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Granatwerfer
Ein Granatwerfer ist eine Granatwaffe, die Granaten in größere Entfernung schießt, als es mit der Hand möglich wäre (siehe Handgranaten). Heutzutage werden mit dem Begriff "Granatwerfer" meist Handfeuerwaffen (zum Beispiel AG36) beschrieben. Jedoch ist zu bedenken, dass man unter "Granatwerfer" je nach Epoche bzw. Sprachraum unterschiedliche Waffen zur unmittelbaren Kampfunterstützung verstehen kann. Im deutschen Sprachraum existieren auch die Bezeichnungen Mörser und Minenwerfer, die von den Streitkräften einiger Staaten heute verbindlich verwendet werden.
Historie des Begriffs
Mit der Einführung kleinerer Vorderlader-Steilfeuergeschütze, die von der Infanterie verwendet werden konnten, wurden diese im deutschsprachigen Raum als Minenwerfer bezeichnet, da die Granaten mit Minenwirkung explodierten. Als Beispiel wäre hier der Leichte Minenwerfer aus dem Ersten Weltkrieg zu nennen. Später, noch vor dem Zweiten Weltkrieg, wurde die Bezeichnung in Granatwerfer geändert, um vom missverständlichen Begriff Mine wegzukommen. Bei der Wehrmacht gab es beispielsweise den schweren Granatwerfer 34 und den leichten Granatwerfer 36.
In der Schweiz wird bis heute die Bezeichnung Minenwerfer verwendet, beim österreichischen Bundesheer und der NVA Granatwerfer; die Bundeswehr spricht von Mörsern.
Nach dem Zweiten Weltkrieg entwickelten vor allem die Amerikaner handgeführte Granatwerfer (Grenade Launcher, engl. für Granatwerfer), welche die Lücke zwischen Handgranate und Mörser füllen sollten, zum Beispiel den M79-Granatwerfer. Weitere Entwicklungen erfolgten in allen Armeen, so auch in Deutschland, wobei die englische Bezeichnung wörtlich ins Deutsche übersetzt übernommen wurde. Mit der Einführung dieser Waffen im deutschsprachigen Raum überschnitten sich diese Bezeichnungen mit denen der Steilfeuergeschütze der Infanterie. Daher wurde der Begriff Mörser, früher nur für großkalibrige Steilfeuerwaffen verwendet, auf die Granatwerfer übertragen und mit Granatwerfer die hier beschriebenen Waffen bezeichnet.
Abgrenzung
Es gibt Einzelschuss-, halbautomatische und automatische Granatwerfer, die entweder als eigenständige Handfeuerwaffe geführt, als Anbauwaffe an ein konventionelles Sturmgewehr montiert oder auf einem Dreibein oder auf Drehringlafette als schwere Infanteriewaffe benutzt werden. Allen gemeinsam ist der Verschuss von Kalibergeschossen aus einem Abschussrohr in einer ballistischen Flugbahn. Auch die Granatpistolen gehören zur Gruppe der Granatwerfer, da sie eigenständige Schusswaffen darstellen und nur zum Zweck des Verschießens von Granaten gebaut werden. Die Bezeichnung Pistole leitet sich vor allem aus den kompakten Abmessungen ab. In den Anfängen ihrer Entwicklung wurden teilweise auch Überkalibergeschosse verschossen.
Gewehrgranaten sind keine Schusswaffen, sondern eine spezielle Munition und zählen demzufolge nicht zu den Granatwerfern. Es sind Überkalibergeschosse, die von der Mündung einer Handfeuerwaffe verschossen werden. Manchmal ist dazu ein Aufsatz, das Gewehrgranatgerät, welches auf der Mündung befestigt wird, notwendig. Gewehrgranaten wurden bereits vor dem Zweiten Weltkrieg entwickelt.
Technik
Granatwerfer verschießen Granaten im „Hochdruck-Niederdruck-System“. Die Treibladung wird dabei in einer besonders dickwandigen Kartusche untergebracht, in der sie nach der Zündung verbrennt und hohen Druck erzeugt. Die entstehenden Gase strömen über enge Kanäle aus der Kammer, wobei sich ihr Druck deutlich vermindert. Erst danach treiben sie die Granate mit relativ geringer Mündungsgeschwindigkeit aus dem Lauf, bei handgeführten Granatwerfern mit typischerweiser etwa 75–80 m/s. Automatische Granatwerfer auf Dreibein verschießen Granaten mit einer wesentlich stärkeren Treibladung mit 210–240 m/s, da der Rückstoß nicht vom Schützen aufgefangen werden muss.
Als Kaliber hat sich in der NATO die 40-mm-Granate durchsetzen können. Die ehemaligen Sowjet-Staaten verwenden Kaliber 30 mm und 40 mm.
