Jewiki unterstützen. Jewiki, die größte Online-Enzyklopädie zum Judentum.
Helfen Sie Jewiki mit einer kleinen oder auch größeren Spende. Einmalig oder regelmäßig, damit die Zukunft von Jewiki gesichert bleibt ... Vielen Dank für Ihr Engagement! (→ Spendenkonten) |
How to read Jewiki in your desired language · Comment lire Jewiki dans votre langue préférée · Cómo leer Jewiki en su idioma preferido · בשפה הרצויה Jewiki כיצד לקרוא · Как читать Jewiki на предпочитаемом вами языке · كيف تقرأ Jewiki باللغة التي تريدها · Como ler o Jewiki na sua língua preferida |
László Rajk
László Rajk ['laːsloː 'rɒjk] (geb. 8. März 1909 in Szekelyudvarhely; gest. 15. Oktober 1949 in Budapest) war ein ungarischer kommunistischer Politiker und ein Opfer eines Schauprozesses während der stalinistischen Säuberungen.
Leben bis zur Verhaftung
László Rajk kam aus der kinderreichen Familie eines deutschstämmigen Schusters im siebenbürgischen Szeklerland. Während sich sein zehn Jahre älterer Bruder Endre der politischen Rechten zuwandte und es bis zum Staatssekretär in der Pfeilkreuzlerregierung von Ferenc Szálasi brachte, trat László während seiner Ausbildung zum Lehrer an der Universität Budapest 1930 der damals illegalen Kommunistischen Partei bei. Nach seiner Relegation aus dem Studium war er als Bauarbeiter tätig und wurde Leiter der kommunistischen Fraktion der Bauarbeitergewerkschaft. Mit Ausbruch des spanischen Bürgerkrieges ging er nach Madrid und wurde Politkommissar des ungarischen Rákosi-Bataillons der internationalen Brigaden. Er nahm in dieser Funktion zwischen 1937–1939 am Bürgerkrieg teil. Nach dem Ende des Bürgerkrieges war er zunächst in französischen Lagern interniert, konnte aber entkommen und 1941 nach Ungarn zurückkehren. Während des Zweiten Weltkrieges war er einer der Leiter des kommunistischen Widerstandes, er war Sekretär des Zentralkomitees (ZK) der illegalen KP. Im Dezember 1944 wurde er von den Pfeilkreuzlern verhaftet und der Gestapo übergeben. Bruder Endre dürfte damals sein Leben gerettet haben. Nach dem Zusammenbruch des Dritten Reiches konnte László Rajk nach Ungarn zurückkehren. Er wurde Mitglied des ZK und des Politbüros. Nun rettete er das Leben seines nach Deutschland geflüchteten Bruders Endre: Ungarn verlangte nämlich nicht die Auslieferung des führenden Pfeilkreuzlers. László Rajk war 1946–1948 ungarischer Innenminister, dann bis zu seiner Verhaftung am 30. Mai 1949 Außenminister.
Er war überzeugter Kommunist und Anhänger Stalins. Rajk war an der Zerschlagung der bürgerlichen ungarischen Parteien und der Verhaftung ihrer Anführer als Innenminister maßgeblich beteiligt. So veranlasste er im Juli 1946 die Auflösung von über tausend Organisationen. Er selbst begann mit der „Aufdeckung“ von „Verschwörungen“ und den ersten Schauprozessen gegen politische Gegner in Ungarn.
Er wurde als „imperialistischer Agent“ und „Titoist“ in einem Schauprozess verurteilt und hingerichtet. 1956 wurde Rajk nach der Entstalinisierung unter Nikita Chruschtschow rehabilitiert.
Vorgeschichte des Prozesses
Rajk gehörte zwei Personengruppen innerhalb der kommunistischen Parteien an, die besonders von den stalinistischen Säuberungen betroffen waren: Er war ehemaliger Teilnehmer am spanischen Bürgerkrieg und gehörte zu den Kommunisten, die nicht nach Russland emigriert, sondern in ihrer Heimat geblieben waren und dort den Widerstand organisiert hatten.
Rajk galt zwar als überzeugter, fanatischer Kommunist und Anhänger Stalins. Trotzdem soll er innerhalb der kommunistischen Partei, vor allem der Jugend, aber auch außerhalb bei Intellektuellen und der demokratischen Linken populär gewesen sein.
