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Josef von Wertheimer
Josef Ritter von Wertheimer (auch Joseph, geboren am 17. März 1800 in Wien;[1] gestorben 16. März 1887 ebenda) war ein österreichischer Philanthrop, Autor und Vorkämpfer der Judenemanzipation in Österreich.
Leben und Wirken
Wertheimer war der zweite Präsident der Wiener Israelitischen Kultusgemeinde. Er entstammte einer alten und sehr angesehenen Familie. Sein Vater Salomon Josef war ein Freund des Aufklärers Joseph von Sonnenfels, seine Mutter Mirjam (Marianne), verwitwete Itzig, unter anderem verschwägert mit den Wiener Salonnières Fanny von Arnstein und Cäcilie von Eskeles, der Gattin des Bankiers Bernhard von Eskeles.[2] Schon um 1825 hatte sich Wertheimer mit aus England kommenden Methoden der Kleinkindererziehung beschäftigt und dazu einige Schriften verfasst. Am 4. Mai 1830 gründete er zusammen mit dem katholischen Pfarrer Johann Lindner in Wien, anlässlich der Feier des Geburtstages von Kaiser Franz I., die erste Einrichtung für Kinder in noch nicht schulpflichtigem Alter:
- Was veranlasste Josef Wertheimer zu diesem Schritt? Ungeachtet dessen, dass er von Samuel Wilderspin, dem Leiter der 'Zentral-Kleinkinderschule' in London, beeinflusst war, stellte er fest, dass in den Armenvierteln in Wien doppelt so viele Kleinkinder starben, verunglückten, verkrüppelt oder krank waren, als in den wohlhabenden Stadtteilen. Der jüdische Kaufmann verglich die Totenlisten von 1824 und 1826, daraus resultiert u. a. seine Forderung, für die Kinder der Armen Institutionen zu schaffen, in denen sie vor Vernachlässigung des Geistes bewahrt, des körperlichen Wohlbefindens und der Sittlichkeit gefördert werden.[3]
Ferner rief er 1843, ebenfalls in Wien, die erste Israelitische Kinderbewahranstalt ins Leben. 1860 wurde Wertheimer aufgrund seiner philanthropischen Aktivitäten und seiner Verdienste um die österreichische Wirtschaft zum Ritter des Franz-Joseph-Ordens ernannt.[4] Im Jahre 1868 gehörte er zu den Mitbegründern der ersten österreichischen Privat-Bildungsanstalt für Kindergärtnerinnen, Wien Leopoldstadt, Schiffamtsgasse 15, die sich eines regen Zuspruchs erfreute, „darunter Schülerinnen aus Bayern, Württemberg und Russland.“[5]
Wertheimer gründete im Jahr 1872 nach dem Vorbild der Alliance Israélite Universelle die Israelitische Allianz in Wien, eine jüdische Kultur- und Hilfsorganisation, die sich für verfolgte Juden besonders in Osteuropa und auf dem Balkan einsetzte, dem damaligen Einfluss- und Einzugsgebiet Österreich-Ungarns.[6]
Sein Ehrengrab befindet sich im alten israelitischen Teil des Wiener Zentralfriedhofes, Tor 1, Gruppe 6, Reihe 1, Nr. 3. In diesem Grab ruht auch seine Gattin Henriette von Wertheimer (geb. Ullmann). Sie führte gemeinsam mit ihrem Mann einen bekannten Wiener Salon, in dem unter anderem Eduard von Bauernfeld, Franz Grillparzer, Ludwig August Frankl und Ernst von Feuchtersleben verkehrten.
Werke
- Wilderspin, S.: Ueber die frühzeitige Erziehung der Kinder und die englischen Klein-Kinder-Schulen, oder Bemerkungen über die Wichtigkeit, die kleinen Kinder der Armen von anderthalb bis sieben Jahren zu erziehen … Übersetzt von J. Wertheimer. Wien 1826 Digitalisat
- Die Juden in Oesterreich. Vom Standpunkte der Geschichte, des Rechts und des Staatsvortheils. In drei Büchern. Mayer & Wigand, Leipzig 1842; Digitalisat Bd. 1
Literatur
- Constantin von Wurzbach: Wertheimer, Joseph Ritter von. In: Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich. Band 55. Verlag L. C. Zamarski, Wien 1887, S. 124–130.
