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Irrenanstalt Chełm

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Die Irrenanstalt Chełm war eine frei erfundene psychiatrische Anstalt in der Stadt Chełm bei Lublin im Generalgouvernement zur Verschleierung des Schicksals der jüdischen geistig Behinderten, die im Rahmen der T4-Aktion in geschlossenen Transporten ab Sommer 1940 in den T4-Tötungsanstalten ermordet wurden. Unter dieser Bezeichnung wurden der Reichsvereinigung der Juden Betreuungskosten in Rechnung gestellt, fiktive Sterbeurkunden versandt und Anfragen von Angehörigen beantwortet.

Hintergrund

Aufgrund einer Anordnung des Reichsinnenministeriums vom 30. August 1940 waren jüdische geistig Behinderte im Reich an zentrale Sammelanstalten (Gießen, Egelfing-Haar, Heppenheim, Andernach, Düsseldorf-Grafenberg, Hamburg-Langenhorn, Berlin-Buch, Am Steinhof in Wien und Wunstorf) zu verlegen. Von dort aus wurden sie in geschlossenen Transporten der Gemeinnützigen Krankentransportgesellschaft (kurz: GekraT) zu den T4-Tötungsanstalten gebracht und dort ermordet. Für sie war es doppelt verhängnisvoll, Jude und Behinderter zu sein.[1]

Verschleierung und Bereicherung

Nachdem die beteiligten Institutionen auf Rückfragen von Angehörigen und der Reichsvereinigung der Juden in Deutschland zunächst keine befriedigende Auskunft über den Verbleib der verlegten Patienten erteilen konnten, wurde von der GekraT in Anlehnung an die 1939 erfolgten Judendeportationen nach Nisko und die im Februar 1940 erfolgte Deportation der Stettiner Juden nach Lublin vorgetäuscht, die Patienten seien ebenfalls in den Osten, und zwar in die Irrenanstalt Chełm bei Lublin im Generalgouvernement verlegt worden, obwohl die dortige Anstalt für psychiatrische Kranke bereits am 12. Januar 1940 von der SS leergemordet und danach als Kaserne verwendet wurde.

Aus der T4-Zentrale wurden per Kurierdienst Sterbeurkunden und Trauerbekundungen mit gefälschten Angaben zu Todesursache, Todeszeitpunkt und Todesort sowie weitere Schreiben mit Absendeort Lublin versandt. Durch Rechnungen für die Versorgung bereits ermordeter Patienten bereicherte sich die T4-Zentrale zu Lasten der Reichsvereinigung der Juden um 350.000 Reichsmark.

Die Schreiben enthielten im Briefkopf die Angabe „Irrenanstalt Chełm“, „Irrenanstalt Cholm“ (ukrainische Ortsbezeichnung) oder „Ortspolizeibehörde Chełm II“ mit der Anschrift Postfach 822, Post Lublin. Nach dem Krieg behaupteten Viktor Brack und andere T4-Funktionäre bei ihren Prozessen, die jüdischen geistig Behinderten wären ins Generalgouvernement verlegt worden. Auch Nachkriegshistoriker verwendeten die Darstellung aufgrund der gefälschten Urkunden.[2]

Literatur

  • Henry Friedländer: The origins of Nazi genocide: from euthanasia to the final solution, 1995, ISBN 0-8078-2208-6, S. 276 ff.
  • Wolfgang Neugebauer: Juden als Opfer der NS-Euthanasie in Wien 1940-1945, erschienen in Zur Geschichte der NS-Euthanasie in Wien, 2002, Hrsg. Eberhard Gabriel, Wolfgang Neugebauer, ISBN 3-205-99325-X, S. 101 f.
  • Rael Strous: Extermination of the Jewish Mentally-Ill during the Nazi Era – The „Doubly Cursed“, 2008, Isr J Psychiatry Relat Sci Vol 45 No 4, S. 247-256.

Weblinks

Einzelnachweis

  1. Rael Strous: Extermination of the Jewish Mentally-Ill during the Nazi Era – The „Doubly Cursed“, 2008, S. 250
  2. Henry Friedländer: The origins of Nazi genocide: from euthanasia to the final solution, 1995, ISBN 0-8078-2208-6, S. 276 ff.
Dieser Artikel basiert ursprünglich auf dem Artikel Irrenanstalt Chełm aus der freien Enzyklopädie Wikipedia und steht unter der Doppellizenz GNU-Lizenz für freie Dokumentation und Creative Commons CC-BY-SA 3.0 Unported. In der Wikipedia ist eine Liste der ursprünglichen Wikipedia-Autoren verfügbar.