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Geschichte der Judenverfolgung im Mittelalter/ Spätmittelalter Teil 4
Das Spätmittelalter (1250 - 1600 n. Chr.) (Teil IV)
1450 - 1500
Der Judeninquisitor Johannes von Capestrano beschuldigt Breslauer Juden der Hostienschändung[1] - Genf wird "Judenfrei" gemacht
Der Franziskanermönch Johannes von Capestrano, ein von Papst Nikolaus V. ernannter Judeninquisitor[2] und Wanderprediger beschuldigt im Jahre 1453 die Breslauer Juden der Hostienschändung. Kurz darauf werden 41 Juden auf dem Scheiterhaufen verbrannt.[3] 1455 werden die restlichen Juden (über 300[4]) aus der Stadt getrieben.[5][6]. Auch Gottlieb Bondy berichtet in seiner Geschichte der Juden in Böhmen, Mähren und Schlesien darüber.[7][8]
Gegen die in einem Genfer Ghetto lebenden Juden wird Ostern 1461 von einem Prediger gehetzt. Er forderte die Christen auf, die Juden zu verprügeln, wenn sie sich auf der Straße zeigen sollten. Daraufhin griff in der Nacht des 6. April ein christlicher Mob die Juden an und plünderten die Häuser.[9]
Der Genfer Stadtrat beschloss einige Jahre später, am 30. November 1490, jenen Prostituierten, die im Bordellquartier keinen Platz fanden, das jüdische Ghetto als Wohngebiet zuzuteilen. Die Juden wurden aus der Stadt gewiesen.[10]
"Simon von Trient": Eine Ritualmordanklage in Italien - Erst 1965 wird der "Irrtum" korrigiert
In Italien wurde die Ritualmordanklage über des Tod des dreijährigen Simon Unverdorben, später "Simon von Trient" genannt, bekannt. Am Ostersonntag des Jahres 1475, am 23.März, wurde in einem Bach im norditalienischen Trient ein zwei- (nach anderen Quellen ein drei-) jähriger Junge tot aufgefunden.[11][12][13]
„Im Jahre 1475, am Gründonnerstage (23. März), also kurz vor der für die Juden so oft schon verhängnisvollen Osterzeit, verschwand in Trient das etwa dreijährige Kind Simon des Schuhflickers oder Gerbers Andreas Unverdorben. Es wirkte damals in Trient als Guardian des dortigen Franziskanerklosters Bernardinus von Feltre, der, wie sein Ordensbruder Johannes Capistrano, mit glühendem Hasse gegen die Juden predigte, so dass ihm Herzog Galeazzo von Mailand das Predigen in meinem Gebiete untersagte und ihm in Florenz der Aufenthalt verboten wurde. Das friedliche Zusammenleben der Christen und Juden in Trient war diesem Mönch ein Dorn im Auge, und im Jahre 1475 benutzte er die Fastenpredigten, um gegen die Juden zu hetzen. Als ein solches Auftreten selbst bei einzelnen Christen Aegernis erregte und diese dem Mönch bemerkten, er tue den Juden unrecht, sie seien, wenn sie auch nicht den wahren Glauben hätten, doch gute Menschen, da rief er öffentlich auf der Kanzel aus:
"Ach, wüsstet Ihr, welches Unheil diese Euere vermeintlichen Freunde gegen Euch sinnen. Ich sage Euch, dieses Passahfest des Herrn wird nicht vorübergehen, bevor sie Euch einen schlagenden Beweis ihrer Herzensgute werden geliefert haben."
