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Jesus von Nazaret

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Jesus (hebräisch Jehoschua, "Gotthilf"), dessen Leben das Gottesbild der Menschheit und den Lauf der Weltgeschichte grundlegend verändert hat, wurde vermutlich im Todesjahr Herodes´ des Grossen (4 v. d. Z.) geboren. Seine klassische Gestalt erhielt das Christentum jedoch erst nach dem Tod des Religionsstifters, und zwar durch einen weiteren Juden, Paulus von Tarsus, der als erster das Evangelium auch den „Heiden“ predigte.

Jesus wurde in eine Zeit des militanten Messianismus unter den Juden hineingeboren. Es war eine Periode, da man das „Jüngste Gericht“ täglich erwartete und jenen Spross Davids herbeisehnte, der das geschundene Volk Israel befreien würde. In Judäa herrschte ständige Spannung und eine Stimmung latenten Aufruhrs gegen die Macht Roms. Unter diesen Umständen wurde alles, was eventuell zu einer Befreiung vom römischen Joch führen konnte, von vielen enthusiastisch begrüsst. Jesu Erfolg bei den Massen verdankte sich zum Teil seinem Ruf als Rebell gegen Rom – er selber aber distanzierte sich ausdrücklich von dieser Position (vgl. Matthäus 22,21).

Jesus war ein aussergewöhnlich fähiger Lehrer, der möglicherweise aus der Schule des Hillel hervorgegangen war. Nach Herodes´ Tod gab es Thronstreitigkeiten, und schliesslich wurde sein Reich mit Zustimmung des Kaisers Augustus unter den drei Söhnen des Herodes aufgeteilt:

Nach kurzer, aber blutiger Regierung wurde Archelaus im Jahre 6 n. Chr. von Augustus abgesetzt und Judäa unter direkte römische Verwaltung gestellt. Als eine der kleineren Provinzen wurde es von einem Prokurator regiert, der seinerseits dem Statthalter von Syrien unterstand.

Es gibt erhebliche Zweifel daran, dass Jesus in Bethlehem geboren wurde.[1] Die Tradition, welche dieses Ereignis mit dem Ort der heutigen Geburtskapelle verbindet, ist schon sehr alt: Bereits im 2. Jhdt. liess Kaiser Hadrian, der Juden und Christen gleichermassen als notorische Unruhestifter fürchtete, an dieser Stelle einen Tempel errichten, der Venus und Adonis geweiht war. Manche Gelehrten glauben heute, dass Maria und Josef aus Bethlehem stammten und während der Unruhen nach dem Tod des Herodes nach Nazareth zogen. Es war Lukas, der die Dinge durcheinander brachte, als er einen zeitlichen Zusammenhang zwischen der „Schätzung“ unter dem Statthalter Quirinius im Jahr 6 und der Geburt Jesu herstellte.

Neben den kanonischen Evangelien gibt es noch weitere, sehr fragmentarische Erzählungen vom Leben Jesu. Die bekannteste davon ist das wahrscheinlich sehr frühe Thomas-Evangelium, das in Nag Hammadi in Oberägypten gefunden wurde. Ähnlich den Autoren der alttestamentarischen Texte stützen sich auch die Evangelisten auf Traditionen, die vielleicht nicht viel mehr als mündlich überlieferte Schnipsel von Erzählungen und Berichten über das Leben Jesu darstellen. Das Hauptaugenmerk der Verfasser galt den theologischen Inhalten, nicht so sehr den historischen Details. Was wir dennoch erfahren, ist Folgendes: Jesus wuchs in der kleinen Stadt Nazareth auf, die in einer Talsenke in den Bergen südwestlich des Sees Genezareth liegt. Er wurde von seinem Vetter Johannes im Jordan „getauft“, in einer Zeremonie, die an bei Juden übliche rituelle Waschungen erinnert, begann dann seine Lehrtätigkeit, sammelte Anhänger („Jünger“) um sich und zog grosse Volksmengen an, wenn er öffentlich predigte oder sich der Kranken annahm.

Als gläubiger Jude unternahm er im Alter von etwa 30 Jahren die vorgeschriebene Pilgerfahrt nach Jerusalem, um dort das höchste jüdische Fest, das Pesachfest, zu feiern. Während dieses Aufenthalts wurde er festgenommen, verurteilt und hingerichtet. Aus den Berichten der Evangelien wissen wir, dass Jesus bei seinen öffentlichen Auftritten immer wieder das Ende der damaligen Epoche verkündete und ein neues Reich Gottes verhiess. In gewisser Weise ist er mit dieser Vision durchaus als Vertreter der jüdischen messianisch-apokalyptischen Bewegung anzusehen, die damals im Schwange war und auch in den Schriftrollen vom Toten Meer ihren Niederschlag gefunden hat. Die zwölf Apostel sollten die Stämme Israels, die über die ganze Welt verstreut waren, einen und führen. Es bedurfte der Hilfe Gottes, um die Stämme in ihrem eigenen Land wiederzuvereinen und ein Reich mit einem messianischen König aus dem Hause Davids an der Spitze zu errichten. Den Nachweis, dass Jesus von David abstammt, erbringt Matthäus gleich am Anfang seines Evangeliums in Form eines detaillierten Stammbaums.

Der Anspruch Jesu, er sei der „Gesalbte des Herrn“ (christliche Bezeichnung: Jesus Christus), der Messias also, bedeutete eine ernste Gefahr für die damals Herrschenden, gleichgültig ob Juden oder Römer. Die Stimmung in Judaä war hochexplosiv – und sie machte sich denn in den hundert Jahren nach Jesu Tod auch wirklich in zwei Aufständen Luft. Für die Römer war das Land eine wichtige Bastion gegen die von Osten andrängenden Barbaren, und so duldeten sie keine inneren Unruhen, schon gar nicht, wenn sie von einem Mann angestiftet wurden, der von einer der bedeutendsten geistlichen und politischen Führergestalten in der Geschichte des Landes abzustammen behauptete. Eine messianische Gestalt wie Jesus war allerdings auch für die jüdischen Führungsschichten eine Bedrohung. Er war ein Mann des einfachen Volkes und ein Liberaler zu einer Zeit, da die jüdische Religion alles und jedes durch Gesetzesvorschriften zu regeln suchte. Die Lehre Jesu fragte aber immer nach dem tieferen Sinn und dem Geist der Gebote, allein das war revolutionär.

Quellen

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