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Hans Carossa

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Hans Carossa 1912

Hans Carossa (* 15. Dezember 1878 in Tölz; † 12. September 1956 in Rittsteig bei Passau) war ein deutscher Arzt sowie Lyriker und Autor von Erzählungen.

Leben

Hans Carossa
Gedenktafel am Haus Marktplatz 36 in Pilsting

Der Vater, Karl Carossa, war Arzt und auf die Behandlung von Lungenkrankheiten spezialisiert. Hans Carossa besuchte ab 1888 das Humanistische Gymnasium in Landshut und bestand dort 1897 sein Abitur.[1] Anschließend studierte er Medizin in München und Würzburg und schloss dieses Studium 1905 in Leipzig mit der Promotion zum Doktor der Medizin ab, mit einer Arbeit über „Dauerfolge bei Dammrissen dritten Grades“. 1904 übernahm er die Praxis seines Vaters in Passau. In jenen Jahren war er mit der Mäzenatin Auguste Unertl in Waldkirchen sowie den späteren Schriftstellern Jules Siber und Emerenz Meier befreundet.

1906 schickte er selbst verfertigte Gedichte an Richard Dehmel und kam über diesen in Kontakt mit Hugo von Hofmannsthal. Der vermittelte ihn weiter an den Insel-Verlag, bei dem von da an alle Werke Carossas erschienen. 1907 heiratete er Valerie Endlicher. In der Figur der Hanna Cornet setzte er ihr 1913 in seinem ersten Prosastück Die Schicksale Doktor Bürgers ein literarisches Denkmal. Die Optik des Arztes ist aus dem Werk Carossas nicht wegzudenken, wie auch in Der Arzt Gion (1931) und Tagebuch eines jungen Arztes (1955).

Im Ersten Weltkrieg war Carossa 1916 bis 1918 als Bataillonsarzt im bayerischen Reserveinfanterieregiment 19 an der rumänischen Front und der Westfront tätig.[2] In Rumänien entstand das tagebuchartige Werk Rumänisches Tagebuch.

Nach der Machtergreifung der Nationalsozialisten 1933 wählte Carossa die Innere Emigration und lehnte seine Berufung in die Deutsche Akademie der Dichtung ab,[3] nahm aber 1938 den Goethepreis der Stadt Frankfurt, sowie 1941 beim Europäischen Dichtertreffen die Ernennung zum Präsidenten der nationalsozialistischen „Europäischen Schriftsteller-Vereinigung“ an.[4] Trotz seiner Distanz zum NS-Regime gehörte Carossa zu den meistgeförderten Schriftstellern. 1944, in der Endphase des Zweiten Weltkriegs, wurde Carossa von Hitler in die Sonderliste der Gottbegnadetenliste mit den sechs wichtigsten deutschen Schriftstellern aufgenommen.[4]

Erfolg und Ehrungen im neutralen auch im befreundeten (faschistischen) Ausland (Premio San Remo 1939) und der finanzielle Aufstieg – Vervierfachung seiner Einnahmen im Jahr 1941 – trafen einen innerlich distanzierten Carossa, der seine Stellung auch zu nutzen wusste. So setzte er sich 1941 für Alfred Momberts Ausreise ein. Kurz vor der Kapitulation 1945 plädierte er in einem Brief an den Oberbürgermeister von Passau, die Stadt kampflos zu übergeben, und wurde dafür in Abwesenheit zum Tode verurteilt; das schnelle Anrücken der US-Armee rettete ihn. In der Bundesrepublik erreichte er erneut seine Popularität der 1920er und 1930er Jahre.[5]

Nach Kriegsende verarbeitete Carossa seine Rolle in der NS-Zeit. Sein Buch „Ungleiche Welten“ von 1951 wurde jedoch kritisiert, es verschleiere und beschönige, stelle den Dichter als unpolitisch dar und die Nationalsozialisten als Schicksalsmacht, gegen die kein Widerstand möglich gewesen sei.[5]

Hans Carossa ist der Namensgeber seiner ehemaligen Schule Hans-Carossa-Gymnasium Landshut und des Hans-Carossa-Gymnasiums in Berlin-Spandau, der Volksschule in Pilsting (Niederbayern), der Volksschule Passau-Heining, in dessen Nähe sich sein letzter Wohnsitz wie auch sein Grab befindet, der Hans-Carossa-Klinik in Stühlingen sowie einer Vielzahl von Straßen in ganz Deutschland, unter anderem in Passau, Münster, Nürnberg und Berlin.