So sprach der geistliche Redner wohlgemerkt vier Wochen vor dem Osterfeste und vor dem verhängnisvollen Verschwinden des Knaben. Kaum war dieses Verschwinden ruchbar geworden, als, wie erklärlich, dieser Mönch den Verdacht sofort auf die Juden lenkte. Zur Seite stand ihm ein gewisser Schweizer Johannes oder Zanesus, der Nachbar des reichsten Juden von Trient namens Samuel. Er hatte mit Samuel einen langwierigen Prozess geführt, und das Unglück wollte es, dass er ihn verlor. Nun lenkte er die Nachforschungen sogleich in das Haus seines einstigen Prozessgegners. Zu diesen Hetzern gesellten sich noch einige andere Judenfeinde, sowie die Kinder auf der Gasse, aus deren Munde, wie eine christliche Quelle über den Vorgang sagt, ja oft der heilige Geist spricht, sie alle erklärten, das Kind müsse bei den Juden gesucht werden. Nach langen, auch im Hause des Juden Samuel vorgenommenen Nachforschungen nach dem vermissten Söhnchen rief Andreas Unverdorben die Intervention des Bischofs Johann Hinderbach von Trient an. Auf des Bischofs Anordnung Hess der Prätor Johann de Salis den Fall öffentlich ausrufen, es erfolgten wiederholte Hausdurchsuchungen bei den Juden, alles ohne Ergebnis. In der Nacht zum Ostersonntag (26. März) meldete der auch, bei den Christen sehr beliebte jüdische Arzt Tobias zunächst allein, später in Begleitung der Juden Angelus und Samuel in der Residenz des Bischofs, dass in dem unter dem Hause des Samuels fliessenden Bach der Leichnam eines Kindes gefunden worden sei. Die Leute wurden von dem Bischof nicht vorgelassen. Hingegen erschien noch in derselben Nacht der Prätor de Salis mit dem Kapitän Jakob Sporo und anderen in dem bezeichneten Hause, wo die Juden Samuel, Angelus, Tobias, Israel und Bonaventura anwesend waren, sie besahen den toten Körper, fanden daran zahlreiche Wunden und blaue Flecken und liessen die fünf genannten Juden, ferner Joaff und Bonaventura, den Koch, noch in derselben Nacht verhaften. Am 27. März wurde die Totenbeschau vorgenommen und die drei vom Prätor beigezogenen christlichen Aerzte erklärten, das Kind sei nicht ertrunken, sondern getötet worden, denn der Körper sei nicht aufgedunsen, es fliesse Blut aus den Wunden, wie wenn er noch lebte, und die Glieder seien beweglich. Schon beim Anblick der Leiche rief der Bischof aus :
"Dieses Verbrechen kann nur ein Feind des christlichen Glaubens begangen haben."
Er schwor, diesen Frevel zu rächen. Als nun, so heisst es in den Akten von denen eine sehr wichtige Kopie auch in der Wiener Hofbibliothek zu finden ist, als nun jene verhafteten Juden - es waren die reichsten Trients - an den Leichnam herantraten und da die Wunden zu bluten begannen, was, wie die Erfahrung lehrt (experimentia compertumest) jedesmal geschieht, wenn der Mörder seinem Opfer naht, so war auf das Klarste erwiesen, dass die Juden die Schuldigen seien. Zum üeberfluss befand sich damals im Gefängnis zu Trient seit Jahren ein getaufter jüdischer Verbrecher, Johann de Peltre. Ihn befragte man über die Gebräuche derJuden an ihrem Pesachfeste. Und da der Wicht, wenn den Herren gefällig, auf seine Enthaftung rechnen durfte, erklärte er, die Juden gebrauchten zur Bereitung des ungesäuerten Brotes und zur Beimischung zum Osterwein das Blut eines Christenkindes unter Verwünschungen gegen das Christentum und seinen Stifter. Daraufhin wurden noch zehn andere Juden inhaftiert. Und genau nach dieser Aussage des getauften Juden wurden später den Unglücklichen auf der Folter die „Geständnisse" erpresst.
