Jewiki unterstützen. Jewiki, die größte Online-Enzy­klo­pädie zum Judentum.

Helfen Sie Jewiki mit einer kleinen oder auch größeren Spende. Einmalig oder regelmäßig, damit die Zukunft von Jewiki gesichert bleibt ...

Vielen Dank für Ihr Engagement! (→ Spendenkonten)

How to read Jewiki in your desired language · Comment lire Jewiki dans votre langue préférée · Cómo leer Jewiki en su idioma preferido · בשפה הרצויה Jewiki כיצד לקרוא · Как читать Jewiki на предпочитаемом вами языке · كيف تقرأ Jewiki باللغة التي تريدها · Como ler o Jewiki na sua língua preferida

Hieronymus Megiser

Aus Jewiki
Zur Navigation springen Zur Suche springen
Hieronymus Megiserus (1613)

Hieronymus Megiser (* um 1554 in Stuttgart; † 1618 oder 1619[1] in Linz, Österreich) war ein Polyhistor, Sprachgelehrter und Geschichtsschreiber.

Leben

Hieronymus Megiser studierte ab 1571 in Tübingen, war ein Lieblingsstudent des Späthumanisten und Philologen Nicodemus Frischlin, wurde dort 1577 Magister und ging 1581 als Privatlehrer („Praeceptor“) nach Laibach, dem heutigen Ljubljana. Ab 1582 studierte er Rechtswissenschaften in Padua und war danach erneut als Privatlehrer junger Adeliger aus Krain und der Steiermark tätig, unternahm ausgedehnte Reisen - 1588/89 Italien und Malta sowie 1591 Norddeutschland, Holland und England -, ehe er 1590/91 in Graz von Erzherzog Karl zum „Ordinarius Historiographus“[2], zum Landschaftlichen Geschichtsschreiber, ernannt wurde und den jungen Johannes Kepler kennenlernte, mit dem er „in wissenschaftlichem und freundschaftlichem Verkehr“[3] blieb. 1593 kam er nach Kärnten wo er bis 1601 die Stelle des Rektors am evangelischen „Collegium sapientiae et pietatis“ der Landstände in Klagenfurt innehatte. Als diese Anstalt von Universitätsniveau,[4] in deren Tradition sich das heutige Europagymnasium in Klagenfurt sieht, im Zuge der Gegenreformation den Jesuiten übereignet wurde, musste er wie nahezu alle übrigen protestantischen Professoren Kärnten verlassen.

Nach weiteren Reisen ließ er sich in Frankfurt am Main nieder, wo er die Tochter des Druckers Johann Spiess heiratete. Er wirkte dann in Gera für Heinrich Posthumus von Reuß, der den Aufbau einer modernen Landesbildungsanstalt unternommen hatte. Megiser wurde im Jahre 1603 von Kurfürst Christian II. zum außerordentlichen Professor für Geschichte an der Universität Leipzig und zum Churfürstlich bestellten Historiographen ernannt. Diese Stelle hatte er bis 1612 inne, als er von Erzherzog Karl von Österreich zum Pfalzgraf erhoben und als Geschichtsschreiber nach Linz berufen wurde. Das Interesse der oberösterreichischen Stände an der Geschichte war so groß, dass sie eigens einen Historiker beschäftigt wollten, der die landschaftliche Bibliothek leiten und ähnlich wie die Hofhistoriographen Auftragsarbeiten erledigen sollte. Die Wahl fiel auf Hieronymus Megiser, der 1615 zum „historicus“ der Landschaft ernannt wurde. Noch im selben Jahr bekam er den Auftrag zu einer Chronik des Landes. Als zwischen 1618 und 1620 die Auseinandersetzungen zwischen den protestantischen Ständen und dem katholischen Herrscherhaus ihren Höhepunkt erreichten, verfasste er Schriften, in denen die verfassungsrechtlichen Anschauungen der Ständeopposition historisch gerechtfertigt wurden, beispielsweise die Übernahme der Landesadministration durch die Landschaft während eines Interregnums. Aus dieser zeitlichen Tatsache der Auseinandersetzungen ergibt sich auch die Annahme eines späteren Sterbedatums als des bislang angenommenen Jahres 1618. Es handelte sich um ein heikles Thema, bei dem ständisches und landesfürstliches Verfassungsdenken frontal aufeinanderprallten. Megiser vertrat hier kompromisslos die Sicht der Landstände, der zufolge in dieser Zeit einzig die Landschaft befugt sei, die Herrschaftsrechte auszuüben.[5]

