Jewiki unterstützen. Jewiki, die größte Online-Enzyklopädie zum Judentum.
Helfen Sie Jewiki mit einer kleinen oder auch größeren Spende. Einmalig oder regelmäßig, damit die Zukunft von Jewiki gesichert bleibt ... Vielen Dank für Ihr Engagement! (→ Spendenkonten) |
How to read Jewiki in your desired language · Comment lire Jewiki dans votre langue préférée · Cómo leer Jewiki en su idioma preferido · בשפה הרצויה Jewiki כיצד לקרוא · Как читать Jewiki на предпочитаемом вами языке · كيف تقرأ Jewiki باللغة التي تريدها · Como ler o Jewiki na sua língua preferida |
Kanoniker
Kanoniker (weibliche Formen: Kanonikerinnen, Kanonissen), auch Stiftsherren (Stiftsdamen) oder Chorherren (Chorfrauen) genannt, sind Kleriker aller Weihestufen, die als Mitglieder eines Domkapitels oder eines Stiftskapitels an einer Kathedrale, Basilika oder Ordenskirche (Regularkanoniker) an der gemeinsamen Liturgie mitwirken. Unter gemeinsamer Liturgie versteht man die Feier der Heiligen Messe und des Stundengebets, zu der alle Priester verpflichtet sind, ob allein oder in Gemeinschaft.
Kanoniker leben in Gemeinschaft. Der Vorsteher eines Kapitels ist in der Regel ein Propst oder auch Abt, manchmal ist die Leitung auch einem Dekan oder Prior übertragen. Einige Kapitel werden direkt vom Diözesanbischof geleitet; an den römischen Patriarchalbasiliken führt der Vorsteher den Titel eines Erzpriesters. Die Chorherren sind heute meist in der Seelsorge tätig und werden mehr oder weniger vollständig aus den Kirchengütern unterhalten.
Das Mitglied eines Kathedralkapitels bezeichnet man als Domkapitular, das Mitglied eines Säkularkanonikerstiftes oder eines Ordens regulierter Chorherren (Regularkanoniker) als Kanonikus oder Chorherr. Ein jedes dieser Kapitel kann darüber hinaus verdiente Geistliche, im Ausnahmefall auch Laien besonderen Ranges, mit dem Titel eines Ehrenkanonikers auszeichnen.
Geschichte
Die nach dem Vorbild des Augustinus als Abgrenzung zum (benediktinischen) Mönchtum entwickelte Kanonikerregel (regula canonicorum) wurde 755 durch Bischof Chrodegang von Metz für sein Bistum festgelegt und weiter entwickelt auf der Reichssynode von Aachen durch Kaiser Ludwig den Frommen (Ludwig I.) im Jahre 816 für das gesamte Karolingerreich als verbindlich festgelegt. Eine Gemeinschaft von Weltgeistlichen nennt man ein Kollegiatstift.
Seit der Mitte des 11. Jahrhunderts beobachtet man eine Reform bei den Kanonikern, die zu regulierten Chorherrenstiften führt. Unter Verzicht auf Eigentum im Zeichen der vita apostolica kam es zum Bruch mit der Institutio canonicorum Aquisgranensis (Aachener Institution) von 816 und zur Ausbildung des regulierten Kanonikertums. Regularkanoniker (Augustinerchorherren) legten ein Gelübde auf ihr Domstift (Hochstift) oder Kollegiatstift (Niederstift) ab und wählten unter den beiden überlieferten Augustinusregeln, entweder die maßvollere Version Praeceptum / ordo antiquus oder, der strengeren Observanz folgend, die Version Ordo monasterii / ordo novus. Der von Norbert von Xanten initiierte Prämonstratenserorden (Entstehung ab 1120 in Prémontré/Nordfrankreich) entschied sich zum Beispiel für den ordo novus.
Die daneben weiter bestehenden Säkularkanoniker legten kein Gelübde ab (auch kein Armutsgelübde) und konnten die häufig reichhaltigen Chorherrenpfründen des Stiftungsvermögens ab dem 11./12. Jahrhundert oft noch ihrem Privatvermögen hinzufügen. Die seelsorgerischen Aufgaben gerieten dabei häufig in den Hintergrund und wurden dann nur noch durch Vikare erledigt. Besonders der Adel nutzte häufig Säkularkanonikerpositionen an Stiften zur Versorgung nachgeborener Söhne und als Sprungbrett für eine Karriere im Klerus oder bei Hofe. Ein positiver Aspekt des Säkularkanonikertums war seine bedeutende Rolle bei der Gründung (Stiftung) der Universitäten im Spätmittelalter. Die ersten Professoren dieser neu gegründeten (Landes-)Universitäten waren überwiegend Säkularkanoniker. Solche Kollegiatstifte säkularer Kanoniker waren im Mittelalter weit verbreitet, wurden aber meist in Augustiner-Chorherrenstifte umgewandelt und sind spätestens mit der Säkularisation sehr selten geworden.