Am 28. März begann das peinliche Verhör der armen Verhafteten. Sämtliche Inquisiten beteuerten ihre. Unschuld mit aller Entschiedenheit und bezeichneten als den Täter jenen in ihrer Nachbarschaft wohnenden Schweizer Johannes, der sofort die Juden beschuldigt hatte, und einen Schneider Enzelin. Diese beiden hätten das Kind getötet und in das Haus Samuels gebracht. Der Schweizer Johannes und sein Weib Dorothea wurden eingezogen und verhört. Die Protokolle vom 28. und 31. März besagen, dass Johannes sein Alibi am 23. März, also dem Tag, an welchem das Kind Simon vermisst wurde, nachwies und dass er, dies gab den Ausschlag, auf wunderbare Weise aus dem Kerker befreit wurde.
Man wandte nun das beliebte Mittel an, um jüdische Inquisiten geständig zu machen. Sie wurden auf die Folter gespannt. Gerne hätte ich Ihnen die Schilderung der grausigen Details dieser Folterungen erspart. Allein angesichts der Tatsache, dass die späteren auf Grund dieser Folterungen erfolgten Depositionen dieser Unglücklichen, ihre sogenannten Geständnisse, als einzige Unterlage für die Verurteilung gedient haben und heute noch fortwährend gegen die Juden angerufen werden, kann ich Sie leider mit der Schilderung nicht ganz verschonen.
Die Armen wurden durch fünfzehn Tage hintereinander mit einer selbst in den blutgetränkten Annalen des mittelalterlichen Kriminalverfahrens unerhörten Grausamkeit gefoltert. Wir berichten nur nach den vom Bischof später zu seiner eigenen Rechtfertigung an den Papst auf dessen Aufforderung gesandten, also dementsprechend präparierten Akten. Am 30. März wurde Samuel zum erstenmal "verhört", er wurde zum Schluss ins Gefängnis zurückgeführt (animum repetendi), "um sich zu erholen", was in der Gerichtssprache jener Zeit bedeutet, dass er vor Schmerzen ohnmächtig geworden. Am folgenden Tage (31. März) wird Samuel entkleidet, an Händen und Füssen gebunden und an einem Seil hochgezogen, nach dem bekannten Verfahren der Strickfolter. Da er noch immer seine und der anderen Juden Unschuld beteuert, erhält er una cavaleta, einen "Sprung", d. h., man lässt ihn schnell niederfallen, um ihn ebenso schnell wieder hochzuziehen, dann lässt man ihn an dem Seil mehreremale auf- und niederschnellen. Eine Ohnmacht verhinderte vorläufig die Fortsetzung der Tortur.
Am 3. April werden alle bisher angewandten Grade der Folter wiederholt und, da Samuel auch da noch für seine Unschuld und die der übrigen Gefangenen sich verbürgen will, lässt man ihn zweimal aus doppelter Armhöhe auf- und niederschnellen. Der Unglückliche ruft:
"Herr Podesta, wo habt Ihr je gehört; dass wir Christenblut brauchten?"
Der Prätor antwortet:
"Von Juden, von deinesgleichen."
Der Bischof hatte nämlich, das wissen wir aus zuverlässigen Quellen, eigens für diesen Prozess sich Protokolle ähnlicher Prozesse kommen lassen, und die dort gebuchten Aussagen gefolterter Juden wollte man nun den Opfern von Trient erpressen; so wucherte die Saat des Drachengiftes von einem Prozess zum anderen fort. Samuel zeigte sich diesmal weit wider- standsfähiger. Die Prozedur des Wippens Hess er noch zweimal in verstärktem Masse über sich ergehen, zwei bis drei Stunden liess man ihn darauf in der Luft schwebend hängen. Da erst übermannte ihn eine Ohnmacht.
Der vierte Folterungstag, der 7. April, wiederholt abermals zunächst alle früheren Grade, und da Samuel nicht nur jede Schuld bestreitet, sondern ausruft:
"Wenn ich gestehen würde, eine Untat begangen zu haben, so würde ich lügen!"
