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Bestiarium
Ein Bestiarium (zu lateinisch bestia, „[wildes] Tier“) ist eine mittelalterliche Tierdichtung, die moralisierend tatsächliche oder vermutete Eigenschaften von Tieren, auch Fabelwesen, allegorisch mit der christlichen Heilslehre verbindet. Bestarien sind oft reich illustriert.
Vorläufer der Bestiarien war der Physiologus aus dem 2. Jahrhundert, der im 12. und 13. Jahrhundert z. B. durch die Bestiarien Philippe de Thaons, Guillaume le Clercs und Gervaise de Fontenays wieder populär wurde.
Mit Richard de Fournivals in Prosa verfasstem „Bestiaire d’amour“, das die Liebe Fournivals zu einer Dame allegorisch schildert, entstand das erste weltliche Bestiarium.
Im 19. Jahrhundert wurde von Aloys Zötl, einem Färbermeister der Donaumonarchie aus Oberösterreich, ein reich gestaltetes Bestiarium geschaffen.
Im 20. Jahrhundert wurde die Form des Bestiariums frei wieder aufgegriffen, u. a. von Guillaume Apollinaire mit „Le bestiaire ou le cortège d’Orphée“ (1911) und Franz Blei mit dem „großen Bestiarium der modernen Literatur“ (1924). Heutzutage entwerfen viele Künstler ihre eigenen Bestiarien, mit detailliert gestalteten, oft phantastischen Tierzeichnungen.
In Pen-&-Paper-Rollenspielen werden Bücher über die in diesem Spiel auftretenden Kreaturen auch als Bestiarium bezeichnet.
Bestiarien
- Physiologus. 2. Jh. online
- Physiologus. Aus d. Griech. übers. u. hrsg. von Ursula Treu. Hanau 1981.
- Isidor von Sevilla: Etymologia. Buch 12: De animalibus. 6./7. Jh.
- Honorius Augustodunensis: De bestiis et aliis rebus (Von Tieren und anderen Dingen). 11. Jh.
- Philippe de Thaon: Bestiaire, um 1121
- pseudo-Hugo von Sankt Viktor: Liber de bestiis et aliis rebus, 12. Jh.
- Guillaume le Clerc: Bestiaire divin, um 1210
- Bestiario moralizzato, 14. Jh.
- Aloys Zötl (1803–1887), oberösterreichischer Färbermeister, Maler und Erschaffer eines einzigartigen Bestiariums
- Guillaume Apollinaire: Bestiaire ou Cortège d'Orphée. Illustriert von Raoul Dufy. 1911. online
- Franz Blei: Das große Bestiarium der modernen Literatur. Berlin 1922. [1]
- Bestiarium oder Das Gefolge des Orpheus. Übers. von Karl Krolow. Frankfurt a.M. 1995. ISBN 3-458-19151-8
- Maurice Genevoix: Tendre Bestiaiere; Bestiaiere enchanté; Bestiaire sans oubli. 1969–1971.
- Paul Claudel: Le bestiaire spirituel. Das geistliche Tierbuch. Illustriert von Hans Erni. Zürich 1984.
- Jorge Luis Borges: El libro de los seres imaginarios. Buenos Aires 1974.
- Einhorn, Sphinx und Salamander. Frankfurt a.M. 1993.ISBN 3-596-10584-6
Literatur
- N. Henkel, Chr. Hünemörder, W. Seibt, G. R. Mermier, W. P. Gerritsen, R. H. Robbins, Chr. Hannick, J. M. Plotzek: Bestiarium, -ius, Bestiarien. In: Lexikon des Mittelalters (LexMA). Band 1, Artemis & Winkler, München/Zürich 1980, ISBN 3-7608-8901-8, Sp. 2072–2080.
- Franz Reitinger: Aloys Zötl oder die Animalisierung der Kunst. Wie aus einem Färber der Donaumonarchie ein Surrealist wurde. Mit einem Text von André Breton. Brandstätter, Wien 2004, ISBN 3-85498-358-1.
- Matthias Bumiller: Bestiarium. Von Art, Natur & Eigenschaft allerley Thiere. Thorbecke, Ostfildern 2007, ISBN 978-3-7995-3537-3 (anhand alter Tierbücher erzählt Matthias Bumiller Wissenswertes und Kurioses über einheimische und exotische Tiere)
- Michel Pastoureau: Das mittelalterliche Bestiarium. Aus dem Französischen von Birgit Lamerz-Beckschäfer. Primus, Darmstadt 2013, ISBN 978-3-86312-050-4.
Weblinks
- Artikel Bestiaries in der Catholic Encyclopedia
- The Medieval Bestiary. Animals in the Middle Ages (engl.)
- Bestiaire du Moyen Âge (frz.)
Dieser Artikel basiert ursprünglich auf dem Artikel Bestiarium aus der freien Enzyklopädie Wikipedia und steht unter der Doppellizenz GNU-Lizenz für freie Dokumentation und Creative Commons CC-BY-SA 3.0 Unported. In der Wikipedia ist eine Liste der ursprünglichen Wikipedia-Autoren verfügbar. |