Bedeutung

  • Mit seinen zwei Wörterbüchern (1592, 1608), die beide erstmals die „windische“[6] (= slowenische) Sprache als dem Deutschen, Lateinischen und Italienischen ebenbürtig ansah, machte er sich um die slowenische Sprache verdient.
  • Er gab eine erste türkische Grammatik heraus, ein vielsprachiges Wörterbuch praktisch aller damals bekannter Sprachen, eine erste mehrsprachige Sprichwörtersammlung, Reisebeschreibungen, darunter 1611 die erste deutsche Übersetzung des Reiseberichts von Marco Polo u.v.a.
  • Er gilt mit seinen Beschreibungen von Neapel (1605), Madagaskar (1609), Venedig (1610), Kärnten (1610), Norddeutschland, Holland und England (1613) als Begründer der kulturhistorisch orientierten deutschsprachigen Reiseliteratur im Unterschied zu Pilgerberichten.
  • Er war der Redakteur und Herausgeber der ersten gedruckten Kärntner Geschichte[7] (1610) und veranlasste die Leipziger Drucklegung der Annales Carinthiae des Michael Gothard Christalnick[8], die jener 1579 - 1592 erarbeitet hatte,[9][10] und als deren Verfasser Megiser selbst lange galt, ein Werk, in dem erstmals die Bedeutung des Kärntner Herzogstuhls als Dokument ständischer Demokratie interpretiert wurde.
  • Er machte sich um die Bibliothek des oft auch als Universität[11] bezeichneten Collegiums in Klagenfurt verdient, indem er die erste Bibliotheksordnung verfasste und einen Index über den gesamten Bestand der Bibliothek anlegte.
  • Des Weiteren regte er die Restaurierung des Herzogstuhls an, der 1597 die letzte persönliche Session[12] eines Landesfürsten erleben sollte.[13]

Werke

  • Megiser, Hieronymus - Dictionarium quatuor linguarum (1592,1608,1744 - eines der essentiellsten Werke zur slowenischen Sprache umfasste die Sprachen: Deutsch, Latein, Slowenisch, Italienisch) (Digitalisat der Ausgabe Graz 1592)
  • Megiser, Hieronymus - Slovensko-nemsko-latinski slovar (1592, 1977, 1967 Faksimile der Ausgabe von 1592)
  • Megiser, Hieronymus - Ein Tractat von dem Dreyfachen Ritterstand und aller Ritter Orden der Christenheit (1593 - ältestes Werk in deutscher Sprache über die weltlichen und geistlichen Ritterorden)
  • Megiser, Hieronymus:Icones & Vitae Paparum: LIBELLVS RECENS EDITVS. Quo non solum OMNIVM ROMANAE SEDIS PONTIFICVM, A D. PETRO, VSQVE AD CLEMENtem IIX. Effigies, quam accuratissime ad vivum expressae, ob oculos ponuntur: sed etiam, SINGVLORVM VITAE, NOMINA, parentes, familia, natales, patria, insignia, Symbola, dignitates & officia, resquè gestae: Annus item, Mensis ac Dies Creationis, Inaugurationis, administrati Pontificatus, Obitus & Sedis vacantis …,Frankfurt a. M., Joachim Brathering, 1602
  • Megiser, Hieronymus -Specimen quinquaginta diversarum atque inter se differentium linguarum et dialectorum; videlicet, oratio dominica. Frankfurt: Joachim Brathering, 1603 (Texte in 50 Sprachen)
  • Megiser, Hieronymus - Thesaurus Polyglottus.Frankfurt 1603
  • Megiser, Hieronymus - Delitiae Neapolitanae - Das ist Außführliche Beschreibung des mechtigen und inn Europa hoch unnd weit berühmbten Königreichs […] Neapel, Leipzig (1605).
  • Megiser, Hieronymus: Tabulae Genealogicae, Quibus Illustrißimi Principis ac Domini D. Johannis Georgii, Ducis Saxoniae (Digitalisat), Gerae ad Elistrum: Spiessius, 1607
  • Megiser Hieronymus ed. Übersetzung von Marco Polos Reisebericht, 1609
  • Megiser, Hieronymus - Warhafftige […] Beschreibung der […] Insul Madagascar. Altenburg 1609
  • Megiser, Hieronymus - Paradisus Deliciarum; das ist Eigentliche und wahrhafftige Beschreibung Der wunderbaren / mechtigen und in aller Welt hochberümbten Stadt Venedig... Leipzig 1610. auszugsweiser Nachdruck Bad Köstritz 1993
  • Megiser, Hieronymus - LANDS HANDVEST DES LOEBLICHEN ERTZHERTZOGTHUMBS KHAERNDTEN. DARINNEN KAYSERLICHE, KOENIGLICHE VND LANDS FUERSTLICHE FREYHAITEN, STATUTA, LANDS-GEBRAEUCH UND ANDER SATZ- UND ORDNUNGEN, NACH LAENGS BEGRIFFEN. [LEIPZIG] [A. LAMBERG] 1610 Digitalisat UB Heidelberg
  • Megiser, Hieronymus ed.[14] Christalnick, Michael Gothard: Annales Carinthiae, Das ist, Chronica Des Löblichen Ertzhertzogthumbs Khärndten: Darinn außführlich, beschrieben ist, was sich in demselben Edlen Land Khärndten für namhaffte Historien vnd Geschichten begeben[15][16], Leipzig (Lamberg) 1610 - 1612, das erste gedruckte Werk über die Geschichte Kärntens; Klagenfurt 1981: Nachdruck der Ausgabe von 1612, Verlag Johannes Heyn; ISBN 3-85366-368-0 und ISBN 3-85366-369-9)
Dictionarium quatuor linguarum (Erstausgabe 1592)
  • Megiser Hieronymus und Joannes Melchior Maderus - Institutionum linguae turcicae, Leipzig 1612
  • Megiser, Hieronymus - Septentrio Novantiquus, Oder Die newe NortWelt. Das ist: Gründliche und warhaffte Beschreibung aller der mitternächtigen und Nortwerts gelegenen Landen und Insulen. Leipzig (1613)
  • Megiser Hieronymus - Iconographia Caesarum: oder summarische Keyser Chronicken Auszug. . . aller Romischen Keyser von V. Julio Casare an biss auff den jetz regierenden Herrn Matthiam. Regensburg 1616
  • Megiser Hieronymus ed. Jansen des Enenkels Fürstenbuch von Oesterreich und Steiermark, Linz 1618
  • Megiser Hieronymus - Rom.Imperat. vitae, das ist Denckwürdige…Beschreibungen aller römischen Kayser vom ersten Julio Caesare biss…Ferdinandum III., Regensperg [sic!] 1657