, so bindet man, während er in der Luft schwebt, an sein rechtes Bein einen schweren Holzpflock und hält ihm eine Pfanne mit brennendem Schwefel vors Gesicht, wodurch ihm der Atem benommen wird. Doch der Inquisit bleibt standhaft, übermenschliche Kraft scheint in diesem von Martern entstellten Leib zu wohnen. Da greift man denn wieder zur Prozedur des Auf- und Niederschnellens und nun, nun endlich, dem Wahnsinn nahe, gesteht der Arme, er gesteht, dass er und Tobias, wie es in den Akten heisst, ein Schweisstüchlein um den Hals des Knaben gelegt und es zusammengezogen und so das Kind erdrosselt hätten. Mehr als dieses sogeheissene Geständnis, welches der Anklage auf Blutentziehung doch geradezu widerspricht, war aus Samuel nicht zu erpressen. Ueber die Art, wie man dem Knaben die Wunden beigebracht, erklärte er, nichts zu wissen.
In der "Vernehmung" Samuels tritt nun bis Juni eine Pause ein. In diesen zwei Monaten hatte man Zeit, auf Grund der den anderen Opfern erpressten "Geständnisse" eine neue Grundlage für die weitere Inquirierung Samuels zu erdichten. Am 6. Juni wird Samuel, laut den Protokollen, ohnmächtig, sonst hören wir nichts, ein Beweis, dass er trotz der furchtbarsten Qualen sein "Geständnis" vom 7. April widerrufen haben muss, wie er es am 7. Juni getan hat. Das Protokoll des Notars hierüber lautet: Mittwoch, den 7. Juni, in der Folterkammer. Aufgefordert, die Wahrheit zu sagen, da er ja, was alle seine Genossen bereits gestanden, nicht zu verheimlichen brauche, antwortet Samuel, dass jene, wenn sie etwas gestanden, nicht die Wahrheit gesagt haben. Da dem Herrn Prätor von irgend einer Seite gesagt worden war, dass das Trinken von Weihwasser Bösewichter, die nicht gestehen wollen, zum Geständnis bringe, gab er dem Samuel einen Löffel solchen Wassers ein. Nun von neuem aufgefordert, die Wahrheit zu sagen, erklärte Samuel: er habe sie gesagt. Hierauf nahm man zwei kochend heisse Eier und legte sie, so wie sie waren, dem Samuel unter die Achselhöhlen, und zwar je ein Ei unter jede Achsel. Nunmehr aufgefordert, die Wahrheit zu sagen, erklärte er, er wolle sie sagen; er wünsche aber, dass nur der erlauchte Herr Stadtkapitän und der erlauchte Herr Stadtprätor bei seinem Geständniss zugegen seien. Sodann hiessen der Kapitän und der Präfekt alle Anwesenden die Folterkammer verlassen, und nun erklärte Samuel, wie der Herr Kapitän mir dem Notar nachher berichtet hat, "er wolle die Wahrheit sagen unter der Bedingung, dass der Kapitän und der Präfekt ihm versprächen, ihn verbrennen und nicht eines anderen Todes sterben zu lassen." Dieser Ausschluss der Oeffentlichkeit war offenbar ein Trick, ein Akt blutgieriger Willkür. Denn Samuel, der, nun seit zweieinhalb Monaten unsagbar gemartert, den einzigen Wunsch hegt, lebendig verbrannt zu werden, Samuel erklärt vor den in die Folterkammer zurückgerufenen Beisitzern nur, er wolle die Wahrheit sagen. Anstatt ihn nun zu verhören, vielmehr sein Geständnis, das er doch angeblich in Gegenwart der Beiden abgelegt hat, wiederholen zu lassen, bringt man ihn in das Haus des Stadtkapitäns. Dort soll Samuel, auf einer Art Katheder sitzend, alles gestanden haben. Was muss sich dort, den Augen anderer Zeugen entzogen, abgespielt haben, wenn dieser Märtyrer der Wahrheit alles bestätigt haben soll, was seine Peiniger ihm in den Mund legten. Am 21. Juni ward der Arme endlich durch den Flammentod von seinen Leiden erlöst.