Kanonissen
Kanonissen (Chorfrauen) (der Begriff taucht erst im 11. Jahrhundert auf) sind definiert als Frauen, die in einem Frauenstift ein gemeinschaftliches religiöses Leben unter einer Äbtissin führen, ohne an eine monastische Gemeinschaft gebunden zu sein (Institutio sanctimonialium Aquisgranensis, Aachener Institution von 816). Privatbesitz war erlaubt, das Erbrecht war uneingeschränkt und die Stiftsdamen/Kanonissen durften abgetrennte Wohnungen mit einer Dienerin bewohnen, d.h. es handelte sich in der Regel um Adelige. Die anfangs noch recht häufigen Doppelstifte von Chorherren und Chorfrauen wurden im Laufe des Hochmittelalters mehr und mehr aufgelöst, wobei meist die Stiftsdamen (Kanonissen) weichen mussten und die selbstwählbare Äbtissin durch einen vom Bischof oder Abt ernannten Prior oder Propst als Vorsteher ersetzt wurde. Gehörten die Damen eines Stifts überwiegend dem Hochadel an, blieb es meist bei der Leitung durch eine Äbtissin aus diesen Kreisen.
Kleidung
Die Kleidung der Kanoniker war im 12. Jahrhundert ein langer Leibrock, darüber das leinene Chorhemd (Albe); dann das Almutium, eine Mütze aus Schaffell, welche Kopf, Hals und Schultern bedeckte; dazu ein schwarzer Mantel ohne Kragen und der Pileolus (Käppchen). Die späteren Chorherren gaben dieser Tracht ein gefälligeres Aussehen. Namentlich tauschten sie das Käppchen gegen das viereckige Birett, der Chorrock schrumpfte zum Sarozium (nun ein schmaler langer Streifen weißen Stoffs auf Rücken und Brust, ähnlich einer Krawatte), woran man jetzt die Augustiner-Chorherren zu erkennen pflegt. Im Chor tragen sie zusätzlich Rochett und Mozetta. Andere regulierte Chorherren tragen weiter ihre überkommene Tracht, z. B.: Tunika, Skapulier und Zingulum, ggf. Caputium und Birett, im Chor zusätzlich: Chorhemd (Rochett) und Mozetta bzw. Almutium – alles in weißer Farbe – bei den Prämonstratensern.
Bekannte Kanoniker
- Norbert von Xanten (Säkular-, später Regularkanoniker 1080–1134)
- Papst Innozenz IV. (Kanoniker –1254)
- Guillaume de Machaut (Kanoniker 1337–1377)
- Nikolaus Rotenfels
- Jakob Fugger (Kanoniker vor 1478–1525)
- Nikolaus Kopernikus (Kanoniker 1495–1543)
- Kai vonThienen (1723 Eutinischer Kammerjunker, Kanonikus im Hochstift Lübeck)
- Peter Franz Agricola (1749–1807) (Kapitularkanoniker und Dompfarrer zu Erfurt, Dr. theol. u. jur. utr., Prof.der geistl. Rechte u. Theologie Universität Erfurt, Assessor am Erzbischöfl. Geistl. Gericht zu Erfurt, Mitglied der Akademie gemeinnütziger Wissenschaften)
- Martin Schrettinger (Kanoniker 1772–1851)
- Michael Gamper (Kanoniker 1885–1956)
- Georg Ratzinger (Kanoniker, ehemaliger Domkapellmeister Regensburgs und Bruder des emeritierten Papstes Benedikt XVI.)
Ehrenkanoniker
- König von Spanien, gegenwärtig Juan Carlos I.: Ehrenkanoniker von Santa Maria Maggiore und Sankt Paul vor den Mauern[1]
- Präsident von Frankreich, gegenwärtig François Hollande: Ehrenkanoniker von St. Johannes im Lateran und von Sankt Peter im Vatikan[1]
Regularkanoniker
- Augustiner-Chorherren
- Prämonstratenser-Chorherren
- Orden vom Heiligen Kreuz
- Deutscher Orden
- Regularkanoniker vom Heiligen Kreuz
Literatur
- Jean Steinauer: Die Republik der Chorherren - Eine Geschichte der Macht in Freiburg i. Ue., Verlag für Kultur und Geschichte, Baden (Schweiz) 2012, ISBN 978-303919-269-4
Einzelnachweise
- ↑ 1,0 1,1 Basiliche Papali (Italienisch) Vicariatus Urbis – Portal der Diözese Rom. Abgerufen am 7. August 2008., unter den jeweiligen Einträgen der päpstlichen Basiliken wird der jeweilige „protocanonico“ angeführt.
Dieser Artikel basiert ursprünglich auf dem Artikel Kanoniker aus der freien Enzyklopädie Wikipedia und steht unter der Doppellizenz GNU-Lizenz für freie Dokumentation und Creative Commons CC-BY-SA 3.0 Unported. In der Wikipedia ist eine Liste der ursprünglichen Wikipedia-Autoren verfügbar. |