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Lebensmittelfarbstoff

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Lebensmittelfarbe auf einem dünnen Wasserfilm

Lebensmittelfarbstoffe sind Lebensmittelzusatzstoffe, um Lebensmittel besser aussehen zu lassen und die Farberwartungen der Verbraucher zu befriedigen. Sie dienen dem Ausgleich von verarbeitungsbedingten Farbverlusten und können unter Umständen eine bessere Qualität vortäuschen.

Nur wenige Farbstoffe sind pflanzlichen Ursprungs (wie Betanin oder Chlorophyll), üblich sind synthetische Nachbildungen von in der Natur vorkommenden Substanzen (naturidentische Stoffe) oder gänzlich synthetische Verbindungen. Wobei synthetisch hergestellte Lebensmittel-Zusatzstoffen bei Konsumenten allgemein besonders kritisch beurteilt werden.

Lebensmittelfarbstoffe sind außerdem Farbstoffe, die natürlicherweise in Lebensmitteln, wie Obst und Gemüse, vorkommen. Dazu gehören Blattgrünfarbstoffe (Chlorophylle), Carotinoide, Beerenfarbstoffe (Anthocyane), Beten-Farbstoffe (Betanin) und Farbstoffe von Gewürzen wie Paprika, Safran und Gelbwurzel (Curcumin).

Geschichte

Angebot für Lebensmittelfarben in einem Kochbuch 1911
Ein Arzt und ein Bestatter freuen sich über die Farbstoffe in einer Zuckerstange (US-Karikatur 1885)

Ende des 19. Jahrhunderts wurden viele synthetische Farbstoffe entdeckt. Sie wurden in der Färbe-Industrie zunehmend eingesetzt weil das Färben effektiver und qualitativ besser als mit den älteren, natürlichen Farbstoffen war. Ein Vertreter ist die Gruppe der Azofarbstoffe eine der gesundheitsschädlichsten Farbstoffgruppen. 1875 gab es wiederum noch keine Gesetze über das Färben von Nahrungsmitteln. Die Giftigkeit von manchen Farbstoffen war noch nicht bekannt oder blieb unbeachtet. So wurde Käse mit Quecksilbersulfid, Zuckerware mit Bleioxid oder Wein mit Fuchsin gefärbt und für den Konsumenten konnten erhebliche Schaden zugefügt werden. Es gab keinen Überblick und kein Verbot für den Zusatz von gefährlichen (giftigen) Stoffen. Ab 1887 verbot zunächst das erste Lebensmittelgesetz den Einsatz von schwermetallhaltigen Lebensmittelzusatzstoffen. Dieses Gesetz betraf nicht die synthetischen Farbstoffe (Azofarbstoffe) und es gab noch keine zulässigen Höchstwerte von Zusatzstoffen in Nahrungsmitteln.

Mit der zunehmenden Kenntnis über schädigende Folgen wurde im Laufe der Jahre immer weitere synthetische Farbstoffe von der Zulassung und Anwendung ausgeschlossen. Von ehemals 80 der gesundheitsgefährdenden Farbstoffe waren 1970 nur noch sieben zugelassen. Schon 1914 debattierten Chemiker, Mediziner, Hygieniker und Pharmazeuten über eine „Deklarationspflicht“, die sich nicht durchsetzen ließ. Erst 1993 wurden europaweit Lebensmittelgesetze weitgehend angeglichen. Doch die europäischen Länder unterscheiden sich in den gesetzlichen Vorgaben darüber, welche Zusatzstoffe genutzt werden dürfen. Die Ursachen dafür liegen in dem immer noch lückenhaften Forschungsstand aller Nebenwirkungen oder Langzeitschäden von Zusatzstoffen sowie der Tatsache, dass diese Unklarheiten unterschiedlich bewertet werden.

Kennzeichnung

In den 2010er Jahren gibt es ungefähr 40 zugelassene Lebensmittelfarbstoffe, mit denen Lebensmittel gefärbt werden dürfen. Von E 100 (Curcumin) bis E 180 (Litholrubin BK) schließen sie die Farbpalette fast lückenlos (siehe unten den Abschnitt Farbspektrum). Zu den Lebensmittelfarbstoffen gehören einige Metalle für spezielle Färbezwecke.

Abzugrenzen von den Farbstoffen sind färbende Lebensmittel.[1] Im Gegensatz zu den Farbstoffen, deren genaue Zusammensetzung gesetzlich vorgeschrieben ist und die durch behördliche Einrichtungen bezüglich ihrer gesundheitlichen Auswirkungen auf den menschlichen Körper sicherheitsbewertet wurden, kommen vermehrt Extrakte von Lebensmitteln zum Einsatz, die eine färbende Wirkung haben. Für diese ist keine gesonderte behördliche Zulassung erforderlich, sie benötigen keine E-Nummer. Beispiele sind Spinatextrakt (grüne Nudeln, Pistazieneis), Rote-Bete-Extrakt, Kurkumin-Extrakt.

