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Krähruf
Datei:KrährufBergischerKräher.ogg
Der Krähruf („Hahneschrei“) ist der Balzruf der Hähne, welcher beim domestizierten Huhn vom Balzverhalten unabhängig ist.
Biomechanik
Bei den Vögeln wird das Stimmgeräusch gebildet im Stimmkopf (Syrinx), ein aus Muskeln und Knorpel aufgebautes Organ, welches bei den Hühnern im Übergangsbereich zwischen distaler Trachea und den Hauptbronchien sitzt. Verstärkt werden die Laute durch bewegliche Teile in der Wandung beim Anfang der Bronchi, die sog. membranae semilunares oder tympaniformes, welche als Resonanzkörper fungieren. Im Vergleich zu Singvögeln ist das Muskelapparat des Stimmkopfes beim Huhn einfach aufgebaut, sodass die Feinmodulation der Laute relativ eingeschränkt ist.[1] Dauer und Volumen der Stimmgeräusche werden bestimmt durch das Größe und Füllung der Lungen sowie durch die Kraft der Hals-, Brust- und Bauchmuskulatur (ein muskuläres Zwerchfell ist bei Vögeln nicht vorhanden).[2] Der im Stimmkopf aufgebaute Druck muss für die Lautbildung den Druck in den infraklavikulären Luftsäcken angleichen und kann wechseln zwischen 6 und 50 mm Hg.[3]
Endokrine Steuerung
Das Krähen ist eine Lautäußerung, welche fast ausschließlich bei Hähnen gehört wird. Da allerdings auch Hennen zu Krähen in der Lage sind, liegt es nahe, dass Krähen hormonell gesteuert wird. Dies wurde in einem der ersten und historisch wertvollsten endokrinologischen Experimenten im Jahre 1848 durch Arnold Adolf Berthold bewiesen, als er einem Hahn zunächst die Hoden entnahm und sie später neueinpflanzte. Nach der Kastration stellte der Hahn sofort das Krähen ein und fing hiermit nach der Hodenreimplantation erneut an.[4] Das Krähen bei der Henne wurde von Aristoteles erstbeschrieben, allerdings situationsbedingt im Rahmen von Siegerverhalten.[5] Hormonelle Einflüsse können allerdings zu einer andauernden Krähneigung der Henne führen, sei es krankhaft im Sinne einer Eierstockerkrankung, sei es durch Atrophie der Eierstöcke beim Altern.[6]
Kräheigenschaften der Kammhühner
Die vier Arten der Kammhühner, unter denen das Bankivahuhn (Gallus gallus) als Vorfahre der Haushühner gilt, haben unterschiedliche Krährufe. Die Unterschiede bestehen in der Zahl der Silben, der Dauer, der Akzentuierung, Lautstruktur und Tonhöhe sowie in den Intervallen zwischen den Silben. Das Gabelschwanzhuhn kräht relativ hoch und mit zwei Silben. Das Lafayettehuhn hat einen Krähruf mit drei Silben und einem langen Intervall zwischen erster und zweiter Silbe. Sonnerat- und Bankivahuhn krähen mit vier Silben, wobei die erste Art die zweite Silbe betont und das Bankivahuhn die dritte.[7][8] Die Tatsache, dass der Krähruf des domestizierten Huhns ebenfalls viersilbig ist und grundsätzlich dem Ruf des Bankivahuhns entspricht, unterstützt Darwins monophyletische Theorie über die Abstammung des Haushuhns.[9][10]
Funktion des Krähens beim Haushuhn
Durch die Domestizierung des Haushuhns hat das Krähen seine Rolle als Balzruf verloren. Vermutet wird, dass während des Domestizierungsprozesses eine unbewusste Selektion der häufig krähenden Hähne stattgefunden hat. Jedenfalls ist die Interpretation der Funktion des Krähens schwierig. Weder spielt der Ruf eine eindeutige Rolle im Kennzeichnen des Territoriums noch ist die Rolle im Sozialverhalten der Geschlechter klar.[11]
Krährufdauer und Langkräher
Die Dauer des Krährufes ist beim Haushuhn vergleichbar mit der des Bankivahuhns und liegt durchschnittlich bei etwa 1,6 Sekunden.[12] Verschiedene Hühnerrassen haben sich durch die verlängerte Dauer des Hähnekrähens zu Langkrähern entwickelt. Bei diesen hat meist über Jahrhunderte eine Auswahl der längstkrähenden Hähne stattgefunden, häufig im Rahmen von Wettkrähen. Die Vererbung des verlängerten Krährufes folgt nicht den Mendel’schen Gesetzen und scheint auf eine Kombination mehrerer Gene zu beruhen.[13] Gemeinsame Merkmale der Langkräherrassen sind eine aufrechte Körperhaltung, lange Läufe und ein langer Hals,[14] welches durch die biomechanischen Voraussetzungen für dieses Krähen zu erklären ist.
Einzelnachweise
- ↑ Bernd Vollmerhaus: Lehrbuch der Anatomie der Haustiere, Band 5, Georg Thieme Verlag, Erlangen 2004, S. 166
- ↑ John Ludders: In: Dukes’ Physiology of Domestic Animals, John Wiley & Sons, New Jersey 2015, Kapitel 26
- ↑ W. B. Gross: Voice production in the chicken, Poultry science, Vol. 43, Nr. 4, S. 1005–1008, Oxford 1964
- ↑ Arnold Adolf Berthold: Transplantation der Hoden. In: Arch. f. Anat. u. Physiol. phys. Abt. Band 16. 1849, S. 42–46.
- ↑ Aristoteles: Historia animalium, Buch IX, Kapitel 49, Hrsg. David M. Balme, Cambridge 2002.
- ↑ Thomas R. Forbes: The Crowing Hen: Early Observations on Spontaneous Sex Reversal in Birds, Yale Journal of Biology and Medicine, New Haven CT 1947
- ↑ Nicholas und Elsie Collias: A Field Study of the Red Jungle Fowl in North-Central India, in: The Condor, Vol. 69, Nr. 4, S. 360–386
- ↑ Gail Damerow: Storey’s Guide to Raising Chickens, 3. Auflage, Storey Publishing, North Adams MA 2010
- ↑ Sawai, Hiromi, et al.: The origin and genetic variation of domestic chickens with special reference to junglefowls Gallus g. gallus and G. varius, PloS one 5.5 (2010): e10639.
- ↑ Charles R. Darwin: The variation of animals and plants under domestication, John Murray, London 1868.
- ↑ D. Wood-Gush: A History of the Domestic Chicken from Antiquity to the 19th Century, Poultry Science, Vol. 38, Nr. 2, Oxford 1959, S. 321–326.
- ↑ T. Kuwayama et al.: Crowing Characteristics of Jungle Fowls, Japanese Native Breeds and White Leghorn Breed of Chicken, Japanese Poultry Science, 3(2), 1996, pag. 89-96.
- ↑ Armin Six und Bettina Müller: Vererbung bei Hühnern und Wassergeflügel, Oertel + Spörer, Reutlingen 2007
- ↑ Gail Damerow: Storey’s Guide to Raising Chickens, 3. Auflage, Storey Publishing, North Adams MA 2010
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