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Ferdinand Rieser

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Ferdinand Rieser (geb. 17. Dezember 1874 in Konstanz; gest. 10. März 1944 in Masseube] war ein Deutscher Philologe, Bibliothekar und Direktor der Badischen Landesbibliothek Karlsruhe. Er wurde als Jude im Nationalsozialistischen Deutschland zwangspensioniert und nach Frankreich deportiert wo er 1944 in einem Krankenhaus bedingt durch Haft in Konzentrationslagern an einem Herzinfarkt starb.

Kindheit und Jugend (1874–1893)

Ferdninand Rieser wurde am 17. Dezember des Jahres 1874 in Konstanz als Sohn des Religionslehrers Salomon Rieser geboren. Der frühe Tod des Vaters zwang die Familie nach Heidelsheim umzusiedeln, wo sie durch Verwandte der Mutter unterstützt wurden. Dort besuchte Ferdinand Rieser die Volksschule, in Bruchsal das Gymnasium. In Bruchsal wurde er Vorsitzender des „Philatelistischen Schulerverein Bruchsal“. Nachdem dieser bankrott ging, trug Rieser den entstandenen Schuldenberg in Höhe von 272 Reichsmark zur Ehrenrettung selbst ab.[1]

Ausbildung und erste Berufliche Tätigkeit als Bibliothekar (1893–1913)

Rieser studierte neue Philologie in Heidelberg, Freiburg, Berlin und Straßburg. Er schloss sein Studium mit dem Staatsexamen ab. Nach einem Probejahr als Lehramtskandidat an einem Gymnasium entschied er sich jedoch gegen eine Laufbahn als Lehrer und begann 1898 eine Tätigkeit als Praktikant an der Hof- und Landesbibliothek Karlsruhe. 1906 promovierte Rieser an der Universität Heidelberg in Germanistik.Am 27. März 1913 heirateten Ferdinand Rieser und Adele Behr in Karlsruhe.

In der Hierarchie der Landesbibliothek stieg Rieser kontinuirlich auf und wurde 1908 als Großherzoglicher Bibliothekar verbeamtet.

Im ersten Weltkrieg (1914–1918)

Rieser leistete vom 1. Juli 1915 bis 21. August 1916 Heeresdienst beim 2. Badischen Landsturmbataillon. Wegen seines Gesundheitzustands allerdings in der Verwaltung („garnisonsfähig“). Auf initaitive von Theodor Längin, Direktor der Badischen Landesbibliothek, wurde Rieser für unabkömmlich eingestuft und auf seinen Posten zurück gerufen. Am 16. März 1916 wurde ihr erstes Kind Eugen geboren, der durch seine Behinderung auf ständige Pflege angewiesen war. 1917 erhielt er den Ehrentitel Professor.

Nachkriegsjahre und Direktion der Landesbibliothek (1918–1933)

Am 25. September 1920 wird die Tochter Eva geboren. Im selben Jahr wird Rieser zum Oberbibliothekar befördert und 1931 rettet er die Landesbibliothek gemeinsam mit Theodor Längin vor der drohenden Schließung. Am 1. Dezember 1932, kurz vor Begin der nationalsozialistsichen Herrschaft, wird Rieser zum Direktor der Landesbibliothek ernannt.

Zwangspensionierung, Deportationen und Tod (1933–1943)

Am 5. April 1933 erfolgte die Beurlaubung aufgrund seiner jüdischen Herkunft durch den Gauleiter Baden Robert Wagner, am 23. September wurde Ferdinand Rieser per Beschluss von Wagner zwangspensioniert. Rieser widmete sich nun seinen historischen Studien, durfte aber ab 1938 als Jude keine Bibliotheken und Archive mehr nutzen. Ehemalige Kollegen verschafften ihm illegal Zutritt zur Badischen Landesbibliothek. Am 22. Oktober 1940 wird er mit 6000 anderen Juden im Rahmen der „Wagner-Bürckel-Aktion“ aus Baden nach Gurs in Frankreich deportiert. Rieser versuchte dort eine Bibliothek aufzubauen. Am 17. März 1941 werden Ferdinand und Adele Rieser in das KZ Récébédou verlegt. Aus dieser Zeit sind vier Briefe erhalten. Rieser bemühte sich erfolglos um die Ausreise. Auch in Récébédou betrieb Rieser die Lagerbibliothek[2]. Im August 1942 entging das Ehepaar aus unbekannten Gründen der Deportation nach Drancy bzw. Auschwitz. Beide wurden am 7. Oktober 1942 in das Konzentrationslager Nexon deportiert, am 15. März 1943 nach Masseube. Adele Rieser starb dort 23. Oktober 1943 in einem Krankenhaus. Am 10. März 1944 starb Ferdinand Rieser auch im selben Krankenhaus an Herzversagen. Das Ehepaar fand ein Grab auf dem Friedhof von Auch. Über die schrecklichen Bedingungen der Lagerhaft berichtet das Stadtarchiv Karlsruhe.[3][4][5]

