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Haus der Familie Qathros

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Eingang zu der archäologischen Stätte, die sich 6 m unter dem heutigen Straßenniveau befindet.

Das Haus der Familie Qathros (בית קתרוס, auch: Burnt House) war ein antikes Wohnhaus in Jerusalem. Die von Nahman Avigad ergrabene archäologische Stätte ist heute ein Museum und befindet sich an der Tiferet Israel St., Nr. 13. Nach dem Sechstagekrieg bestand für israelische Archäologen erstmals die Möglichkeit, das Jüdische Viertel der Altstadt zu untersuchen, in antiker Zeit eine bevorzugte Wohnlage.

Was Nahman Avigad dann im Januar 1970 der Reporterin der Jerusalem Post zeigen konnte, erregte großes Interesse in der israelischen Öffentlichkeit: ein Haus in der Altstadt, ausgebrannt und eingestürzt, in dem Zustand, wie Titus' Legionäre es im Jahr 70 n. Chr. zurückgelassen hatten.[1] Zu dieser emotionalen Wirkung einer archäologischen Grabung trug auch der Fund eines abgetrennten Armes einer jungen Frau bei. Diese menschlichen Knochen wurden nach ihrer wissenschaftlichen Untersuchung beigesetzt.

Museale Präsentation.

Das Haus

In herodianischer Zeit war das Gebäude mit Seitenlängen von etwa 13 bis 15 Metern und einer Fläche von 55 m² ein recht luxuriöses Anwesen und hatte mehrere Stockwerke. Die archäologischen Spuren hier und an anderen Stellen der Oberstadt sprechen dafür, dass dieser ganze Bereich der Stadt in einem Großfeuer mit starker Hitzeentwicklung zerstört wurde, wobei alle organischen Materialien verbrannten, darunter die hölzernen Böden der oberen Stockwerke. Ihr Verlust machte die Mauern instabil und führte zum Einsturz des Hauses.[2]

Erhalten blieb ein Innenhof und das Erdgeschoss mit einer Küche, einer Mikwe und vier Räumen (wahrscheinlich Werkstätten). Die verputzten Mauern sind bis zu 1 m hoch erhalten; der Fußboden aus gestampfter Erde zeigt Brandspuren. Für die Präsentation im Museum sind die Einzelfunde umgruppiert worden; der heute als Küche eingerichtete Raum war ursprünglich ein normales Zimmer, die richtige Küche befindet sich unter dem Besucherpodium.[3]

Außerdem legte Avigads Team auch eine 11 m lange Mauer in Läufer-Binder-Technik aus der Eisenzeit II frei, die 1,2 m breit und maximal etwa 3 m hoch war.[4] Sie ist in der heutigen Ausstellung nicht zu sehen.

Im Vordergrund: Öfen, Steingefäße; im Hintergrund: die „Küche“.

Einzelfunde

Steingefäße

Es fanden sich Öfen, Basaltmörser, Kochtöpfe und sehr viele Produkte der Jerusalemer Steinschneiderwerkstätten. Nach der These von Roland Deines, die sich allgemein durchgesetzt hat, sind solche Steingefäße speziell für die Erfordernisse des jüdischen Religionsgesetzes geschaffen worden, denn Stein kann, im Gegensatz zu Keramik, keine kultische Unreinheit annehmen. Steingefäße waren allerdings teuer, so dass in dem hier lebenden Haushalt einerseits ein hohes Interesse an kultischer Reinheit, andererseits Wohlstand anzunehmen ist; beides passt auf die Jerusalemer Priesteraristokratie.

Folgende Haushaltsgeräte wurden von den Steinschneiderwerkstätten angeboten: große Steinvasen, Maßbecher, Steinkisten, Gefäßdeckel und Tische (für die reichere Bevölkerung).[5] Das Haus der Familie Qathros lieferte den Beweis, dass solche Objekte nicht etwa Dekoration waren, sondern dem normalen Alltagsgebrauch in einem auf kultische Reinheit bedachten Milieu dienten.

Die Steinschneiderei und Steindreherei im Raum Jerusalem erlebte mit der Ankunft der Römer einen starken Aufschwung. Das hatte auch mit neuen Technologien der Bearbeitung zu tun, die jetzt zur Verfügung standen, vor allem aber waren diese steinernen Gefäße nützlich „im Dienst der Reinheitsgebote, deren Bedeutung im Alltag gleichfalls rapide zunahm, wohl nicht zuletzt im Zusammenhang mit der neuen, z. T. aus der babylonischen Diaspora stammenden Elite, die Herodes nach seinem Herrschaftsantritt nach Palästina holte.“[6]