Literatur

  • Hubert Bergmann: Beobachtungen zu Megisers „Dictionarium quatuor linguarum“ von 1592 bzw. 1744 aus Sicht der bairischen Dialektlexikografie. In: Hubert Bergmann, Manfred Michael Glauninger, Eveline Wandl-Vogt, Stefan Winterstein (Hrsg.): Fokus Dialekt. Analysieren, dokumentieren, kommunizieren. Festschrift für Ingeborg Geyer zum 60. Geburtstag (= Germanistische Linguistik. Bd. 199/201). Olms, Hildesheim u. a. 2010, ISBN 978-3-487-14323-1, S. 79–94.
  • Friederike Boockmann: Megiser, Hieronymus. In: Neue Deutsche Biographie (NDB). Band 16, Duncker & Humblot, Berlin 1990, S. 619 f. (Onlinefassung).
  • Max Doblinger: Hieronymus Megisers Leben und Werke. In: Mitteilungen des Instituts für Österreichische Geschichtsforschung. Bd. 26, 1905, ISSN 0073-8484, S. 431–478
  • Ludwig Theodor ElzeMegiser, Hieronymus. In: Allgemeine Deutsche Biographie (ADB). Band 21, Duncker & Humblot, Leipzig 1885, S. 183–185.
  • Anton Kreuzer: Zweimal Kärnten. Eigenverlag, Klagenfurt 1970, S. 24–27.
  • Josef Pauser, Martin Scheutz, Thomas Winkelbauer (Hrsg.): Quellenkunde der Habsburgermonarchie. (16.–18. Jahrhundert). Ein exemplarisches Handbuch (= Mitteilungen des Instituts für Österreichische Geschichtsforschung. Ergänzungsband 44). Oldenbourg, Wien/ München 2004, ISBN 3-7029-0477-8.
  • Oskar Sakrausky: Protestantische Sprachschöpfung bei den Slowenen im 16. Jahrhundert: Einführung zur lateinischen Vorrede der Grammatik des Adam Bohorič und den lateinischen Disticha des Wörterbuches in vier Sprachen von Hieronimus Megiser. In: Jahrbuch für die Geschichte des Protestantismus in Österreich 114 (1998), ISSN 1013-6991, S. 5–24.
  • Heidi Stein: Der türkische Transkriptionstext des Hieronymus Megiser. Ein Beitrag zur Sprachgeschichte des Osmanisch-Türkischen. Phil. Diss. Leipzig 1975, (Masch. Ms.).
  • Ingeborg Stein: Der Autor - Das Werk - Der Anlaß - Die Ausgabe. Beilage zum auszugsweisen Nachdruck von Hieronymus Megiser Paradisus Deliciarum. Hrsg. von der Forschungs- und Gedenkstätte Heinrich-Schütz-Haus Bad Köstritz 1993
  • Arno Strohmeyer, „Vom Licht des Krieges zur Geburt der Geschichte“. Die Geschichtskultur der österreichischen Stände im Werden der Habsburgermonarchie (1550–1650). In: Österreichische Akademie der Wissenschaften. Anzeiger der Philosophisch-Historischen Klasse. Jg. 137, 2002, ISSN 0378-8652, S. 147–165.
  • Arno Strohmeyer: „Höfische“ und „ständische“ Geschichtsschreibung als historiographiegeschichtliche Kategorien: Die Erbländer im 16. und 17. Jahrhundert. In: Österreich in Geschichte und Literatur. Jg. 46, 2002, ISSN 0029-8743, S. 202–218.