Wenn ein Lebensmittelfarbstoff eingesetzt wird, um Lebensmittel zu färben, gilt dieser als ein Zusatzstoff und muss nach EU-Recht im Zutatenverzeichnis entweder mit seinem Namen oder mit seiner E-Nummer angegeben werden. Der Klassenname „Farbstoff“ ist voranzustellen. Jedoch fällt nicht jeder Farbstoff unter die Kennzeichnungspflicht. Wird der Farbstoff beispielsweise direkt dem Nahrungsmittel zugeführt muss er als Zusatzstoff deklariert werden. Farbstoffe, die in zusammengesetzten Zutaten enthalten sind und keine technologische Wirkung mehr im Endlebensmittel haben, also das Endlebensmittel nicht färben, müssen nicht als Lebensmittelfarbstoff in der Zutatenliste angegeben werden.

Seit dem 20. Juli 2010 müssen Lebensmittel mit bestimmten Farbstoffen den Warnhinweis „Kann Aktivität und Aufmerksamkeit bei Kindern beeinträchtigen.“ auf der Packung tragen. [2] Dies gilt neben dem Zusatz von Chinolingelb (E 104) auch für folgende Azofarbstoffe

In der so genannten Southampton-Studie (McCann et al. 2007)[3] wurde kein eindeutiger Beleg für den vermuteten Zusammenhang zwischen der Aufnahme der genannten Farbstoffe und dem Verhalten von Kindern gefunden. Daher wurde die erlaubte Tagesdosis für die Farbstoffe nicht geändert, das Europäische Parlament schreibt trotzdem den Warnhinweis als Vorsichtsmaßnahme vor. Die Verbraucherzentrale Hessen fordert ein Verbot von Azofarbstoffen.[4]

Verwendung

Mit Lebensmittelfarbe eingefärbter Kartoffelbrei

Lebensmittelfarbstoffe werden hauptsächlich für das Einfärben von Lebensmitteln verwendet. Lebensmittel werden aus verschiedenen Gründen nachgefärbt. Wenn ein Lebensmittel durch seine Zubereitung an Farbe verliert und an Attraktivität, kann es nachgefärbt werden. Bei der Zubereitung von Gummibärchen wird die Gelatine nachgefärbt, da sie sonst unansehnlich grau aussieht. Um den Kunden anzusprechen, werden die Gummibärchen so eingefärbt, dass sie ihrer Geschmacksrichtung entsprechen, etwa rot für Kirsche oder blass-grün für Apfelgeschmack. Anderer Anlass ist das Aufwerten von Nahrungsmitteln niederer Qualität durch Lebensmittelfarbstoffe. Es gibt jedoch Nahrungsmittel, die aufgrund eines gesetzlichen Verbots nicht mit Farbstoffen versetzt werden dürfen, wie Fisch und Fleisch, Bier, Gewürze, Pilzkonserven, Kartoffelerzeugnisse, Schokolade oder Trockenfrüchte[5].

Weitere Anwendungen

  • Lebensmittelfarbstoffe werden im Besonderen zum Färben von Textilien verwendet. Im Kaschmirtal im Himalaja sammeln Mönche Blüten einer bestimmten Krokusart. Diese werden getrocknet und die Samenfäden werden entnommen. Dieser Safran eignet sich einerseits zum Färben ihrer Kleidung und andererseits zum Färben und Würzen ihrer Speisen.
  • Häufig werden Malfarben für Kinder aus Lebensmittelfarben hergestellt. Dadurch sind sie in Kinderhänden nicht gesundheitlich bedenklich, wenn sie in den Mund und ins Verdauungssystem gelangen.
  • Beim Aufspüren von unterirdischen Wasserverläufen durch das Anfärben und Verfolgen des gefärbten Wassers werden Lebensmittelfarben eingesetzt, um das Wasser im weiteren Verlauf nicht zu vergiften.
  • Die Farbpatronen für Paintball werden aus Sicherheitsgründen mit Lebensmittelfarbstoffen gefüllt. So wird im gegebenen Falle bei ungewolltem Verzehr keine Vergiftung hervorgerufen und der Kontakt mit ungeschützter Haut bleibt ungefährlich.
  • In der Kosmetik werden Lebensmittelfarbstoffe verwendet, um eine gute Hautverträglichkeit zu erreichen.
  • Die in der Liste der Lebensmittelzusatzstoffe als Farbstoffe aufgenommenen E 170 bis E 180 sowie E 181 werden eingesetzt, um essbare oder nicht essbare Oberfläche eines Produktes zu färben oder mit Stempeln zu kennzeichnen. Bei Eierschalen und Stempelfarbe brauchen diese Farbstoffe nicht deklariert werden, bei Überzügen und Käserinde nur dann nicht, wenn sie nicht essbar sind.
Siehe auch: Farbstoff

