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Kunstleder
Kunstleder ist ein Lederimitat, in der Regel ein Verbund aus einem textilen Grundträger (z. B. Gewebe) und einer Kunststoffdeckschicht (z. B. Polyvinylchlorid). Bei Geweben handelt es sich um Naturfaser-, Chemiefaser- oder Mischgewebe, die in vielen Fällen mit Weich-PVC beschichtet sind. Diese Beschichtung kann je nach Anwendung kompakt oder geschäumt ausgeführt werden. Häufig erhält die Oberfläche eine Narbenprägung, sodass sie auch in der Struktur dem Leder ähnelt.
Anwendungsbeispiele für Kunstleder sind Jacken, Gürtel, Schuhe, besonders Sportschuhe, Taschen, Bälle (z. B. Fußbälle), Faltdächer und Schaltsäcke (flexible Verkleidungen) für Automobile, Sitzbezüge oder auch Möbel wie Sofas und Sessel. Moderne Kunstleder sind statt mit PVC mit Polyurethan beschichtet. Um eine gewisse Weichheit der Beschichtung zu erhalten, die für den Griff erforderlich ist und dem Material entsprechende Fülle sowie Trage- und Sitzkomfort gibt, wird der Beschichtung eine Schaumstruktur verliehen. Dazu wird beispielsweise PVC mit chemischen Treibmitteln versetzt, die bei der thermischen Trocknung der Beschichtung Gasblasen erzeugen. Polyurethan erhält eine Schaumstruktur durch Koagulationsverfahren, chemische Treibmittel oder bei Dispersionen durch mechanisches Aufrühren.
In Produktbeschreibungen und in der Werbung wird Kunstleder oft mit dem synkretischen Begriff faux Leder (von faux, franz.: falsch) bezeichnet. Bei vielen Produkten (z. B. Polstermöbeln) wird vermehrt der Begriff Textilleder verwendet, der aber gegenüber Verbrauchern nach Ansicht mancher Gerichte nicht verwendet werden darf.[1][2]
Der Einsatz von Kunstleder an Stelle von Echtleder hat verschiedene Gründe. Kunstleder auf Basis PVC-Plastisol sind preislich recht günstig und sehr robust, Polyurethan-Kunstleder sind im Gegensatz zu Leder in der Waschmaschine waschbar und trocknen ohne Verhärtung ab. Daher werden letztere häufig für Sportschuhe verwendet. Da Kunstleder auf den textilen Trägermaterialien als Endlosmaterial anfällt, ist der Zuschnitt wesentlich einfacher als bei Leder. Die Qualität ist immer gleich und der Herstellungsprozess ist erheblich kürzer, da der aufwändige Gerbprozess entfällt. Darüber hinaus sind Kunstleder nicht an die Marktverfügbarkeit bestimmter Tierhäute gebunden.
Kunstlederbezeichnungen und -marken
- Biothane
- Clarino
- Lederol
- Napalonleder
- Skai
- Ein unter der Bezeichnung Viledon bekanntes Kunstleder wurde 1938 von Freudenberg auf den Markt gebracht.[3]
Ethische und ökologische Aspekte
Ethische Bedenken, die mit der Aufzucht und Tötung von Tieren zur Gewinnung von Leder verbunden sind, treten bei Kunstleder auf den ersten Blick nicht auf. Das PVC-haltige Kunstleder gerät jedoch nach seiner Nutzung zum Teil in die Weltmeere, wo es zusammen mit anderem Plastikmüll auf der Meeresoberfläche treibt und von Tieren, wie Fischen und Vögeln, gefressen wird.[4]
Hinsichtlich Klimaschutz gilt die Rinderhaltung als problematisch wegen der erzeugten Methanmengen und des Verbrauchs an Grünflächen. Dafür kann argumentiert werden, dass Echtleder ein nachwachsendes Natur-Produkt ist, während nach dem heutigen Stand der Technik Kunstleder, sofern nicht auf textilen Trägern wie Baumwolle aufgebaut, vollständig auf die Erdölchemie angewiesen ist, da Kunstharze, Lösemittel und Weichmacher (bei PVC-Plastisolen) verwendet werden. Es werden allerdings auch bei der Gerbung von Leder diverse Chemikalien und bei der anschließenden Beschichtung (Lederzurichtung) synthetische Harze wie Acrylate und Polyurethane eingesetzt. Die Frage, ob Leder oder Kunstleder nachhaltiger ist, ist daher schwierig zu entscheiden.
Siehe auch
Literatur
- Andreas Giessmann: Substrat- und Textilbeschichtung, Springer, Berlin, 2003. ISBN 3540434267
- Marc Van Parys: Coating Eurotex (engl.) Industriele Hogeschol Van Het, Belgium 1994
- Harro Träubel: New Materials permeable to Water Vapor (engl.), Springer Verlag Berlin Heidelberg New York 1999
- Ulrich Meier-Westhues: Polyurethane: Lacke, Kleb- und Dichtstoffe, Vincentz Network, Hanno ver, 2. Auflage 2007, ISBN 3-86630-896-5.
Weblinks
Einzelnachweise
- ↑ OLG Hamm · Urteil vom 8. März 2012 · Az. I-4 U 174/11. Openjur, 8. März 2012, abgerufen am 27. Dezember 2015.
- ↑ OLG Bamberg · Urteil vom 21. März 2012 · Az. 3 U 219/11. Openjur, 21. März 2012, abgerufen am 27. Dezember 2015.
- ↑ http://www.freudenberg.com/ecomaXL/index.php?site=FCO_EN_history_innovations_with_history
- ↑ www.wwf.de: Unsere Ozeane versinken im Plastikmuell. Abgerufen 8. August 2016
Dieser Artikel basiert ursprünglich auf dem Artikel Kunstleder aus der freien Enzyklopädie Wikipedia und steht unter der Doppellizenz GNU-Lizenz für freie Dokumentation und Creative Commons CC-BY-SA 3.0 Unported. In der Wikipedia ist eine Liste der ursprünglichen Wikipedia-Autoren verfügbar. |