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Emil Warneken

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Georg Emil Warneken (* 20. August 1885 in Bremen-Burgdamm; † 16. August 1976 in Bremen)[1] war ein deutscher Richter, Landgerichtsdirektor und Richter am NS-Sondergericht in Bremen.

Leben

Warneken wurde als Sohn des evangelischen Gutsbesitzers Bernhard Heinrich Warneken (1854 bis 1935) und dessen Ehefrau Betty Sara, geb. Fäsenfeldt (1854 bis 1923) in Burgdamm, heute Ortsteil von Bremen, geboren. Er studierte Rechtswissenschaften und wurde 1908 in Erlangen promoviert mit einer Untersuchung zu Lade- und Löschfristen im Seerecht.

Vorsitzender der Bremer Gerichtshilfe und ab 1937 der Bremischen Gefängnisgesellschaft

Warneken war Vorsitzender der 1928 geschaffenen Bremer Gerichtshilfe. Im Gegensatz zum seit 1837 bestehenden „Verein für entlassene Strafgefangene“, dessen Vorstand Warneken gleichfalls angehörte, betrieb die Gerichtshilfe keine Gefangenen- und Entlassenfürsorge, sondern verstand sich als Hilfsorgan der Justiz. Die Bremer Gerichtshilfe wurde am 18. Mai 1934 dem NS-Amt für Volkswohlfahrt in Berlin unterstellt. Nachdem in der Person des Vorsitzenden Warneken bereits eine Personalunion im Vorsitz der Vereine bestand, verschmolzen im Oktober 1935 die Bremer Gerichtshilfe und der „Verein für entlassene Strafgefangene“ zur „Bremischen Gefängnisgesellschaft“, die dem Landesverband Hamburg angegliedert wurde. 1937 wurde die Bezeichnung geändert in „Bremischen Straffälligenbetreuung und Ermittlungshilfe“. Vorrangiges Ziel der Bremischen Gefängnisgesellschaft war neben der Gerichtshilfetätigkeit die Wiedereingliederung der Entlassenen ins Erwerbsleben. Dazu wurde u. a. 1937 eine gemeinnützige Schreibstube eingerichtet.[2]

Stellvertretender Vorsitzender des NS-Sondergerichts Bremen

„Die Sondergerichte waren ein justizielles Instrument im Kampf der Nationalsozialisten gegen ihre politischen Gegner. Schon die Tatsache, dass sie bereits wenige Wochen nach der Machtübernahme dauerhaft eingerichtet wurden, zeugt von ihrer elementaren Bedeutung im Kontext von Machtaufbau und Machterhalt. Sie dienten der Verfolgung (vermeintlich) politischer Gegner, indem sie auf größtmögliche Schnelligkeit ausgelegt waren (der Verhandlungstermin sollte spätestens 2 Wochen nach Eingang der Anklageschrift stattfinden) und die Rechte der Angeklagten stark einschränkten. Die Urteile von unmittelbarer Rechtskraft, gegen die keine Revisionen möglich waren, konnten daher „im Schnellverfahren“ verkündet und die verhängten Strafen vollstreckt werden.“[3]

Nach Kriegsbeginn wurde die Zahl der Sondergerichte erhöht. Im Zuge dieser Neuerungen kam zur Einrichtung eines Sondergerichts Landgericht Bremen. Am 30. März 1940 wurde durch den Präsidenten des Hanseatischen Oberlandesgerichts die Besetzung des neu geschaffenen Sondergerichts Bremen mitgeteilt. Demnach führte Karl Rüther als Landgerichtspräsident formell den Vorsitz. Warneken war stellvertretender Vorsitzender des Sondergerichts Bremen von 1940 bis 1945.[4] und nahm als Landgerichtsdirekter als regelmäßiger Vertreter den Vorsitz wahr. Die Staatsanwaltschaft wurde meist durch den Ersten Staatsanwalt Waldemar Seidel oder Staatsanwalt Erich Zander verrichtet. Insgesamt waren am Sondergericht Bremen 13 Richter und 11 Staatsanwälte tätig. „In diesem Zeitraum sprach das Sondergericht Bremen in 562 Fällen ein Urteil gegen 918 Personen.“[5] Die letzte Verkündung eines Urteils durch das Sondergericht Bremen erfolgte am 24. April 1945. Das Sondergericht hatte Bestand bis zur Stilllegung der bremischen Justiz durch die alliierten Truppen am 27. April 1945.[6]

