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Gertrud von Nivelles
Gertrud von Nivelles (* 626; † 17. März 659), auch Gertraud, Gertraudt, Gertrude und Geretrudis, war Äbtissin des Augustinerinnen-Klosters Nivelles in Belgien und wird in der römisch-katholischen Kirche als Jungfrau und Heilige verehrt.
Leben
Gertrud war die Tochter von Pippin dem Älteren und seiner Frau Iduberga und damit eine Verwandte Karls des Großen. Mit 14 Jahren trat sie in die von ihrer Mutter gegründete Abtei in Nivelles ein. Mitte des 7. Jahrhunderts gründete Gertrud von Nivelles die Benediktinerinnenabtei in Karlburg in Unterfranken.[1] Die Abtei war eines der ersten Klöster im mainfränkischen Raum, das sich besonders um Arme, Kranke und Gebrechliche kümmerte.[2] Nach dem Tod ihrer Mutter leitete Gertrud als Äbtissin von 652 bis zu ihrem Tod die Abtei von Nivelles.
Gertrud war sehr gebildet und setzte sich dafür ein, dass auch Mädchen die Heilige Schrift lesen sollten. Sie erzog im Kloster Nivelles die spätere belgische Nationalheilige Gudula von Brüssel. Außer der Krankenfürsorge gab sie auch fahrenden Schülern und Wandergesellen zu essen. Für irische Wandermönche, die sie in ihr Kloster gerufen hatte, ließ sie ein Spital bauen. So wurde Gertrud bald als „Schutzherrin der Landstraße“ bekannt.[3] Die Legende erzählt, dass Schiffsreisende, die mitten auf dem Meer von einem Meeresungeheuer bedroht wurden, die hl. Gertrud im Gebet um Hilfe angefleht hätten. Daraufhin sei das Ungeheuer verschwunden.
Verehrung
Der Gedenktag ist in der römisch-katholischen Kirche der 17. März (nichtgebotener Gedenktag im Regionalkalender für das deutsche Sprachgebiet). Die Nacht vom 16. auf den 17. März wird demnach als Gertrudisnacht bezeichnet.
Der Reliquienschrein der hl. Gertrud in Nivelles wurde 1940 bei der deutschen Bombardierung der Stadt während des Zweiten Weltkriegs zerstört. Unter Verwendung einiger mittelalterlicher Fragmente wurde in den 1990er Jahren ein neuer Reliquienschrein geschaffen.
Stiftskirche St. Gertrud in Nivelles
Gertraudenbrücke über die Spree in Berlin
Im Mittelalter waren viele Krankenhäuser dem Patrozinium der heiligen Gertrud unterstellt. Die ebenfalls nach ihr benannte Gertrudenminne trank man im Mittelalter zum Abschied oder zur Versöhnung.
Die heilige Gertrud wird gegen Mäuse- und Rattenplagen angerufen, sie ist Schutzpatronin der Katzen,[4] der Reisenden und Pilger, der Gärtner, der Armen und Witwen und der einstigen Stadt Wattenscheid (heute ein Stadtteil Bochums). Die Wattenscheider feiern bis heute im Frühjahr die Gertrudiskirmes, bei deren Eröffnung auch der Propst der Gertrudiskirche anwesend ist. Bezüglich des ikonographischen Attributs der Katze vermutete Carlo Melchers im 20. Jahrhundert eine Verbindung mit der germanischen Göttin Frigg.[5]
Im Maingebiet wird sie als Gertrud von Karlburg verehrt, da sie zwischen Karlburg und Neustadt am Main (genauer: der karolingischen Burg auf dem Michaelsberg) öfter unterwegs war („Gertraudenpfad“).[6] In der Gertraudenkapelle bei Waldzell werden seit Mai 2008 Reliquien von ihr aufbewahrt.[7]
Im Berliner Raum erhielt ein im 15. Jahrhundert gegründetes Hospital den Namen Zur heiligen Gertraud, ebenso eine benachbarte Kirche. Als in späteren Jahren das Berliner Zentrum vergrößert und neu bebaut wurde, setzten die Stadtväter Gertraud ein Denkmal, das auf der 1896 eingeweihten gleichnamigen Gertraudenbrücke seinen Platz erhielt.
Ikonografie
Dargestellt wird Gertrud meist im Habit der Benediktinerinnen mit dem Krummstab der Äbtissin und mit Mäusen, manchmal auch mit Buch, einem Spinnrad, einem Segelschiff oder mit zwei Ringen am rechten Arm.
