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Führungsaufsicht

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Führungsaufsicht ist nach deutschem Strafrecht eine Maßregel der Besserung und Sicherung (vgl. § 61 StGB). Bei bestimmten Straftaten kann das Gericht gem. § 68 StGB zusätzlich zu einer Freiheitsstrafe von mehr als sechs Monaten die Führungsaufsicht nach § 68a StGB anordnen, wenn die Gefahr besteht, dass der Täter weitere Straftaten begehen würde.

Dazu heißt es in § 68a StGB:

(1) Der Verurteilte untersteht einer Aufsichtsstelle; das Gericht bestellt ihm für die Dauer der Führungsaufsicht einen Bewährungshelfer.
(2) Bewährungshelfer und Aufsichtsstelle stehen im Einvernehmen miteinander dem Verurteilten helfend und betreuend zur Seite.
(3) Die Aufsichtsstelle überwacht im Einvernehmen mit dem Gericht und mit Unterstützung des Bewährungshelfers das Verhalten des Verurteilten und die Erfüllung der Weisungen.
[...]

In anderen Staaten werden Bewährungsauflagen mittels elektronischer Fußfessel als Teil der Führungsaufsicht seit längerem erprobt oder bereits durchgeführt. In Deutschland wurde die Möglichkeit der elektronischen Aufenthaltsüberwachung im Rahmen der Führungsaufsicht mit dem "Gesetz zur Neuordnung des Rechts der Sicherungsverwahrung und zu begleitenden Regelungen" mit Wirkung zum 1. Januar 2011 geschaffen (§ 68b StGB). Die technische Umsetzung ist im Gesetz nicht näher bestimmt. Tatsächlich bedeutet dies aber derzeit ebenfalls den Einsatz einer elektronischen Fußfessel.

In der Praxis wird die Führungsaufsicht nicht vom selben Gericht ausgesprochen, das den Täter verurteilt hat. Die Führungsaufsicht wird kurz vor Ende der Verbüßung der Strafe vom Richter der zuständigen Strafvollstreckungskammer angeordnet. Der Beschluss besteht aus mindestens einer, meist aber aus einer ganzen Reihe von Weisungen. Sie sollten delikt- und persönlichkeitsspezifisch sein. Diese können u. a. folgendermaßen lauten: Verbot des Verlassens des Wohn- oder Aufenthaltsortes ohne Erlaubnis der Führungsaufsichtsstellen, Aufenthaltsverbot an Orten, die Anreiz zu neuen Straftaten geben könnten (z. B. Kindesmissbraucher an Kinderspielplätzen), Kontakt- und Beherbergungsverbot zu Personen oder Gruppen, die Anreize zu neuen Straftaten geben könnten, Verbot von Tätigkeiten, auch ehrenamtliche, bei denen die Gefahr des Umgangs mit bestimmten Personen oder Personengruppen besteht, von denen Anreize zu neuen Straftaten ausgehen könnten, Verbot des Besitzes oder Verwahrenlassens von Gegenständen, die Anreiz zu neuen Straftaten geben könnten, regelmäßiges Vorsprechen beim Bewährungshelfer zu festgelegten Zeitpunkten, Mitteilung von Arbeitsplatz- und Wohnungswechsel an Führungsaufsichtsstelle, Bemühungen um die Aufnahme eines Beschäftigungsverhältnisses, regelmäßige Besuche bei einem Psychiater oder Therapeuten, erweiterte bzw. verschärfte Meldepflicht, Urinkontrollen auf Drogen- und Alkoholkonsum, Verbot, alkoholische Getränke zu konsumieren, oder auch Verpflichtung zu einer Psycho- oder Drogentherapie.

Nicht zulässig ist hingegen eine Weisung zur Entbindung der behandelnden Ärzte von der ärztlichen Schweigepflicht.[1]

Auch bei Weisungen ist allerdings das Verhältnismäßigkeitsprinzip zu beachten. Nicht verhältnismäßig ist es etwa, einem langjährig drogenabhängigen Straftäter eine Abstinenzweisung aufzuerlegen, wenn von vornherein feststeht, dass er aufgrund seiner Suchterkrankung diese Weisung gar nicht erfüllen kann.[2] Ähnliches gilt bei einem pauschalen Verbot der Verbreitung rechtsextremistischen oder nationalsozialistischen Gedankenguts, da diese Weisung zu unbestimmt ist und so dem Straftäter faktisch das Recht auf Meinungsfreiheit komplett entzieht.[3]

Verstöße gegen Weisungen, die bestimmt, aber nicht auf eine dauerhafte Therapie zielen, sind nach § 145a StGB strafbewehrt und können auf Antrag der Führungsaufsichtsstelle mit Geldstrafe oder Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren geahndet werden. Verstöße gegen Therapieweisungen können zur Anordnung der unbefristeten Dauer der Führungsaufsicht führen, § 68c StGB.

Die Häufigkeit und Schärfe der Führungsaufsicht sowie die Art und Menge der Auflagen variieren in Deutschland von Bundesland zu Bundesland beträchtlich. In wenigen Bundesländern, so in Bayern, Hessen und Sachsen, wird die Führungsaufsicht besonders streng gehandhabt, so dass viele ehemalige Straffällige nach Verbüßung ihrer Strafe in andere Bundesländer umziehen, um sich dadurch enger Überwachung und Kontrolle zu entziehen.

Die rechtliche Problematik, dass niemand wegen einer Tat zweimal bestraft werden darf, ist für die Führungsaufsicht nicht von Belang, da Maßregeln der Besserung und Sicherung keine Strafe sind.

Im Unterschied zur Aussetzung des Strafrestes auf Bewährung (§ 56 ff. StGB) wird bei der Führungsaufsicht mehr Wert auf die Überwachung des Verurteilten gelegt. So gibt es neben dem Bewährungshelfer auch noch eine Aufsichtsstelle zur Überwachung des „Verhaltens der verurteilten Person und die Erfüllung der Weisungen“. Aufsichtsstellen ressortieren, außer in Sachsen, bei den Landgerichten. In Sachsen sind sie bei den Staatsanwaltschaften eingerichtet.

Literatur

  • Peter Floerecke: Die Entstehung der Gesetzesnormen zur Führungsaufsicht. Die Gesetzgebung von 1962 bis 1975 und die Anwendungspraxis der Führungsaufsicht. Forum-Verlag, Bonn 1989, ISBN 3-927066-17-6.
  • Peter Floerecke: Was leistet die Führungsaufsicht? Empirische Daten zu Ressourcen, Kooperationsstrukturen und Kontrollstrategien eines umstrittenen Rechtsinstituts. In: Ch. Dertinger, E. Marks (Hrsg.): Führungsaufsicht. Versuch einer Zwischenbilanz zu einem umstrittenen Rechtsinstitut. Bonn 1990, ISBN 3-927066-27-3, S. 51–76.

Einzelnachweise

  1. BVerfG, 6. Juni 2006, AZ 2 BvR 1349/05
  2. BVerfG, 30. März 2016, AZ 2 BvR 496/12
  3. BVerfG, 8. Dezember 2010, AZ 1 BvR 1106/08
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