Wirkungen auf den Menschen

Lebensmittelfarbstoffe haben die Wirkung, Lebensmittel zu verschönern und damit attraktiver für den Menschen zu machen. Farbstoffe können positive Wirkungen auf den Menschen haben, wie zum Beispiel Carotinoide. Carotinoide sind für das Sehen notwendig. Retinal ist ein Folgeprodukt des Carotins, welches den Carotinoiden angehört, was den Sehvorgang ermöglicht. Manche Lebensmittelfarbstoffe – gerade Azofarbstoffe – stehen im Verdacht, Allergien oder Hyperaktivität auszulösen. Deshalb sind Lebensmittelfarbstoffe bei manchen Konsumenten zunehmend unbeliebter. Trotzdem möchten die meisten Konsumenten nicht darauf verzichten, farblich schöne und ihren Erwartungen entsprechend gefärbte Speisen zu essen. Bei vielen Farbstoffen ist noch nicht bekannt, welche Langzeitwirkungen sie haben. Um das Gesundheitsrisiko einzudämmen, gelten seit 1887 Lebensmittelgesetze, die manche Farbstoffe verbieten oder nur bestimmte Mengen zulassen. In üblichen Mengen konsumierte zugelassene Lebensmittelfarbstoffe sind nicht wesentlich gesundheitsgefährdend. Ansprechend mit Lebensmittelfarbstoffen gefärbte Produkte können beim Konsumenten den Eindruck erwecken, ein Lebensmittel sei qualitativ höherwertig oder frischer als eine objektive geschmackliche Prüfung ergeben würde. Farbstoffe wirken beim Menschen verlockend, lösen Schlüsselreize aus und sollen an frühere Geschmackserlebnisse erinnern. Die verlockende Wirkung bunt gefärbter Lebensmittel mag bei Kindern besonders ausgeprägt sein.

Erlaubte Tagesdosis

Farbstoffe für Lebensmittel müssen gesundheitlich unbedenklich sein. Um den Giftigkeitsgrad eines Farbstoffes zu ermitteln, und damit das gesundheitliche Risiko einzuschränken, wurde die erlaubte Tagesdosis (englisch ADI von Acceptable Daily Intake) eingeführt. Der Wert wird an Tieren ermittelt, die ihr Leben lang einen bestimmten Zusatzstoff aufnehmen. Die niedrigste Dosis, bei der im Tierversuch gesundheitsschädigende Reaktionen auftreten, ist der sogenannte LOAEL (Lowest observed adverse effect level). Die nächstniedrigere, getestete Dosierung, also die höchste Dosierung, bei der noch keine Gesundheitsschädigung eingetreten ist, heißt NOAEL für „No observed adverse effect level“. Aus der Tagesdosis pro Kilogramm Körpergewicht des Tieres wird durch einen Sicherheitsfaktor von 100 die erlaubte Tagesdosis errechnet. Die erlaubte Tagesdosis gibt an, wie viel Milligramm pro Kilogramm Körpergewicht ein Mensch sein Leben lang täglich ohne gesundheitliches Risiko zu sich nehmen kann. Der Sicherheitsfaktor soll verhindern, dass bei der Übertragung des Wertes vom Tier auf den Menschen durch Besonderheiten des menschlichen Stoffwechsels, Ernährungsgewohnheiten der Menschen oder Unterschiede zwischen tierischem und menschlichem Stoffwechsel der Wert verfälscht wird. Trotzdem ist die toxikologische Bewertung eines Zusatzstoffes schwierig. Durch Wechselwirkung mit anderen Zusatzstoffen oder Reaktionen im Körper können immer neue Risiken entstehen.

Pro und Contra

Lebensmittelfarbstoffe verleihen sonst unansehnlichen Lebensmitteln ein appetitanregendes Äußeres. Manche Lebensmittel habe eine nur durch Einfärben zu erreichende Farbe als "Markenzeichen". Einige der eingesetzten Stoffe sind zudem gesundheitsfördernd, wie zum Beispiel das Provitamin A. Farbstoffe, die im Verdacht stehen, gesundheitsschädlich zu sein, können vom Verbraucher durch die Deklarationspflicht gemieden werden. Dies erfordert allerdings Kenntnisse über eine große Anzahl von Verbindungen.