Anweisung von Beria
Im Mai /Anfang Juni 1948 wurde Mátyás Rákosi nach Moskau beordert, wo er von Beria die Anordnung erhielt, an der Spitze der ungarischen kommunistischen Partei eine „titoistische“ Verschwörung zu entlarven und die potenziellen Titoisten zu beseitigen. Rákosi und Beria einigten sich auf Rajk als Hauptverschwörer. Ihm sollten Tibor Szőnyi als Kontaktmann zu amerikanischen Nachrichtendiensten, insbesondere über Noel Field, und Lazar Brankov als Bindeglied zu Tito zur Seite gestellt werden. Es wurden Listen mit angeblichen Verschwörern abgefasst, die zunächst Freunde und Kollegen Rajks im Innenministerium und in der Polizei aufführten. Hinzu kamen ehemalige Mitkämpfer Rajks aus den internationalen Brigaden des Bürgerkrieges. Zusätzlich wurden auf diese Listen ehemalige linke Sozialdemokraten und ehemalige Offiziere der ungarischen Armee im Zweiten Weltkrieg aufgenommen.
Noel Field
Der Amerikaner Noel Field wurde in die Tschechoslowakei eingeladen, dort festgenommen und nach Budapest gebracht, wo er bis 1954 in einem Geheimgefängnis der ungarischen Geheimpolizei ÁVH gefangen gehalten wurde. Field war im Laufe des Krieges für das Unitarian Service Committee tätig gewesen und hatte sich für durch den Nationalsozialismus verfolgte Menschen eingesetzt. Er entwickelte hierbei eine immer größere Sympathie für die Sowjetunion. Gleichzeitig hatte er während des Krieges Bekanntschaft mit Allen Welsh Dulles, dem Leiter des amerikanischen Office of Strategic Services (OSS), einem Vorläufer des CIA, gemacht. Mit diesem soll er insoweit zusammengearbeitet haben, als beide gegen den Nationalsozialismus waren. Durch diese amerikanische Verbindung – auch zu ungarischen Kommunisten – sollte der Vorwurf der Zuarbeit zu westlichen Geheimdiensten belegt werden.
Beruhigung Rajks
Während diese Vorbereitungen bereits voranschritten, wurde Rajk zum Generalsekretär der Nationalen Volksfront ernannt. Allerdings wurde ihm bei einer Sitzung des Politbüros vorgeworfen, er habe die Parteiorganisation im Innenministerium auflösen und eine Sondergruppe der Polizei aufstellen lassen. Er musste Selbstkritik üben und wurde an der Spitze des Innenministeriums abgelöst und zum Außenminister ernannt. Noch am 29. Mai 1949 wurde er persönlich bei Rákosi zum Abendessen eingeladen, bevor er am nächsten Tag verhaftet wurde.
Rajk leugnete zu Beginn alle Vorwürfe, aber seine Genossen János Kádár, seinerzeit Innenminister, und Mihály Farkas, die ihn verhörten, überzeugten ihn, dass das Ziel des Prozesses nur die Einschüchterung der gemeinsamen imperialistischen Feinde sei und keine Todesstrafe verhängt würde. Rajk gestand daraufhin alle Vorwürfe ein, so wie es seine Genossen gefordert hatten. Sein Geständnis wurde aber von der ungarischen Staatssicherheit (AVH) aufgenommen und kurz darauf im ungarischen Radio gesendet. Als ein verschlüsseltes Signal an seine Familie hatte Rajk ein falsches Geburtsdatum genannt.
Der Prozess
Am 16. September begann der zwei Wochen dauernde Prozess gegen Rajk und sieben weitere Angeklagte. Die Anklage lautete auf „Titoismus“ und Zusammenarbeit mit westlichen Geheimdiensten. Im Verlauf dieser Schauprozesse lieferten die Beschuldigten ihre auswendig gelernten umfangreichen „Geständnisse“. Rajk und drei andere Angeklagte wurden zum Tode verurteilt, die übrigen zu lebenslangen und hohen Zuchthausstrafen. In der Folge kam es zu umfangreichen Verhaftungen von „Rajkisten“.