Ganz ähnlich erging es den anderen Gefangenen. Ein 80jähriger Greis, Moses, leugnete nach all den Qualen noch am 8. Juni hartnäckig, erst am 10. Juni gestand auch er alles, was man von ihm verlangte. Am 19. Juni wurde er im Kerker tot aufgefunden, sei es, so sagen die Akten, dass ihm Freunde Gift geliefert oder infolge der Folterqualen oder dass er sich selbst entleibt. Sein Leichnam wurde verbrannt. Am 21. und 22. Juni starben sechs andere Juden auf dem Scheiterhaufen. So lesen wir in den Protokollen, die bereits zu Gunsten der Henker gefärbt sind. Wie mag nun erst die Wirklichkeit sich dargestellt haben! Und alle diese Verurteilungen erfolgten auf Grund von "Geständnissen", welche die Unglücklichen auf der Folter "abgelegt" haben sollen.
Die Vorgänge in Trient hatten naturgemäss ein ungeheures Aufsehen hervorgerufen. Ueberall wurden die Juden auf das Ernsteste bedroht.“
Wenige Wochen später stellte der päpstliche Kommissar, der Bischof von Ventimiglia, eine Untersuchung an. Er kam zu dem Schluß, daß die Geständnisse der Juden nur durch die grausamen Foltern erzwungen wurden. Der wahre Mörder sei der Schweizer Johannes oder Zanesus. Zanesus gesteht sein Verbrechen. Die verbrannten Juden werden freigesprochen. Drei Jahre später, man sprach in der Öffentlichkeit immer noch darüber erklärte Papst Sixtus IV. am 30. Juni 1478 in einer Bulle den Prozess gegen die Juden in Trient als ordnungsmässig geführt. Gleichzeitig betonte er aber, dass kein Christ ohne Urteil der weltlichen Gewalt es wage, einen Juden zu töten oder in Ausübung seiner Riten zu stören.[14]
Im Laufe der Jahre entstand um den kindlichen Leichman des Simon ein Kult. Papst Sixtus V. bestätigte 1588 den Kult für Simon. 1965 machte eine päpstliche Kommission die Seligsprechung des Heiligen Simon rückgängig und stellte fest, dass die Trienter Juden einem Justizirrtum zum Opfer gefallen waren, im neuen römischen Martyrologium von 2001 ist Simon nicht mehr verzeichnet.[15][16]
Das spanische Königshaus instrumentalisiert die Judeninquisition - Der "Hexenhammer"
In Spanien drängten die katholischen Könige Isabella von Kastilien und Ferdinand von Aragon Papst Papst Sixtus IV. dazu, eine Spanische Inquisition[17] einzurichten.