Für Warneken bedeutete der Aufstieg der NSDAP die Beschleunigung seiner Karriere. Warneken wandelte sich vom Deutsch-nationalen zum überzeugten Nationalsozialist und wurde 1933 Mitglied der Nationalsozialistische Deutsche Arbeiterpartei. Am Sondergericht in Bremen sah er die Möglichkeit, sich durch überaus harte Urteile auszuzeichnen. Für insgesamt 49 Todesurteile war er verantwortlich. Unerbittlich sorgte er für die Hinrichtung des 16-jährigen polnischen Zwangsarbeiters Walerian Wróbel.[7] Auch ein Mann, der aus einem Trümmerhaus ein Glas Marmelade entwendete, wurde in den Tod geschickt. In vorauseilendem Gehorsam verzichtete Warneken bewusst darauf, Entscheidungsspielräume zu nutzen.[8][9]

Die Forschungsergebnisse zu Warneken legen den Schluss nahe, „dass die Urteilspraxis am Sondergericht Bremen in zahlreichen Fällen auf die zeitgenössische Volksgemeinschaftsideologie abhob und zugleich die Propaganda sozialer Homogenität auf Warnekens individuelles Berufsverständnis einwirkte.“[10] „Warneken hatte offenbar an den propagierten „Endsieg“ geglaubt. Sonst hätte er seine Tätigkeit am Sondergericht nicht mit solch Akribie und hoher Leistung bis zum Schluss verfolgt und für sein Vaterland – getreu den alten preußischen Tugenden des Gehorsams und der Pflichterfüllung – das Letzte gegeben. Die Niederlage schrieb er dem Wirken „innerer Feinde“ zu, die er als Richter mit voller moralischer Überzeugung bekämpft hätte, letztlich aber wohl nicht hart genug gegen „Gemeinschaftsfremde“ und „Volksschädlinge“ vorgegangen wäre. Allerdings gab er der Führungsetage der NSDAP eine gewisse Mitschuld am entgangenen Sieg. Sie hätte in ihrem Größenwahn unsinnige Befehle erteilt und eine wenig feinfühlige Taktik verfolgt.“[11]

Nach 1945

Warneken gab eidesstattlich im Fragebogen im Entnazifizierungsverfahren gegen ihn zu Protokoll, er sei 8 Jahre lang vom 1. Mai 1937 bis April 1945 nur „NSDAP-Parteianwärter“ gewesen sowie auf Druck von 1936 bis 1939 zudem förderndes Mitglied der SS, und er habe nie ein Parteibuch erhalten. Dagegen steht Warnekens eigenhändig unterschriebenes Beitrittsformular zur NSDAP, Gau Weser-Ems, Kreis Bremen, vom 26. April 1933, das sich im Berlin Document Center befindet.[12]

Warneken wurde trotz Unterstützung durch den Justizsenator und späteren Bürgermeister Theodor Spitta nicht wieder als Richter eingesetzt; er trat in den Ruhestand.[13] Seine Unrechtsurteile taten seiner weiteren beruflichen Karriere jedoch keinen Abbruch. Er wurde in den 1950er Jahren Justiziar einer Bank.[14]

Zu den gefällten Urteilen, in denen der unbestimmte Begriff des „gesunden Volksempfindens“ verwendet wurde, schrieb Warneken nach dem Krieg: „Kein einziges Todesurteil ist wegen einer politischen Straftat ausgesprochen worden, vielmehr gegen Einbrecher, gefährliche Gewohnheitsverbrecher, Brandstifter, Volksschädlinge, Eisenbahnräuber, Gewaltverbrecher, Plünderer, Mörder und Posträuber.“ Außerdem habe das Gericht so sauber gearbeitet, dass „auch die verurteilten Angeklagten anerkennen mußten, dass der Sachverhalt vollständig und richtig aufgeklärt ist.“[15]

Weitere Aktivitäten

Er war von 1917 bis 1976 Vorsitzender des Vereins Ellener Hof, wo nach den vereinseigenen Statuten „sitt­lich ver­wahr­los­te Kin­der, wel­che den Ein­flüs­sen ei­ner ver­derb­li­chen Um­ge­bung un­ter­lie­gen oder be­reits in Straf­an­stal­ten ein­ge­ses­sen ha­ben“ aufgenommen werden sollten.[16]