Neben Rajk angeklagt waren:
- György Pálffy (ehemaliger Offizier der ungarischen Armee, 1940 zu den Kommunisten übergetreten, organisierte den militärischen Widerstand, 1945 zum Leiter der Militärpolitischen Abteilung des Verteidigungsministeriums ernannt)
- Tibor Szőnyi (vorher Leiter der Kaderabteilung der KP, Hauptrepräsentant der aus dem Westen zurückgekehrten Kommunisten)
- András Szalai (ehemaliger ungarischer Untergrundkämpfer, Ende 1943 verhaftet)
- Béla Korondy (ehemaliger Offizier, während des Krieges Teilnahme am bewaffneten Widerstand, 1945 Beitritt zur Kommunistischen Partei, hoher Posten – Polizeioberst – im Verteidigungs- und später im Innenministerium)
- Pál Justus (ursprünglich äußerst linker Flügel der Sozialdemokraten, 1932 verhaftet, Emigration nach Frankreich, 1936 Rückkehr nach Ungarn, dort wichtiger Initiator der Einheitsfront)
- Lazar Brankov (Jugoslawe, Teilnehmer des jugoslawischen Partisanenkampfes)
- Milan Ognjenović
Verhältnis zu Schauprozessen in anderen Ostblockstaaten
Die ungarischen Schauprozesse gegen Kommunisten lagen zeitlich zwar nach den entsprechenden Verfahren in Albanien, übertrafen diese aber in Umfang und Außenwirkung erheblich. Andere kommunistische Parteien konnten sich länger den stalinistischen Säuberungen entziehen, aber auch dort kam es zu Prozessen, die dem gegen Rajk vergleichbar waren – z. B. gegen Rudolf Slánský in der Tschechoslowakei und Paul Merker in der DDR.
Die ungarischen Schauprozesse als erste reine Schauprozesse dienten hierbei als Vorbild. Insbesondere die Beziehung zu Noel Field wurde vielfach auch in den späteren Schauprozessen wieder konstruiert. Letztlich beendet wurden die Schauprozesse nur durch Stalins Tod.
Rehabilitierung
Am 27. März 1956 veröffentlichte das Zentralkomitee der Kommunistischen Partei Ungarns eine offizielle Erklärung, die Rajk rehabilitierte. Eine Überprüfung des Verfahrens habe dessen Unrechtmäßigkeit ergeben, da die Geständnisse von Rajk und zweier seiner Mitangeklagten durch Folter erpresst worden seien.
Danach wurde angeordnet, die Leichen der Hingerichteten, die in einem Wald bei Budapest verscharrt worden waren, würdig zu begraben.
Literatur
- Georg Hermann Hodos: Schauprozesse. Stalinistische Säuberungen in Osteuropa 1948–1954. Links, Berlin 1990, ISBN 3-86153-010-4.
- Duncan Shiels: Die Brüder Rajk. Ein europäisches Familiendrama. Zsolnay Verlag, Wien 2008, ISBN 978-3-552-05434-9.
- László Rajk und Komplicen vor dem Volksgericht. Mit einem Vorwort von Kurt Hager. Dietz, Berlin 1949. (Darstellung des Schauprozesses aus Sicht der SED)
- Béla Szász: "Freiwillige an den Galgen. Die Geschichte eines Schauprozesses". Greno, Nördlingen 1986, ISBN 3891902190
Weblinks
- Literatur von und über László Rajk im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek
- Zur Vorgeschichte
- Der „Standard“ zu Säuberungen in Ungarn
- Radio Free Europe: The Laszlo Rajk Trial: A Lesson in Political and Moral Responsibility (englisch)
Vorlage:Navigationsleiste Außenminister Ungarns
:Personendaten | |
---|---|
NAME | Rajk, László |
KURZBESCHREIBUNG | ungarischer Politiker |
GEBURTSDATUM | 8. März 1909 |
GEBURTSORT | Szekelyudvarhely |
STERBEDATUM | 15. Oktober 1949 |
STERBEORT | Budapest |
Dieser Artikel basiert ursprünglich auf dem Artikel László Rajk aus der freien Enzyklopädie Wikipedia und steht unter der Doppellizenz GNU-Lizenz für freie Dokumentation und Creative Commons CC-BY-SA 3.0 Unported. In der Wikipedia ist eine Liste der ursprünglichen Wikipedia-Autoren verfügbar. |