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Marienbildnis
Als Marienbildnis, Madonnenbildnis (Marienbild) bezeichnet man in der christlichen Ikonographie die Darstellung Marias allein oder gemeinsam mit dem Jesuskind. Der populäre Begriff Madonna wird überwiegend für Einzeldarstellungen der Gottesmutter mit ihrem Kind verwendet. Seit dem 3. Jahrhundert bildet das Marienbild den häufigsten Gegenstand der christlichen Kunst, der sich auf zahllosen Bildmedien und in vielfachen inhaltlichen Zusammenhängen präsentiert und der Marienverehrung bildhaften Ausdruck verleiht.[1]
Marienbildnisse greifen oft Szenen aus dem apokryphen Jakobusevangelium, dem Marienleben oder dem Leben Jesu Christi auf. Daneben existieren zahlreiche Bildzyklen und Einzeldarstellungen, bei denen sich eigenständige Bildtypen herausgebildet haben, sowie solche, die bestimmte theologische Vorstellungen und Zusammenhänge abbilden.[2]
Geschichtliche Entwicklung
Die Geschichte des Marienbildnisses ist zugleich eine Geschichte der Darstellungstypen, eine Geschichte der Anlässe der Mariendarstellung, aber auch eine Geschichte der Marienheiligtümer und -wallfahrten und nicht zuletzt eine Geschichte der Marienfrömmigkeit, deren sich wandelnde Haltungen auch einen Bedeutungswandel der bildlichen Darstellungen mit sich brachte. Daneben spielt das Marienbildnis auch eine wichtige Rolle im Werk einzelner Künstler. Diese verschiedenen Stränge der Geschichte des Marienbildes überlagern sich vielfach, die Marienikonographie lässt sich deshalb und auch wegen zahlloser regionaler oder lokaler Besonderheiten kaum systematisieren.[2]
Frühchristliche Kunst
Frühe Marienbilder stammen bereits aus dem 2. Jahrhundert. Sie sind beispielsweise in der Priscilla-Katakombe in Rom zu sehen. Meist wurde Maria hier jedoch nicht eigenständig, sondern in thematisch am Leben Jesu oder der Theologie Christi orientierten Szenen dargestellt. Die Zahl der Marienbilder nahm zu, nachdem Maria im Jahre 431 auf dem Konzil von Ephesos als Gottesmutter dogmatisiert worden war. Ab diesem Zeitpunkt entwickelten sich eigenständige Marienbildtypen. Programmatisch für die neue Haltung seit dem Konzil von Ephesos ist die Basilika Santa Maria Maggiore in Rom.[2]
Byzantinische Kunst nach dem Bilderstreit
Byzantinische Madonnen und die der russischen Ikone verwenden eine andere und teilweise sehr einheitliche Darstellungsform, verglichen mit den Darstellungsweisen der westeuropäische Marienbilder, auch wenn die byzantinischen Darstellungen für die europäischen Bilddarstellungen richtungsweisend waren.
Anders als in der westeuropäischen haben sich in der byzantinischen Kunst bestimmte Madonnentypen entwickelt, die eindeutig benannt werden können:
- Hodegetria – Marienfigur, die das Kind auf dem linken Arm trägt und mit der rechten Hand auf dieses weist; selten auch als Dexiokratusa mit dem Kind auf dem rechten Arm oder Tricherusa (kirchenslavisch: Troeručica) mit drei Händen
- Nikopoia oder Kyriotissa – dem Betrachter frontal gegenüberstehende Maria mit Kind.
- Blacherniotissa, Maria orans – Darstellung der Maria ohne Kind. Maria hat die Arme zum Gebet erhoben.
- Platytera – betende Maria, vor der das Christuskind auf einem Clipeus dargestellt ist. Beide sind frontal dem Betrachter zugewandt.
- Eleusa oder Glykophilusa – Darstellung der Maria mit dem Kind, wobei sich das Kind an das Gesicht der Mutter schmiegt
- Psychosostria - Seelenretterin
- Galaktotrophousa, Maria lactans – stillende Maria, die meist als Halbfigur dargestellt wird
- Paraklesis – Darstellung einer Maria ohne Kind; Maria hat als Attribut eine Schriftrolle
Darstellungsformen der westeuropäischen Kunst bis zum Konzil von Trient
Die westeuropäische Kunst entwickelte weniger strenge Darstellungsformen. Allerdings bildeten sich auch hier Muster heraus.
Zentrale Formen sind:
- die thronende Madonna als Mutter Gottes, mit Kind
- Bildnisse der stehenden Maria, mit oder ohne Kind
In der Romanik wurde die Madonna überwiegend feierlich und streng mit Kind als Maestà oder Sedes sapientiae dargestellt.
