. Überliefert ist die Frage Berthe Weills: „Mais qu'ont-ils donc ces nus?“ („Was haben denn diese Nackten?“); und die lautstark und drohend vorgebrachte Antwort des Polizeikommisars: „Ces nus … ils ont des poils!“ („Diese Nackten … sie haben Haare!“). Um eine Beschlagnahmung der Bilder zu verhindern, kam Weill der Aufforderung zur Schließung der Ausstellung nach. 1920 verlegte sie die Galerie in die 46, rue Laffitte, ebenso im 9. Arrondissement.[5][6]
Weills Memoiren und die vierte Galerie
1933 erschienen Weills Memoiren Pan! dans l’œil … ou trente ans dans les coulisses de la peinture contemporaine 1900–1930, was etwa bedeutet „Peng! mitten ins Auge“, dessen Titel sich auf die Irritationen bezieht, die Betrachter moderner Kunst in ihren Sehgewohnheiten erlebten. Weill war Zeitgenossin der bekannteren Galeristen Ambroise Vollard, Eugène Druet, Josse und Gaston Bernheim-Jeune, Clovis Sagot und Paul Guillaume. Sie berichtet von ihrer Leidenschaft für Werke junger Künstler wie Aristide Maillol, Pablo Picasso, Henri Matisse oder André Derain, die bei ihr frühzeitig ausstellten. Insgesamt organisierte sie beinahe 140 Ausstellungen zwischen 1901 und 1933. Nicht unerwähnt bleiben die chronisch roten Zahlen ihres Geschäfts, doch war sie stolz darauf, dass sie immer wieder zur Liquidität zurückfand. Eine Neuauflage wurde 2009 herausgegeben.[7]
Die Galerie zog 1937 ein letztes Mal um, die Adresse war 27, rue Saint-Dominique. Zwei Jahre später, 1939, folgte ihre Schließung aus finanziellen Gründen. Während der Besetzung Frankreichs blieb sie in Paris und lebte sehr bescheiden in der rue Saint-Dominique im 7. Arrondissement. Es gelang ihr, den rassistischen Verfolgungen zu entgehen, denen sie als Jüdin ausgesetzt war. Als sie in ihrem winzigen, dunklen Appartement verhaftet werden sollte, soll sie derart geflucht haben, dass sie einer Verhaftung entging.
Letzte Jahre
Am 12. Dezember 1946 fand in einer Galerie ein Verkauf von 80 Bildern zu Gunsten von Berthe Weill statt, die Spender waren Künstler sowie Galerien. Die Spendenaktion war ein Dank der Künstler, die Weill in ihren Anfangsjahren unterstützt hatte, entweder durch Ankauf von Werken oder kostenlose Präsentation in ihrer Galerie. Die Aktion sollte ihren Lebensunterhalt sichern. Im Jahr 1948 wurde Berthe Weill zum Chevalier de la Légion d’Honneur ernannt. Sie starb 1951 bewegungsunfähig und fast erblindet 85-jährig in L’Isle-Adam.[8]
In der Galerie B. Weill wurden, neben den bereits genannten oder unbekannt gebliebenen Malern und Bildhauern, Werke von Alexander Archipenko, Émilie Charmy (1878–1974), Hermine David, Albert Gleizes, Marie Laurencin, Jean Metzinger, Diego Rivera, Odilon Redon, Maurice Utrillo, Suzanne Valadon und Ossip Zadkine ausgestellt.
Würdigung
Im November 2011 erschien die erste Biografie, die sich mit der fast vergessenen Galeristin beschäftigt. Die Kunsthistorikerin Marianne Le Morvan veröffentlichte es unter dem Titel: Berthe Weill 1865–1951. La petite galeriste des grands artistes. Sie wies unter anderem darauf hin, dass die Galerie B. Weill die einzige war, die seit ihrer Eröffnung ein Vierteljahrhundert lang nebeneinander Künstler präsentierte – unabhängig von ihrem Geschlecht. Sie setzte das weibliche Talent gleich mit dem der männlichen Künstler, was zu dieser Zeit im kulturellen Milieu im Allgemeinen nicht der Fall war. Die Stadt Paris wird demnächst dem Antrag der Autorin folgen, das Haus in der 25, Rue Victor Massé, in dem die erste Galerie eröffnet wurde, mit einer „plaque commémorative“ zu versehen, die an die Galeristin erinnert.[9]
Literatur
- Berthe Weill: Pan! dans l’œil … ou trente ans dans les coulisses de la peinture contemporaine 1900–1930 . Librairie Lipschutz 1933; Neuausgabe bei L'Échelle de Jacob, o.O. (Dijon) 2009
- Marianne Le Morvan: Berthe Weill 1865–1951. La petite galeriste des grands artistes. L'Ècarlate, Orléans 2011, ISBN 978-2-296-56097-0 Informationen zum Buch (französisch)
Weblinks und Quellen
- Françoise Job: Berthe Weill – galériste à Montmartre 1856–1951 mit Porträts der Galeristin Weill
- Peter Kropmanns: Berthe Weills Erinnerungen. Krise? Champagner!: in: Frankfurter Allgemeine Zeitung, 5. April 2010
Einzelnachweise
- ↑ Berthe Weill, www.bertheweill.fr, abgerufen am 18. Januar 2012
- ↑ Zitiert nach Berthe Weill – galériste à Montmartre 1856–1951
- ↑ William Rubin: Pablo Picasso. A Retrospective, with 758 plates, 208 in colour, and 181 reference illustrations. The Museum of Modern Art, New York, Thames and Hudson, London 1980, S. 46, ISBN 0-500-27194-1
- ↑ Gotthard Jedlicka: Der Fauvismus, 1961, S. 14–16
- ↑ Zitiert nach Berthe Weill – galériste à Montmartre 1856–1951
- ↑ Zitiert nach Berthe Weills Erinnerungen. Krise? Champagner!
- ↑ Zitiert nach Weblink Berthe Weills Erinnerungen. Krise? Champagner!
- ↑ Zitiert nach Berthe Weill – galériste à Montmartre 1856–1951
- ↑ Biografie Berthe Weill, www.livres-a-lire.fr, abgerufen am 18. Januar 2012
Personendaten | |
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NAME | Weill, Berthe |
ALTERNATIVNAMEN | Weill, Esther Berthe (Geburtsname) |
KURZBESCHREIBUNG | französische Galeristin und Kunsthändlerin |
GEBURTSDATUM | 20. November 1865 |
GEBURTSORT | Paris |
STERBEDATUM | 17. April 1951 |
STERBEORT | L’Isle-Adam |
Dieser Artikel basiert ursprünglich auf dem Artikel Berthe Weill aus der freien Enzyklopädie Wikipedia und steht unter der Doppellizenz GNU-Lizenz für freie Dokumentation und Creative Commons CC-BY-SA 3.0 Unported. In der Wikipedia ist eine Liste der ursprünglichen Wikipedia-Autoren verfügbar. |