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Heinz Todtmann
Heinz Henry Todtmann (geb. 28. März 1908 in Breslau; gest. nach 1975) war ein deutscher Journalist jüdischer Abstammung und NS-Kollaborateur.
Leben
Heinz Todtmann wurde als Sohn des jüdischen Kaufmanns Max Todtmann (* 1878) und seiner Gattin Bertha Brinitzer (* 1883) in Breslau geboren.[1] Die Familie wohnte in den 1930er Jahren in der Berliner Str. 28 in Berlin-Pankow. Sein Vater war bis 1938 Eigentümer des Hauses, Betreiber einer Garage und einer Firma für Damenmäntel. Am 9. März 1935 heiratete Heinz Todtmann in Berlin Magda Seraphine Kabaker (* 1916). Seine Eltern emigrierten am 22. November 1940 über Kōbe (Japan) nach Los Angeles (Kalifornien).[2] Ihr weiteres Schicksal in den Vereinigten Staaten ist unbekannt.
Heinz und Magda Todtmann flohen am 27. Mai 1939 nach Amsterdam, wo er sich als Journalist ausgab. Am 7. August 1939 emigrierte Magda weiter nach London, wo sie 1959 erneut heiratete und 1993 verstarb.[3]
Der evangelisch getaufte[4] Heinz Todtmann wurde am 17. Juli 1940 im Durchgangslager Westerbork interniert, wo er als jüdischer Adjutant des Lagerkommandanten und SS-Obersturmführers Albert Konrad Gemmeker den Dienstbereich I (Kommandantur) leitete. Etty Hillesum als Zeitzeugin und Auschwitz-Opfer beschrieb Todtmann in ihren Tagebüchern als „nicht so gefährlich wie [der jüdische Lagerleiter Kurt] Schlesinger, aber genauso korrupt und sehr empfänglich für die weiblichen Reize“.[5]
Im Frühjahr 1944 schrieb Todtmann auf Befehl Gemmekers das Drehbuch für einen vorgesehenen NS-Propaganda-Film über das Lager Westerbork, der allerdings nicht fertig gestellt wurde; immerhin 75 Minuten des Films haben sich aber über das Kriegsende hinaus erhalten. Der Film zeigte die Abfahrt eines Transports in die Konzentrationslager Auschwitz und Bergen-Belsen und beschönigte Szenen aus dem Alltagsleben des Lagers.
Das Durchgangslager Westerbork wurde am 12. April 1945 von Truppen der kanadischen Armee befreit. 1946 wurde ein Verfahren gegen Kurt Schlesinger und andere Funktionshäftlinge begonnen, aber eingestellt. Ob Todtmann sich unter den Angeklagten befand, ist unbekannt. Als de facto stellvertretender Leiter der korrupten deutsch-jüdischen Lagerverwaltung von Westerbork war Heinz Todtmann aktiv Beteiligter an der Deportation und Ermordung von 100.000 Juden.
Nach dem Krieg war er weiter als Journalist und Schriftsteller tätig. Als freier PR-Berater arbeitete er von 1947 bis 1957 in Hamburg unter anderem für die Volkswagen AG und Mannesmann, war Teilhaber einer Werbeagentur in Düsseldorf und leitete dann dort bis 1974 als Geschäftsführer die Informationsstelle Edelstahl, eine Gemeinschaftsorganisation der deutschen Stahlindustrie.[6]
Werke
- Kleiner Wagen in großer Fahrt, (mit Alfred Tritschler), Offenburg i. Baden: Burda, 1949; Neuauflage: Bielefeld: Delius Klasing, 2001
- Die Industrie der Zauberer, München: Steinebach, 1952
- Geboren im Feuer: Stahl, Strache, Stuttgart, 1956
- So sehen und wissen wir mehr, C.-H.-F.-Müller-Aktienges., 1956
- Leben und weben, Neumünster: Bartram, 1956
- Daheim 1907-1957, Hanseatische Druckanstalt, Hamburg, 1958
- Großes Werk für kleine Füsse, Kleve: Hoffmann, 1958
- Die große Ernte (auch Englisch: The Great Harvest und Italienisch La gran cosecha), Stuttgart: Strache, 1961
- Pipelines, ein Buch von Fernleitungen aus Stahlrohren, Stuttgart: Franckh, 1962
- Was wir tun und wie wir's machen, Hamburg: Beiersdorf-Aktienges., 1979
Literatur
- Terror im Westen: Nationalsozialistische Lager in den Niederlanden, Belgien und Luxemburg 1940-1945, Wolfgang Benz, Barbara Distel, Metropol, Berlin, 2004
- Cinema and the Shoah: An Art Confronts the Tragedy of the Twentieth Century, von Jean-Michel Frodon, State University of New York Press, 2010 (auf Englisch)
- Verhalen uit kamp Westerbork, von Guido Abuys u.a., Gorcum B.V., Konink, 1995 (auf Niederländisch)
Weblinks
- Literatur von und über Heinz Todtmann im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek
- Ausschnitt aus dem Westerbork Film
- Bilder wie eine Flaschenpost, Interview mit Filmemacher Harun Farocki über den Westerbork-Film
- Das polizeiliche Durchgangslager Westerbork von Anna Hajkova
Einzelnachweise
- ↑ Stadsarchief Amsterdam, Record cards from Personal Cards (1939-1994)
- ↑ Siehe New York Passenger Lists, über ancestry.com
- ↑ England & Wales, Marriage Index: 1916-2005; wiederverheiratet Greenslate; England & Wales, Death Index: 1916-2005, über ancestry.com
- ↑ Siehe Vermoedelijk op transport von Raymund Schütz (auf Niederländisch), academia.eu, 2011, Seite 24.
- ↑ Hillesum, Etty: The Letters and Diaries of Etty Hillesum 1941-1943, Wm. B. Eerdmans Publishing Company, 2002, Seite 781 (aus d. Englischen übersetzt)
- ↑ Todtmann, Heinz Henry. In: Who's Who in Marketing, Verkauf, Werbung, Marktforschung und Marketing-Beratung, 2., neubearb. u. erweit. Aufl., Verlag Moderne Industrie, München 1976, S. 433.
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