1478 beauftragte der Papst Dominikanermönche in Spanien mit dem Aufspüren und verfolgen von Ketzern. Ein besonderes Augenmerk wurde hierbei auf Juden und Muslime gesetzt.[18]
Das Werkzeug der Inquisition war in der Religionspolitik des späten Mittelalters darauf gerichtet, die Rückkehr der christlichen Täuflinge (viele waren "Zwangsgetauft") zu ihrem ursprünglichen Glauben zu unterbinden.[19]
Im Jahre 1478 hat Papst Sixtus IV. auf Betreiben der katholischen Könige Isabella von Kastilien und Ferdinand von Aragon die Einrichtung einer Inquisition in Spanien genehmigt. Sie ähnelte anfangs dem Verfahren der mittelalterlichen Inquisition. Wieder waren es Dominikaner, die mit dem Aufspüren von Ketzern beauftragt wurden. Diesmal waren es Juden und Muslime, die sich vor der Inquisition verantworten mussten. Im Laufe der kommenden Jahre wird die Inquisition in Spanien immer mehr vom Königshaus kontrolliert. An der Spitze stand ein vom König vorgeschlagener und formell vom Papst ernannter Kardinal. Der Machtbereich erstreckte sich über das heutige Spanien, die Inseln Sizilien und Sardinien sowie die Kolonien in Amerika.[18]
Ein Buch verbreitet ab 1487 Angst und Schrecken. Der von Heinrich Kramer (Henricus Institoris, geb. 1430, gest. 1505), einem Dominikanermönch, verfasste "Hexenhammer" ("Malleus Maleficarum")[20], er erlebte zwischen 1487 und 1609 29 Überarbeitungen, wird Grundlage in der durch die katholische Kirche betriebene Inquisition. Auch in Deutschland wurden mit Hilfe des "Hexenhammers" die Religionsverfolgungen der Juden gerechtfertigt. Nur in Italien selbst war es etwas ruhiger. Man entdeckte das antike philosophische Erbe wieder. Es kam zu toleranten Begegnungen zwischen gebildeten jüdischen und christlichen Humanisten.[21]
1492 wird, aufgrund der vom spanischen Königshaus kontrollierten Inquisition die Juden vertrieben. Wer blieb, musste sich Zwangstaufen lassen. Aber auch dann waren sie keine vollgültigen Mitglieder der Kirche. Sie wurden von der christlichen Mehrheit als "marranos", "Schweine", verspottet. Viele Juden wurden nach theologischen Scheindebatten und Schauprozessen auf dem Scheiterhaufen verbrannt. Unter dem Großinquisitor Tomas de Torquemada erreichte die Hetze gegen die spanischen Juden ihren Höhepunkt. Er behauptete, daß ausschließlich nur reinblütige Spanier ohne jüdische oder maurische Vorfahren als vertrauenswürdig gelten. Zum ersten Mal wurde damit die Feindschaft gegenüber den Juden von der bisherigen religiösen Begründung gelöst und mit der Abstammung gerechtfertigt.[22] Der Beginn des Rassismus, so, wie er besonders in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts von der deutschen Diktatur der Nationalsozialisten unter Adolf Hitler gegen die Juden und andere gesellschaftliche Randgruppen umgesetzt wurde.
Nach der Massenvertreibung verfolgte die spanische Inquisition die im Land gebliebenen zum Christentum konvertierten ehemaligen Juden, welche ihre ursprüngliche Religion entweder angeblich oder tatsächlich und heimlich weiterhin ausübten.[22]
Ähnlich wie den spanischen Juden erging es auch den Juden in Portugal.[23] Viele Juden wanderten nach den Niederlanden aus. Besonders Amsterdam wurde so ein Zentrum des Zentren jüdisch-sephardischen[24] Lebens.[25]
Vertreibung der Juden aus Ulm und Nürnberg - Johannes Pfefferkorn beschlagnahmt hebräische Bücher in Frankfurt
Auch im späteren Deutschland wird Judenhetze betrieben. 1499 werden die Ulmer und Nürnberger Juden aus ihren Heimatstädten vertreiben.[26][27]
„Im Jahr 1498, am 21. Juli, erließ Kaiser Maximilian von Freiburg i.B. aus, die berühmte Urkunde, die den Nürnbergern erlaubte, die Juden auszubieten. In derselben wird diese Maßregel begründet dadruch, daß die Juden ihre "anzahl merklich gemehrt und übergangen," viel Wucherhandel getrieben, wodurch viele von "ihren Nahrungen, häußlichen Ehren und Wohnungen gedrungen (gedrängt)" werden, daß sie ferner unlauteren Personen Vorschub und Aufenthalt gewährten, daraus Diebstahl u.s.w. folgte.
