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Geldfunktion
Als Geldfunktion bezeichnet man in der Volkswirtschaftslehre die verschiedenen Formen von Nutzen, die Geld stiften kann. Im Allgemeinen unterscheidet man hier zwischen Zahlungsmittel-, Wertaufbewahrungs- und Wertmessfunktion. Je besser ein Gut die Geldfunktionen erfüllt, umso eher wird es als Geld angesehen.
Zahlungsmittel
Geld ist Tausch- und Schuldentilgungsmittel. Unter einem Zahlungsmittel versteht man ein Medium, mit dem Tauschvorgänge durchgeführt werden können. Generell lassen sich zwei Formen von Tauschvorgängen unterscheiden:
direkt: Gut gegen Gut (Bsp.: Arbeit gegen Brot; Brot gegen Kleidung und Kultur)
indirekt: Gut gegen Geld, Geld gegen Gut (Bsp.: Arbeit gegen Geld, Geld gegen Brot, Kleidung oder Kultur etc.)
In einer Wirtschaft ohne allgemein akzeptiertes Zahlungsmittel (z. B. Geld) muss für eine erfolgreiche Transaktion zwischen zwei Wirtschaftssubjekten eine doppelte Übereinstimmung ihrer Tauschwünsche vorliegen.
Beispiel: Ein Bauer will Getreide verkaufen und benötigt Werkzeuge. Gleichzeitig will ein Handwerker sein Werkzeug gegen Fleisch eintauschen. Zwischen diesen beiden wird kein Handel stattfinden können, da die Verkaufsabsicht des Bauern nicht mit dem Kaufwunsch des Handwerkers übereinstimmt. Beide werden wahrscheinlich lange suchen müssen, bis sie auf jemanden mit entsprechenden Transaktionswünschen treffen. Kommt nun Geld ins Spiel, wird dieser Vorgang stark vereinfacht: Der Bauer kann sein Getreide bei einem Dritten verkaufen und das erhaltene Geld bei dem Handwerker gegen Werkzeug eintauschen. Der Handwerker kann mit dem erhaltenen Geld bei einem Vierten Fleisch kaufen. Es sind also nur noch eine einfache Übereinstimmung der Wünsche und die Einigung über den Preis nötig.
Wertaufbewahrung
Geld fungiert als Wertaufbewahrungsmittel. In Geld lässt sich das Versprechen eines Gegenwerts für andere Güter (Waren oder Dienstleistungen) speichern und zu anderer Zeit und an anderem Ort einlösen.[1] Zu diesem Zweck muss ein Wertaufbewahrungsmittel seinen Wert dauerhaft behalten können. Darum wurden fast immer unverderbliche Waren als "Geld" vereinbart (z. B. Gold, Diamanten).
In der heutigen Wirtschaft erfüllt Geld allerdings nur für die einzelnen Wirtschaftsteilnehmer eine Wertaufbewahrungsmittelfunktion, nicht aber für die gesamte Volkswirtschaft. Denn heute wird Geld ausschließlich kreditär geschöpft und stellt daher immer eine Forderung/Verbindlichkeit dar, die der Gläubiger auf der Aktivseite seiner Bilanz als Forderung, der Schuldner auf der Passivseite seiner Bilanz als Verbindlichkeit verbucht (s.a. Kredittheorie). Zentralbankgeld ist eine Forderung einer Nichtbank oder Geschäftsbank an die Zentralbank und damit deren Verbindlichkeit, Sichtguthaben bei Geschäftsbanken sind eine Forderung an die Geschäftsbank und damit deren Verbindlichkeit, wie aus Zentralbankbilanzen und Geschäftsbankenbilanzen jederzeit ersichtlich ist[2]. So entspricht beispielsweise jeder Zentralbanknote in der Kasse einer Nichtbank oder Geschäftsbank, die dort auf der Aktivseite als Vermögen verbucht wird, eine gleich hohe Verbindlichkeit (Schuld) in der Bilanz der Zentralbank (Passivposten "Banknotenumlauf").
Da dem Guthaben des Gläubigers auf der Schuldnerseite Schulden in gleicher Höhe gegenüberstehen, addieren sich hier sämtliche Guthaben und Schulden gesamtwirtschaftlich unabhängig von der Höhe der Guthaben/Schulden aus saldenmechanischen (und damit rein logischen) Gründen immer zu Null[3]. Gesamtwirtschaftlich existiert daher in einem Kreditgeldsystem keinerlei Netto-Geldvermögen, sondern nur Sach- oder Realvermögen. Damit erfüllt Geld gesamtwirtschaftlich keine Wertaufbewahrungsfunktion, denn im gesamtwirtschaftlichen Saldo ist sein Wert immer gleich Null: eine geschlossene Volkswirtschaft als ganze kann heute aus rein logischen Gründen niemals "Sparen" im Sinne von "Nettogeldvermögen anhäufen"[4]. Aus demselben Grund kann eine geschlossene Volkswirtschaft, in der Geld ausschließlich kreditär entsteht, niemals ver- oder gar überschuldet sein.