In der Zeit der Gotik entstanden zahlreiche Bildtypen für die Darstellung Marias. Nicht jedes Marienbild lässt sich jedoch eindeutig einem spezifischen Bildtyp zuordnen. Typisch für Madonnen der Gotik ist die zunehmende Betonung ihrer mütterlichen Seite. Die meisten gotischen Madonnen werden stehend gezeigt und wenden sich dem Kind zu.
Seit dem 12. Jahrhundert wurden außerdem bevorzugt Szenen aus dem Marienleben gezeigt. Typische Bildthemen waren Anna selbdritt, Der englische Gruß, die Krönung Mariens, Mariä Himmelfahrt und die Darstellung der Schmerzensmutter als Pietà oder bei der Beweinung Christi.
Typisch für die Renaissance Italiens ist die Sacra conversazione (Maria im kleinen Kreise), nördlich der Alpen die Virgo inter Virgines (Jungfrau unter Jungfrauen), und die Maria im Rosenhag oder Maria im Paradiesgarten.
Mit der Wiederbelebung des Marienkultes in der Zeit der Gegenreformation wird Maria besonders häufig als hoheitsvolle Herrscherin (Regina Coeli) oder – ohne Kind – als Immaculata, die Unbefleckte, dargestellt. Wenn ein Marienbild mit einer Krone geschmückt wird, kann dies in der liturgischen Form der Krönung eines Marienbildes geschehen.
Darüber hinaus haben sich bestimmte Sonderformen der Mariendarstellung herausgebildet. Dazu gehören:
- Maria Knotenlöserin
- Marienleben
- Mondsichelmadonna
- Muttergottes vom Zeichen
- Schöne Madonna
- Schutzmantelmadonna
- Schwarze Madonna
- Mater Dolorosa
- Pietà
Siehe auch
- Marienikone
- Stalingradmadonna (1942, Berlin, Kaiser-Wilhelm-Gedächtniskirche)
Einzelnachweise
Literatur
- Konrad Algermissen u.a. (Hrsg.): Lexikon der Marienkunde. Regensburg 1967.
- Wolfgang Beinert, Heinrich Petri (Hrsg.): Handbuch der Marienkunde. Regensburg 1984, ISBN 3-7917-0908-9.
- Walter Delius: Geschichte der Marienverehrung. Basel 1963.
- Reiner Dieckhoff: Kölner Madonnen. Emons, Köln 2009, ISBN 978-3-89705-595-7.
- Tim Heilbronner: Ikonographie und zeitgenössische Funktion hölzerner Sitzmadonnen im romanischen Katalonien, Hamburg 2013, ISBN 978-3-8300-6809-9.
- Eva-Maria Jung-Inglessis: Römische Madonnen: Über die Entwicklung der Marienbilder in Rom von den Anfängen bis in die Gegenwart. St. Ottilien 1989, ISBN 3-88096-484-X.
- Anna Brownell Jameson: Legends of the Madonna as represented in the fine arts. London 1902.
- Maria, Marienbild. In: Engelbert Kirschbaum u.a. (Hrsg.): Lexikon der Christlichen Ikonographie.Band 3, Freiburg 1971, ISBN 3-451-14493-X.
- H. F. Jos. Liell: Die Darstellungen der allerseligsten Jungfrau und Gottesgebärerin Maria auf den Kunstdenkmälern der Katakomben. Dogmen- und kunstgeschichtlich bearbeitet. Herder'sche Verlagshandlung, Freiburg im Breisgau 1887.
- Claudia Opitz, Dieter Bauer (Hrsg.): Maria, Abbild oder Vorbild? Zur Sozialgeschichte mittelalterlicher Marienverehrung. Tübingen 1990, ISBN 3-89295-539-5.
- Walter Rothes: Die Madonna in ihrer Verherrlichung durch die bildende Kunst aller Jahrhunderte. Köln 1920.
- Heinrich Schmidt, Margarethe Schmidt: Die vergessene Bildersprache der Kunst. Beck, München 1981, ISBN 3-406-08139-8.
- A. Schultz: Die Legende vom Leben der Jungfrau Maria und ihre Darstellung in der bildenden Kunst des Mittelalters. Leipzig 1878.
- Achille Silvestrini: Das Marienleben im Spiegel der Kunst. Herrschint 1985, ISBN 3-7796-5233-1.
- Paul Sträter (Hrsg.): Katholische Marienkunde. Paderborn 1947–1951.
- Jacobus de Voragine: Legenda aurea. Genua um 1230–1298.
- Kristin Vincke: Die Heimsuchung. Marienikonographie in der italienischen Kunst bis 1600. Köln 1997, ISBN 3-412-12396-X.
Weblinks
Dieser Artikel basiert ursprünglich auf dem Artikel Marienbildnis aus der freien Enzyklopädie Wikipedia und steht unter der Doppellizenz GNU-Lizenz für freie Dokumentation und Creative Commons CC-BY-SA 3.0 Unported. In der Wikipedia ist eine Liste der ursprünglichen Wikipedia-Autoren verfügbar. |