Gegen das Färben von Lebensmitteln an sich ist einzuwenden, dass qualitativ minderwertige Produkte durch die Färbung vom Verbraucher nicht mehr erkannt werden können. Viele Lebensmittelfarbstoffe werden nicht unbedingt benötigt. Bei Lebensmittelfarbstoffen, die bisher nur unzureichend erforscht sind, steht dementsprechend ein geringes Risiko unter anderem für Allergien einem fehlenden Nutzen für den Einzelnen entgegen.

Als Ersatz für viele synthetische Farbstoffe können Lebensmittel selbst als Färbemittel verwendet werden, wie zum Beispiel Rote Bete oder Spinat, was allerdings den Geschmack der jeweiligen Speise beeinträchtigen kann.

Liste zugelassener Lebensmittelfarbstoffe

Stoff Nummer Färbung
Allurarot AC E 129 rot
Aluminium E 173 silbrig-grau
Amaranth E 123 rot
Anthocyane E 163 violett, blau
Azorubin E 122 rot
Betanin E 162 rot
Braun FK E 154 gelb-braun
Braun HT E 155 rot-braun
Brillantblau FCF E 133 blau
Brillantschwarz BN E 151 violett, braun, schwarz
Calciumcarbonat E 170
Canthaxanthin E 161 g rot
Carotin
* Annatto (Norbixin)
* Capsanthin
* Lycopin
* 8′-Apo-β-caroten-8′-al
* Ethyl-8′-apo-β-caroten-8′-oat
E 160 a
E 160 b
E 160 c
E 160 d
E 160 e
E 160 f
Chinolingelb E 104 gelb
Chlorophyll E 140 grün
Cochenillerot A E 124 rot
Curcumin E 100 orange-gelb
Eisenoxid E 172
Erythrosin E 127 rosarot
Gelborange S E 110 orange-gelb
Gold E 175 goldgelb
Grün S E 142 grün
Indigotin E 132 blau
Koschenille E 120 rot
Kupferhaltige Komplexe der Chlorophylle und Chlorophylline E 141 grün
Litholrubin BK E 180 rot
Lutein E 161 b orange-gelb
Patentblau V E 131 blau
Pflanzenkohle E 153 schwarz
Riboflavin (Lactoflavin, Vitamin B2)
* Riboflavin-5-phosphat
E 101
E 101 a
Silber E 174 silbergrau
Tartrazin E 102 zitronengelb
Titandioxid E 171 weiß
Zuckerkulör
* Sulfitlaugen-Zuckerkulör
* Ammoniak-Zuckerkulör
* Ammonsulfit-Zuckerkulör
E 150 a
E 150 b
E 150 c
E 150 d
schwarz

Farbspektrum

Wenn von einem Nahrungsmittel nur die Oberfläche eingefärbt werden soll, können Aluminium (E 173), Silber (E 174) oder Gold (E 175) verwendet werden.[6] Rote, gelbe, orange oder schwarze Farbtöne sind bei Lebensmitteln stark verbreitet. Blaue Farbstoffe sind eher selten zu finden. Eine Ursache ist, dass blaue Lebensmittelfarbstoffe meist synthetischer Natur sind und synthetische Farbstoffe nicht von allen Konsumenten akzeptiert werden. Die blauen Farbstoffe Patentblau V und Brillantblau FCF sind säureempfindlich und daher nicht zur Färbung von Zuckerguss geeignet.

Literatur

Weblinks

Wiktionary: Lebensmittelfarbstoff – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen

Einzelnachweise

  1. Guidance notes on the classification of food extracts with colouring properties (EU-Leitlinien zur Klassifizierung von Lebensmittelextrakten mit färbenden Eigenschaften)
  2. VO (EG) Nr. 1333/2008 vom 16. Dezember 2008
  3. McCann: Food additives and hyperactive behaviour in 3-year-old and 8/9-year-old children in the community: a randomised, double-blinded, placebo-controlled trial. The Lancet 370 (9598), 1570–1567 (2007)
  4. Riskant gefärbten Süßkram für Kinder und Allergiker meiden - Verbraucherzentrale Hessen fordert Verbot von Azofarbstoffen vom 8. Dezember 2009.
  5. Liste der Lebensmittelzusatzstoffe der Europäischen Union
  6. vergleiche dazu E. Anger, K.Volkert (Redaktionelle Leitung): Das große Buch des Allgemeinwissens. Verlag Das Beste, Stuttgart 1991, ISBN 3-87070-403-9, Seite 1047
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