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Französisch-Indochina

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Lage von Französisch-Indochina
Administrative Gliederung von Französisch-Indochina

Französisch-Indochina (französisch Indochine française, vietnamesisch Đông Dương thuộc Pháp, Khmer សហភាពឥណ្ឌូចិន) war bis 1954 der Name der französischen Kolonialgebiete in Indochina auf dem Gebiet des heutigen Laos, Kambodscha und Vietnam.

Der offizielle Name der Kolonie lautete Union Indochinoise („Indochinesische Union“, vietnam. Liên bang Đông Dương). Sie wurde 1887 gegründet und vereinte die drei vietnamesischen Landesteile Cochinchina, Annam und Tongking, das Königreich Khmer und ab 1893 auch Laos.

An der Spitze der Verwaltung stand ein Generalgouverneur mit Sitz in Hanoi, dem der Gouverneur von Cochinchina sowie die Oberresidenten von Tongking, Laos, Annam und Kambodscha unterstanden.

Geschichte

Karte von Französisch-Indochina um 1905. Mit eingezeichnet ist die französische Interessensphäre im benachbarten Königreich Siam
Territoriale Entwicklung von Französisch-Indochina

Tự Đức aus der Nguyễn-Dynastie, seit 1848 Kaiser von Vietnam, lehnte den Abschluss von Handelsverträgen mit Frankreich, das unter der Regentschaft Napoléons III. in Südostasien Fuß zu fassen suchte, strikt ab. 1856 begannen französische Militärexpeditionen: 1856 wurde Đà Nẵng beschossen, 1858 die Hauptstadt Huế angegriffen und am 18. Februar 1859 Saigon erobert, von wo aus der Süden des Landes mit dem Mekong-Delta militärisch besetzt wurde.

1863 war Vietnam zur Abtretung der südlichen Provinzen des Landes an die Eroberer gezwungen, und Frankreich annektierte sie als seine Kolonie Cochinchina. Es besetzte nach dem Chinesisch-Französischen Krieg (1884–85) auch den Rest Vietnams und richtete dort die Protektorate Annam und Tongking ein, die unter nomineller Herrschaft des vietnamesischen Kaisers von Huế verblieben. Die Union Indochinoise wurde 1887 aus Annam, Tongking und Cochinchina (die heute das Staatsgebiet Vietnams bilden) sowie dem Königreich der Khmer, dem heutigen Kambodscha, geschaffen. Als einheitliche Währung führte man den Piaster ein.

Die vietnamesische Bevölkerung wertete die Kolonisierung als Fremdherrschaft und Zerstörung des traditionellen Welt- und Gesellschaftsbildes. Der religiös und kulturell legitimierte Kaiser wurde von vielen weiterhin als legitimes Oberhaupt der Gesellschaft angesehen. Die Fremdherrschaft wurde unter anderem in Volksliedern als schmerzlicher Verlust der althergebrachten Ordnung thematisiert. Der Kolonisation stellte sich im 19. Jahrhundert eine wachsende Guerillabewegung, die sich vor allem aus der bäuerlichen Gesellschaft rekrutierte, entgegen. Die Guerilla organisierte ihre Einheiten in Großverbänden mit militärischer Disziplin, trug wenn möglich reglementierte, blaue Uniformen und wurde von der Klasse der Mandarine unterstützt. Im Rahmen der Revolte kam es zu Massakern an der zum Christentum übergetretenen Bevölkerung mit mehreren zehntausenden Toten. Die französischen Kolonialbehörden konnten durch den Einsatz von militärischen Einheiten, die zu größten Teilen aus Vietnamesen selbst bestanden, die Aufstandsbewegung zurückdrängen, allerdings bis ins 20. Jahrhundert nur eine fragile Sicherheitslage herstellen.[1]

1893 wurde Laos diesem Kolonialreich eingegliedert. Ab 1900 unterstellte man schließlich auch das Pachtgebiet von Kwangtschouwan im Süden Chinas der Verwaltung von Französisch-Indochina. Im Februar 1943 besetzten japanische Truppen Kwangtschouwan.

Ein Französisch-Thailändischer Krieg zwischen dem Frankreich der Vichyregierung in Indochina und dem Königreich Thailand fand zwischen Dezember 1940 und Januar 1941 statt und endete mit dem Sieg Thailands. Während des Zweiten Weltkrieges kam es zur japanischen Oberherrschaft, die französischen Truppen blieben aber bis zum März 1945 im Land. Im August 1945 kapitulierte Japan.

