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Kleptomanie
Klassifikation nach ICD-10 | ||
---|---|---|
F63.2 | Pathologisches Stehlen (Kleptomanie) | |
ICD-10 online (WHO-Version 2013) |
Kleptomanie (altgr. κλέπτειν kléptein ‚stehlen‘ und μανία maníā ‚Raserei‘, ‚Wut‘, ‚Wahnsinn‘) bedeutet wörtlich übersetzt „Monomanie des Diebstahls“. Der Begriff stammt aus dem frühen 19. Jahrhundert und wird in der Psychiatrie inzwischen nahezu einhellig abgelehnt.
Deutsche Umschreibungen des Begriffes
- „zwanghaftes Stehlen“
- „triebhaftes Stehlen“
- „süchtig nach dem Stehlen“
- „neurotisches Stehlen“
- „pathologisches Stehlen“
- „psychopathischer Stehltrieb“
- „Stehlsucht“
- „Stehltrieb“
- „Diebstahlsleidenschaft“
- „Stehlen ohne Bereicherungstendenz“
- „Diebstähle ohne wesentliche Bereicherungstendenz“
Der Begriff entstammt der Monomanielehre der französischen Psychiater Jean-Étienne Esquirol und Charles Chretien Henry Marc. Marc prägte den Begriff, der so viel wie „Monomanie des Diebstahls“ bedeutet. Ein Vorläufer des Begriffs war der Begriff „Klopémanie“ des Genfer Arztes André Matthey. Matthey stellte diesen Begriff 1816 in im Rahmen seiner Lehre von der „Pathomanie“ vor (die von Esquirol zur Monomanielehre umformuliert wurde).
Die forensische Psychiatrie fordert bei der Beurteilung der Schuldfähigkeit im Zusammenhang mit einem Diebstahl den expliziten Nachweis bekannter psychischer Störungen. Die im „Kleptomanie“-Konzept enthaltenen Merkmale sind i. d. R. soziologischer Natur (Vermögenslage des Diebes in Relation zum Wert des Diebesgutes) und keine Merkmale der Psychopathologie.
Übernahme des Begriffs in die Internationale Klassifikation psychischer Störungen
Überreste der Monomanielehre finden sich noch in der ICD-10 im Kapitel F63 („Abnorme Gewohnheiten und Störungen der Impulskontrolle“), u. a. mit der Kategorien F63.2 „pathologisches Stehlen [Kleptomanie]“. Problematisch bleibt dabei, dass durch die Aufnahme des Begriffes „Kleptomanie“ in die ICD-10 oder das DSM-IV die Annahme nahegelegt wird, es handele sich bei Diebstählen mit den Merkmalen der „Kleptomanie“ um eine psychische Erkrankung, die sich vor Gericht schuldmindernd auswirkt (vgl. Diebstahl – Problematik um den Begriff „Kleptomanie“).
Symptome und Beschwerden
Pathologisches Stehlen liegt dann vor, wenn
- zwei oder mehr Diebstähle von einer Person durchgeführt werden, ohne dass ein Bereicherungswille für sich oder andere besteht.
- bei den Betroffenen ein intensiver Drang zum Stehlen vorliegt und diese ein Gefühl der Spannung vor dem Diebstahl haben und nach dessen Durchführung Erleichterung verspüren.
- die Betroffenen nach Abklingen des Spannungsgefühls zunächst ein schlechtes Gewissen haben, aber dennoch weiter stehlen.
Chronisches Leiden ist oft nur mit professioneller Hilfe zu überwinden.
Ursachen
Beweggründe für die Kleptomanie sind vielfältig und in Fachkreisen umstritten. Es ist bislang unklar, ob Kleptomanie Zwang oder Sucht darstellt.
Einige Psychoanalytiker sind der Meinung, dass das Stehlen eine Art Ersatzbefriedigung für unterdrückte Wünsche darstellt. Weiterhin wird angenommen, dass die gestohlenen Objekte nur einen symbolischen Wert besitzen und auf bestimmte verdrängte Bewusstseinsbereiche hinweisen.
Andere Lehrmeinungen besagen, dass die Kleptomanie eine versteckte Form des Widerstands gegen die Gesellschaft sei, oder gehen von erregenden Gefühlen beim Stehlen als Motiv aus, da das Stehlen beim Kleptomanen Hormone freisetzt, die ihm ein Glücksgefühl bereiten. Um immer wieder einen „Kick“ zu bekommen, stiehlt der Kleptomane mit der Zeit immer wertvollere und schwerer zu erlangende Dinge.
Folgen und Komplikationen
Kleptomanen machen sich durch ihr Verhalten strafbar. Das Diebesgut wird nach der Tat versteckt oder vernichtet. Das Stehlen bereitet dem Kleptomanen ein schlechtes Gewissen.
Behandlung
Die Behandlung der Kleptomanie erfolgt psychoanalytisch oder verhaltenstherapeutisch.
Siehe auch
Literatur
- Karl Birnbaum: Die psychopathischen Verbrecher. Thieme, Leipzig 1926.
- Horst Dilling u. a. (Hrsg.): Internationale Klassifikation psychischer Störungen. ICD-10, Kapitel V (F); klinisch-diagnostische Leitlinien. Huber, Bern 2006, ISBN 3-456-84286-4
- Jean-Étienne Esquirol: Allgemeine und specielle Pathologie und Therapie der Seelenstörungen. Hartmann, Leipzig 1827.
- Jean-Étienne Esquirol: Die Geisteskrankheiten in Beziehung zur Medizin und Staatsarzneikunde. Voß, Berlin 1838 (2 Bde.)
- Werner Janzarik: Themen und Tendenzen in der deutschsprachigen Psychiatrie. Springer, Berlin 1974.
- Charles Chretien Henry Marc: Die Geisteskrankheiten in Beziehung zur Rechtspflege Voß, Berlin 1843/1844 (2 Bde.)
- André Matthey: Nouvelles recherches sur les maladies de l’esprit précédées considérations sur les difficulté de l’art de guérir. Paschoud, Paris, 1816.
- Tobias Müller: Störungen der Impulskontrolle – Alter Wein in neuen Schläuchen? In: Rolf Baer u. a. (Hrsg.): Wege psychiatrischer Forschung. Perimed, Erlangen 1991, ISBN 3-88429-390-7
- Christoph Mundt: Kleptomanie. In: Christian Müller: Lexikon der Psychiatrie. Springer, Berlin 1986, ISBN 3-437-22900-1
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