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Die Angaben über Geburts- und Sterbejahre variieren. Während ADB als Geburtsjahr „um 1553“ und als Sterbejahr wie die meisten anderen Quellen 1618 angibt, findet sich in den Mitteilungen des Instituts für Österr. Geschichtsforschung, Bd. 44, 2004, S. 886, die Angabe „um 1554/55–1619“,. (PDF)
  2. Walter Höflehner, Wissenschaftsgeschichte: Hieronymus Megiser
  3. Theodor Elze: Megiser, Hieronymus. In: Allgemeine Deutsche Biographie (ADB). Band 21, Duncker & Humblot, Leipzig 1885, S. 183–185.
  4. Dieter Jandl,Klagenfurt. Von der Siedlung an der Furt zur Wissensstadt, Historischer Überblick, Klagenfurt 2006, S 22,
  5. Arno Strohmeyer, Vom Licht des Krieges zur Geburt der Geschichte“. Die Geschichtskultur der österreichischen Stände im Werden der Habsburgermonarchie (1550–1650). In: Anzeiger der Österreichischen Akademie der Wissenschaften, philosophisch-historische Klasse 137, Wien 2002, S 165.
  6. Megiser's Search Engine 1744: „The Megiser dictionaries from 1592 and 1744 offer corresponding items from four different languages from three different branches of Indo-European:Teutsch-Lateinisch-Windisch-Wälisch, i.e. German-Latin-Slovenian-Italian“
  7. Dieter Jandl, a.a.O. S 20
  8. Eintrag über Christalnick, Michael Gotthard im: Austria-Forum, dem österreichischen Wissensnetz - online  (auf AEIOU)
  9. Wilhelm Neumann, Zeittafel zur Geschichte Kärntens In: Das ist Kärnten, hg. Amt der Kärntner Landesregierung, 2. Aufl., Klagenfurt 1978, S 13
  10. Wilhelm Neumann, 600 Jahre Geschichtsschreibung. Von Johann von Viktring bis Martin Wutte.In: Das ist Kärnten, hg. Kärntner Landesregierung, 2. Aufl. S 90 f, Klagenfurt 1978
  11. Höflehner, a.a.O.
  12. Bild der Herzogeinsetzung
  13. Wilhelm Neumann, Zeittafel, a.a.O. S 13
  14. Dieter Jandl,a.a.O.
  15. Der ursprüngliche Titel lautet: „Historia Carinthiaca. Das ist Weitläufftige und ordentliche Beschreibunge der Historien des hochloblichen und Uralten Ertzherzogthumbs Kärndten […] publiciert und am tag gegeben im 1578. Jar.“ Das nur zum Teil erhaltene Manuskript Christalnicks (vorhanden sind die Vorrede und die ersten vier Bücher, die bis in die Römerzeit reichen) umfasst 188 Folien und befindet sich im Augustiner-Chorherrenstift St. Florian, Stiftsbibliothek,Hs. XI, 523.
  16. Annales Carinthiae, Gedruckt in Leipzig durch Abraham Lamberg. MDCXII, geht aber mitunter auch über Kärntens Landesgrenzen hinaus bis ins Gottscheer Land in Krain, etwa S 5:
    „Ebner massen findet man auch bey den glaubwürdigen Authoribus, daß die fürnembsten Völker aus den Schwaben, Sennones genannt, in dieser gegne vnd Landsart gewohnt haben: Dann sie zum ersten in Liburnia, bey dem winckel des Adriatischen Meers niedergesessen, nemlich neben Histerreich (Istrien), Dalmatien vnd Friaul. Wir nennen dise Ort im Lande den Pyrpamer (Birnbaumer) Wald, Karsch, Wippach, Gottschee vnd die Windische March. Strabo vnd Plinius nenen diese Schwaben Cenomanos vnd seind jhre vberbliebne Nachkommen noch heutigs Tags zu Gottschee vnd daselbst herumb, welche Einwohner mitten vnder den Windischen sich der Teutschen Sprach gebrauchen vnd ain Schwäbische Aussprach haben.“
Dieser Artikel basiert ursprünglich auf dem Artikel Hieronymus Megiser aus der freien Enzyklopädie Wikipedia und steht unter der Doppellizenz GNU-Lizenz für freie Dokumentation und Creative Commons CC-BY-SA 3.0 Unported. In der Wikipedia ist eine Liste der ursprünglichen Wikipedia-Autoren verfügbar.