Arten
Die ersten Granatwerfer waren eigenständige Handfeuerwaffen, welche nur zu diesem Zweck gebaut wurden (zum Beispiel der M79). Der Nachteil war, dass der Schütze sich mit dieser Waffe nicht verteidigen konnte und eine zweite Waffe mitführen musste. Aus diesem Grund wurden Anbauwaffen entwickelt, die an normalen Sturmgewehren befestigt werden konnte (zum Beispiel der M203). Der Schütze ist damit in der Lage, Granaten im Einzelschuss abzufeuern sowie mit seinem Sturmgewehr Projektile zu verschießen. Solche Waffen werden auch als Unterlauf-Granatwerfer bezeichnet, da sie meist unter den Lauf der Schusswaffe anmontiert werden.
Später wurden halbautomatische Granatwerfer wie der südafrikanische Milkor MGL entwickelt, im Prinzip ein auf ein sehr großes Kaliber vergrößerter Revolver. Häufig eingesetzt werden seit dem Vietnam-Krieg auch automatische Granatwerfer (zum Beispiel der MK 19). Sie sind jedoch keine Maschinenkanonen. Die automatischen Granatwerfer verschießen Granaten mit stärkerer Treibladung in größere Entfernungen als die handgeführten Varianten und erreichen Kadenzen von 320 Schuss pro Minute.
Beispiele
Name | Herstellerland | Typ | Kaliber mm |
Kadenz rpm |
V0 m/s |
Waffengewicht kg |
---|---|---|---|---|---|---|
HK69 | Deutschland | eigenständige Waffe | 40 | Einzelschuss | 79 | 2,3 |
M79 | USA | eigenständige Waffe | 40 | Einzelschuss | 76 | 2,7 |
Milkor MGL | Südafrika | eigenständige Waffe | 40 | Halbautomat | 75 | 6 |
AG36 | Deutschland | Anbauwaffe unter Sturmgewehr | 40 | Einzelschuss | 70 | 1,5 |
GP-30 | Russland | Anbauwaffe unter Sturmgewehr | 40 | Einzelschuss | 76 | 1,3 |
M203 | USA | Anbauwaffe unter Sturmgewehr | 40 | Einzelschuss | 71 | 1,4 |
AGS-17 Plamja | Russland | automatischer Granatwerfer | 30 | 400 | 185 | 35 |
HK GMW | Deutschland | automatischer Granatwerfer | 40 | 350 | 241 | 29 |
Mk-19 | USA | automatischer Granatwerfer | 40 | 400 | 241 | 33 |
Howa Typ 96 | Japan | automatischer Granatwerfer | 40 | 300 | 240 | 24,5 |
Einsatz
Mit einem handgeführten Granatwerfer soll es dem Infanteristen ermöglicht werden, über größere Entfernungen Gegner mit Granaten zu bekämpfen, ohne sich dabei zu sehr exponieren zu müssen. Durch den indirekten Steilfeuerbeschuss können auch Gegner hinter Deckungen bekämpft werden. Mit einem automatischen Granatwerfer wird die Effektivität einer für Infanteriewaffen großkalibrigen Granate mit der Feuerkraft einer Maschinenkanone vereint. Dabei bleibt die Waffe, im Gegensatz zu Maschinenkanonen, begrenzt transportfähig, indem sie in mehreren Teilen transportiert wird. Des Weiteren wird ein automatischer Granatwerfer auch als Bordkanone für leichte Militärfahrzeuge eingesetzt, die nicht oder nur bedingt in der Lage wären, eine Maschinenkanone zu führen.
Literatur
- Otto Morawietz, Beiträge zur Geschichte und Technik der Handwaffen und Maschinengewehre: Zeitschriftenaufsätze 1940-1969, Band 20 von Bibliotheca rerum militarium, Verlag Biblio Verlag, 1973, ISBN 978-3-7648-0174-8
- Gerhard Donat, Der Munitionsverbrauch im Zweiten Weltkrieg im operativen und taktischen Rahmen: (Beispiele und Folgerungen), Verlag Biblio, 1992, ISBN 978-3-7648-1790-9
- John Norris, Robert Calow, Infantry Mortars of World War II, Verlag Osprey Publishing, 2002, ISBN 978-1-84176-414-6
- Fritz Hahn, Waffen und Geheimwaffen des Deutschen Heeres 1933-1945: Panzer- und Sonderfahrzeuge, „Wunderwaffen“, Verbrauch und Verluste, Band 2 von Waffen und Geheimwaffen des deutschen Heeres 1933-1945, Verlag Bernard & Graefe, 1987, ISBN 978-3-7637-5832-6
- William Weir, 50 Weapons That Changed Warfare, Verlag Career Press, 2005, ISBN 978-1-56414-756-1
- Tillmann Reibert: Die Entwicklung des Granatwerfers im Ersten Weltkrieg - Die Entstehung eines neuartigen Waffentyps als Reaktion auf die Bedingungen des Stellungskrieges (Dissertation, 2013)
Weblinks
Dieser Artikel basiert ursprünglich auf dem Artikel Granatwerfer aus der freien Enzyklopädie Wikipedia und steht unter der Doppellizenz GNU-Lizenz für freie Dokumentation und Creative Commons CC-BY-SA 3.0 Unported. In der Wikipedia ist eine Liste der ursprünglichen Wikipedia-Autoren verfügbar. |