Das Interesse an Steingefäßen breitete sich von Jerusalem, vom direkten Umfeld des Tempels in Bevölkerungskreise aus, die den Lebensstil der Jerusalemer Priesterschaft nachahmten. Daher gibt es entsprechende Gefäße in Qumran[7] ebenso wie in pharisäischen Haushalten, was auch im Neuen Testament (Johannes 2,6) beiläufig erwähnt wird.[8]

Die Familie Qathros

Besonders interessant war für die Ausgräber ein Steingewicht mit der aramäischen Inschrift דבר קתרס , „gehörend zur Familie Qathros.“[9] Denn eine Familie dieses Namens wird im Talmud (Pesachim 57a) als eine von mehreren Familien der Priesteraristokratie unrühmlich erwähnt:

„Wehe mir wegen des Hauses Qathros, wehe mir wegen ihres Schreibrohrs! ... Denn sie sind Hohepriester, ihre Söhne Schatzmeister und ihre Schwiegersöhne Tempelaufseher, und ihre Knechte schlagen das Volk mit Stöcken.“[9]

Außer Parfumflakons deuten auch zwei römische Gemmen, die einen Skorpion bzw. die Gottheit Merkur darstellen,[10] auf wohlhabende Bewohner. Ronny Reich vermutet, dass der Brandschutt von Plünderern durchsucht wurde, so dass größere wertvolle Objekte, die das Feuer überstanden hatten, geborgen wurden. So kam es hier zu einer Konzentration relativ schlichter Haushaltsgeräte,[11] die für Plünderer uninteressant waren, aber den Lebensstil im Haus des Qathros nicht vollständig dokumentieren.

Spuren der Zerstörung Jerusalems

Das Haus der Familie Qathros wurde offensichtlich bei der Eroberung Jerusalems durch die Römer zerstört: dafür sprechen die Aschenschicht, verkohlte Hölzer, zerschlagene Gefäße, Speerspitzen, die Reste einer Lanze und ein abgetrennter Arm eines Frauenskeletts. Letzterer ist der einzige Skelettfund im Stadtgebiet, der sich mit den Kampfhandlungen des Jahres 70 n. Chr. in Verbindung bringen lässt.[12]

Die aufgefundenen Schlussmünzen stammen aus dem 4. Jahr des jüdischen Aufstandes (69 n. Chr.).

Literatur

  • Max Küchler: Jerusalem. Ein Handbuch und Studienreiseführer zur Heiligen Stadt, Vandenhoeck & Ruprecht, Göttingen 2007, ISBN 978-3-525-50170-2, S. 577–581.
  • Peter Hirschberg: Israel und die palästinensischen Gebiete, EVA Leipzig 2011, ISBN 978-3-374-02841-2, S. 226–227.
  • Roland Deines: Jüdische Steingefäße und pharisäische Frömmigkeit. Ein archäologisch-historischer Beitrag zum Verständnis von Johannes 2,6 und der jüdischen Reinheitshalacha zur Zeit Jesu (WUNT, 2. Reihe, 52), Mohr Siebeck, 1993, ISBN 9783161460227 (teilweise online)
  • Ronny Reich: The Roman Destruction of Jerusalem in 70 CE: Flavius Josephus' Account and the Archaeological Record, in: Gerd Theißen, Hans Ulrich Steymans, Siegfried Ostermann, Andrea Moresino-Zipper, Karl Matthias Schmidt (Hrsg.): Jerusalem und die Länder: Ikonographie – Topographie – Theologie (FS Max Küchler), Vandenhoeck & Ruprecht, Göttingen 2009, ISBN 978-3-525-53390-1, S. 117–132. (teilweise online)
  • Nahman Avigad: Jerusalem in Flames – The Burnt House Captures a Moment in Time, in: Biblical Archaeology Review 9, 6 (1983) (Kapitel 3 aus dem Buch von N. Avigad: Discovering Jerusalem) (online)

Einzelnachweise

  1. Malka Rabinowitz: House in Old City as Titus left it. In: The Jerusalem Post. 16. Januar 1970, abgerufen am 2. Februar 2018.
  2. Ronny Reich: The Roman Destruction of Jerusalem. S. 124.
  3. Peter Hirschfeld: Israel. S. 227.
  4. Max Küchler: Jerusalem. S. 580.
  5. Roland Deines: Jüdische Steingefäße. S. 90.
  6. Roland Deines: Jüdische Steingefäße. S. 70.
  7. Daniel Stökl Ben Ezra: Qumran. Mohr Siebeck, Tübingen 2016, S. 115.
  8. Klaus Wengst: Das Johannesevangelium. 2 Auflage. 1, Kohlhammer, Stuttgart 2004, S. 110.
  9. 9,0 9,1 Max Küchler: Jerusalem. S. 579.
  10. Max Küchler: Jerusalem. S. 581.
  11. Ronny Reich: The Roman Destruction of Jerusalem. S. 125.
  12. Ronny Reich: The Roman Destruction of Jerusalem. S. 125.
31.7755735.23259
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