Bauernregeln
- „Gertraud führt die Kuh zum Kraut, das Ross zum Pflug, die Bienen zum Flug“
- „Wer dicke Bohnen und Möhren will essen, darf St. Gertraud nicht vergessen“
- „Ist St. Gertraud sonnig, wird dem Gärtner wonnig“
- „Gertraud, sä’s Kraut“
- „Gertraud ist die erste Gärtnerin“
- „Gertraud den Garten baut“
- „Wer an Gertraud nicht in den Garten geht, im Sommer vor leeren Beeten steht“
- „St. Gertrud schließt das Gartentörchen auf“
- „Sente Gertrütt, die Plugg herütt“ („Sankt Gertrud, heraus mit dem Pflug“)[8]
- „Zent Jertrud jieeht möt Schöpp on Herk erut“ („Sankt Gertrud geht mit Schaufel und Harke raus“)[9]
Siehe auch
- Ehemaliges, denkmalgeschütztes Gertraudenhospital in Berlin
- Historische Gertraudenbrücke mit Gertraudenstandbild in Berlin
- Gertrudenkirche
- Kloster St. Gertrudis in Hedersleben
Literatur
- Friedrich Wilhelm Bautz: Gertrud von Nivelles. In: Biographisch-Bibliographisches Kirchenlexikon (BBKL). Band 2, Hamm 1990, ISBN 3-88309-032-8, Sp. 232–233.
- Michael Ott: St. Gertrude of Nivelles. In: Catholic Encyclopedia, Band 6, Robert Appleton Company, New York 1909, S. 533c–534a (englisch)
- Josef Semmler: Mittelalterliche Klostervorsteherinnen: Radegunde von Poitiers, Gertrud von Nivelles, Lioba von Tauberbischofsheim. In: Heinz Finger (Hrsg.): Die Macht der Frauen (= Studia humaniora. Band 36). Düsseldorf 2004, ISBN 3-7700-0847-2, S. 49–73.
- Gertrudis, S.. In: Johann E. Stadler, Franz Joseph Heim, Johann N. Ginal (Hrsg.): Vollständiges Heiligen-Lexikon ..., 2. Band (E–H), B. Schmid’sche Verlagsbuchhandlung (A. Manz), Augsburg 1861, S. 422.
Weblinks
- Gertrud von Nivelles
- Eintrag über Gertrud von Nivelles im Ökumenischen Heiligenlexikon
Einzelnachweise
- ↑ Heilige Gertrud von Nivelles – Äbtissin von Nivelles, legendäre Gründerin des Marienklosters in Karlburg. Diözese Würzburg. Abgerufen 22. Juni 2018.
- ↑ Christine Jeske: Als Karlburg noch Königshof war. In: Mainpost.de. 7. September 2008 (Anmeldung erforderlich).
- ↑ Die heilige Gertraudt. In: Der Stralauer Fischzug. Sagen, Geschichten und Bräuche aus dem alten Berlin. Verlag Neues Leben, Berlin 1987, ISBN 3-355-00326-3, S. 119 f.
- ↑ John Philip O’Neill: Metropolitan Cats. Metropolitan Museum of Art. Abrams, New York 1981, ISBN 0-87099-276-7, S. 47.
- ↑ Carlo, Erna und Hans Melchers: Das große Buch der Heiligen. 7. Auflage. Südwest, München 1984, ISBN 3-517-00617-3, S. 169–171.
- ↑ Gertrud von Nivelles in Franken / Neustadt am Main. Ein Abstrakt aus dem Bericht von Bernhard Schemmel, Sankt Gertrud in Franken, WDGB Band 30, 1968, Seite 7–153. Erweitert um Zusatzinfos von Klaus Weyer. In: Weyer-neustadt.de. 5. Januar 2006.
- ↑ Susanne Waschinger: Jubiläums-Gertraudenfest: Reliquien in den Altar eingesetzt. In: Mainpost.de. 13. Mai 2008.
- ↑ Stefan Gilsbach: Bischof segnet Gertrud-Kapelle. In: RP-online.de. 16. März 2009, abgerufen am 21. August 2019.
- ↑ Heinz Webers: Morje es vandag al jister! Seidenweber Bücherei, Krefeld 2015.
Personendaten | |
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NAME | Gertrud von Nivelles |
ALTERNATIVNAMEN | Gertrud von Karlburg; Gertraud; Gertrude; Geretrudis |
KURZBESCHREIBUNG | Jungfrau, Äbtissin des Klosters Nivelles, Augustinerin |
GEBURTSDATUM | 626 |
STERBEDATUM | 17. März 659 |
Dieser Artikel basiert ursprünglich auf dem Artikel Gertrud von Nivelles aus der freien Enzyklopädie Wikipedia und steht unter der Doppellizenz GNU-Lizenz für freie Dokumentation und Creative Commons CC-BY-SA 3.0 Unported. In der Wikipedia ist eine Liste der ursprünglichen Wikipedia-Autoren verfügbar. |