Nachdem Frankreich wieder die Kontrolle erlangt hatte, kam es zunehmend zu militärischen Konflikten mit den kommunistischen Việt Minh, die von Ho Chi Minh geführt wurden. Während des Zweiten Weltkriegs hatten die USA die Việt Minh im Kampf gegen die japanischen Besatzer unterstützt. Am 2. September 1945 wurde, nachdem Kaiser Bảo Đại abgedankt hatte, Ho Chi Minh Präsident der Demokratischen Republik von Vietnam. Jedoch konnten britische, französische und chinesische Truppen noch im selben Monat die Macht Frankreichs in dem Gebiet wiederherstellen, worauf blutige Kämpfe losbrachen. 1950 rief Ho Chi Minh zum zweiten Mal eine „Demokratische Republik“ aus, die von der Volksrepublik China und der Sowjetunion anerkannt wurde.

In der Schlacht von Điện Biên Phủ (13. März 1954 bis 7. Mai 1954) erlitt die französische Kolonialarmee eine vernichtende und entscheidende Niederlage, worauf der Einfluss Frankreichs in der Region abnahm und Vietnam in einen Nord- und einen Südstaat geteilt wurde. Noch im selben Jahr wurde Französisch-Indochina aus der Französischen Union herausgelöst und am 20. Juli 1954 bestätigte die Indochinakonferenz (auch Genfer Indochina-Konferenz) die volle Souveränität von Kambodscha, Laos und Vietnam.

Institutionen des Kolonialstaats

Kolonialverwaltung

Die höchste staatliche Autorität lag zunächst in der Hand der Admiräle als militärische Befehlshaber. Mit dem Zugewinn an Territorium wurde ein Inspektor für Einheimischenangelenheiten eingesetzt, der typischerweise ebenso Marineoffizier war. Dieser stand einer Kolonialverwaltung vor, die in Ermangelung der Kooperation der traditionellen einheimischen Mandarine auf an christlichen Schulen ausgebildete Einheimische zurückgriff. Nach und Nach gelang es den Franzosen innerhalb ihrer Territorien Provinz- und Kreisverwaltungen zu etablieren die an der einheimischen Elite vorbei den Kontakt mit den Dorfvorstehern und -notablen herstellte. 1880 endete die Oberhoheit des Militärs mit der Berufung eines zivilen Gouverneurs der Kolonie Cochinchina. Ebenso wurde ein Kolonialrat geschaffen der von der wirtschaftlichen Elite der in der Kolonie lebenden Franzosen kontrolliert wurde. Damit zog das Kolonialministerium die Verwaltung des Territoriums auf Kosten des Militärs an sich. Die verbliebenen Gebiete in Annam und Tonkin wurden 1886 einem dem Außenministerium zugeordneten französischen Residenten unterstellt. Im selben Jahr wurde mit der Schaffung der Garde indigène eine bewaffnete Truppe aus Einheimischen mit dem Ziel der Niederhaltung von politischen Unruhen aufgestellt. 1887 wurde die Indochinesische Union geschaffen an deren Spitze ein Generalgouverneur als höchster Amtsträger dem ganzen Gebiet vorstand. Die Kompetenzen des Generalgouverneurs wurden jedoch erst etappenweise im folgenden Jahrzehnt vor allem unter der Ägide Paul Doumers auf Kosten der Vertretung der Kolonisten erweitert.[2]

Die Kolonialverwaltung ersetzte tradierte Rechtssysteme nach chinesischem Vorbild durch eigene Systeme europäischer Machart bei denen die Einheimischen jedoch gegenüber den Kolonisten benachteiligt blieben. So wurde 1883 für Cochinchina ein Code civil verabschiedet. Ebenso wurde das einheimische Straftrecht durch europäische Vorbilder ersetzt. Dieser Prozess endete erst 1936 mit der Einführung westlichen Rechts in Tonkin. Ein Hauptaugenmerk dabei waren Landbesitzrechte die unter dem vormaligen Recht häufig einer Gruppe oder Dorfgemeinschaft zugeordnet waren. Diese durch Privateigentum eines Individuums zu ersetzen machte das Land erst durch Kauf der Kolonialwirtschaft zugänglich. Die behördliche Erfassung der Bevölkerung als Individuen statt als soziale Gruppen wurde von der Verwaltung als Grundvoraussetzung für Besteuerung und polizeiliche Kontrolle angesehen. Im November 1918 wurden persönliche Ausweispapiere verpflichtend.[3]