Wertmess- bzw. Recheneinheit
Geld ist ein Wertmaßstab. Es dient zudem als Vergleichsmaßstab für die Menge von Lohnarbeit, Waren und Dienstleistungen, die damit entlohnt bzw. erworben werden kann. Die Menge Geld, die jemand besitzt, entspricht dem Anteil am Sozialprodukt, den er erwerben kann, wenn er das Geld ausgibt. Der Wert einer Geldeinheit wird als Kaufkraft des Geldes bezeichnet.
Dient Geld als allgemeines Wertmaß, werden alle Preise einer Ökonomie in Geldeinheiten (GE) ausgedrückt. Der Effizienzvorteil ist in der Anzahl der Tauschverhältnisse zu sehen. In einer Ökonomie mit 1 Million Gütern existieren etwa 500 Milliarden relative Preise, welche die paarweise vorliegenden Austauschverhältnisse der Güter untereinander angeben (z. B. 1 h Arbeit = 5 Brote = 1 Hose). Bei n Gütern ergeben sich (n²-n)/2 Wertverhältnisse (relative Preise). Bei Verwendung von Geld als allgemeines Wertmaß reduziert sich dies wieder auf n Austauschverhältnisse (z. B. 1 h Arbeit = 5 GE = 5 Brote), was den Preisvergleich weniger mühsam macht.
Soziale Funktion
Niklas Luhmann stellt Geld als das Kommunikationsmedium innerhalb des Wirtschaftssystems dar. Innerhalb dieses Systems kann nur mittels Geld kommuniziert werden. Andere Informationen wirken auf das Wirtschaftssystem und die innerhalb ihr stattfindende geldliche Kommunikation nur über die strukturelle Kopplung der Wirtschaft mit anderen Systemen, werden aber innerhalb der Wirtschaft nach Luhmanns Systemdefinition nicht direkt kommuniziert.[5]
Siehe auch
- Geldgeschichte
- Bargeld, besonders Bargeld#Anonymitätsfunktion
Einzelnachweise
- ↑ Alfred Lansburgh (als Argentarius): Vom Gelde - Briefe eines Bankdirektors an seinen Sohn. 1921, Nachdruck vom Verlag der Sammlung Bokelberg, Hamburg, 1982. S. 56 ff. (ohne ISBN)
- ↑ "Das Zentralbankgeld besteht aus Forderungen an die Zentralbank, das bei den Kreditbanken unterhaltene Giralgeld aus Forderungen an die Kreditbanken. (...) Da die Existenz einer Forderung immer Ausdruck einer Kreditbeiehung ist, können wir auch sagen, daß die Zahlungsmittel der heutigen Wirtschaft ein Geschöpf des Kredits sind. Charakter und Wesen unserer heutigen Zahlungsmittel sind mithin ohne Eindringen in das Wesen der Kreditwirtschaft nicht zu verstehen." Erich Schneider: "Einführung in die Wirtschaftstheorie, III. Teil: Geld, Kredit, Volkseinkommen und Beschäftigung", Tübingen: Mohr Siebeck 1973, S. 9/11
- ↑ Rolf-Dieter Grass, Wolfgang Stützel: Volkswirtschaftlehre. München 1988, S. 10f.: "Das Geldvermögen in der Welt"
- ↑ Johannes Schmidt: Sparen - Fluch oder Segen? Anmerkungen zu einem alten Problem aus Sicht der Saldenmechanik, in: "Lehren aus der Krise der Makroökonomik", Marburg 2012, Schriftenreihe "Normative und institutionelle Grundfragen der Ökonomik", Bd. 11 (online; PDF; 125 kB)
- ↑ Niklas Luhmann: Geld als Kommunikationsmedium, Kapitel 7 (S.230-271) in Die Wirtschaft der Gesellschaft, 1988, ISBN 3-518-28752-4
Literatur
- Bernhard Felderer, Stefan Homburg: Makroökonomik und neue Makroökonomik, 7. Auflage, 1999, Springer Verlag, ISBN 3-540-66128-X
Weblinks
- Fritz Helmedag: Geldfunktionen, WISU, 8-9/1995 (PDF; 145 kB)
Dieser Artikel basiert ursprünglich auf dem Artikel Geldfunktion aus der freien Enzyklopädie Wikipedia und steht unter der Doppellizenz GNU-Lizenz für freie Dokumentation und Creative Commons CC-BY-SA 3.0 Unported. In der Wikipedia ist eine Liste der ursprünglichen Wikipedia-Autoren verfügbar. |