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Drittschadensliquidation
Unter Drittschadensliquidation versteht man die Lösung eines in mehreren Fallkonstellationen auftretenden juristischen Problems im Recht des Schadensersatzes im Zivilrecht: Ersatzanspruch und Schaden fallen im Dreipersonenverhältnis zum Schädiger zufällig personenverschieden auseinander, was ohne diese Institution zu einem Nichtersatz eines beim Dritten entstandenen Schadens führen würde.
Beispiel: Der Käufer K hat bei Verkäufer V 200 Flaschen Wein für sein Restaurant bestellt. Diese sollen im Auftrag des V durch die Spedition S-AG geliefert werden (Versendungskauf). Bei der S-AG gehen die Flaschen durch Verschulden der S-AG unter, also werden zerstört oder verderben. Da die Leistung (als konkretisierte Stückschuld) des V an K nun unmöglich ist, braucht V nicht nochmal an K zu leisten (§ 275 Abs. 1 BGB). Da aber bereits (nach § 447 Abs. 1 BGB) die Gefahr des Untergangs auf den K übergangen war, muss dieser trotzdem den Kaufpreis zahlen.
Nun hätte V gegen die S-AG einen Schadenersatzanspruch, aber keinen Schaden. K hätte zwar einen erheblichen Schaden, aber i.d.R. keinen Anspruch, da kein Schuldverhältnis zwischen K und der S-AG vorgelegen hat. Hier kann V ausnahmsweise den Schaden des K gegenüber der S-AG ersetzt verlangen. K kann dann vom V die Abtretung des Schadenersatzes nach § 285 BGB verlangen.
Wäre K Verbraucher, wäre die Gefahr erst gar nicht auf ihn übergegangen, so dass Schaden und Anspruch gleich bei V zusammengefallen wären (§ 474 BGB). Dieser Fall vernachlässigt jedoch, dass es sich bei dem Vertrag zwischen V und der S-AG um einen Frachtvertrag gem. (§ 407ff. HGB) handelt, so dass (§ 421 HGB) anwendbar ist. Durch letztgenannten Paragraphen steht dem K als Empfänger ein eigener Schadensersatzanspruch gegen die S-AG zu. Eine Drittschadensliquidation ist also gar nicht nötig und daher auch gar nicht möglich.
Ursache hierfür ist in der Regel ein Rechtsverhältnis zwischen dem Ersatzberechtigten und einem Dritten, durch das der Schaden auf den Dritten verlagert wird. Mit Hilfe des Rechtsinstituts der Drittschadensliquidation kann der Ersatzberechtigte den bei dem Dritten eingetretenen Schaden gegenüber dem Ersatzverpflichteten geltend machen. Der Dritte kann im Rahmen der zwischen ihm und dem Ersatzberechtigten bestehenden Rechtsbeziehung gemäß § 285 BGB die Abtretung dieses Ersatzanspruches an sich verlangen.
Dadurch wird einerseits erreicht, dass dem Schädiger eine zufällige Schadensverlagerung nicht zugutekommt und dass andererseits der Schadensinhaber in schuldrechtlicher Hinsicht nicht auf dem Schaden sitzen gelassen wird.
Abzugrenzen ist die Drittschadensliquidation vom Vertrag mit Schutzwirkung zugunsten Dritter, bei dem nicht der Anspruchsinhaber den Schaden des Dritten geltend machen kann, sondern - weitergehend - der Dritte einen eigenen Anspruch gegen den Schädiger erhält.
Voraussetzungen
Die allgemeinen Voraussetzungen für die Drittschadensliquidation sind:
- Der Schaden liegt nicht beim Anspruchsinhaber. (Anspruch ohne Schaden)
- Der Geschädigte hat keinen Anspruch. (Schaden ohne Anspruch)
- Zufällige Verlagerung des Schadens vom Anspruchsinhaber auf den Geschädigten.
Fallgruppen
Von der Rechtsprechung und Literatur sind verschiedene Fallgruppen zur Drittschadensliquidation entwickelt worden. Wichtig hierbei ist, dass die Drittschadensliquidation eine Ausnahme des sonst geltenden Dogmas des Gläubigerinteresses, d.h. dass der Gläubiger nur eigene Schäden geltend machen kann, ist und damit nur in anerkannten Fällen zur Anwendung kommt. Eine Verallgemeinerung über diese Fallgruppen hinaus kommt nicht in Betracht.
Die wichtigsten Fallgruppen der Drittschadensliquidation sind:
- Mittelbare Stellvertretung: Derjenige, der im eigenen Namen einen Vertrag für fremde Rechnung abgeschlossen hat, kann einen aus dem Vertrag erwachsenen Schadensersatzanspruch geltend machen, obwohl der Schaden im Innenverhältnis zwischen dem Vertreter und dem Geschäftsherrn letzteren trifft. Da der Vertrag im eigenen Namen abgeschlossen wird, liegt gerade kein Fall echter Stellvertretung vor. Insofern ist der Begriff der mittelbaren Stellvertretung missverständlich.
- Obligatorische Gefahrentlastung: Wer schuldrechtlich zur Eigentumsübertragung verpflichtet ist, kann im Rahmen von Gefahrtragungsregeln (z.B. § 447, § 644, § 2174 BGB) frei werden, wenn die Sache vor Erfüllung durch Verschulden eines Dritten untergeht; in diesem Fall kann der Eigentümer den Schaden gegenüber dem Dritten im Interesse der die Gefahr tragenden Person geltend machen. Im Falle des § 447 BGB ist jedoch § 474 Abs. 4 BGB zu beachten.
- Obhutspflicht: Der Besitzer, der die Obhut über eine Sache vertraglich einem Dritten anvertraut, kann im Falle einer Verletzung der Obhutspflicht dem Dritten gegenüber den Schaden des Eigentümers geltend machen.
- Bestimmte Treuhandverhältnisse, z.B. Sicherungsabtretungen.
- Nach vereinzelt vertretener Ansicht kann auch eine im Rahmen des § 241a BGB auftretende Konstellation zu einer Drittschadensliquidation führen.
Literatur
- Goerth Andreas, Die Drittschadensliquidation, in: Juristische Arbeitsblätter (JA) 2005, Seite 28-31
- Hübner, Leonhard; Sagan Adam: Die Abgrenzung von Vertrag mit Schutzwirkung zugunsten Dritter und Drittschadensliquidation, in: Juristische Arbeitsblätter (JA) 2013, Seite 741-747
- Horlach, Referendarexamensklausur - Zivilrecht: Drittschadensliquidation und gestörte Gesamtschuld - Sturz unterm Riesenrad, in: Juristische Schulung (JuS) 2009, Seite 242-246
- Daniel Iden, Einbeziehung Dritter in Schuldverhältnisse und Drittschadensliquidation, Zeitschrift für das Juristische Studium (ZJS) 2012, 644 (pdf-Datei) [1] (PDF; 111 kB)
- von Schroeter, Hans-Ulrich, Die Drittschadensliquidation in europäischen Privatrechten und im deutschen Kollisionsrecht, Europäische Hochschulschriften 1995, ISBN 3-631-48354-6
Weblinks
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