Auszeichnungen und Ehrungen

Gedenktafel für Hans Carossa in München

Eine Ehrung ganz besonderer Art war ein Besuch des Bundespräsidenten Theodor Heuss. Nach kurzen Aufenthalten in Vilshofen und Aldersbach fuhr die Wagenkolonne des Bundespräsidenten gegen 18 Uhr in Rittsteig (damals eine kleine Gemeinde Ort in der Nähe von Passau, heute eingemeindet) vor. Das Gespräch mit dem Bundespräsidenten, der sich in Begleitung von Ministerialdirigent Boss befand, dauerte eine gute Stunde. Hauptthema des literarischen Gedankenaustausches war die Herausgabe der Gedichte von Hans Carossa durch Theodor Heuss, die in der Zeitschrift „Die Hilfe“ erfolgt war. [6]

Werke (Auswahl)

Handschrift „Rauhes Land“
  • Gesammelte Gedichte, 1910.
  • Die Schicksale Doktor Bürgers, 1913.
  • Eine Kindheit, 1922.
  • Rumänisches Tagebuch. Insel, Leipzig 1924.
  • Verwandlungen einer Jugend, 1928.
  • Der Arzt Gion, 1931.
  • Geheimnisse des reifen Lebens, 1936; Insel, Frankfurt am Main 1992, ISBN 3-458-33164-6.
  • Das Jahr der schönen Täuschungen, 1941.
  • Der volle Preis, 1945.
  • Aufzeichnungen aus Italien, 1946.
  • Ungleiche Welten, 1951.
  • Der Tag des jungen Arztes, 1955.
  • Die Frau vom guten Rat, 1956.

Vertonungen

Heinz Wimmer vertonte mehrere Gedichte von Carossa für Singstimme und Klavier.

Literatur

  • Hans Carossa, Leben und Werk im Bild, hrsg. v. Eva Kampmann-Carossa. Insel, Frankfurt am Main 1978. (= Insel-Taschenbuch; 348) ISBN 3-458-32048-2.
  • Hans Carossa. Dreizehn Versuche zu seinem Werk, hrsg. v. Hartmut Laufhütte. Niemeyer, Tübingen 1991. ISBN 3-484-10671-9.
  • Über Hans Carossa. Hrsg. v. Volker Michels. Suhrkamp, Frankfurt am Main 1979. (= st; 497) ISBN 3-518-36997-0
  • Christiane Deussen: Erinnerung als Rechtfertigung. Autobiographien nach 1945: Gottfried Benn – Hans Carossa – Arnolt Bronnen. Stauffenburg-Verl., Tübingen 1987. (= Stauffenburg-Colloquium; 6) ISBN 3-923721-36-6.
  • Henning Falkenstein: Hans Carossa. Colloquium-Verlag, Berlin 1983. (= Köpfe des XX. Jahrhunderts; 98) ISBN 3-7678-0596-0.
  • Bernhard Forster: „In diesen Zeiten ist Schweigen eine Schuld“. Wie der Nationalsozialismus einen Keil zwischen Stefan Zweig und Hans Carossa trieb. In: Literatur in Bayern, München, 22/23 (2007), 88/89, S. 8–19.
  • Italo Michele Battafarano: „Italien im schwarzen Hemd: Erich Mühsam, Kasimir Edschmid, Hans Carossa“. In: Konvergenzen. Studien zur deutschen und europäischen Literatur. Fs. für E. Theodor Voss, hrsg. v. Michael Ewert und Martin Vialon. Würzburg: Königshausen & Neumann 2000, S. 111–128.
  • Christine Greiner: Zwischen den Zeilen. Hans Carossas Schaffen während des Dritten Reiches. Univ. Diss., Passau 1999.
  • Anton Mößmer: Die Vorfahren von Hans Carossa 1878-1956. Residenz-Verlag, Landshut 1996.
  • Marion Stojetz: „Aus tiefem Abend glänzt ein heller Stern“. Welt- und Natursicht in der Lyrik Hans Carossas. Weidler, Berlin 2005. (= Studium litterarum; 9) ISBN 3-89693-412-0.
  • Erich Unglaub: „Ahnenlehre“ in kritischer Absicht. Hans Carossas autobiographisches Erzählen unter den Bedingungen des Dritten Reichs. Lang, Frankfurt am Main u. a. 1985. (= Europäische Hochschulschriften; Reihe 1, Deutsche Sprache und Literatur; 876) ISBN 3-8204-8741-7
  • Erich Zwicker: Hans Carossa im Lichte seiner Zeit. Univ. Diss., Zürich 1986.

Weblinks

 Commons: Hans Carossa – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Hans Carossa als Schüler Website des Hans-Carossa-Gymnasiums Landshut
  2. Bayerisches Hauptstaatsarchiv IV, z. B. 3233. Kriegsrangliste.
  3. Ernst Klee: Das Kulturlexikon zum Dritten Reich. Wer war was vor und nach 1945. S. Fischer, Frankfurt am Main 2007. ISBN 978-3-10-039326-5, S. 94.
  4. 4,0 4,1 Ernst Klee, Kulturlexikon, S. 94.
  5. 5,0 5,1 Eintrag "Carossa, Hans" in: Hans Sarkowics, Alf Mentzer: Literatur in Nazi-Deutschland. Ein biographisches Lexikon. Europa-Verlag: Hamburg/Wien, 2000.
  6. Passauer neue Presse 24. August 1954
Dieser Artikel basiert ursprünglich auf dem Artikel Hans Carossa aus der freien Enzyklopädie Wikipedia und steht unter der Doppellizenz GNU-Lizenz für freie Dokumentation und Creative Commons CC-BY-SA 3.0 Unported. In der Wikipedia ist eine Liste der ursprünglichen Wikipedia-Autoren verfügbar.