Ermordung des Sohnes Eugen Rieser

Der geistig behinderte Eugen Rieser war ab seinem 6. Lebensjahr auf Wunsch der Eltern in der St. Josefs-Anstalt Herten untergebracht. Im Rahmen der so genannten Aktion T4 wurde Eugen am 2. Dezember 1940 nach Grafeneck gebracht und ermordet.[6]

Literatur von Ferdinand Rieser

  • Rieser, Ferdinand, ‘Des Knaben Wunderhorn und seine Quellen: Einleitung und allgemeiner Teil’ (Heidelberg, Univ., Diss., 1907)
  • Erweiterte Verlagspublikation der Dissertation: Rieser, Ferdinand, Des Knaben Wunderhorn Und Seine Quellen: Ein Beitrag Zur Geschichte Des Deutschen Volksliedes Und Der Romantik (Dortmund: Ruhfus, 1908)
  • Digitalisat der Verlagspublikation im Südwestdeutschen Bibliotheksverbund: Rieser, Ferdinand, ‘Des Knaben Wunderhorn’ Und Seine Quellen: Ein Beitrag Zur Geschichte Des Deutschen Volksliedes Und Der Romantik (Dortmund: Ruhfus, 2009) <http://swb.bsz-bw.de/DB=2.1/PPNSET?PPN=325034818&INDEXSET=1>
  • Rieser, Ferdinand, Badische Geschichtsliteratur : Der Jahre … (Heidelberg: Winter, 1883–1926)
  • Rieser, Ferdinand, Das Tannhäuserlied: Geschichte Eines Volksliedes (Karlsruhe: Braun, 1920)

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Richard Lesser, ‘Prof. Dr. Phil. Ferdinand Rieser – Gedenkbuch Für Die Karlsruher Juden’, Gedenkbuch Für Die Karsruher Juden, 2007
  2. Müller-Jerina, Alwin, ‘Schicksale Jüdischer VDB-Mitglieder’, in Verein Deutscher Bibliothekare 1900–2000 (Wiesbaden: Harrassowitz, 2000), S. 101–120, S. 119
  3. Müller-Jerina, Alwin, ‘Schicksale Jüdischer VDB-Mitglieder’, in Verein Deutscher Bibliothekare 1900–2000 (Wiesbaden: Harrassowitz, 2000), S. 101–120, S. 118 ff
  4. Fürst, Rainer, ‘Rieser, Ferdinand, Bibliothekar, Opfer Des NS-Regimes : *17.12.1874 Konstanz, Isr., Gest. 10. März 1944 Masseube, Dép. Gers. Frankreich’, Badische Biographien  : Im Auftrag Der Kommission Für Geschichtliche Landeskunde in Baden-Württemberg, 5 (2005), 239–40
  5. Richard Lesser, ‘Prof. Dr. Phil. Ferdinand Rieser – Gedenkbuch Für Die Karlsruher Juden’, Gedenkbuch Für Die Karsruher Juden, 2007
  6. Richard Lesser, ‘Prof. Dr. Phil. Ferdinand Rieser – Gedenkbuch Für Die Karlsruher Juden’, Gedenkbuch Für Die Karsruher Juden, 2007
Dieser Artikel basiert ursprünglich auf dem Artikel Ferdinand Rieser aus der freien Enzyklopädie Wikipedia und steht unter der Doppellizenz GNU-Lizenz für freie Dokumentation und Creative Commons CC-BY-SA 3.0 Unported. In der Wikipedia ist eine Liste der ursprünglichen Wikipedia-Autoren verfügbar.