Häuser, Synagoge und andere liegende Gründe wurden dem Reichsschultheißen Wolfgang von Parßberg abzutreten befohlen. Am 5. Juli bereits erschien derselbe Befehl in verkleinerter Form an den Reichsschultheißen Wolfgang von Parßberg mit dem Bemerken, das liegende Vermögen einstweilen als kaiserliches Kammergut einzuziehen. Zwei Tage darauf wurde dem Rahe geboten, dem v. Parßberg dazu den nötigen Beistand zu leisten. Vom 26. Juli existieren zwei kaiserliche Urkunden, deren eine den Verkauf der gesammten Judenhäuser um 8000 Gulden an die Stadt bescheinigt, und deren zweite dem Reichsschultheißen befiehlt, solche an die Stadt abzutreten.“
Barbeck berichtet über eine Anmerkung eines Nürnberger Christen:
„Recht gut hatten es die in Nürnberg angesessene Juden. Sie wurden darum übermüthig und unbändig. Der übermäßige Wucher, welchen sie getrieben, der unersättliche Geiz, dem Sie sich ergeben; die beständige und frevelhafte Religion-Verspottung und Verlästerung; die tägliche Vermehrung über die Zahl worauf sie gefreyet waren machte endlich den Rath und Burgerschaft verdrüßlich, solche böse Gäste und saugende Blut-Egel, zum Schaden der Commercien, länger bei sich zu beherbergen.“
Als Tag der Ausweisung wurde der 6. November 1498 festgelegt. Dieser wurde, auf "demüthiges" Bitten der Juden zweimal bis 1499 verlängert. Beim Auszug der Juden aus der Stadt, so berichtet Hugo Barbeck weiter, mußten die Juden durch bewaffnete Stadtsoldaten vor den Ausschreitungen des Pöbels geschützt werden. Die meisten Juden fanden später eine neue Heimat im Frankfurter Ghetto. Einige sollen nach Prag weitergezogen sein.[28]
In Frankfurt wird um das Jahr 1510 durch einen zum Christentum konvertierten Juden, Johannes Pfefferkorn, die hebräisch sprachigen Schriften und Bücher beschlagnahmt.[29][30]
Bereits im September des Vorjahres sprach Pfefferkorn bei dem Frankfurter Rat vor und verwies auf eine Urkunde Kaiser Maximilians. Maximilian fordert darin den Rat auf, Pfefferkorn bei der Beschlagnahme aller hebräischen Bücher zu unterstützen. Hervorgehoben ist darin der Talmud, welcher Lästerungen des christlichen Glaubens enthalten soll. Pfefferkorn betrat daraufhin in Begleitung einiger Ratsherren das jüdische Ghetto und begann in der Synagoge mit der Konfiszierung der hebräischen Bücher. Durch eine schnelle Intervention der jüdischen Bürger Frankfurts beim Erzbischof von Mainz gelang es, die Aktion abzubrechen. Jonathan Zion, der Vorsänger der jüdischen Gemeinde, wurde als Gesandter nach Oberitalien zum Kaiser geschickt, um die Bücher zurückzuholen und die Beschlagnahme zu stoppen. Leider waren seine Bemühungen erfolglos, so dass Johannes Pfefferkorn im April 1510 über 1000 Bücher in der Judengasse beschlagnahmen konnte. Ein Ausweg tat sich den Frankfurter Juden jedoch auf: Der Herzog von Braunschweig-Kalenberg hatte sich verschuldet und seinen Schmuck bei den Frankfurter Juden versetzt. Der Herzog bat nun den Kaiser Maximilian um Hilfe. Maximilian bot den Frankfurter Juden als Gegenleistung für eine Verlängerung der Pfandfrist die Rückgabe ihrer Bücher an. Johannes Pfefferkorn jedoch erreichte, dass trotz der Rückgabe der Bücher wenigstens fünf Gutachten zur grundsätzlichen Klärung seiner Vorwürfe eingeholt werden sollten. Hiermit wurde Johannes Reuchlin, einer der wenigen deutschen Theologen, die hebräisch lesen konnte, beauftragt. Reuchlin war jedoch, hauptsächlich aus juristischen Gründen, gegen die Beschlagnahme. Dadurch wurde Johannes Pfefferkorn povoziert. Es begann ein jahrelanger Streit.[31][32][33]
