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Gestüt
Ein Gestüt (veraltet auch Stuterei[1]) ist ein landwirtschaftlicher Betrieb, der sich auf die Pferdezucht spezialisiert hat. Findet die Vermehrung unkontrolliert innerhalb der Herde statt, spricht man von einem wilden Gestüt.
Das älteste noch heute bestehende Gestüt Europas ist der Marstall des Klosters Einsiedeln (1064) in der Schweiz. Weitere berühmte Gestüte sind das Nationalgestüt Kladruby nad Labem (1579) in Tschechien, Lipizza (1580) in Slowenien, das ehemalige preußische Hauptgestüt Trakehnen (1731) und das Gestüt Bábolna in Ungarn.
Auch Zuchtstätten für Esel werden Gestüte genannt, diese werden auch als Asinerie (von lateinisch asinus für Esel) bezeichnet.
Staatliche Gestüte der Pferdezucht in Deutschland
Ein staatlich betriebenes Gestüt der Bundesrepublik Deutschland bezeichnet man je nach Ausprägung als Landgestüt, Hauptgestüt oder Haupt- und Landgestüt.
Landgestüte
Ein Landgestüt hat die Aufgabe, Pferdezüchtern hochwertige Hengste (sogenannte Landbeschäler) zur Verfügung zu stellen. In Landgestüten wird keine eigene Zucht betrieben, sondern es werden lediglich Hengste für die Privatzucht zur Verfügung gestellt. In der Regel stehen die Hengste auch lediglich außerhalb der Decksaison in einem Landgestüt, während sie während der Decksaison auf kleinere, verteilte Deckstationen gebracht werden, um die Wege der Züchter möglichst kurz zu halten und so die Nutzung der Hengste durch den Privatzüchter zu forcieren. Ihre Gründung geht zurück ins 17. und 18. Jahrhundert. Hauptmotiv war die Möglichkeit durch die Hengste starken Einfluss auf die Qualität der privaten Zucht nehmen zu können. Aber auch die Förderung der Landwirtschaft und Bereitstellung von Pferden für die Kavallerie und die Aufbesserung der Staatskasse waren Antriebe zur Unterhaltung der Landgestüte.
Traditionell werden auf den Landgestüten vor allem Hengste verschiedener Warmblut- und Kaltblut-Rassen gehalten, daneben aber auch Vollblüter, Anglo-Araber, Haflinger, schwere Warmblüter und Ponys.
Die Rolle der Landgestüte wird zunehmend in Frage gestellt, da mit der zunehmenden Mechanisierung der Landwirtschaft die wirtschaftliche Notwendigkeit für hochwertige Pferde mehr und mehr entfällt. Bereits in den 1950er und 1960er Jahren wurden immer wieder Landgestüte zusammengelegt, privatisiert oder ganz aufgelöst. Gegen die Auflösung der Landgestüte spricht allerdings, dass der Pferdesport – und damit auch die Pferdezucht – ein bedeutender Wirtschaftsfaktor ist, der durch die Landgestüte maßgeblich unterstützt wird.
Heutige reine Landgestüte:
- Landgestüt Redefin (Mecklenburg), gegründet 1812
- Hessisches Landgestüt Dillenburg
- Landgestüt des Landes Sachsen-Anhalt Prussendorf
- Landgestüt Zweibrücken (Rheinland-Pfalz, Saarland), gegründet 1755
- Niedersächsisches Landgestüt Celle, gegründet am 27. Juli 1735
- Nordrhein-Westfälisches Landgestüt Warendorf
- Landgestüt Moritzburg (Sachsen und Thüringen), gegründet 1815
In Schleswig-Holstein gibt es nach der Auflösung des Landgestüts Traventhal im Jahr 1960 kein Landgestüt mehr. Dessen Aufgabe übernimmt jetzt der Verband der Züchter des Holsteiner Pferdes (Holsteiner Verband)[2].
Hauptgestüte
Staatlich geführte Gestüte, auf denen Landbeschäler gezüchtet werden, die also Hengste, Stuten und Fohlen halten, werden als Hauptgestüte bezeichnet. Werden die in einem Hauptgestüt aufgestellten Hengste – sogenannte Hauptbeschäler – auch wie auf einem Landgestüt Privatzüchtern zur Verfügung gestellt, so wird das Gestüt als Haupt- und Landgestüt bezeichnet.
Heutige reine Hauptgestüte:
- Hauptgestüt Graditz, gegründet 1630/1722.
Heutige Haupt- und Landgestüte:
- Bayerisches Haupt- und Landgestüt Schwaiganger
- Brandenburgisches Haupt- und Landgestüt Neustadt/Dosse, gegründet 1788
- Haupt- und Landgestüt Marbach (Baden-Württemberg), herrschaftliches Gestüt seit dem 16. Jahrhundert
Ehemalige bedeutende Haupt- und Landgestüte
Über die Jahrhunderte verloren mehrere große, zumeist staatliche Gestütsanlagen Ihren Status als Haupt-, Land-, Hofgestüt oder Vorwerke der Haupt- und Landgestüte. Im Folgenden seien einige dieser Pferdezuchtzentren genannt:
- Kurfürstlich-Sächsische Hofgestüt Bleesern, gegründet 1686 und somit älteste erhaltene Gestütsanlage Deutschlands, teilweise stark vom Verfall bedrohter Hof (Lutherstadt Wittenberg, Ortsteil Seegrehna, Sachsen-Anhalt)
- Königliches Landgestüt Kreuzvorwerk, für Wohnzwecke umgenutzte und sanierte, weitgehend erhaltene Gestütsanlage von 1888 (Halle-Saale, Stadtteil Kröllwitz, Sachsen-Anhalt)
- Preußisches Hauptgestüt Altefeld, letztes errichtetes Hauptgestüt, gegründet 1913, gegenwärtig weiterhin für Pferdezuchtzwecke genutzt (Hessen)
- Landgestüt Wickrath, eine weiterhin als Gestüt genutzte, wasserschloss-ähnliche Anlage im Mönchengladbacher Ortsteil Wickrath, Nordrhein-Westfalen.
- Vollblutgestüt Lehn, schlichte jedoch herrschaftliche Anlage in Lehn (Hochkirch), Sachsen.
Siehe auch
Einzelnachweise
- ↑ zeno.org
- ↑ Jasper Nissen: Großes Reiter- und Pferdelexikon, Bertelsmann Lexikon Verlag, 1976, ISBN 3-570-04580-3
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