Geografie und Bevölkerungsentwicklung

Gebiete Fläche (km²) Bevölkerung Einwohner/km²
Tongking 104.932 9.264.309 (1940) 88,3
Annam 147.503 6.211.228 (1939) 42,1
Laos 231.400 1.023.314 (1939) 4,4
Kambodscha 174.886 3.046.432 (1936) 17,4
Cochinchina 68.546 4.615.968 (1936) 60,8
Gesamt[4] 740.454 23.853.500 32

Während der französischen Kolonialzeit erlebte Indochina einen grundlegenden demographischen Wandel. Durch einen Rückgang der Kindersterblichkeit stieg die Bevölkerung von rund 10 Millionen Mitte des 19. Jahrhunderts auf rund 16 Millionen um die Jahrhundertwende. Die französischen Kolonialbehörden schätzten die Bevölkerungszahl Indochinas 1948 auf 27,5 Millionen Einwohner. Die Steigerung des Bevölkerungswachstums trat dabei bei der Mehrheit der Vietnamesen stärker zu Tage als bei den Minderheiten der Kolonie.[5] Dabei nahm die vietnamesische Bevölkerungsmehrheit auch Siedlungsgebiet in den Gebirgsregionen und dem Mekondelta in Besitz, das vormals als Domäne der Tai, Moi, Laoten oder Khmer gegolten hatte. Die europäische Minderheit im Land setzte sich aus Franzosen und Nachkommen aus Mischehen zusammen. Ihre Zahl wuchs von 24.000 zur Jahrhundertwende auf rund 34.000 im Jahr 1940. Rund die Hälfte der Franzosen waren direkt Angestellte in der Kolonialverwaltung. Sie lebten überwiegend in den Ballungsräumen Saigon-Cholon und Hanoi-Haiphong. Die Mehrheit der europäischen Bevölkerung war in Freizeit und gesellschaftlicher Organisation von der einheimischen Bevölkerung strikt separiert. Die chinesische Minderheit in Indochina, die oft traditionell die ökonomische Rolle des Händlers oder Handwerkers übernahm, machte 1940 rund 418.000 Menschen aus.[6] Die japanische Machtübernahme in der Kolonie 1945 und die daraus resultierenden gewalttätigen Auseinandersetzungen, welche in den Indochinakrieg mündeten, führten zu einem Exodus französischer Zivilisten vor allem 1945 und 1946. Während des Kriegs kam es zu einer Verschiebung der französischen Bevölkerung vom Viet-Minh-dominierten Norden in den aus französischer Sicht stabileren Süden.[7]

Einzelnachweise

  1. Pierre Broucheux, Daniel Hémery : Indochina – An Ambigous Colonization 1858 – 1954, Berkeley, 2009, S. 51 - 64
  2. Pierre Brocheux, Daniel Hémery: Indochina. An ambiguous Colonization, 1858–1954. 2009, S. 183, S. 73 - 75
  3. Pierre Brocheux, Daniel Hémery: Indochina. An ambiguous Colonization, 1858–1954. 2009, S. 183, S. 98 - 100
  4. Mortimer Epstein (Hrsg.): The Statesman's Yearbook. Statistical and Historical Annual of the States of the World for the Year 1945. 82. Auflage, Macmillan & Co. Ltd., London 1945, doi:10.1057/9780230270749 S. 910–915 (PDF-Datei; 1,5 MB)
  5. Pierre Brocheux, Daniel Hémery: Indochina. An ambiguous Colonization, 1858–1954. 2009, S. 253 - 256
  6. Pierre Brocheux, Daniel Hémery: Indochina. An ambiguous Colonization, 1858–1954. 2009, S. 183, S. 197-198
  7. Christopher E. Goscha: Historical Dictionary of the Indochina War (1945–1954) – An International and Interdisciplinary Approach. Kopenhagen 2011, S. 174f

Siehe auch

Literatur

 Commons: French Indochina – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien
  • Pierre Broucheux, Daniel Hémery : Indochina – An Ambigous Colonization 1858 – 1954. Berkeley, 2009
  • Werner Draguhn, Peter Schier (Hrsg.): Indochina – Der permanente Konflikt? Institut für Asienkunde, Hamburg 1981, ISBN 3-92146976-7, u. 1987, ISBN 3-88910036-8.
  • Donald Lancaster: The Emancipation of French Indochina. Oxford University Press, London, New York 1961
  • Albert Maybon: L'Indochine. Larose, Paris 1931
  • Oskar Weggel: Indochina – Vietnam, Kambodscha, Laos. 1990
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