Privates

Er war seit 23. Mai 1915 (in Elsfleth) verheiratet mit Elsa Köhne (5. August 1888 bis 17. November 1975). Warneken wurde im Familiengrab auf dem Riensberger Friedhof in Bremen beigesetzt.[17]

Schriften

  • Lade- u. Löschfristen im Seerecht. Warneken, Emil G., a. Burgdamm, Referendar in Bremen, Vegesack: F. W. L. Borowsky, 1908, Anmerkung: Erlangen, Jur. Fak., Ref. Sehling, Diss. v. 22. Mai 1908.[18]

Literatur

  • Christoph Schminck-Gustavus: Das Heimweh des Walerjan Wróbel. Ein Sondergerichtsverfahren 1941/42. Verlag J.H.W. Dietz Nachf., Bonn 1986, ISBN 3-8012-0117-1.
  • Christine Schoenmakers: „Die Belange der Volksgemeinschaft erfordern…“ Rechtspraxis und Selbstverständnis von Bremer Juristen im „Dritten Reich“, Ferdinand Schönig Verlag 2015.
  • Stefan Mörchen, Schwarzer Markt: Kriminalität, Ordnung und Moral in Bremen 1939–1949, Campus Verlag, 2011.

Weblinks

Einzelnachweise

  1. https://www.arcinsys.niedersachsen.de/arcinsys/digitalisatViewer.action?detailid=v8579967&selectId=21362628
  2. https://www.arcinsys.niedersachsen.de/arcinsys/detailAction.action?detailid=b15465&icomefrom=search
  3. https://www.arcinsys.niedersachsen.de/arcinsys/detailAction.action?detailid=b15634&icomefrom=search
  4. https://www.arcinsys.niedersachsen.de/arcinsys/detailAction.action?detailid=v8939812&icomefrom=search
  5. https://www.stolpersteine-bremen.de/glossar.php?id=31
  6. vgl. dazu: https://www.arcinsys.niedersachsen.de/arcinsys/detailAction.action?detailid=b15634&icomefrom=search
  7. Christoph Schminck-Gustavus: Das Heimweh des Walerjan Wróbel. Ein Sondergerichtsverfahren 1941/42. Verlag J.H.W. Dietz Nachf., Bonn 1986, ISBN 3-8012-0117-1
  8. vgl. dazu: https://johannis.kshb.de/zwei-lebenswege-die-historikerin-christine-schoenmakers-zum-9-november/
  9. https://johannis.kshb.de/zwei-lebenswege-die-historikerin-christine-schoenmakers-zum-9-november/ref>https://www.spurensuche-bremen.de/spur/ellener-hof-als-teil-der-beruechtigte-aktion-t4/
  10. https://www.hsozkult.de/conferencereport/id/fdkn-122800
  11. https://www.bpb.de/themen/deutschlandarchiv/227352/die-rueckkehr-der-ehemaligen-personelle-und-ideologische-kontinuitaeten-in-der-bremer-justiz-nach-1945/
  12. hristoph Schminck-Gustavus: Das Heimweh des Walerjan Wróbel. Ein Sondergerichtsverfahren 1941/42. Verlag J.H.W. Dietz Nachf., Bonn 1986, ISBN 3-8012-0117-1, S. 112f.
  13. hristoph Schminck-Gustavus: Das Heimweh des Walerjan Wróbel. Ein Sondergerichtsverfahren 1941/42. Verlag J.H.W. Dietz Nachf., Bonn 1986, ISBN 3-8012-0117-1, S. 113
  14. https://johannis.kshb.de/zwei-lebenswege-die-historikerin-christine-schoenmakers-zum-9-november/
  15. https://taz.de/Die-Ordner-des-Totalen-Krieges/!1526408/
  16. https://www.spurensuche-bremen.de/spur/ellener-hof-als-teil-der-beruechtigte-aktion-t4/
  17. https://grabsteine.genealogy.net/tomb.php?cem=135&tomb=6360&b=W&lang=de
  18. https://gvk.k10plus.de/SET=2/TTL=1/SHW?FRST=4/PRS=HOL
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