Einzelnachweise und Quellen
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Verwendete Literatur (über das gesamte Artikelthema "Geschichte der Judenverfolgung im Mittelalter")
- "Wach auf mein Herz und denke!" - Zur Geschichte der Beziehungen zwischen Schlesien und Berlin-Brandenburg - "Przebudz się, serce moje, i pomyśl" - Przyczynek do historii stosunków między Śląskiem a Berlinem-Brandenburgia; Hrsg.: Gesellschaft für interregionalen Kulturaustausch - Berlin / Stowarzyszenie Instytut Śląskie - Opole; Berlin-Oppeln 1995, ISBN 3-87466-248-9 sowie ISBN 83-85716-36-X
- Dr. H. Kottek s.A.: Geschichte der Juden - Verlag der Jüdisch-Literarischen Gesellschaft 1915
- Dr. Hermann Vogelstein und Dr. Paul Rieger: Geschichte der Juden in Rom - Zweiter Band - Berlin Mayer&Müller, 1895
- Geschichte der Juden in Köln am Rhein von den Römerzeiten bis auf die Gegenwart, Köln 1887
- Gottlieb Bondy: Zur Geschichte der Juden in Böhmen, Mähren und Schlesien von 906 bis 1620, HG: Gottlieb Bondy, Prag 1906
- Hugo Barbeck: Geschichte der Juden in Nürnberg und Fürth; Nürnberg 1878
- Michael Kühntopf: "Juden, Juden, Juden Band I - Jüdische Chronik - bis 07. November 1862"; ISBN 978-3-8334-8628-9;
- Nachum Tim Gidal: "Die Juden in Deutschland von der Römerzeit bis zur Weimarer Republik"; ISBN 3-89508-540-5
- Oskar Schwebel: "Geschichte der Stadt Berlin - Erster Band - Berlin - Verlag von Brachvogel & Ranst 1888"
- PROF. DR. HANS-JOACHIM BARTMUß: Ascher gegen Jahn. Ein Freiheitskrieg? - Antisemitismus und Nationalismus im späten 18. und frühen 19. Jahrhundert. (Vortrag im Rahmen einer Ringvorlesung zur Verabschiedung von Prof. Dr. Harald Braun aus dem Hochschuldienst an der Universität Bremen. Erstveröffentlichung in: Streifzug durch die Sportgeschichte. Festschrift für Prof. Dr. Harald Braun, Red. Klaus Achilles, Bremen 2004)
- Schweizerische Gesellschaft für Wirtschafts- und Sozialgeschichte, Band 16; ebd. ab S. 93: HANS-JÖRG GILOMEN: Aufnahme und Vertreibung von Juden in Schweizer Städten im Spätmittelalter
- Studien zur Geschichte der Juden in der Schweiz während des Mittelalters von Augusta Steinberg Dr. phil., Zürich 1902
- Volkstümliche Geschichte der Juden in drei Bänden von Dr. H. Graetz weiland Prof. an der Universität Breslau - Zweiter Band. Von der zweitmaligen Zerstörung Jerusalems unter Kaiser Vespasian bis zu den massenhaften Zwangstaufen der Juden in Spanien. Fünfte Auflage, Leipzig 1914
- Vortrag von Dr. Max Grunwald, gehalten am 26. März im "Zentralverein Deutscher Staatsbürger jüdischen Glaubens" in Berlin W. und am 2. Mai 1906 in der Greneral Versammlung des „Vereines zur Abwehr des Antisemitismus" in Wien. Druckschrift: Verlag von. Calvary & Gomp. in- Berlin NW./ Druck: Wien 1906
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