- Manfred Berger: Von der Kleinkinder-Bewahranstalt zum Kindergarten als Bildungsinstitution. Ausgewählte Aspekte zur Entwicklung des Kindergartens in Österreich, in: Unsere Kinder. Sonderausgabe Herbst 2004, Tagungsdokumentation: Kindergarten Gestern – Heute – Morgen, Linz 2004, S. 1–6.
- Gerson Wolf: Joseph Wertheimer. Ein Lebens- und Zeitbild. Beiträge zur Geschichte der Juden Oesterreich's in neuester Zeit. Mit Benützung archivalischer Quellen. Herzfeld & Bauer, Wien 1868. Vorschau in der Google Buchsuche
- Salomon Wininger: Große Jüdische National-Biographie. Band VI, S. 266–267.
- Ben Asai: Das Vermächtnis eines ehemaligen Präsidenten der Wiener israel. Kultusgemeinde (Teil 1). In: Wiener Jüdische Volksstimme, 1. August 1912, S. 1 f. (Online bei ANNO) .
- Ben Asai: Das Vermächtnis eines ehemaligen Präsidenten der Wiener israel. Kultusgemeinde (Teil 2 und Schluss). In: Wiener Jüdische Volksstimme, 8. August 1912, S. 2 f. (Online bei ANNO) .
- Björn Siegel: Österreichisches Judentum zwischen Ost und West. Die Israelitische Allianz zu Wien 1873–1938. Campus Verlag, Frankfurt am Main 2010
(bearbeitet erneut veröffentlicht als: Die Israelitische Allianz zu Wien 1873–1938. In: Europäische Traditionen. Enzyklopädie jüdischer Kulturen. Metzler’sche Verlagsbuchhandlung, Stuttgart 2012).
Weblinks
- Isidore Singer, Siegmund Salfeld: WERTHEIMER, JOSEPH, RITTER VON in der Jewish Encyclopedia 1901–1906 (englisch)
Einzelnachweise
- ↑ Gerson Wolf: Joseph Wertheimer. Wien 1868, S. 23.
- ↑ Gerson Wolf: Joseph Wertheimer. Wien 1868, S. 24–26.
- ↑ Berger 2004, S. 3
- ↑ Michaela Feurstein, Gerhard Milchram: Jüdisches Wien: Stadtspaziergänge. Böhlau, Wien/Köln/Weimar 2001, ISBN 3-205-99094-3, S. 111.
- ↑ Kindergarten 1900, S. 17
- ↑ Gotthard Deutsch, Armand Kaminka: Israelitische Allianz zu Wien in der Jewish Encyclopedia 1901–1906 (englisch)
Siehe auch
Leopold Edler von Wertheimstein | Josef Ritter von Wertheimer | Jonas Freiherr von Königswarter | Ignaz Kuranda | Moritz Ritter von Borkenau | Arminio Cohn | Wilhelm Ritter von Gutmann | Gustav Simon | Heinrich Klinger | Alfred Stern | Alois Pick | Desider Friedmann | David Brill | Kurt Heitler | David Shapira | Emil Maurer | Ernst Feldsberg | Anton Pick | Ivan Hacker | Paul Grosz | Ariel Muzicant | Oskar Deutsch
Personendaten | |
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NAME | Wertheimer, Josef von |
KURZBESCHREIBUNG | österreichischer Philanthrop, Humorist, Autor und Vorkämpfer der Judenemanzipation in Österreich |
GEBURTSDATUM | 17. März 1800 |
GEBURTSORT | Wien |
STERBEDATUM | 16. März 1887 |
STERBEORT | Wien |
Dieser Artikel basiert ursprünglich auf dem Artikel Josef von Wertheimer aus der freien Enzyklopädie Wikipedia und steht unter der Doppellizenz GNU-Lizenz für freie Dokumentation und Creative Commons CC-BY-SA 3.0 Unported. In der Wikipedia ist eine Liste der ursprünglichen Wikipedia-Autoren verfügbar. |